A Quiet Place 2 [2020]

Wertung: 5 von 6 Punkten  |   Kritik von Jens Adrian  |   Hinzugefügt am 1. November 2022
Genre: Drama / Horror / Science Fiction

Originaltitel: A Quiet Place Part II
Laufzeit: 97 min.
Produktionsland: USA
Produktionsjahr: 2020
FSK-Freigabe: ab 16 Jahren

Regie: John Krasinski
Musik: Marco Beltrami
Besetzung: Emily Blunt, Millicent Simmonds, Cillian Murphy, Noah Jupe, Djimon Hounsou, John Krasinski, Scoot McNairy, Alice Sophie Malyukova, Dean Woodward, Okieriete Onaodowan, Zachary Golinger, Lauren Ashley Cristiano, Wayne Duvall, Barbara Singer


Kurzinhalt:

Nachdem ihr abgelegenes Zuhause auf dem Land bei einem Angriff der inzwischen auf der Erde vorherrschenden, Tod bringenden Wesen, die von Geräuschen angelockt werden, zerstört wurde, macht sich Evelyn (Emily Blunt) zusammen mit ihren Kindern, darunter Tochter Regan (Millicent Simmonds) und Sohn Marcus (Noah Jupe) auf, eine neue Zuflucht zu suchen. In einer stillgelegten Stahlfabrik treffen sie auf Emmett (Cillian Murphy), früher ein Freund der Familie, der nach dem Verlust seiner Frau und Kinder zurückgezogen lebt und jede Hoffnung aufgegeben hat. Marcus ist schwer verletzt und auf Hilfe angewiesen, während Regan der Überzeugung ist, dass ein im Radio gesendetes Lied einen Hinweis darstellt, wo sich weitere Überlebende versteckt haben. Den Sender könnten sie verwenden, um ein Signal auszusenden, das die Aliens schwächt – doch dafür muss sich die Familie aufteilen und als Gehörlose ist Regan den Angriffen der außerirdischen Wesen noch mehr ausgeliefert als alle anderen …


Kritik:
Mit dem so ungewöhnlichen wie überraschenden A Quiet Place [2018] gelang Filmemacher John Krasinski ein packender Science Fiction-Thriller in einer beängstigenden Welt, die einzig aus Sicht einer ums Überleben kämpfenden Familie geschildert wurde. Die Fortsetzung erweitert diesen Blick, vergrößert das filmische Universum und zeigt gleichzeitig, wie klein die Welt der Figuren dennoch ist. Gleichermaßen spannend, ist A Quiet Place 2 nicht nur eine würdige Fortsetzung. Sie erscheint aber mehr noch als Teil eins unvollständig.

Die Geschichte des ersten Teils setzte eineinhalb Jahre nach einer Invasion durch Außerirdische an. Diese großen, mit einer natürlichen Panzerung versehenen Wesen reagieren auf Geräusche, die sie aus großer Entfernung wahrnehmen. Selbst ein Flüstern kann tödlich sein und die Menschheit ist, nach allem, was das Publikum weiß, besiegt. Die Überlebenden haben sich zurückgezogen und die Natur hat sich den Planeten zusammen mit den übermächtigen Wesen zurückerobert. A Quiet Place 2 setzt unmittelbar nach den Ereignissen des ersten Films an, beginnt jedoch mit einem Prolog, der „Tag 1“ der Invasion aufgreift. Damals ging das Ehepaar Evelyn und Lee wie viele andere Menschen zusammen mit ihren drei Kindern einem entspannten Nachmittag nach, als es so schien, als würde ein großer Feuerball vom Himmel fallen. Die Eröffnung, bei der Regisseur Krasinski das Publikum wie zuvor unmittelbar an die Seite der Hauptfiguren versetzt, mit ihnen rennt, sich duckt und teilweise sogar einzig ihren Blickwinkel auf das chaotische Geschehen zeigt, ist so packend, dass man selbst im Sitzen zurückweichen möchte. Handwerklich hervorragend umgesetzt, wird der stetig wachsende Kontrollverlust dieser Figuren geradezu greifbar in Anbetracht einer neuartigen Situation, deren Gefährlichkeit den Erwachsenen sofort klar ist, selbst wenn sie sie nicht verstehen.

