Wolfman (Extended Director's Cut) [2010]

Wertung: 4 von 6 Punkten  |   Kritik von Jens Adrian  |   Hinzugefügt am 23. Juli 2011
Genre: Fantasy / Horror / Action / Drama

Originaltitel: The Wolfman
Laufzeit: 119 min.
Produktionsland: USA
Produktionsjahr: 2010
FSK-Freigabe: ab 16 Jahren

Regie: Joe Johnston
Musik: Danny Elfman
Darsteller: Benicio Del Toro, Anthony Hopkins, Emily Blunt, Hugo Weaving, Art Malik, Simon Merrells, Gemma Whelan, Mario Marin-Borquez, Asa Butterfield, Cristina Contes, Malcolm Scates, Nicholas Day, Michael Cronin, David Sterne, David Schofield, Roger Frost


Kurzinhalt:
Als ihr Verlobter Ben Talbot (Simon Merrells) in einer Vollmondnacht im Jahr 1891 spurlos verschwindet, wendet sich die zierliche Gwen (Emily Blunt) an dessen Bruder Lawrence (Benicio Del Toro), der in London am Theater spielt. Widerwillig kehrt dieser auf das Familienanwesen in Blackmoor zurück, wo sein Vater Sir John (Anthony Hopkins) mit seinem Diener Singh (Art Malik) in der riesigen Villa wohnt. Als Bens stark verstümmelte Leiche gefunden wird, und sein Tod demjenigen von anderen Männern gleicht, werden die im Wald lebenden Zigeuner dafür verantwortlich gemacht.
Doch als die Dorfbewohner die Zigeuner stellen wollen, werden sie alle von einer Furcht einflößenden Kreatur angegriffen. Lawrence wird schwer verwundet, doch stellt seine unnatürlich rasche Genesung den Arzt vor ein Rätsel. Just als er spürt, dass der Angriff ihn auf seltsame Weise verändert hat, stellt der Scotland Yard-Polizist Abberline (Hugo Weaving) unangenehme Fragen. Da naht auch schon der nächste Vollmond und Lawrence bemerkt bei sich eine schreckliche Verwandlung ...


Kritik:
Wolfman ist ein Remake des Klassikers Der Wolfsmensch [1941], und wie es in solchen Filmen üblich ist, gibt es dort alle drei Tage Vollmond. Es scheint eine genrebedingte Sonderheit zu sein. Regisseur Joe Johnston kleidet seinen im England des Jahres 1891 angesiedelten Horrorfilm in düstere, gotisch anmutende Bilder und erzeugt damit eine sehr stimmungsvolle Atmosphäre. Was er dabei nur übersieht, ist auch eine überraschende Geschichte zu erzählen. Denn was das Drehbuch hier nach dem ersten Akt als große Enthüllung zelebriert, haben selbst unerfahrene Zuseher bereits nach den ersten fünf Minuten schon gewusst.

Es beginnt, wie man es aus zahlreichen Werwolf-Geschichten kennt, damit, dass ein abgeschiedenes Dorf von einer solch schrecklichen Kreatur heimgesucht wird, die sich nur zu erkennen gibt, wenn der Vollmond den Boden erhellt, und die nur durch Silberkugeln getötet werden kann. Ihr fällt auch Ben Talbot zum Opfer, dessen Verlobte Gwen kurz nach seinem Verschwinden und vor dem Fund der Leiche nach London reist, um seinen Bruder Lawrence darüber zu informieren. Widerwillig kehrt dieser auf das Familienanwesen zurück, das er seit vielen Jahren nicht mehr gesehen hat.
Zu keinem Land der Welt scheinen verlassene, große Villen mit Spinnweben an den Geländern und Laub auf dem Marmorfließboden so zu passen, wie zu England. Die nebligen, verregneten Moorlandschaften und hoffnungslose Grasflächen runden bei Wolfman ein Porträt ab, das sich besser nicht in die Erwartungen einfügen könnte. Wir glauben diese Situationen zu kennen und vermuten hinter dem abgeschieden lebenden Vater, Sir John, der Lawrence einen ebenso kühlen Empfang bereitet, wie er den Tod seines zweiten Sohnes nicht zu betrauern scheint, mehr, als der gebrechlich wirkende Senior offenbart. Dass wir darin so früh bestätigt werden ist die eigentliche Überraschung, ebenso wie die Tatsache, dass der Film fortan in genau den Bahnen verläuft, in denen man es erwarten würde. Das Drehbuch gibt sich große Mühe, eine Stimmung zu erzeugen, die einen schaudern lässt, und man wird durchaus das ein oder andere Mal erschreckt, wenn auch öfter, weil die Lautstärke der "unerwarteten" Bewegung mehr schockiert, als die Bewegung selbst. Doch gleichzeitig erzählt die Vorlage ihre großen Vorbilder nach, ohne unerwartete Momente einzubinden. Dass die in den Wäldern nahe des Dorfes lebenden Zigeuner für die Taten verantwortlich gemacht werden, ist abzusehen. Wie auch, dass Lawrence von der Kreatur verwundet wird. Von seiner raschen und unnatürlichen Genesung nur noch mehr angezogen, entwickelt sich etwas zwischen ihm und der Verlobten seines verstorbenen Bruders, Gwen. Doch wenn Lawrence erkennt, was er selbst in Gestalt des Wolfsmenschen getan hat, wozu er fähig war, und er dennoch nicht alles unternimmt, sich selbst von der Welt fernzuhalten, sobald der nächste Vollmond naht, dann hat er die Sympathien des Publikums verspielt. Vielmehr verlagert sich in der Mitte des Films dieser Umstand auf den Polizisten Abberline, charismatisch verkörpert durch Hugo Weaving, dem man einen Sieg über die Kreatur gönnt, auch wenn man weiß, dass er bei so hochkarätigen Protagonisten kaum möglich sein wird.

