Toy Story 3 [2010]

Wertung: 5.5 von 6 Punkten  |   Kritik von Jens Adrian  |   Hinzugefügt am 01. August 2010
Genre: Animation / Komödie / Action

Originaltitel: Toy Story 3
Laufzeit: 103 min.
Produktionsland: USA
Produktionsjahr: 2010
FSK-Freigabe: ohne Altersbegrenzung

Regie: Lee Unkrich
Musik: Randy Newman
Stimmen: Tom Hanks (Michael "Bully" Herbig), Tim Allen (Walter von Hauff), Joan Cusack (Carin C. Tietze), Ned Beatty (Klaus Sonnenschein), John Ratzenberger, Don Rickles (Hartmut Neugebauer), Estelle Harris, Wallace Shawn (Rick Kavanian), Blake Clark, Jodi Benson (Maren Rainer), Michael Keaton (Christian Tramitz), John Morris, Emily Hahn, Laurie Metcalf, Teddy Newton, Bud Luckey, Beatrice Miller, Javier Fernandez Pena, Timothy Dalton, Lori Alan


Kurzinhalt:
Andy (John Morris) hat sich entschieden, aufs College will er Woody (Tom Hanks / Michael "Bully" Herbig) mitnehmen, die übrigen Spielsachen kommen in eine andere Kiste. Diese landet in der Kindertagesstätte Sunnyside und die Begeisterung unter Buzz (Tim Allen / Walter von Hauff), Jessie (Joan Cusack / Carin C. Tietze), Charlie (Don Rickles / Hartmut Neugebauer) und Charlotte Naseweis (Estelle Harris), Rex (Wallace Shawn / Rick Kavanian), Specki (John Ratzenberger) und Barbie (Jodi Benson / Maren Rainer) könnte nicht größer sein, immerhin wird man wieder mit ihnen spielen. Doch der pinke Bär Lotso (Ned Beatty / Klaus Sonnenschein) hat mit seinen Schergen, darunter auch Ken (Michael Keaton / Christian Tramitz), die Kontrolle über die Spielsachen in Sunnyside und führt den Hort mit eiserner Hand. Buzz und die anderen sollen als Kanonenfutter für die kleinsten Kinder herhalten.
Als Woody Wind davon bekommt, was in Sunnyside vor sich geht, beschließt er seine Freunde zu retten. Die arbeiten selbst bereits an einem Ausbruch aus Lotsos Festung, bis Buzz gefangen genommen wird – und umprogrammiert ...


Kritik:
Seit Toy Story [1995], dem ersten abendfüllenden Spielfilm der Animationsschmiede Pixar, sind 15 Jahre vergangen. In der Zeit hat sich nicht nur die Art des Filmerzählens bei den verschiedenen Trickfilmstudios verändert, sondern auch die Erzähler selbst. In Toy Story 3 tragen die Macher dem Rechnung, erzählen von einem Generationenwechsel, von Veränderung und einer Neuorientierung. Dies sind die Elemente, die den jungen Zusehern vorenthalten bleiben, ebenso wie die vielen Anspielungen, die auch den dritten Teil der Reihe auszeichnen. Nur ob sich damit Toy Story 3 nach wie vor für ein ganz junges Publikum eignet, sei dahingestellt.
Alles beginnt damit, dass Andy älter geworden ist. Die Tage, in denen er Stunden mit seinen Spielsachen verbrachte, sind vorüber, seine Interessen haben sich verschoben. Ebenso wie diejenigen seiner kleinen Schwester, die sich für ihre Spielsachen gar nicht mehr interessiert. Und doch fällt es schwer, sich von den Freunden und Helden seiner Kindheit zu trennen, als Andy seine Sachen fürs College packt. Darum will er Woody mitnehmen, der Rest der über die Jahre stark ausgedünnten Truppe wird auf Umwegen an die Kindertagesstätte Sunnyside gespendet. Die größte Sorge der Spielsachen ist also eingetreten: sie wurden weggeworfen. Dabei bietet Sunnyside aber auch neue Möglichkeiten, immerhin sind jeden Tag Kinder da, die mit ihnen spielen und wenn diese zu groß geworden sind, kommen neue nach. Sunnyside scheint wie ein Spielzeugparadies, nur hat der Kinderhort seine Schattenseiten: es gibt Kinder verschiedenen Alters und die ganz kleinen gehen mit den Spielsachen nicht artgerecht um. Als Buzz und die Truppe beschließen, aus dem Hort auszubrechen, müssen sie erkennen, dass der pinke Bär Lotso den Hort wie ein Gefangenenlager führt.

