The Hills Have Eyes - Hügel der blutigen Augen [2006]

Wertung: 1 von 6 Punkten  |   Kritik von Jens Adrian  |   Hinzugefügt am 18. März 2006
Genre: Horror

Originaltitel: The Hills Have Eyes
Laufzeit: 107 min.
Produktionsland: USA
Produktionsjahr: 2006
FSK-Freigabe: keine Jugendfreigabe

Regie: Alexandre Aja
Musik: tomandandy
Darsteller: Aaron Stanford, Kathleen Quinlan, Vinessa Shaw, Emilie de Ravin, Dan Byrd, Robert Joy, Ted Levine, Desmond Askew, Tom Bower, Ezra Buzzington, Maisie Camilleri Preziosi, Billy Drago, Laura Ortiz


Kurzinhalt:
An ihrem Hochzeitstag macht sich das Ehepaar Bob (Ted Levine) und Ethel Carter (Kathlee Quinlan) zusammen mit ihren beiden Kindern Brenda (Emilie de Ravin) und Bobby (Dan Byrd), sowie der selbst gerade Mutter gewordenen Tochter Lynne (Vinessa Shaw), ihrem Mann Doug (Aaron Stanford) und dem Baby Catherine zu einem Camping-Urlaub auf.
Bei der letzten Tankstelle vor einem langen, verlassenen Wegesabschnitt quer durch die karge Steinwüste wird Bob vom Tankwart (Tom Bower) auf eine Abkürzung aufmerksam gemacht, der der frisch pensionierte Polizist auch folgt – doch nach wenigen Meilen erleidet die Urlaubsfamilie einen Unfall, und so macht sich Bob zu Fuß auf zur Tankstelle, wohingegen Doug in der anderen Richtung Ausschau hält. Schon während des brütend heißen Tages haben die übrigen Familienmitglieder das Gefühl beobachtet zu werden, aber nachdem sich die Nacht herabgesenkt hat, überschlagen sich die Ereignisse – Angreifer mit abstoßenden Mutationen terrorisieren die schutzlos ausgelieferten Urlauber. Dabei geht es den Mutanten aber nicht Besitztümer, sondern vielmehr um das blanke Fleisch ihrer Opfer ...


Kritik:
Wer sich einmal die Mühe macht, den Begriff 'Horrorfilm' im Wissenssammelsurium Brockhaus nachzuschlagen, wird folgenden Eintrag finden: Der Horrorfilm ist ein "Filmgenre, in dem mittels Darstellung [...] makaberer, dämonischer und lebensbedrohlicher Ereignisse [...] eine Atmosphäre der Angst und des Entsetzens erzeugt wird". The Hills Have Eyes, seines Zeichens ein Remake des gleichnamigen, aber immerhin schon 29 Jahren alten, Wes Craven-Films, demnach als Horrorfilm zu bezeichnen ist grundlegend falsch, sieht man einmal von derjenigen Zuschauerschicht ab, die menschenverachtende Tötungen in einer nicht vorhandenen Story als "makaber" bezeichnen. Und jenes Publikum verstehen zu wollen ist ohnehin ein hoffnungsloses und vor allem sinnloses Unterfangen. Das wäre ansich nicht weiter tragisch, wäre Hügel der blutigen Augen nicht handwerklich gut umgesetzt, was den indiskutablen Inhalt allerdings weder entschuldigt, noch rechtfertigt.

