Dune: Part Two [2024]

Wertung: 6 von 6 Punkten  |   Kritik von Jens Adrian  |   Hinzugefügt am 1. März 2024
Genre: Science Fiction

Originaltitel: Dune: Part Two
Laufzeit: 166 min.
Produktionsland: USA / Kanda
Produktionsjahr: 2024
FSK-Freigabe: ab 12 Jahren

Regie: Denis Villeneuve
Musik: Hans Zimmer
Besetzung: Timothée Chalamet, Zendaya, Rebecca Ferguson, Javier Bardem, Stellan Skarsgård, Josh Brolin, Austin Butler, Dave Bautista, Charlotte Rampling, Florence Pugh, Léa Seydoux, Souheila Yacoub, Christopher Walken, Stephen McKinley Henderson


Kurzinhalt:

Das Haus Atreides ist gefallen. Paul (Timothée Chalamet) und seine schwangere Mutter Jessica Atreides (Rebecca Ferguson) werden von Stilgar (Javier Bardem) beim Fremen-Stamm Sietch Tabr versteckt und während die Bene Gesserit Jessica dort eine hohe Position einnehmen soll, sehen Stilgar und andere in Paul den Erlöser, der das Volk der Fremen und den Wüstenplaneten Arrakis von seinen Unterdrückern befreit. Es ist eine Erwartung, die Paul nicht erfüllen will, sieht er doch in schrecklichen Visionen, was für Leid seine Herrschaft bringen könnte. Stattdessen schließt er sich den Fremen und insbesondere Chani (Zendaya) bei ihrem Kampf gegen die Besatzung des Hauses Harkonnen unter Baron Vladimir Harkonnen (Stellan Skarsgård) an. Der benennt seinen jüngsten Neffen Feyd-Rautha (Austin Butler) zum Nachfolger von Glossu Rabban (Dave Bautista), dem es nicht gelungen ist, die Fremen-Angriffe auf die so wichtige Spice-Ernte zu unterbinden. Während der Bene Gesserit-Orden unter Gaius Helen Mohiam (Charlotte Rampling) weiter Pläne schmiedet, fordert Paul den Imperator (Christopher Walken) heraus, der für den Tod seines Vaters verantwortlich ist. Getrieben vom Verlangen nach Rache, muss Paul erkennen, dass die politischen Ziele, die er verfolgt, größer sind, als seine persönlichen – selbst wenn diese ein kaum vorstellbares Opfer bedeuten …


Kritik:
Obwohl die Geschichte unmittelbar an den ersten Teil anschließt, ist Dune: Part Two eine andere Art Film, als selbst Fans von Denis Villeneuves außergewöhnlichem Science Fiction-Epos Dune [2021] im ersten Moment erwarten. Zeichnete sich die Adaption von Frank Herberts Genre prägender Romanreihe durch eine geradezu lyrische Umsetzung jenes hochkomplexen Universums mit seinen politischen Intrigen aus, bevorzugt die nicht minder malerische Inszenierung hier eine Imposanz, der in gewisser Hinsicht das Verschwenderische fehlt. Gleichzeitig wird jenes weit verzweigte Universum mit Adelsfamilien, Traditionen und Mystik um eine Größenordnung erweitert, die die Geschichte einmal mehr einem aufmerksamen Publikum vorbehält. Das macht die Fortsetzung für eine breite Zuschauerschaft ebenso schwer zugänglich wie Teil eins, aber gleichermaßen überwältigend und beispiellos faszinierend.

Nach dem Fall des Hauses Atreides werden der Paul, Sohn des ermordeten Herzogs, und seine Mutter Jessica von dem Stammesanführer Stilgar zu den Fremen, den ursprünglichen Bewohnern von Arrakis, mitgenommen. Baron Harkonnen ahnt nicht, dass die Blutlinie der Atreides nicht ausgelöscht wurde, doch seine brutale Armee hat Schwierigkeiten, die Produktion des so wichtigen Spice auf dem Wüstenplaneten voranzubringen. Umso mehr, als Paul die Fremen in ihrem Kampf gegen die Harkonnenbesatzung mit seinem taktischen Wissen unterstützt. Gefördert durch Erzählungen des Schwesternordens der Bene Gesserit, dem Jessica angehört, dass ein Erlöser von außerhalb kommen werde, der die Fremen befreien wird, sehen viele in Paul diesen Messias. Andere hingegen vermuten, er ist ein falscher Prophet. Während Jessica in einer neuen, mächtigen Rolle, die sie bei den Fremen einnimmt, diese Prophezeiungen schürt und Paul in die Rolle des Heilsbringers drängt, lehnt dieser sein Schicksal zunächst ab. Er fordert vielmehr, wie auch die Fremen-Kämpferin Chani, die er seit langer Zeit bereits in seinen Visionen sah und der er nun näherkommt, dass die Fremen sich selbst befreien müssen.