Die womöglich aufwändigste Sequenz des Films spielt in London selbst und verlagert den Schauplatz weg vom Land und hinein in eine dicht besiedelte Stadt, was die Gefahr für die Umstehenden nur noch größer macht. Doch statt hier die Bedrohung der Menschen in den Mittelpunkt zu rücken, nimmt Wolfman diesen Abschnitt zum Anlass eines Splatterfestes, das nur fortsetzt, was zuvor in Blackmoor schon begann. Abgetrennte Körperteile durch die Luft fliegen zu sehen, mag dabei ein bestimmtes Publikum zufriedenstellen, und es hat durchaus seine Berechtigung in einem Horrorfilm, nur schockieren diese Einstellungen, auch wenn sie kurz gehalten sind, ohne aber emotional mitzunehmen. Denn diejenigen Figuren, die uns interessieren, sind zumeist nicht sympathisch, und die Opfer kennen wir nicht.

Angeführt wird die stimmige Besetzung dabei von Benicio Del Toro, der nach seiner eingangs vorgebrachten Distanz durchaus überzeugt. Emily Blunt gibt ein verletzliches und schützenswertes Opfer, während Anthony Hopkins stellenweise unerwartet schelmisch spielt. Dagegen ist durchaus nichts einzuwenden, und man kann ihnen auch nicht vorwerfen, sie würden sich keine Mühe geben. Sie tragen ebenso wie die zuerst vom Studio abgelehnte, dann doch verwendete Musik von Danny Elfman zum Gesamtbild von Wolfman bei. Und dieses wird letztlich nicht durch handwerkliche Mängel getrübt, sondern dadurch, dass trotzdem die fehlende Innovation der Story überwiegt.

Für den Heimvideobereich wurde eine 17 Minuten länger laufende Schnittfassung, der Extended Director's Cut, zusammengestellt, welche die Hintergrundgeschichte und die Figuren besser ausarbeitet. Als Bonus für Fans ist außerdem Eingangs das Studio-Logo von "Universal" aus dem Jahr 1941 eingebunden. Interessenten sollten hierzu greifen, um einen vollständigeren Film zu sehen.


Fazit:
Jedes Nebelwabern, jeder Laternenschein verkündet Unheilvolles. Diese Stimmung erzeugt Joe Johnstons Film von der ersten Minute an und hält sie auch bis zum Schluss. Dass die Kreatur im Gegensatz zum Genreklassiker American Werewolf [1981] mehr Ähnlichkeiten mit einem Wolfsmensch besitzt, wiegt sie durch die brutalen Attacken gegen die Menschen wieder auf. Doch woran es bei Wolfman trotz der namhaften Besetzung hapert, sind die ausbleibenden Überraschungen.
Die einzelnen Stationen und Offenbarungen sind lange vorher absehbar, es verwundert allenfalls, wie früh die Hintergründe bereits aufgeklärt werden. Und auch wenn der hohe Bodycount durchaus schockiert, mitgerissen wird man deshalb nicht, weil die Figuren nicht bekannt sind oder nicht interessieren. Das ergibt einen solide gemachten Fantasy-Horror-Film, der zwar in sich stimmig bleibt und auch gelungen das Flair des Originals einfängt, bei dem einem aber letztlich Alles zu bekannt vorkommt.