The Tomorrow War [2021]

Wertung: 2.5 von 6 Punkten  |   Kritik von Jens Adrian  |   Hinzugefügt am 18. September 2021
Genre: Science Fiction / Action / Thriller

Originaltitel: The Tomorrow War
Laufzeit: 138 min.
Produktionsland: USA
Produktionsjahr: 2021
FSK-Freigabe: ab 16 Jahren

Regie: Chris McKay
Musik: Lorne Balfe
Besetzung: Chris Pratt, Yvonne Strahovski, J.K. Simmons, Betty Gilpin, Sam Richardson, Jasmine Mathews, Edwin Hodge, Ryan Kiera Armstrong, Keith Powers, Mary Lynn Rajskub, Mike Mitchell


Kurzinhalt:

Der ehemalige Soldat und inzwischen Biologielehrer Dan Forester (Chris Pratt) verfolgt wie viele andere die Fußballweltmeisterschaft am heimischen Fernseher, als sich mitten auf dem Fußballfeld ein Riß auftut, aus dem schwerbewaffnete Menschen treten. Sie kommen 30 Jahre aus der Zukunft und wenden sich mit einem dringenden Appell an die Weltbevölkerung. In dieser Zukunft wurde die Erde von Außerirdischen, genannt die White Spikes, überrannt. Nur wenige Hunderttausend Menschen sind noch am Leben, der Krieg gegen die Invasoren beinahe verloren. So werden Soldaten und Zivilisten jeweils für sieben Tage in die Zukunft gesandt, um dort zu kämpfen. Unter ihnen auch Dan und Charlie (Sam Richardson). Sie finden in der Zukunft eine zerstörte Welt vor, doch wurde Dan nicht zufällig ausgewählt. Er trifft in der Zukunft auf die Anführerin Muri (Yvonne Strahovski), die einen Plan verfolgt, mit dem der ganze Krieg verhindert werden könnte – aber dafür muss Dan bis zu seiner Rückkehr erst einmal überleben …


Kritik:
Einen Film zu drehen, ist in jedem Fall eine immense Herausforderung. Dies umso mehr, wenn es sich dabei um einen aufwändigen Studiofilm mit einem entsprechenden Budget und vielen Beteiligten handelt, und erst recht, wenn die Produktion während einer Pandemie stattfindet. Der von Paramount Pictures produzierte The Tomorrow War entstand während der Coronavirus-Pandemie für ein berichtetes Budget von 200 Millionen Dollar. Da der Film pandemiebedingt jedoch nicht überall in den Kinos gezeigt werden konnte, wurden die Veröffentlichungsrechte an Amazon verkauft, das den Science Fiction-Film direkt beim hauseigenen Streamingdienst Amazon Prime Video prämierte. Monatelange Dreharbeiten auf verschiedenen Kontinenten, Trickeffekte, die von den Verantwortlichen im Homeoffice fertiggestellt werden mussten, all das sind keine idealen Bedingungen – und doch nicht die Ursache, weshalb The Tomorrow War letztlich eine solch enorme Enttäuschung ist.

Die Geschichte erinnert dabei an einen mehr oder weniger grobschlächtigen Mix aus mehreren Genregrößen. Im Dezember 2022, während offenbar die Nationalmannschaften von Mexiko und Brasilien das Finale der FiFA Fußball Weltmeisterschaft bestreiten, landen Menschen aus der Zukunft im Fußballstadion vor einem Millionenpublikum. Sie sind gekommen, um Streitkräfte zu rekrutieren, die 30 Jahre in der Zukunft einen Krieg gegen eine außerirdische Spezies führen sollen. Die Menschheit steht kurz vor der Niederlage, die sogenannten „White Spikes“ haben in wenigen Jahren Milliarden Menschen ausgelöscht und die Erde überrannt. Darum werden überall auf der Welt Menschen rekrutiert, um über eine Zeitverschiebung im Jahr 2051 für sieben Tage gegen die Invasoren zu kämpfen, ehe sie wieder zurückgebracht werden. Auch Biologielehrer Dan Forester erhält seinen Einberufungsbescheid. Als ehemaliger Soldat der U.S. Army Special Forces, hat er durchaus Kampferfahrung und mit seiner neunjährigen Tochter Muri auch jemanden, deren Zukunft gerettet werden muss.

Wie die Technik in The Tomorrow War, oder überhaupt die Mechanik der Zeitreisen funktionieren soll – also was geschieht, wenn jemand bei der Einberufung in der Zukunft stirbt, aber ohne die Einberufung etwas Bedeutendes geleistet hätte, ob das Fehlen dieser Person auf die künftige Zeitlinie irgendwelche Auswirkungen hat – darüber schweigt sich das Drehbuch von Autor Zach Dean, der zuvor unter anderem die Vorlage des wenig überzeugenden Thrillers Cold Blood - Kein Ausweg. Keine Gnade. [2012] lieferte, aus. Viel interessanter ist zudem, dass Dan im Rahmen der Einberufung erfährt, dass er im Jahr 2030 sterben wird. Bedeutet das also, dass er seinen Einsatz in der Zukunft überstehen wird, oder sind die künftige Zeitlinie und die aktuelle vollkommen getrennt voneinander zu betrachten?

