Douglas Adams: "Das Leben, das Universum und der ganze Rest" [1982]

Wertung: 3 von 6 Punkten  |   Kritik von Jens Adrian  |   Hinzugefügt am 21. Oktober 2004
Autor: Douglas Adams

Genre: Science Fiction / Komödie

Originaltitel: Life, the Universe and Everything
Originalsprache: Englisch
Gelesen in: Englisch
Ausgabe: Gebunden
Länge: 154 Seiten
Erstveröffentlichungsland: Großbritannien
Erstveröffentlichungsjahr: 1982
Erstveröffentlichung in Deutschland: 1983
ISBN-Nr. (gelesene Ausgabe): 0-517-14925-7


Kurzinhalt:
Gestrandet an einem der unwirtlichsten Orte (und Zeiten) im Universum verbringen Arthur und Ford fünf Jahre damit, sich mit ihrem Schicksal abzufinden, ehe es ihnen erneut zuvor kommt und sie sich wenig später zuerst wenige Tage vor der Zerstörung der Erde und anschließend an Bord von Slartibartfast Raumschiff befinden. Er offenbart ihnen auch den Zweck ihrer Rettung, sie sollen mit ihm verhindern, dass das Volk der Krikkit von ihrer Heimatwelt befreit wird – ein Armee von Kampfrobotern durchforstet die Galaxis nach einem Schlüssel, der ihren Herren die Freiheit wieder schenken soll.
Widerwillig steigen die beiden galaktischen Anhalter bei diesem Unterfangen ein, und treffen wenig später auf Zaphod, der seinerseits die Bekanntschaft mit den Robotern von Krikkit gemacht hat. Auch Trillian scheint von der sich anbahnenden Katastrophe wie magisch angezogen und der depressive Marvin ist selbstverständlich schon lange ein Teil davon. Doch während sich die Truppe ein letztes Mal versammelt, befinden sich ihre Feinde in gewaltiger Überzahl, und eigentlich ist die Zeit schon um, bevor der Wettlauf dagegen überhaupt angefangen hat ...


Kritik:
Es ist eine bekannte, ungeschriebene Gesetzmäßigkeit, dass bei den meisten zusammenhängenden Geschichtsreihen (sei es nun in Roman- oder Filmform) die Fortsetzungen meist qualitativ nachlassen und folglich auch weniger Menschen begeistern. Rühmliche Ausnahmen gibt es zwar immer, und zu irgendeinem Zeitpunkt erreicht fast jede Reihe einen Punkt, ab dem ein bedeutend besserer Teil erscheint, und das Spiel dann wieder von vorne beginnt. Um dem entgegen zu wirken verpflichten viele Erzählungen während der Zeit verschiedene Autoren, um so einen frischen Wind ins Genre zu bringen. Bei Science Fiction-Autor Douglas Adams gab es leider niemanden, der seiner Romanreihe Per Anhalter durch die Galaxis, gestartet 1979 mit dem erfolgreichsten und in Kürze zum Kult erhobenen Roman, neues Leben einhauchte. Vielmehr arbeitete er mit dem dritten Band Das Leben. das Universum und der ganze Rest nun schon im dritten Jahr in Folge, ununterbrochen nur an einer einzigen Buchreihe, wobei Teil drei auch nicht wie die ersten beiden auf einer Hörspielvorlage beruht, sondern nur in dieser Form erschien. Was sich beim deutlich schwächeren zweiten Buch, Das Restaurant am Ende des Universums [1980] aber schon abgezeichnet hat, wird hier in einem leider sehr traurigen Maße fortgeführt. Begeisterte Adams im ersten Buch mit einer aberwitzigen, bisweilen hintersinnigen Geschichte, rund um sympathische und ungewöhnliche Figuren mit einer gehörigen Portion schwarzen Humors, so ist die Story des dritten Buches stark vereinfacht gesagt ein Scherbenhaufen verworrener Ideen auf der Suche nach einem Roten Faden. Zu allem Überfluss verhalten sich die Figuren so anormal, dass sie einem bisweilen regelrecht unsympathisch wirken und man keine Beziehung mehr mit ihnen aufbauen kann. So kommt es, dass auch der Lesespaß hier großteils auf der Strecke bleibt, der Roman aber sichtlich schwerer zu lesen ist, als die ersten beiden. Dies hätte der Abschluss der Per Anhalter-Trilogie werden sollen, doch folgten später noch zwei Bücher, ob die aber wieder das bekannte, originale Flair des ersten Buches wieder aufgreifen können, bleibt abzuwarten.

