A Killer’s Memory [2023]

Wertung: 3 von 6 Punkten  |   Kritik von Jens Adrian  |   Hinzugefügt am 20. Mai 2024
Genre: Krimi / Thriller / Drama

Originaltitel: Knox Goes Away
Laufzeit: 114 min.
Produktionsland: USA
Produktionsjahr: 2023
FSK-Freigabe: ab 16 Jahren

Regie: Michael Keaton
Musik: Alex Heffes
Besetzung: Michael Keaton, James Marsden, Al Pacino, Marcia Gay Harden, Suzy Nakamura, John Hoogenakker, Joanna Kulig, Ray McKinnon, Lela Loren, Dennis Dugan


Kurzinhalt:

Auch wenn John Knox (Michael Keaton) mit der Diagnose bereits gerechnet hat, als sein Neurologe ihm mitteilt, dass er schwer erkrankt ist, treffen ihn die Auswirkungen doch unerwartet. Dabei leidet Knox nicht an Alzheimer, wie gedacht, sondern an einer Creutzfeldt-Jakob-Erkrankung, die schnell voranschreitet. Es werden ihm nur Wochen bleiben, um alles zu regeln. Was sein Arzt nicht weiß, Knox ist Auftragskiller, und als auf Grund der Auswirkungen seiner Erkrankung ein Auftrag aus dem Ruder läuft, muss er dafür sorgen, dass sein Auftraggeber nichts davon erfährt. Gleichzeitig ist er darum bemüht, mit Hilfe des Gangsters Xavier Crane (Al Pacino), den Knox seit langem kennt, sein Erbe zu verteilen für den Moment, ab dem er es selbst nicht mehr kann. Als Knox’ Sohn Miles (James Marsden), mit dem er seit Jahren nicht gesprochen hat, vor seiner Tür steht und ihn um Hilfe bittet, ahnt er nicht, dass die Polizistin Emily Ikari (Suzy Nakamura) Knox bereits auf den Fersen ist. John läuft zunehmend die Zeit davon …


Kritik:
15 Jahre nach seinem Spielfilmregiedebüt The Merry Gentleman [2008] nimmt der preisgekrönte Schauspieler Michael Keaton erneut auf dem Regiestuhl Platz. In A Killer’s Memory schlüpft er einmal mehr in die Rolle eines Auftragskillers, dem hier auf Grund einer Creutzfeldt-Jakob-Erkrankung nicht nur sein Leben Zug um Zug entgleitet, sondern der gleichzeitig darum bemüht ist, seinen Sohn vor dem Gefängnis zu bewahren. So stark das gespielt ist, das Drehbuch wird dem Potential vor wie hinter der Kamera leider nicht gerecht.

Dass etwas nicht stimmt, bemerkt John „Aristoteles“ Knox selbst, als ihm die Begriffe für alltägliche Dinge nicht mehr einfallen. Auch kommt es vor, dass er mehrmals Getränke bestellt, ohne sich erinnern zu können, dass er dasselbe gerade eben bereits getan hat. Ein MRT bringt schließlich die Gewissheit, doch statt der bereits erschütternden Diagnose einer Demenz, wird Knox mitgeteilt, dass er an einer aggressiven Form der Creutzfeldt-Jakob-Krankheit leidet. Auf Grund des schnellen Verlaufs bleiben ihm noch Wochen, nicht Monate, um das Nötigste zu regeln. Als er auf Grund seiner Ausfallerscheinungen einen Job verpfuscht, muss Knox nicht nur seine Spuren verwischen, sondern gleichzeitig noch seinen Nachlass regeln, ohne dass sein Auftraggeber Jericho davon erfährt. Die Situation eskaliert, als Knox’ Sohn Miles vor der Tür steht, der seit Jahren nicht mit ihm gesprochen hat, nun aber seine Hilfe benötigt. Denn Miles hat jemanden ermordet und hofft darauf, dass sein Vater ihm helfen kann, die Leiche verschwinden zu lassen.

Im Grunde bietet A Killer’s Memory mehr als genug Ideen für einen packenden Crime-Thriller, zumal das Geschehen stellenweise aus Sicht der ermittelnden Polizistin des Los Angeles Police Departments gezeigt wird, Detective Emily Ikari, die Knox’ auf den Fersen ist. Doch so interessant die Idee klingt und so tadellos sie von Keaton auch umgesetzt ist, es gelingt weder ihm, das Geschehen in irgendeiner Art und Weise packend zu erzählen, noch dem Drehbuch, die unterschiedlichen Aspekte der Geschichte sinnvoll und spannend miteinander zu verknüpfen. Das beginnt bereits damit, dass Anfangs ein Geheimnis um Knox’ Auftraggeber „Jericho“ gemacht wird, der keinesfalls von seinen Plänen erfahren soll, aussteigen zu wollen, oder dass Knox all sein Vermögen zu Geld macht, um es seinen Erben vermachen zu können. Aber obwohl Jericho auch von Ermittlerin Ikari erwähnt wird, spielt die Figur keine tatsächliche Rolle und tritt nie auf. Sollte mit Jericho der von Al Pacino gespielte Xavier gemeint sein, ergibt auch dies keinen Sinn, da Knox Xavier in seine Situation einweiht und ihn um Mithilfe bittet. In welcher Beziehung Knox und Xavier stehen, wird aber ebenfalls nicht deutlich.