Grundproblem ist dabei bereits die literarische Vorlage, die mit einem minimalen Aufwand ein Szenario erzeugt, dessen einziger Sinn und Zweck es ist, die zuvor auf spärlichste Weise eingeführten Figuren auf möglichst grausame Art umzubringen. Dass die beiden Autoren Alexandre Aja (gleichfalls Regisseur) und Grégory Levasseur (für das zweite Drehteam verantwortlich) dabei noch die Unverfrorenheit besitzen, eine Kritik an den Atomwaffentests der US-Regierung einzubringen, ist ansich schon ein Schlag ins Gesicht für die tatsächlichen Opfer, die unter dem Fallout zu leiden hatten – immerhin werden die Hinterbliebenen der radioaktiven Verseuchung nicht als eigentliche Opfer geschildert, sondern als blutrünstige, barbarische Monster, deren Entstellungen allenfalls die obszönen Gelüste der geistig pubertierenden Splatter-Fans zufriedenstellen sollen. Eine Motivation der in Gruppen organisierten Mutanten sucht man nämlich vergebens und jene Szene kurz vor dem Finale, wenn ein Monolog des Anführers der Killer als Rechtfertigung herhalten soll, wirkt so plump wie unpassend.
Auch die Charakterisierung der Urlaubsfamilie bietet keine neuen Erkenntnisse, sondern bietet stattdessen ebenso viele Klischee-Elemente, dass das Zielpublikum dem Geschehen noch folgen kann; darum ist ein Polizist nicht in der Lage, auch nur einen Treffer mit seiner Waffe zu landen, in zuvor verlassenen Fahrzeugen finden sich wenig später die mordenden Mutanten sobald ein Schatten vor der Kamera vorbeihuscht, sollen entsprechend laut eingespielte Geräusche den Zuschauer in Angst und Schrecken versetzen. Die Schwester könnte einer x-beliebigen Filmproduktion entsprungen sein, ebenso der Bruder, der erst in der zweiten Filmhälfte im Stile von Kevin - Allein zu Haus [1990] aktiv wird – und dabei derart kurzsichtig handelt, dass ihr einziger Unterschlupf fortan nicht mehr existiert.
Die Story mäandriert dabei nach einem zugegebenermaßen langen Aufbau von einer Splatter-Sequenz zur anderen, ohne dem Zuschauer Grund zum Nachdenken zu geben und wartet dabei mit allerlei ekelhaften, menschenverachtenden Ideen auf, bei denen man sich als Vernunft begabte Person vor allem fragen sollte, wem so etwas überhaupt in den Sinn kommen würde, wohingegen die Schlusseinstellung, die genreüblich eine Fortsetzung andeutet und damit immerhin den festgefahrenen Schienen jener Industrie nicht entgegen läuft, ist dabei so uninspiriert wie absehbar.
Zwei Szenen, die kurz hintereinander stattfinden, stechen bei The Hills Have Eyes allerdings heraus, und das nicht im positiven Sinne. Was eine Vergewaltigung in einem für Splatter-Fans gedachten "Unterhaltungsfilm" zu suchen hat, verstehe schon wer will und disqualifiziert den Film ansich jeglicher Bewertung; die natürlichen Mechanismen von jüngst gewordenen Müttern zu missbrauchen entspricht einem derart widerwärtigen Niveau, das sich kaum in Worte fassen lässt.

Dass auch Schauspieler ihr täglich Brot verdienen müssen, ist unbestritten; weswegen allerdings erfolgreiche Vertreter wie Ted Levine (immerhin seit Jahren mit der Krimiserie Monk [seit 2002] auf Erfolgskurs) und Emilie de Ravin (ihrerseits in der Mystery-Serie Lost [seit 2004] zu sehen) oder die bekannte Charakterdarstellerin Kathleen Quinlan (Apollo 13 [1995]) auf solche Geldquellen angewiesen sind, ist unverständlich.
Ted Levine hat gemäß der Werbezeile des Films überaus viel Glück und einen dementsprechend kurzen Auftritt, in dem er allerdings nicht sonderlich motiviert scheint.
Emilie de Ravin ist in der ersten Filmhälfte ebenfalls kaum gefordert und hat später – von wenigen Gefühlsausbrüchen abgesehen – zudem nicht viel zu tun. Quinlan wirkt gänzlich unmotiviert, macht ihre Sache aber immerhin routiniert.
Hauptdarsteller in dem Sinne ist Aaron Stanford, der zugegebenermaßen stärker gefordert ist, als seine Pyro-Figur in der X-Men-Reihe, aber abgesehen von einem soliden Spiel, sind auch bei ihm keine bahnbrechenden Darbietungen zu sehen. Ebenso wenig bei Dan Byrd, der seine Sache aber gut macht, gleichwohl er vom Drehbuch dazu verdammt ist, kaum etwas gegen die Angreifer ausrichten zu können.
Vinessa Shaw, immerhin seit 15 Jahren regelmäßig vor der Kamera zu sehen, zeigt zwar eine solide Leistung, hat aber nicht allzu viel zu tun – und einen sehr unrühmlichen Abgang, wohingegen Tom Bower (bekannt unter anderem aus Stirb langsam 2 – Die Harder [1990]) unter seinen Dialogzeilen zu leiden hat, die bisweilen unfreiwillig für Schmunzeln sorgen.
Die Akteure der Mutanten sind unter ihren Masken ohnehin kaum zu erkennen und haben außer durch die Kulissen stapfen und finster dreinblicken nichts zu tun.

Handwerklich, und das ist das Traurige an Hügel der blutigen Augen, gibt es indes kaum etwas auszusetzen; abgesehen von einigen wenigen Kamera-Spielereien ist der Film von Kameramann Maxime Alexandre sehr sauber eingefangen und wartet dank der kargen Landschaft mit einer sehr unwirtlichen und doch urzeitlichen Szenerie auf. Auch am Schnitt von Baxter gibt es kaum etwas zu bemängeln, die reinen Bilder von The Hills Have Eyes sind gut ausgewählt und stellenweise auch stimmungsvoll geraten.
Schade nur, dass auch hier die genreüblichen Klischees greifen und immer zu erkennen ist, wann aus der Perspektive eines Beobachters gefilmt wird, und nicht zuletzt, wann der nächste, lang angekündigte Schreck-Moment kommt. Diese zeichnen sich nämlich nicht durch Einfallsreichtum oder Innovation aus, sondern lediglich dadurch, dass in dem Moment laute Musik eingespielt wird. Das ist zu Beginn immerhin effektiv, aber letztlich altbacken und ermüdend.
Davon abgesehen gibt es an der Inszenierung selbst kaum etwas zu bemängeln, Kamera und Schnitt wirken routiniert und überwiegend beinahe schon klassisch, aber genau aus jenem Grund ohne neue Impulse oder nennenswerte Kameraperspektiven.