Dune: Part Two erzählt damit im wörtlichen Sinne die Geschichte des ersten Films fort und damit die Wandlung von Paul Atreides, der im ersten Teil auf der Suche nach sich selbst war, zu „Muad’Dib“. Es ist ein Fremen-Name, den er sich selbst gibt und unter dem der Lisan al-Gaib, der Prophet der Fremen, auf ganz Arrakis bekannt wird. Wie sein Vater es ihm erzählte, hört er einen Ruf und hat die Wahl, ihm zu folgen, oder nicht. Doch dieser Ruf führt ihn auf einen anderen Pfad, als man gemeinhin erwarten würde. Es ist eine Aufgabe, gegen die er sich selbst stemmt, ahnend, was sie nicht nur ihm selbst abverlangen wird. Doch die Erwartungen, die er an sich selbst stellt, definieren seinen Weg, während Chani in ihm eben den Paul sieht, der er bei ihrer ersten Begegnung ist. Zu sehen, wie diese Erwartungen immer weiter auseinanderfallen, ist für ein aufmerksames Publikum ungemein faszinierend. War die Figur Chani im ersten Film kaum mehr als eine Randnotiz, nimmt sie im zweiten Teil deutlich mehr Raum ein und es gelingt Filmemacher Denis Villeneuve auf eine fantastische wie subtile Art und Weise, dass man sich im Verlauf der Geschichte dabei ertappt, dass man eher ihren Standpunkt, als den von Paul teilt. Wie sich die Figuren fortentwickeln, Paul anfangs getrieben von seinem Verlangen nach Rache an Baron Harkonnen und dem Imperator, der das Haus Atreides mit seinem Komplott zu Fall brachte, später von einer Vision gegeißelt, die er verdammt ist, zu erfüllen, wandelt sich auch die Sympathie des Publikums.

Dabei wartet die Fortsetzung nicht nur mit vielen bekannten Namen und Gesichtern auf, sondern stellt auch eine Reihe neuer, tragender Figuren vor. So beginnt die Erzählung mit dem Mann, der für die Tragödie der Geschehnisse auf Arrakis überhaupt verantwortlich zeichnet: dem Padishah Imperator des bekannten Universums, Shaddam IV. Seine Tochter, Prinzessin Irulan, die mit den Machenschaften ihres Vaters nicht einverstanden ist, fasst die Geschehnisse und ihre Auswirkungen zusammen. In meisterhafter Manier des Geschichtenerzählens werden die unterschiedlichen Erzählstränge und Perspektiven ganz am Ende zusammengeführt. Doch die Art und Weise, wie Filmemacher Villeneuve das umsetzt, ist für all diejenigen, die in jenem Universum nicht sattelfest sind, eine Herausforderung.

So berauschend Dune optisch und hinsichtlich der einnehmenden Atmosphäre war, so überwältigend war seine erzählerische Komplexität. Das Science Fiction-Epos warf sein Publikum in ein Universum, das so groß und alt erschien, dass man sich darin ebenso verlieren kann, wie von den vielen Namen, Begrifflichkeiten und Zusammenhängen erschlagen werden. Man könnte nun vermuten, dass Dune: Part Two hier einen einfacheren Zugang bietet und in gewisser Hinsicht ist das so. Immerhin konzentriert sich der Auftakt, das erste Drittel, ehe Paul zu einem Fremen wird, auf seine und Jessicas Entwicklung, ehe der Fokus auf Chani und die unterschiedlichen Fraktionen der Fremen gelenkt wird, die sich hinsichtlich der Interpretation der Prophezeiungen nicht einig sind. Doch spätestens dann und mit dem Auftreten der zusätzlichen Figuren, angefangen vom Haus Harkonnen, bis hin zu einem weiteren Einblick in die Machenschaften der Bene Gesserit, und nicht zuletzt den unterschiedlichen Stämmen und ihrer reichhaltigen Kultur auf dem weitläufigen Wüstenplaneten, erweitert der Film das Universum in einer Geschwindigkeit und in einer Detailfülle, dass man einmal mehr davon überwältigt werden kann.