Inhaltlich halten sich dabei zwei Hauptkritikpunkte die Waage: Einerseits verhalten sich die Figuren schon in ihren ersten Szenen vollkommen anders, als bisher, andererseits schlägt die Geschichte selbst hier derartige Haken, versucht mit witzig gemeinten Überraschungen den Leser zu verblüffen, was aber nur deshalb gelingt, weil man beim besten Willen solche Wendungen nicht vorhersehen könnte. Dabei entpuppen sich die Einfälle aber sogar für den abgefahrenen Stil der Reihe zu aufgesetzt und auf Krampf ungewöhnlich; es dauert über 60 Seiten, bis die eigentliche Hintergrundhandlung um die Kampfroboter von Krikkit, und die in einer Zeitverzerrung eingeschlossene Welt, zur Sprache kommt – und auch wenn man aus der Ausgangslage eine sehr spannende, düstere und gute Story hätte basteln können, verliert sich Adams stattdessen in kleineren Episoden wie dem Besuch der Hauptfiguren auf einer Jahrhunderte währenden Party, oder Arthurs Konfrontation mit Agrajag, einem reinkarnierten Wesen, das Arthur unzählige Male (unabsichtlich) getötet hat, und das nun Rache nehmen will. So interessant auch dieser Exkurs ist, er löst sich innerhalb weniger Zeilen nach seitenlanger Vorbereitung in Nichts auf. Am besten wird das Problem aber durch etwas vollkommen unvorhersehbares veranschaulicht; so ist im Reiseführer Per Anhalter durch die Galaxis ein Eintrag unter "Fliegen" zu finden, der besagt, dass man sich "auf den Boden werfen solle, und unabsichtlich versuchen, ihn zu verfehlen". So witzig das auch klingen mag, wenn der Autor später seitenweise beschreibt, wie einer der Protagonisten dies wirklich mehrmals schafft ,verliert das Ganze aber seinen Reiz.
Die bisherigen zwei Büchern erschienen ebenfalls sehr episodenhaft, was aber schlichtweg daran lag, dass sie ja auf Episoden einer Hörspielreihe beruhten. Den dritten Band verfasst Douglas Adams allerdings schon prinzipiell als Roman, so dass er hier stilistisch auf jeden Fall einen besseren Weg hätte gehen sollen. Ebenfalls aus den bisherigen Büchern bekannt ist das für 'Page-Turner' beabsichtigte überraschende Ende eines jeden Kapitels, mit dem der Leser animiert werden soll, weiter zu lesen. Doch hier greift Adams zu einer bei Seifenopern bekannten Methode und schiebt nach diesem Kapitelschluss erst einmal eine andere Episode dazwischen. So legitim das auch erscheinen mag, wenn zwischen einem Cliffhanger eines Kapitels und dessen Fortführung drei weitere Kapitel liegen, die im Übrigen nicht einmal ansatzweise so mitreißend erzählt sind, wirkt die dramaturgische Reihenfolge der einzelnen Kapitel schlichtweg billig.
Doch neben den Storyschwächen wirken sich vor allem die Verhaltensweisen der Figuren sehr negativ auf den Lesespaß aus; so scheinen Trillian und Zaphod zu Beginn des Romans nicht im Geringsten vom Verbleib von Arthur, Ford oder Marvin interessiert, stattdessen zerfließt Zaphod in Selbstmitleid, Trillian besucht lieber eine intergalaktische Party und von einem Moment auf den anderen werden beide dann doch wieder in die Story um die Krikkit-Heimatwelt hineingezogen. Die Verhaltensweisen der Figuren passen so überhaupt nicht zu den bisherigen zwei Büchern und machen sie mit ihrer egoistischen Art bisweilen sogar recht unsympathisch. Marvin selbst kommt zudem im dritten Buch viel zu kurz, und scheint bei weitem nicht mehr so bissig, wie bislang. Arthur und Ford sind im ersten Drittel des Romans ohnehin auf sich allein gestellt und werden immerhin etwas näher beleuchtet. Wie sie aber letztendlich aus der prekären Situation zu Beginn gerettet werden ist so abgehoben, dass selbst Science Fiction-Fans nicht darauf kommen würden, dabei hätte es unzählig viele Möglichkeiten gegeben, die Eingangsstory besser aufzulösen. Doch sobald sie gerettet sind, und sich die Ereignisse einmal mehr überschlagen verhält sich auch Ford völlig anormal, ja es scheint fast so, als wären die Rollen von Ford und Arthur urplötzlich vertauscht worden.
Wieso Arthur allerdings, da er nun schon einmal die Möglichkeit zur Zeitreise hat, nicht die Vernichtung der Erde verhindert, sondern sie ein weiteres Mal geschehen lässt (auch Slartibartfast scheint nicht einmal im Traum daran zu denken, sein Fjorde zu retten), ist allerdings wieder ein Geheimnis des Autors. So wirken nicht einmal mehr die Figuren vertraut, die Geschichte ist zu abgehoben, zu fantastisch und konfus, als dass man ihr noch folgen könnte und der Lesespaß hält sich diesmal auch deshalb in Grenzen, weil Douglas Adams sprachlich nicht einmal mehr im Ansatz so witzig, versiert oder hintersinnig bewandert ist, wie noch in den Vorgängerromanen.

