Captain America: Brave New World [2025]
Wertung:
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Kritik von Jens Adrian |
Hinzugefügt am 12. Februar 2025
Genre: Action / Thriller
Originaltitel: Captain America: Brave New World
Laufzeit: 118 min.
Produktionsland: USA
Produktionsjahr: 2025
FSK-Freigabe: ab 12 Jahren
Regie: Julius Onah
Musik: Laura Karpman
Besetzung: Anthony Mackie, Danny Ramirez, Harrison Ford, Shira Haas, Carl Lumbly, Giancarlo Esposito, Tim Blake Nelson, Xosha Roquemore, Jóhannes Haukur Jóhannesson, Liv Tyler, Rosa Salazar, Takehiro Hira
Kurzinhalt:
Kurz nachdem Thaddeus Ross (Harrison Ford) zum Präsidenten der Vereinigten Staaten von Amerika gewählt wurde, droht sein politisches Vermächtnis, das er in der kurzen Zeit mühsam aufgebaut hat, zu zerbrechen. Gerade erst konnte er mit Hilfe von Captain America (Anthony Mackie) und Falcon (Danny Ramirez) einen Kanister einer streng geheimen Substanz zurückholen, die der gefährliche Sidewinder (Giancarlo Esposito) gestohlen hatte, um sie meistbietend zu verkaufen. Nun will Ross bei einen internationalen Vertrag zustande bringen, der die Nutzung der Substanz zum Kern hat. Doch der Gipfel, auf dem der Vertrag beschlossen werden soll, wird angegriffen und Ross’ Ansehen in der Weltgemeinschaft ist ebenso beschädigt, wie wohlplatzierte Hinweise seine Regierung belasten. Entgegen der Anweisung des Präsidenten und um den Namen des lange Zeit zu Unrecht inhaftierten Isaiah Bradley (Carl Lumbly) reinzuwaschen, der erneut beschuldigt wird, beginnt Captain America zu ermitteln und kommt einer Verschwörung auf die Spur, die weit in die Vergangenheit reicht. Dabei haben sie es mit einem Gegner zu tun, der jeden ihrer Schritte vorherzusehen scheint – und ihnen weit voraus ist …
Kritik:
Captain America: Brave New World, der erste Leinwandauftritt von Anthony Mackie als der Titel gebende Superheld, wird nie dem Potential der Figuren oder seiner Geschichte gerecht. Bis hin zur Szene nach dem Abspann, die diffus eine weitere Comicverfilmung ankündigt, ohne konkret zu werden oder die letzte große Storyline um den Eroberer Kang überhaupt nur zu erwähnen, wirkt das geradezu unfertig, als wäre dies eine Vorabfassung. Fans mag das immerhin unterhalten.
Dass nicht nur der Einstieg in die Geschichte für all diejenigen äußerst holprig gerät, die nicht mit sämtlichen Filmen und Serien des Marvel Cinematic Universe (MCU) vertraut sind, mag man den Verantwortlichen zwar vorwerfen können, es ist aber nunmehr Teil des Konzepts dieser in sich verschränkten und weit verzweigten Erzählung des MCU. Brave New World beinhaltet Figuren und greift Stories auf, die in Der unglaubliche Hulk [2008] begannen und bis zur Streaming-Miniserie The Falcon and the Winter Soldier [2021] reichen. Im Zentrum stehen der nunmehr von Sam Wilson verkörperte Superheld Captain America sowie der neu gewählte US-Präsident Thaddeus Ross, seinerzeit in Hulk [2003] und dessen Stories eine wichtige Figur, ehe er entscheidend zur Zerschlagung der Superhelden-Vereinigung Avengers beitrug. Nachdem in der riesigen Skulptur, die am Ende von Eternals [2021] auf der Erde erschien und inzwischen als Celestial Islands bekannt ist, ein neues Material entdeckt wurde, das noch stärker als das bekannte Vibranium ist, will Präsident Ross einen internationalen Vertrag ins Leben rufen, der die gemeinsame Erschließung dieser Technologie garantiert. Doch sein Vorhaben wird von einem Attentat auf dem Weltgipfel für diesen Vertrag überschattet, für das der ehemalige Captain America und Supersoldat Isaiah Bradley verantwortlich gemacht wird. Wilson entscheidet sich, mit Joaquin Torres alias Falcon zu ermitteln und kommt einem Komplott auf die Spur, das seit über 10 Jahren vorbereitet wird und in dem der Strippenzieher alle Eventualitäten vorhergesehen hat.
Immerhin, dies sei dem Comicabenteuer zugutegehalten, steht nicht erneut das Schicksal der ganzen Welt auf dem Spiel, selbst wenn einmal mehr Wahrzeichen zerstört oder stark in Mitleidenschaft gezogen werden. Dass die Filmvorschau vorwegnimmt, gegen wen Captain America letztlich antreten wird müssen, ist bedauerlich, denn wenigstens für diejenigen, die nicht mit der Vorlage vertraut sind, wäre die Entwicklung eine Überraschung gewesen. Man hat durchaus das Gefühl, als würden sich die Verantwortlichen ein Beispiel an dem bislang besten Superhelden-Film der Reihe nehmen, The Return of the First Avenger [2014], indem sie eine Verschwörungsgeschichte erzählen, die zwar nicht ohne Supersoldaten und Gedankenkontrolle auskommt, aber erfreulich geerdet erscheint. Wenigstens bis zu den Momenten, in denen die Storyidee um den die wahrscheinliche Zukunft vorhersehenden Schurken dazu führt, dass aus dem Nichts Actionszenen entstehen, die allzu absehbar verlaufen, oder das Finale einmal mehr in einem am Computer erstellten Kampf zweier übermenschlicher Wesen mündet.