Die musikalische Begleitung von tomandandy, ansich Tom Hajdu und Andy Milburn, trägt am ehesten noch zu einer Furcht einflößenden Atmosphäre bei; die minimalistischen Klänge gekoppelt mit der sehr dezenten Instrumentierung lassen zwar ein richtiges Thema vermissen, erzeugen aber eine beunruhigende Stimmung, die durch die elektronischen Anteile in der Musik noch verstärkt wird.
Nichtsdestotrotz vermisst man einen neuen Ansatz an einen solchen Horrorscore, im vorliegenden Zustand ist der Soundtrack mit einer Vielzahl anderer austauschbar, obgleich er merklich zu den besseren des Genres gehört – manche Szenen erhalten ihren Schreck-Moment gar ausschließlich aus der Musik zum Film.

Gut klaut, ist besser als selbst schlecht gemacht – das haben sich die Macher wohl gesagt, bereits angesichts des Vorspanns, der teilweise Bild für Bild demjenigen von Roland Emmerichs Godzilla [1998] gleicht – sogar die Bildfolge. Und schon hier wird deutlich, dass die Macher den Ekelfaktor als herausstechende Neuerung propagieren wollen; statt einfallsreicher Ideen oder einem neuartigen Ansatz, liegt Regisseur Alexandre Aja (der bei Genrefans durch seinen ebenso brutalen High Tension – Haute Tension [2003] bekannt wurde) mehr daran, die menschenverachtende Brutalität in den Mittelpunkt zu rücken und lässt dabei den eigentlichen Horror vollkommen außen vor. Als Splatter-Film für diejenigen, die dem Genre etwas abgewinnen können, mag Hügel der blutigen Augen alle Ehre machen, für einen Horrorfilm fehlt es ihm aber an einer Furcht einflößenden Atmosphäre, dafür sollten manche Ideen (und zwei im Besonderen) in der Tat für Entsetzen bei den Zuschauern sorgen – das weniger auf Grund der Tatsache, wie es gezeigt wird, als dass überhaupt.
Zur Zeit, als Wes Craven seine Filmfassung in die Kinos brachte, wurde jene Art Film von kleinen Independent-Studios produziert, die sich gegen die Auflagen und künstlerischen Einschränkungen der großen Studios wehren wollten – inzwischen scheint es allerdings, wollen die Studios selbst von dieser Filmart profitieren, und dabei jeglichen Anstand über Bord werfen, solange Geschmacklosigkeiten Zuschauer in die Kinos locken. Ein solches Verhalten ist schlicht obszön – von beiden Seiten.


Fazit:
Tagtäglich schlagen Millionen Menschen rund um den Globus die Zeitung auf, und stellen sich angesichts des Verhaltens ihrer Mitmenschen die Frage, wie ein vermeintlich mit Verstand gesegnetes Wesen derart Schreckliches tun kann – wenn man als Zuschauer mit etwas Vernunft "gestraft" ist, muss man sich bei Alexandre Ajas Hollywood-Debüt die Frage stellen, wie jemand überhaupt auf manche Ideen kommen kann, immerhin verfasste der Regisseur das Drehbuch mit. Ein Leitmotiv seines Skripts scheint dabei das für Genre-Fans womöglich belustigende Thema zu sein, dass Kinder den gewaltsamen und qualvollen Tod ihrer Eltern beobachten müssen. Wer das allerdings unterhaltsam findet, sollte der Welt einen großen Dienst erweisen, sich selbst im Keller einsperren und den Schlüssel schlucken.
Im Grunde genommen wird The Hills Have Eyes allein durch die aufgewandte Zeit für eine Filmbesprechung mehr Ehre zuteil, als der Film ansich verdient. Handwerklich ist das Splatter-Remake ohne Zweifel gut gemacht und routiniert umgesetzt – die Maskenbildner leisteten auch bei den Mutanten eine erschreckend gute Arbeit – und doch gleichermaßen uninspiriert und klischeebeladen. Inhaltlich übertreffen sich die Macher gerade im Mittelteil mit menschenverachtenden, ekelerregenden und schlicht widerwärtig bösartigen Ideen, die einem insofern einen Schauer über den Rücken jagen, als dass es nicht nur Menschen da draußen gibt, die sich so etwas ausdenken und sich produzieren dürfen, sondern dass es ungleich viele mehr gibt, die sich daran ergötzen.
Groteske Splatterorgie mit geschmacklosen, inhumanen Ideen – und dabei frei von moralischen Werten.