Die zwei Höhepunkte sind zweifelsohne die drei Auftritte des Außerirdischen Wowbagger, der den ganzen Lebewesen im Universum seine persönliche Meinung sagen möchte, und Zaphods Schleichen durch die "Herz aus Gold", mit dem verstummten Bordcomputer, sowie der lauthals heraus schreienden Bordtüre. Viele andere Abschnitte, wie Zaphods Diskussion mit den Kampfrobotern von Krikkit, oder Marvins Gespräch mit der Matratze Zem sind zwar ganz nett, lassen aber grundsätzlich den Feinschliff vermissen und werden immer schon abgebrochen, bevor der eigentliche Höhepunkt erreicht ist.
Das Finale andererseits ist schon wieder vorbei, bevor es überhaupt richtig angefangen hat, von einem spannenden Aufbau ist hier keine Spur zu sehen und auch die Wendungen, oder erleuchtende Offenbarungen halten sich in Grenzen. Stattdessen wird im letzten Abschnitt vor Schluss der Weg der Hauptfiguren aufs neue getrennt, so dass sie wieder nicht zu der verdienten Ruhephase und dem gebührenden Abschluss kommen, den man als Leser von einem solchen Roman erwarten und auch erhoffen würde.
Ein Grundproblem des Romans ist dabei vielleicht, dass Autor Adams hier zu viele Erklärungen liefert, auch die kleinste Kleinigkeit in den kosmischen Zusammenhang zwängen möchte und (bisweilen durchaus gekonnt) Fäden aus den bisherigen Romanen wieder aufnimmt, und ihnen hier einen Hintergrund gibt. Dabei bleibt allerdings die Hauptgeschichte auf der Strecke, wirkt im Rückblick wie ein Umriss eines soliden Grundgerüsts, das nie weiter Beachtung fand.

Es mag zudem sein, dass sich der witzige, mit Widersprüchen und Gegensätzlichkeiten jonglierende Stil des Autors nach zwei Romanen erschöpft hat, aber auch sprachlich ist Das Leben, das Universum und der ganze Rest bei weitem nicht mehr so mitreißend, oder überhaupt humorvoll. Stattdessen muss man manche Absätze mehrmals lesen, um den eigentlichen Sinn hinter den Worten zu verstehen, und die witzigen Bemerkungen laufen alle nach demselben Schema ab. Auch die Dialoge zwischen den Figuren weisen weder den bekannten Biss, noch die tief gehenden Pointen auf, die man von den ersten beiden Büchern kennt. Stattdessen wirken sie wie das Drehbuch zu einem Sketch, als würden zwei Darsteller die Zeilen vortragen. Manche Witze zünden zwar trotzdem, aber sie sind von viel offensichtlicherer und eindimensionalerer Natur, als man das von Adams erwarten würde.

