Die Lincoln Verschwörung [2010]
Wertung: |
Kritik von Jens Adrian |
Hinzugefügt am 18. Dezember 2012
Genre: DramaOriginaltitel: The Conspirator
Laufzeit: 122 min.
Produktionsland: USA
Produktionsjahr: 2010
FSK-Freigabe: ab 12 Jahren
Regie: Robert Redford
Musik: Mark Isham
Darsteller: James McAvoy, Robin Wright, Kevin Kline, Evan Rachel Wood, Tom Wilkinson, Justin Long, Danny Huston, James Badge Dale, Colm Meaney, Alexis Bledel, Johnny Simmons, Toby Kebbell, Jonathan Groff, Stephen Root, John Cullum, Norman Reedus
Kurzinhalt:
Am 14. April 1865, kurz nachdem sich die Südstaaten dem Norden ergeben haben, wird Präsident Lincoln in einem Theater in Washington D.C. erschossen. Der Täter, John Wilkes Booth (Toby Kebbell), stirbt bei der Festnahme. Wenig später finden sich acht Personen vor Gericht, da sie entweder an der Ermordung direkt beteiligt, oder sich der Verschwörung schuldig gemacht haben. Die einzig angeklagte Frau ist Mary Surratt (Robin Wright), deren Sohn John (Johnny Simmons) angeblich ebenso ein Mittäter, zumindest aber ein Bekannter Booths war. In Marys Pension haben sich die Verschwörer getroffen, um das Attentat zu planen. Ihr Sohn ist seither unauffindbar, darum fordert Kriegsminister Edwin Stanton (Kevin Kline) für sie die Höchststrafe.
Ihre Verteidigung übernimmt auf Wunsch von Reverdy Johnson (Tom Wilkinson) der Kriegsheimkehrer Frederick Aiken (James McAvoy), der von Marys Schuld allerdings überzeugt ist. Mary Surratt wird vor einem Militär-, statt einem Geschworenengericht angeklagt und bekommt somit keine Möglichkeit, sich zu äußern. Nachdem deutlich wird, wie sehr Ankläger Joseph Holt (Danny Huston) die Zeugen beeinflusst hat, kommen Aiken Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Verhandlung. Allerdings wurde das Urteil hinter verschlossenen Türen bereits festgelegt und je mehr Aiken die Anschuldigungen der Anklage zerpflückt, umso mehr gerät er selbst ins Visier des trauernden, wütenden Volkes ...
Kritik:
Der Sieg der Nordstaaten über die konföderierten Südstaaten kostete im amerikanischen Bürgerkrieg eine Dreiviertel Million Soldaten ihr Leben. Kurz danach wurde Präsident Lincoln Opfer eines Attentats – der brüchige Friede hatte seine erste Bewährungsprobe zu bestehen. Robert Redford erzählt in Die Lincoln Verschwörung, wie die unter Schock stehende US-Regierung nach Lincolns Ermordung die Prinzipien ihrer Verfassung über Bord warf, um das Volk zu beschwichtigen und den traumatisierten Menschen einen Abschluss zu ermöglichen. Selbst wenn dieser auf dem Rücken eines Schauprozesses ausgetragen würde.
Nach den Kämpfen zieht es den Kriegshelden Frederick Aiken zurück in seinen Anwaltsberuf. Er ist wie auch sein Mentor Reverdy Johnson von Lincolns Tod getroffen und doch übernimmt Johnson die Verteidigung von einem der vor einem Militärgericht angeklagten Verschwörer. Acht Menschen wurden der Ermordung des Präsidenten, beziehungsweise der Verschwörung zur Tat angeklagt, darunter eine Frau: Mary Surratt. Sie betrieb eine Pension, in der sich die Attentäter zuvor getroffen haben sollen. Auch ihr Sohn war angeblich einer von ihnen, konnte sich allerdings einer Festnahme entziehen. So wurde sie angeklagt. Nachdem Reverdy eine Befangenheit der Vorsitzenden des Prozesses wegen seiner Person befürchtet, bittet er Aiken, Surratts Verteidigung zu übernehmen. Als ehemaliger Soldat und Anhänger Lincolns ist er von Marys Schuld überzeugt und doch hat sie ein Anrecht auf einen fairen Prozess. Bei dem Militärverfahren darf sie sich nicht äußern, ihm wird die Liste der Zeugen und die Beweislage vor der Verhandlung nicht zugänglich gemacht und wie es scheint hat der Kriegsminister Edwin Stanton zusammen mit dem Ankläger Joseph Holt den Ausgang des Prozesses bereits beschlossen. Selbst die Zeugen der Anklage sind nachweislich unter Druck gesetzt worden.