Es könnte alles so schön sein in Sunnyside, wäre dort nicht jemand an der Macht, der unfaire Regeln aufstellt. Verbittert durch eine Erfahrung, die Buzz, Woody und den anderen nicht unbekannt ist, spiegelt Lotso dar, was aus jemandem werden kann, der mit jener Erfahrung nicht zurecht kommt. Was die in den letzten 15 Jahren lieb gewonnenen Spielsachen erwartet, gleicht einem diktatorisch geführten Gefängnis, Gehirnwäsche, Folterkammer und Überwachungskameras inbegriffen. Dort auszubrechen ist eine große Aufgabe, selbst für ein so eingespieltes Team. Regisseur Lee Unkrich spickt den ungewöhnlichen und düsteren Ansatz für den trotzdem farbenfroh und lustig gehaltenen Toy Story 3 mit zahlreichen Anspielungen auf bekannte Ausbruchsfilme und Genreklassiker. Was im Vorfeld zum Film in Trailern und Clips gezeigt wurde, bezieht sich dabei lediglich auf die erste Filmhälfte. Und auch, wenn mit dem auf "spanisch" gestellten Buzz Lightyear für eine humorvolle Abwechslung gesorgt wird, die zweite Hälfte gestaltet sich für Pixar ausgesprochen unheilvoll. Der Ausbruch selbst braucht sich hinter Realfilmen nicht zu verstecken und bietet neben atmosphärisch dichten Momenten auch lustige Szenen. Was danach kommt, die Fahrt und das Erlebnis in einer Mülldeponie, ist für die ganz kleinen Zuschauer definitiv ungeeignet, ist aber gleichzeitig die vielleicht spannendste und beste Sequenz in Pixars 15jähriger Spielfilmgeschichte. Wie die Filmemacher hieraus den Bogen spannen zum Beginn, die Geschichte um die Spielsachen zu einem Abschluss bringen, ist erstaunlich und wieder einmal berührend. Es scheint beinahe wie eine Abschiedsvorstellung, bei der man sich als Zuseher an Andys Stelle wähnt. Es kommen Erinnerungen auf, wie Toy Story begann, wie sich die Art der Erzählung gewandelt hat, die Technik voran geschritten ist, ohne dass Toy Story 3 unnatürlich oder befremdlich wirken würde. Und mit dem positiven Gedanken, dass eine Veränderung nichts sein muss, wovor man sich fürchten sollte. Auch sollte man nicht mit Bitterkeit denjenigen gegenüber stehen, die diese Veränderung in die Wege leiteten, sondern dankbar für die gemeinsamen Erfahrungen sein. Diese Erkenntnis stellten die Macher vor 15 Jahren in Aussicht und bringen sie nun zum Abschluss. Das ist wie zuvor sehenswert, für die ganz jungen im Publikum zwar lustig und unterhaltsam, aber zum einen nicht verständlich und zum anderen in der zweiten Hälfte zu düster.

Eine Randbemerkung zu Toy Story 3 und dessen Einsatz von 3D: nachdem die ersten beiden Filme in klassischem 2D gedreht wurden, präsentiert sich der dritte Teil im aktuellen 3D-Format. Leider ist dies das nutzloseste Element des gesamten Films. Zwar vermittelt der 3D-Effekt eine gewisse Tiefe der Szenerie, doch scheinen die Bilder nie wie bei James Camerons Avatar – Aufbruch nach Pandora [2009] oder selbst Pixars Oben [2009] in 3D komponiert. Beinahe, als hätten die Macher das 3D nur implementiert, weil es derzeit von der Industrie verlangt wird, aber nicht, weil man es für notwendig erachtete. Es gibt keinen Grund, Toy Story 3 nicht in 2D zu genießen, die dritte Dimension fügt der Geschichte nichts hinzu, außer einen Mehrpreis beim Kinoticket, der durch die recycleten, bereits in verpacktem Zustand verkratzten und matten "Gläser" der 3D-Brillen nicht aufgewogen wird.


Fazit:
Es hat sich lange angekündigt, dass Andys Spielsachen nicht mehr auf die Art und Weise gebraucht werden wie früher. Jetzt ist die Zeit gekommen und im Kinderhort Sunnyside könnte alles perfekt sein, würde dort nicht ein diktatorisches System herrschen. Trotz der vielen witzigen Einlagen und Momente ist die Ausgangslage eine bedeutend bedrohlichere als in einem der vorangegangenen Toy Story-Filme. Toy Story 3 schließt zwar den Kreis, der mit dem ersten Teil begann, richtet sich aber nicht zuletzt durch die zahlreichen Andeutungen an die Gefängnisausbruchklassiker an ein älteres Publikum.
Das Finale in der Mülldeponie zählt zum intensivsten und packendsten, was Pixar bislang auf die Leinwand brachte. Gemacht ist der Film durchweg atemberaubend, bleibt trotz der vielen Verbesserungen der Technik dem Aussehen und dem Charme der ersten Filme aber treu. Wer sich auf einen unterhaltsamen, aber hintersinnigen Animationsfilm mit ebenso traurigen wie witzigen Momenten und actionreicher Spannung einstellt, wird begeistert sein. Nur die kleinsten Zuschauer könnten damit schlicht überfordert und verängstigt werden.