Vermutlich sollte man nicht allzu viel über solche Fragen nachdenken, wobei Regisseur Chris McKay, der unter anderem für The Lego Batman Movie [2017] verantwortlich zeichnet, in seinem weit über zwei Stunden dauernden Film genug Zeit hätte, sich diesen Themen zu widmen. Die Laufzeit nutzen die Verantwortlichen dagegen, um beinahe jedes Genreklischee vorzustellen, das man sich nur vorstellen kann. Sei es Dans Zerwürfnis mit seinem Vater, dem von J.K. Simmons gespielten James Forester, oder die Parallelen, die sich zwischen Dan und Muri in der Zukunft auftun. Hinzu kommen Figuren wie der von Sam Richardson verkörperte Charlie, der stets für Erheiterung sorgen soll, und sei es nur, während er von einem White Spike einen Treppenaufgang hinuntergejagt wird und währenddessen langgezogen Schimpfwörter schreit. Auch vollkommen fehlplatzierter Humor, nachdem Menschen gerade in Massen gestorben sind, darf nicht fehlen, so dass kein Augenblick irgendeine emotionale Reaktion hervorruft. The Tomorrow War ist derart klobig erzählt, dass man beinahe übersehen kann, dass die Verpflichtung der Eltern, um die Zukunft ihrer Kinder zu retten, an sich eine gelungene Metapher für die Bekämpfung des Klimawandels darstellt. Ein Umstand, den das Drehbuch im letzten Drittel nochmals wörtlich umsetzen muss, da die Verantwortlichen ihrem Publikum wohl nicht zutrauen, dies zu erkennen.

Die Rekrutierung von vollkommen kampfunerfahrenen Zivilisten, die nach einer einwöchigen Grundausbildung in der Zukunft das Überleben der Menschheit sichern sollen, ist inhaltlich vollkommen hanebüchen, könnte aber zumindest für zynische Aussagen im Stile von Starship Troopers [1997] sorgen, bei dem sich die Macher sichtlich bedienen. Doch solche Facetten findet man hier selten. Dafür sind die Parallelen zu Genregrößen wie Alien - Das unheimliche Wesen aus einer fremden Welt [1979], oder im letzten Akt zu Das Ding aus einer anderen Welt [1982] bzw. dessen Vorgeschichte The Thing [2011] kaum zu übersehen. Nur dass all jene Filme eine stimmigere Atmosphäre vermittelten, für die Beteiligten spürbar mehr auf dem Spiel stand und sie sichtlich besser gealtert sind, als dies The Tomorrow War vergönnt sein wird. Während manche Trickeffekte hier durchaus ansehnlich erscheinen, erinnern viele andere an TV-Serien aus den 1990er-Jahren. Ständig wechselnde Lichtverhältnisse, unnatürliche Farbgebungen wie beim vermeintlichen Höhepunkt der Story auf einer Bohrinsel, oder unnötig eingestreute Zeitlupen, in denen die Tricks nur noch offensichtlicher werden, fallen zunehmend eklatant auf. Hinzu kommen inhaltliche Absurditäten wie Wissenschaftlerinnen, die keine Vorkehrungen treffen, wenn ihre Experimente schiefgehen sollten, oder die Tatsache, dass es am Ende sogar auf ein Handgefecht zwischen Dan und einem übergroßen White Spike-Weibchen hinausläuft, deren Fähigkeiten (Geschwindigkeit, Intelligenz, Absicht oder überhaupt die Pfeile, die sie aus Tentakeln schießen können) nie geklärt werden.

All das ist so absehbar, so klischeehaft und mit solch grausig kitschigen Dialogen versetzt, dass man sich öfter als nicht an eine mittelmäßige Videoproduktion von vor 20 Jahren erinnert fühlt. Geradezu erstaunlich ist es daher, mit welcher Ernsthaftigkeit die durchaus namhafte Besetzung um Chris Pratt hier zu Werke geht. Wäre The Tomorrow War eine Parodie auf das Genre, es wäre leichter zu glauben, als dass die Verantwortlichen hiermit ernsthaft neue Akzente setzen wollten.


Fazit:
Dass am Ende sämtliche Konflikte zwischen den Figuren aufgelöst werden, mag man noch glauben wollen. Dass der gerade rechtzeitig – mal mit, mal ohne Schneemobil – durch die Luft fliegende Dan im Alleingang die Welt rettet, ist noch unwahrscheinlicher, als dass sich außerirdische Raumschiffe mit Computerviren infizieren lassen. Aber während sich andere Genrefilme nicht allzu ernst nehmen, versucht Filmemacher Chris McKay nur bei sämtlichen ernsten oder gefährlichen Momenten durch lockere Sprüche gegenteilige Akzente zu setzen. Ansonsten werden selbst die abstrusesten Dialoge oder die kitschigsten Beziehungen der Charaktere mit einer Ernsthaftigkeit dargebracht, dass man mit den Augen rollen möchte. Überlang, teils gelungen, oftmals offensichtlich getrickst, ist The Tomorrow War ein Genremix, der mehr kopiert, als eigene Ideen vorbringt. Das Ergebnis ist leidlich unterhaltsam und unverhohlen aus besseren Filmen zusammengeklaubt. Weshalb man nicht gleich zu denen greifen sollte, dafür liefern die Verantwortlichen hier aber keine Gründe.