Um der Bevölkerung einen Schuldigen zu präsentieren, ist die Regierung, oder zumindest Teile von ihr, bereit, die Rechtsstaatlichkeit an den Galgen zu führen. Sobald ein Prozess eine entsprechende Bedeutung für die Bevölkerung entwickelt, finden sich auch heutzutage noch erschreckende Parallelen hierzu, sowohl in den USA wie überall sonst auf der Welt.
Regisseur Robert Redford erzählt sein Drama mit ausdrucksstarken Darstellern, die dennoch hinter ihren Figuren zurücktreten. James McAvoy ist die innerliche Zerrissenheit Aikens anzusehen angesichts seiner Antipathie für alles, was Mary Surratt repräsentiert und gleichzeitig seiner Überzeugung, dass ihr eine faire Behandlung zusteht. Robin Wright hingegen verdeutlicht in Mary die Liebe einer Mutter, die ihren Sohn nicht ausliefern kann, selbst wenn sie sich dadurch retten könnte.
Nicht nur die Momente vor dem Tribunal, das in keiner Weise pompös und öffentlich gehalten ist, wie man vermuten würde, erinnern an ein Kammerspiel, in dem die verschiedenen Überzeugungen jener Figuren konzentriert werden. Selbst was Stanton und seine Anhänger im Sinn haben ist nachvollziehbar angesichts der gespannten Lage des Landes. Doch sind die eingesetzten Mittel wirklich richtig?
Die Lincoln Verschwörung erinnert vom Aufbau her an bekannte Gerichtsdramen mit dem Unterschied, dass es großteils direkt auf den Protokollen der Verhandlung basiert. Das verleiht den entlarvenden Kreuzverhören der beeinflussten Zeugen ebenso Gewicht, wie den zuerst Hoffnung machenden und schließlich entmutigenden Wendungen. Vor allem jedoch lenkt es den Blick auf ein Kapitel in der amerikanischen Geschichte, das die auf ihre Verfassung pochende und freiheitsliebende Nation in einem weitaus differenzierteren Licht erscheinen lässt.
Allerdings ist das atmosphärische Drama durch die gewöhnungsbedürftige Optik stark geprägt. Überzeugen die Kostüme und Bauten, scheint die konstante Überstrahlung der hellen Flächen merklich störend und auch die natürlichen Lichtquellen erwecken im gezeigten Look ein traumähnliches Flair. Dies mag ein bewusst gewähltes Stilmittel des Filmemachers gewesen sein, aber es kleidet den Kinofilm eher wie eine Videoproduktion und das nicht im guten Sinn.
Fazit:
Letztendlich umgeht Die Lincoln Verschwörung gekonnt die Frage, ob Mary Surratt tatsächlich schuldig war, oder nicht. Ihr jegliche Mitwisserschaft abzustreiten scheint schwierig und doch bleibt die Frage, ob sie von der geplanten Ermordung Lincolns wusste, oder nicht. Doch für Frederick Aiken ist dies letztlich nicht entscheidend. Er pocht ebenso wie sämtliche Verfassungsschützer auf die Unschuldsvermutung und jemanden auf Grund von Indizienbeweisen, beziehungsweise beeinflussten Zeugen zu verurteilen scheint all jene Grundsätze ad absurdum zu führen, wofür die Soldaten im gerade beendeten Bürgerkrieg ihr Leben verloren haben.
Handwerklich tadellos, aber mit einer gewöhnungsbedürftigen Optik versehen, sind es insbesondere die Darsteller, welche Die Lincoln Verschwörung sehenswert machen. James McAvoy und Robin Wright blühen in den kammerspielartigen Momenten ebenso auf wie Kevin Kline, Colm Meaney, der überraschend ernste Justin Long, Danny Huston und Tom Wilkinson. Sie alle spiegeln jeweils eine andere herrschende Meinung jener Zeit wider. Es sind Emotionen, die heute bei so polarisierenden Verhandlungen ebenso zutage treten und durch die man gleichermaßen Gefahr läuft das aus den Augen zu verlieren, was man eigentlich zu bewahren sucht.