Sound of Freedom [2023]

Wertung: 4.5 von 6 Punkten  |   Kritik von Jens Adrian  |   Hinzugefügt am 7. Oktober 2023
Genre: Drama / Thriller

Originaltitel: Sound of Freedom
Laufzeit: 131 min.
Produktionsland: USA / Mexiko
Produktionsjahr: 2022
FSK-Freigabe: ab 16 Jahren

Regie: Alejandro Monteverde
Musik: Javier Navarrete
Besetzung: Jim Caviezel, Bill Camp, Eduardo Verástegui, Javier Godino, Cristal Aparicio, Lucás Ávila, José Zúñiga, Kurt Fuller, Mira Sorvino, Gary Basaraba, Gerardo Taracena, Scott Haze, Gustavo Sánchez Parra, Yessica Borroto, Kris Avedisian


Kurzinhalt:

Im Grunde ist die Spezialeinheit von Tim Ballard (Jim Caviezel) bei der Homeland Security überaus erfolgreich. Beinahe 300 Pädophile konnten sie bereits festnehmen, kinderpornografisches Material sicherstellen und aus dem Verkehr ziehen. Doch dass er keines der Kinder tatsächlich retten konnte, setzt Tim immer mehr zu. Nach einer jüngsten Festnahme kann er zusammen mit Behörden in Südamerika den achtjährigen Miguel (Lucás Ávila) an der amerikanisch-mexikanischen Grenze befreien. Miguel wurde zusammen mit seiner drei Jahre älteren Schwester Rocío (Cristal Aparicio) in Honduras gekidnappt und für den Missbrauch verkauft. Miguel hofft, dass Tim auch Rocío retten kann. Tatsächlich wird eine Spezialoperation genehmigt, die einen ganzen Kinderhändlerring in Südamerika aufdecken soll. In Kolumbien arbeitet Tim dafür mit dem ehemaligen Kartellmitglied Vampiro (Bill Camp) zusammen, der inzwischen Kinder aus Missbrauchsverhältnissen freikauft, sowie mit dem Beamten Jorge (Javier Godino). Doch die Ermittlungen sind komplex und ziehen sich hin. Als Tim aufgefordert wird, abzubrechen, steht er vor der Wahl, aufzugeben, oder zu kündigen und allein weiter zu ermitteln. Doch dann gibt es keine Unterstützung mehr und die Verbrecher, mit denen sie es zu tun haben, könnten gefährlicher kaum sein …


Kritik:
Nicht zuletzt auf Grund von Äußerungen von Hauptdarsteller Jim Caviezel und bestimmten politischen Gruppen, die ebenso unhaltbare wie absurde Behauptungen über die fünf Jahre lang verschleppte Veröffentlichung von Alejandro Monteverdes Sound of Freedom in die Welt gesetzt haben, umgibt das Drama eine Aura, die es im Grunde nicht besitzt. Vielmehr erzählen die Beteiligten darin sichtbar engagiert und aufrichtig, wenn auch mitunter zu betont, eine Geschichte über den sexuellen Missbrauch und den Handel mit Kindern. Das ist schwere Kost, wichtig ist es dennoch.

Die auf wahren Begebenheiten basierende Geschichte begleitet die in Honduras lebende, 11jährige Rocío und ihren achtjährigen Bruder Miguel, die von einer Frau angesprochen werden, die Rocíos Gesangstalent auf dem Marktplatz erkannt haben will. Sie lädt die beiden Geschwister zu einem Talentcasting ein. Ihr alleinerziehender Vater Roberto bringt die Kinder dorthin, darf beim Fotoshooting aber nicht dabei sein. Als er sie abends wieder abholen will, sind die Kinder verschwunden, das Gebäude verlassen. In Kalifornien gelingt es dem Agenten Tim Ballard und seiner Spezialeinheit der Homeland Security, einen Mann zu verhaften, der kinderpornografisches Material besitzt und verbreitet. Über die Verhaftung kann Tim, selbst sechsfacher Vater, Kontakt zu einem Schleuserring in Südamerika herstellen. Er wird auf Miguel aufmerksam, der wiederum hofft, dass Tim seine Schwester Rocío retten kann.