Auch wenn Per Anhalter durch die Galaxis und Das Restaurant am Ende des Universums inhaltlich zwar originell und skurril waren, so konfus wie hier war keiner der beiden Romane ausgefallen. Man wird als Leser das Gefühl nicht los, dass Douglas Adams selbst keine Auflösung für die Geschichte parat hat, dass er zwar mit immer neuen Ideen aufwartet, diese aber weder ordnet, noch sie erst einmal auf sich selbst wirken lässt (um abzuschätzen, ob sie überhaupt in die Geschichte passen), bevor er sie niederschreibt. So tröpfelt die Geschichte die erste Hälfte des Romans vor sich hin, macht einige Abstecher ins humorvolle Metier, klammert aber das "Science" bei "Science Fiction" stark ein und überflutet den Leser mit einer Vielzahl aberwitziger, zum Teil schlicht kruder und wirr zusammen getragener Ideen, die weder so witzig sind, wie sie sein sollen, noch in den Gesamteindruck passen. Hinzu kommen Figuren, die man kaum wieder erkennt, und die Tatsache, dass der Teil bis auf den Anfang nichts mit den Geschehnissen der ersten beiden Bücher zu tun hat, noch einen vernünftigen Abschluss findet. Auch sprachlich bietet Das Leben, das Universum und der ganze Rest nichts Neues, wiederholt stattdessen Formulierungen und ganze Abschnitte aus den bisherigen Büchern und wirkt deshalb wie eine halbherzig zusammengestellte, plagiative Collage von ursprünglich wirklich guten Ideen, die aber nach dem dritten Aufwärmen nur leidlich unterhalten.


Fazit:
Es ist ein Trauerspiel, wenn man sich die Entwicklung der Story seit dem fast schon genialen ersten Teil ansieht; in nicht einmal zwei Büchern dreht Douglas Adams manche Figuren um 180°, führt Storyentwicklungen ad absurdum und versucht so verbissen, alle möglichen Skurrilitäten der bisherigen Bücher zu erklären, dass sie nicht mehr witzig wirken, sondern sich hinter den meist zu banalen Erklärungen verbergen. Die Grundstory ist hier zwar prinzipiell interessant, wird aber so stiefmütterlich behandelt, dass ich ganze Seiten verschlingen konnte, ohne dass davon auch nur ein Element haften geblieben wäre.
Die Dialoge haben mir bisweilen wirklich gefallen, aber auch hier kann man die meisten zu weit vorab schon abschätzen, der einst innovative, witzige Stil wirkt im zweiten Aufguss lediglich amüsant, hat aber sowohl an Biss, als auch an Hintersinnigkeit verloren. Wäre die Geschichte nicht bisweilen vollkommen abgefahren, könnte man ganze Kapitel weglassen, aber auch hier hatte ich das Gefühl, dass eine Inhaltsbeschreibung der einzelnen Kapitel lediglich ein paar Zeilen füllen würden. Stilistisch aufgeblasen verbirgt sich hinter Das Leben, das Universum und der ganze Rest ein Bodensatz guter Ideen, die aber nicht ausgenutzt werden. Stattdessen werde ich die Befürchtung nicht los, dass Adams nie vor hatte, die Reihe mit diesem Teil zu beenden, noch dass er zu Beginn gewusst hat, in welche Richtung sich die Geschichte entwickeln würde.
Mann kann nur hoffen, dass sich das in den kommenden beiden Romanen wieder bessert, denn so möchte ich den einfallsreichsten und kultigsten Science Fiction-Komödien-Roman Per Anhalter durch die Galaxis nicht in Erinnerung behalten.