Während Pacino kaum zu sehen ist, erhält die von Joanna Kulig gespielte Annie viel Aufmerksamkeit, die seit vier Jahren einmal die Woche einen Nachmittag mit Knox verbringt. Doch anstatt darauf einzugehen, wie sich das Arrangement zwischen ihr und Knox entwickelt hat, springt das Drehbuch zu seinem entfremdeten Sohn Miles, der den Mann ermordet hat, der Miles’ minderjährige Tochter zuerst über das Internet ausgekundschaftet und dann geschwängert hat. Dass Knox sich bereiterklärt, seinem Sohn zu helfen, ist nicht verwunderlich und sieht man, wie er später Beweismittel des Tatorts präpariert und dann wieder bewusst platziert, fragt man sich kurz, was Knox im Schilde führt. Doch ergibt in diesem Zusammenhang wenig Sinn, dass die ermittelnde Polizistin den Tatverlauf anders schildert, als Miles seinem Vater gegenüber, oder Miles gezeigt wird, dass er in der Öffentlichkeit aggressiv auftritt. Hier scheinen Ideen angedeutet, die Figuren zu vertiefen oder den Verlauf der Geschichte mit Wendungen zu versehen, die aber nie mehr aufgegriffen werden.

Stattdessen schildert A Killer’s Memory in durchaus chicen, sich aber mitunter wiederholenden Einstellungen, wie Knox versucht, trotz der Einschränkungen seiner Krankheit seinen Alltag zu meistern. Filmemacher Michael Keaton verleiht seiner Figur dabei eine geradezu getragene Selbstbeherrschung, die faszinierend ist, zu beobachten, aber die seinen Charakter doch nur definiert, anstatt ihn zu entwickeln. Nicht nur, dass er die Menschen, die ihm wichtig sind, oder das Wissen, das er sich aus den vielen, vielen Büchern in seinem Haus angeeignet haben muss, in Kürze vergessen wird, Knox darf sich nie dazu äußern, was dies in ihm auslöst. Er ist ein Einzelgänger, der für Geld Menschen ermordet und im Gegensatz zu seinem Partner nicht einmal wissen möchte, weshalb. Was treibt ihn also an und bereut er denn irgendetwas von dem, was er getan hat? Nicht nur liefert das Drehbuch hierauf keine Antworten, es stellt nicht einmal solche Fragen. Auch kommt nie das Gefühl auf, als würde Knox entgegen der Zeit, die ihm bleibt, agieren. Vielmehr plätschert die Geschichte unentwegt vor sich hin, ohne nennenswerte Spannungshighlights, oder dass die Polizei die Schlinge um Knox’ Hals enger ziehen würde.

Sieht man, wie alle Teile von Knox’ Vorbereitung am Ende zusammen fallen, oder wie er zu einem Schatten seiner selbst wird, erweckt A Killer’s Memory einen Eindruck dessen, was das Crime-Thriller-Drama hätte sein können und vermutlich auch sein wollte. Doch die Geschichte entwickelt sich derart langsam, dass kaum Spannung aufkommt und Szenen wie der Besuch einer Abtreibungsklinik haben auf die Figuren keinerlei Auswirkungen. Es ergibt sich daraus kein Konflikt, den es aufzulösen gilt, oder der sie nachhaltig belasten würde. Nur ohne Auswirkungen macht all das schlicht keinen Sinn. Handwerklich gut umgesetzt, mangelt es dem Film damit trotz der sehenswerten Darbietung im Zentrum schlicht an Substanz.


Fazit:
In vielerlei Hinsicht scheint das Drehbuch bemüht, der Geschichte und der im Original Titel gebenden Figur einen facettenreichen Hintergrund zu verleihen. Indem herausgestellt wird, dass Knox zwei Doktortitel besitzt, oder dass er beim Militär tief hinter feindlichen Linien eingesetzt wurde, beispielsweise. Doch diese Charaktermerkmale führen nirgendwo hin, sie wirken sich auf ihn nicht aus. Viel interessanter wäre es, zu wissen, wie es ihm dabei geht, mitansehen zu müssen, wie die Person, die er ist, die er war, langsam verschwindet. An der Tragik der Situation, dem tatsächlichen Drama, scheint die Vorlage aber nicht interessiert. Stattdessen wird ein Crime-Thriller aufgebaut, der mit einer Bedächtigkeit abgebrannt wird, dass man beinahe das Interesse daran verliert. Zusätzlich zur Grundidee gibt es hier wirklich starke Momente und tolle Ansätze, die Filmemacher Michael Keaton vor der Kamera mit einer nuancierten Darbietung zum Leben erweckt. Doch die Behäbigkeit, mit der A Killer’s Memory erzählt wird, ohne dabei eine wirkliche Charakterstudie des zurückhaltenden Protagonisten zu präsentieren, lässt die Stärken leider verpuffen. Das ist schade um die namhaften Beteiligten.



A Killer’s Memory-Packshot A Killer’s Memory
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