Mit Tims Ermittlungen in Südamerika blickt Sound of Freedom auf ein Geflecht, bei dem einem nur schlecht werden kann. Ein „Business“, in dem Kinder wie Vieh gebrandmarkt und verschifft, auf Marktplätzen angeboten und verkauft werden. Tim, dem es in seiner mehr als zehnjährigen Laufbahn gelungen ist, beinahe 300 Pädophile zu verhaften, fällt es zunehmend schwer, diesen Job zu machen. Umso mehr, als ein Kollege, der gerade seine Kündigung einreicht, ihn fragt, wie viele der Kinder er denn gerettet habe, anstatt die Täter aus dem Verkehr zu ziehen. So nimmt sich Tim vor, Rocío zu finden und will dafür in Cartagena, Kolumbien, mit den örtlichen Behörden zusammenarbeiten. Sein Plan ist überaus gewagt, will er doch einen Großteil des pädophilen Menschenhändlerrings auf einmal ausheben. Bis es zu der eigentlichen Rettungsmission kommt, auf die Monteverdes Erzählung und das Drehbuch gleichermaßen hinarbeiten, dauert es jedoch überraschend lange. Die Geschichte ist merklich kleinteiliger erzählt, als man erwarten würde, versehen mit vielen Stopps wie Tims Kündigung, als er den Einsatz abbrechen soll, die kaum Auswirkungen auf den Verlauf haben, den Film aber merklich länger machen.

Dass das Geschehen dennoch packt, liegt einerseits an der dargestellten Odyssee der Kinder, die einen so fassungslos wie wütend macht. Andererseits auch an Jim Caviezels merklich engagierter Darbietung, selbst wenn sein Drang, Rocío zu finden und seine innere Zerrissenheit, wenn er sich vor den Menschenhändlern als Interessent ausgeben muss, oftmals dadurch ersetzt werden, dass er um Fassung ringend und mit Tränen in den Augen in die Kamera blickt. Dass sich solche Einstellungen spürbar wiederholen unterstreicht den Eindruck, dass Sound of Freedom wenigstens ein bis zwei Durchgänge durch den Schneideraum gut getan hätten und sieht man Szenen, in denen die Kinder beim Fotoshooting in unbequem anzüglichen oder modellierten Posen gezeigt werden, dann fragt man sich doch, was das Drama einem damit sagen möchte – oder ob das in der Gestalt wirklich notwendig ist, wenn die Bilder des Shootings später zusätzlich noch gezeigt werden.

Steuert die Geschichte auf das Finale mit der tatsächlichen Rettungsmission zu, reihen sich viele inhaltliche Zufälle aneinander, wie auch absehbare Szenen. Effektiv ist es dennoch und so arienartig die Musik oftmals klingt, was sie mit den religiösen Aspekten der Story umso manipulativer erscheinen lässt, so nahe geht doch die Handlung selbst. Insofern sind die Anmerkungen in einer Nachricht des Hauptdarstellers beim Abspann, wer hier die eigentlichen Helden sind, für ein aufmerksames Publikum grundsätzlich unnötig. Was Sound of Freedom jedoch vermissen lässt, sind Lösungswege abseits der gezeigten Selbstjustiz, wie an der aktuellen Situation etwas verbessert werden und mehr Kinder vor Ausbeutung geschützt werden können. Das Publikum zum Handeln aufzurufen, ist ja richtig, nur sollte man auch die Richtung weisen, wie.


Fazit:
Alejandro Monteverdes Film ist weder schlecht, noch ein schlecht oder trotz der konservativ-religiösen Aspekte manipulativ gemeinter Film. Es ist ein Drama, das sich eines wichtigen Themas annimmt und es einem breiten Publikum näher bringt – abseits brachialer Hollywood-Unterhaltung, bei der ein Mann alles verändert. Doch es ist auch ein Film, der mehr um Atmosphäre und Emotion bemüht ist, als daran, die Story voranzubringen. Daher erscheint die Erzählung merklich zäher, als sie sein müsste, was nicht heißt, dass das Gezeigte nicht nahegeht. Schon die beim Filmtitel eingestreuten Aufnahmen von Überwachungskameras, die Kindesentführungen zeigen, sind schockierend beunruhigend. Handwerklich ist Sound of Freedom kompetent und tadellos umgesetzt, vom etwas ungeschliffenen Erzählrhythmus abgesehen, dabei merklich engagiert und stark gespielt. Vor allem jedoch gibt er Ballard und den übrigen Beteiligten gleichermaßen Raum wie denjenigen, die Opfer der Ausbeutung und unvorstellbarer Verbrechen werden. Das ist wichtig, aber nicht einfach anzusehen.
Dass der Film seitdem von verschiedenen, auch politischen Richtungen instrumentalisiert wird, ist ihm nicht vorzuwerfen und wird den Opfern auch nicht gerecht.