Bis dahin könnte die Geschichte grundsätzlich funktionieren, wenn nicht manche Ideen einfach angerissen wären, ohne weiterverfolgt zu werden. So untersteht Captain America eingangs unmittelbar dem Präsidenten und erhält von diesem sogar einen Auftrag, der seine Zweifel am mächtigsten Mann der Welt in Anbetracht dessen Werdegang zumindest zeitweise schwinden lässt. Doch keine zehn Minuten später ist dies wieder vom Tisch. Der Schurke Sidewinder fällt förmlich aus der Story, um dann später wieder aufgegriffen zu werden und Dinge zu erläutern, die das Publikum längst zusammengesetzt hat. Überhaupt wiederholen mehrere Charaktere die Ereignisse des Films regelmäßig, als wollte man Vorkommnisse einer vorigen Episode einer Miniserie zusammenfassen. Dabei wäre die Idee um einen Präsidenten, der buchstäblich zwischen dem Bemühen, die Welt zum Frieden zu führen und seiner Unbeherrschtheit zerrissen wird, durchaus interessant. Doch bis es soweit ist, ist der Film beinahe vorbei und die Auflösung hat keine greifbare Entwicklung der Figur zur Folge.
Was dies bei Captain America: Brave New World in gewisser Hinsicht ein wenig aufwiegt und gleichzeitig umso bedauerlicher macht, ist die Besetzung. Selbst wenn Anthony Mackie als Captain America merklich beherrscht erscheint und nie so nahbar wie Steve Rogers zuvor, lebt die Geschichte spürbar auf, wenn Harrison Ford als Ersatz für den verstorbenen William Hurt in die Rolle des ehemaligen General und nun Präsidenten Ross schlüpft, oder der stets großartige Carl Lumbly seiner kaum geforderten Figur mehr Charisma verleiht, als es irgendeiner anderen gelingt. Insbesondere Charaktere wie Ruth Bat-Seraph, die beinahe wie eine Kopie von Natasha Romanoff erscheint, was im Film sogar erklärt wird, oder Leila Taylor als Mitarbeiterin des Präsidenten, haben kaum etwas zu tun. Erschwerend kommt hinzu, dass auch die übrigen Aspekte des Films nicht spürbar mitreißen. Die musikalische Untermalung, die ein richtiges Thema für den neuen Captain America vermissen lässt, ist meist merklich laut eingespielt und lenkt viele Momente in eine Stimmung, die kaum dazu passen mag, während Kamera und Schnitt zwar durchweg solide, aber nie packend geraten. Actionszenen wie der Angriff auf den Gipfel zu Beginn oder aber der Kampf in den beengten Räumlichkeiten einer geheimen Basis besitzen keinen wirklichen Aufbau, sondern werden in einem wilden Stakkato abgespult. Dass dies letztlich nur auf den nächsten Superhelden-Film überleiten soll, macht es ebenso wenig besser, wie dass am Ende versprochen wird, dass Captain America zurückkehrt. Er sollte vorher am besten erst einmal zu sich selbst finden.
Fazit:
Baut sich die Geschichte anfangs auf mit Attentaten, deren Hintermänner im Nachgang ihre Spuren verwischen oder einem Schurken, der alle möglichen Szenarien vorhersieht, dann vermutet man gar einen Agenten-Thriller, wie das MCU sie bereits hervorgebracht hat. Doch die Auflösung kommt merklich früh mit Dialogen, die sämtliche Motivation der Beteiligten erklären, so dass man sich durchaus fragen muss, wie kleinteilig die Verantwortlichen ihre Geschichte überhaupt erzählen wollen. Die Actionmomente wirken zumindest in der ersten Hälfte beinahe greifbar, doch mitreißend geraten sie leider nie, was auch daran liegt, dass keine einzige Sequenz länger aufgebaut wird oder die Helden unterlegen scheinen. Am besten gelingt dies bei der Konfrontation im indischen Ozean, während der US-Präsident beinahe zusammenbricht. Was folgt, ist ein Finale, wie man es unzählige Male bereits gesehen hat. Meistens sogar besser umgesetzt. Captain America: Brave New World ist hinsichtlich der Geschichte eine verschenkte Möglichkeit, die sich auf Grund der engen Verknüpfung mit dem MCU nur an Fans richtet. Die mag das Gezeigte durchaus unterhalten, nur wirklich packen kann es leider nicht und scheint trotz der politischen Anleihen geradezu bewusst neutral in seinen Aussagen. Eine mutige neue Welt sieht spürbar anders aus.