Der Großteil der Story allerdings schließt an die Ereignisse des ersten Films an und zeigt, wie Evelyn mit ihren Kindern einen neuen Zufluchtsort sucht. Ausgangspunkt ist die Farm, auf der Teil eins beinahe ausschließlich spielte und von dem aus die Signalfeuer anderer menschlicher Siedlungen zu sehen waren. Zu einem solchen Feuer brechen die Überlebenden hier auf und verlassen die bisherigen Wege, die sie zur Geräuschdämpfung mit Sand bestreut hatten. Sie müssen buchstäblich neue Pfade beschreiten. A Quiet Place 2 nimmt das Publikum mit den Charakteren mit, ihren Horizont zu erweitern. Alles, was folgt, ist für sie wie die Zuschauerinnen und Zuschauer neu, aber dennoch weniger überraschend, als zuvor. Das liegt schlicht daran, dass die Besonderheiten der mysteriösen Wesen, denen sich die Familie gegenübersieht, bereits ausgelotet wurden. Nach den bisherigen Geschehnissen ist bekannt, was die außerirdische Bedrohung ausmacht und auch, wie man ihr begegnen kann. Einem ähnlichen Dilemma muss sich auch Filmemacher James Cameron vor mehr als 30 Jahren gegenüber gesehen haben, als er mit Aliens - Die Rückkehr [1986] eine eindrucksvolle Fortsetzung erzählte, die sich jedoch von der Erzählweise des ersten Teils grundlegend unterschied. Bestand der Horror des Vorgängers in der Unberechenbarkeit des bedrohlichen Wesens, überhöhte Cameron die Gefahr schlichtweg dadurch, dass er viel, viel mehr Aliens präsentierte. Regisseur John Krasinski bleibt der Ausgangsidee des ersten Films treu, besucht viele bekannte Stationen der bisherigen Geschichte und erzählt sie weiter – aber so gelungen die einzelnen Momente umgesetzt sind, es ist wenig überraschend, wie sie sich entwickeln.

So sind insbesondere die Konfrontationen mit den Außerirdischen inhaltlich absehbar. Der Schreckmoment funktioniert, nur ist die Situation an sich nicht mehr unberechenbar. Dies ändert sich, wenn sich Sohn Marcus durch eine Unachtsamkeit in Lebensgefahr begibt, oder sich Evelyn einem der Wesen gegenübersieht. Die gesamte Sequenz, die auf mehreren Ebenen aufgebaut ist und während der sich die höreingeschränkte Regan anderen Überlebenden gegenübersieht, ist schon deshalb so mitreißend, weil zum einen Vieles parallel passiert, aber gerade die Intention der Fremden nicht kalkulierbar ist. Wie sie reagieren, die Bedrohung, die sie darstellen, ist es schließlich, was packt. Die Inszenierung mit ihren vielen langen Einstellungen, die das Publikum an die Seite der Figuren stellen, könnte hier besser nicht sein. Auch der hervorragende Schnitt tut sein Übriges, um die Gefahr spürbar werden zu lassen, von dem erneut herausragenden Tondesign ganz zu schweigen.

Dabei überrascht es durchaus, dass sich das Augenmerk der Story von Evelyn zu Regan verschiebt. Was sich in Teil eins andeutete, wird hier konsequent weitergeführt und zu sehen, wie sowohl sie als auch Marcus am Ende aufblühen, sie beginnen, der Vorbereitung ihrer Eltern folgend, das Geschehen in die eigene Hand zu nehmen und zu agieren, anstatt zu reagieren, ist eine tolle Entwicklung. Sie lädt ein, diese Figuren weiter zu begleiten, die Welt weiter zu erkunden. Zwar legt A Quiet Place 2 in den letzten Momenten den Grundstein hierfür, ob es aber soweit kommt und bis es soweit ist, wird es wenigstens noch zwei oder mehr Jahre dauern.


Fazit:
Über weite Strecken bleibt Regisseur und Autor John Krasinski dem Konzept des ersten Films treu und präsentiert einen Science Fiction-Horror, bei dem man kaum wagt, zu atmen. Die umfangreicheren Actionmomente lassen das Geschehen aber insgesamt lauter erscheinen, als zuvor, was kein Kritikpunkt ist. Den Blick auf diese Welt zu erweitern, gelingt dem Drehbuch ausgesprochen gut und in Cillian Murphy als zynisch-verbittertem, zurückgezogenen Überlebenden, der durch Regans Überzeugung, etwas zu verändern, ermuntert wird, wieder an sich selbst zu glauben, findet die Geschichte eine tolle neue Figur. Millicent Simmonds ist auch hier der Star des Geschehens, was nicht die durchweg stark spielende Besetzung schmälern soll. Ihre Ausdruckskraft und ihre Stärke übertragen sich von Beginn an auf das Publikum. Dennoch erscheint die Bedrohung bei A Quiet Place 2 vorhersagbarer, was nicht bedeutet, dass es hier keine beängstigenden Momente gäbe. Im Gegenteil. Handwerklich noch aufwändiger umgesetzt und geradezu klaustrophobisch erzählt in einer Welt, in der jedes Geräusch, das man macht, das letzte sein kann, ist dies ein würdiger Nachfolger und auch für sich mehr als beeindruckend. Man würde sich nur wünschen, die Geschichte hätte einen besseren Abschluss, anstatt so abrupt zu enden.