Dune: Part Two bewahrt sich die beeindruckende Komplexität des ersten Films und baut darauf auf, statt den Inhalt zu vereinfachen. Das ist nur konsequent und ermöglicht eine erzählerische und mystische Tiefe, gerade in Bezug auf den Paul betreffenden Heilskult, dass man förmlich in jener Welt versinkt. Es ist schlichtweg überwältigend. Doch gerade der charakterliche Aufbau im ersten Akt macht den Anfang gefühlt etwas langsam, während sich gerade in der zweiten Hälfte die Ereignisse zu überschlagen scheinen. Auch, weil man die vielen Visionen und die Rolle von Pauls Schwester, Jessicas ungeborener Tochter, mit der sie sich fortwährend austauscht, noch nicht einzuordnen vermag. Die Geschichte bietet hier einen Einblick, wohin sich die Erzählung um Paul und seine Familie entwickeln wird bzw. könnte, den man einordnen können muss, um den Sinn in alledem zu erkennen.

Wie die zugrundeliegende Romanreihe erweckt auch Dune: Part Two den Eindruck, als wäre der Film Teil eines viel, viel größeren Universums und als seien die mehr als zweieinhalb Stunden, die sich deutlich kurzweiliger anfühlen, lediglich ein Wimpernschlag in jene Welt hinein. Wie Der Pate 2 [1974] die Figur, die gesamt erzählerische Welt aus Der Pate [1972] erweitert und forterzählt hat, gelingt Regisseur Denis Villeneuve dasselbe Kunststück mit seinem zweiten Dune. Es ist ein Science Fiction-Epos, das für sich bereits beeindruckend und in so vielerlei Hinsicht herausragend ist, in Verbindung mit dem ersten Film aber so viele zusätzliche Erzählebenen offenbart. Man kann nur hoffen, dass der Filmemacher die Gelegenheit erhält, seine Vision mit einem dritten Teil zu vollenden. Denn auch wenn diese Geschichte einen Abschluss besitzt, abgeschlossen ist sie bei weitem nicht.


Fazit:
Bereits bei Denis Villeneuves Dune konnte man sich mit Superlativen überschlagen. Zu groß war dieses Universum, zu facetten- und detailreich diese Welt. Anstatt lediglich dieselbe Geschichte in einem neuen Gewand zu erzählen, baut die überragend inszenierte Fortsetzung auf eben jener Größe auf und vertieft die vorgestellten Kulturen ebenso wie die Charaktere, deren Sympathien sich bei manchen früh, bei anderen später wandeln. Glaubte man, diese Welt zu kennen, belehrt einen der Filmemacher etwas Besseren. Die Präsentation allein ist hinsichtlich der Optik, der Perspektiven und der Farbgestaltung allein mit den unterschiedlichen Schattierungen des sonnengegerbten Wüstenplaneten eine Wucht und geradezu überwältigend. Die Ausstattung mit erlesenen Kostümen und Bauten wie Anlagen, die gelebt erscheinen, ist herausragend. So auch die Besetzung, der es gelingt, die unterschiedlichen Aspekte der Charaktere teilweise so lange für sich zu behalten, dass ihre wahre Natur, wozu sie sich gezwungen fühlen, geradezu unvermittelt trifft. Der schiere Umfang, der gesamte erzählerische Rahmen von Dune: Part Two ist ehrfurchtgebietend und atemberaubend zugleich. Auch wenn der Erzählung die schwelgerische Mystik der einnehmenden Atmosphäre des ersten Teils fehlt, wird das durch die Komplexität der Verstrickungen wieder aufgehoben. Die Geschichte um Macht, Bestimmung und Korruption vor dem Hintergrund zeitloser Themen wie Kolonialismus und Ausbeutung ist bestes Science Fiction-Kino, das man auf der größtmöglichen Leinwand gesehen haben sollte. Dass in all das eingewoben die Fatalität von religiösem Fanatismus und eines Messiaskults herausgestellt wird, macht den Inhalt nur noch wichtiger. Es gibt nichts Vergleichbares und als Weitererzählung des ersten Films, ist es ebenso ein Meisterwerk des Genres, in dem es beim wiederholten Ansehen umso mehr zu entdecken gibt.