Rosemary’s Baby [1968]
Wertung: |
Kritik von Jens Adrian |
Hinzugefügt am 27. Oktober 2024
Genre: Drama / HorrorOriginaltitel: Rosemary’s Baby
Laufzeit: 137 min.
Produktionsland: USA
Produktionsjahr: 1968
FSK-Freigabe: ab 16 Jahren
Regie: Roman Polanski
Musik: Krzysztof Komeda
Besetzung: Mia Farrow, John Cassavetes, Ruth Gordon, Sidney Blackmer, Maurice Evans, Ralph Bellamy, Angela Dorian, Patsy Kelly, Elisha Cook, Emmaline Henry, Charles Grodin, Hanna Landy, Philip Leeds, D’Urville Martin, Hope Summers, Marianne Gordon, Wendy Wagner, Tony Curtis (Stimme)
Kurzinhalt:
Rosemary (Mia Farrow) und Guy Woodhouse (John Cassavetes) könnten kaum glücklicher sein, als sie in ihre neue Wohnung in New York City einziehen. Selbst wenn man die Nachbarn durch die dünnen Wände hören kann, das Apartment ist deutlich größer, so dass sich auch ihr Kinderwunsch umsetzen lässt, und die Lage ist gut genug, dass Guy, dessen Schauspielkarriere nicht vorankommt, schnell bei den Theatern sein kann. Rosemaries langjähriger Freund, der wie eine Vaterfigur für sie ist, Hutch (Maurice Evans), hat ihnen von der Wohnung abgeraten, die in einem Haus liegt, in dem seit Jahrzehnten schlimme Dinge geschehen. Auch Rosemary glaubt, seltsame Geräusche und Gesänge von den Nachbarn zu hören. Das ältere Ehepaar Minnie (Ruth Gordon) und Roman Castevet (Sidney Blackmer) bemüht sich beinahe aufdringlich um Rosemary, doch Guys anfängliche Skepsis lässt nach, als er eine wichtige Rolle bekommt und seine Karriere Fahrt aufnimmt. Als Rosemary schwanger wird, vermitteln die Nachbarn sie an einen der renommiertesten Frauenärzte, Dr. Sapirstein (Ralph Bellamy). Der beschwichtigt Rosemary, als deren Schmerzen nicht nachlassen und sich zunehmend in ihr der Verdacht regt, dass etwas mit der Schwangerschaft und dem Baby nicht stimmt …
Kritik:
Sowohl die im Jahr zuvor veröffentlichte Romanvorlage von Ira Levin als auch Roman Polanskis preisgekrönte Adaption von Rosemary’s Baby (ursprünglich unter der Schreibweise Rosemaries Baby bekannt) hatten einen enormen Einfluss auf das Genre. Mehr als ein halbes Jahrhundert später sorgt die Erzählung immer noch für Gänsehaut und entfaltet die langsam aufgebaute Geschichte am Ende einen Horror, der nachhaltig wirkt. Man könnte beinahe übersehen, welche Aussagen der Film über die Selbstbestimmung der Frau dabei trifft.
Im Jahr 1965 ist das Ehepaar Rosemary und Guy Woodhouse auf der Suche nach einer neuen Wohnung in New York City. Diejenige, die sie im „Bramford“ Wohnhaus besichtigen, scheint beinahe zu schön, um wahr zu sein. Das ehemals zehn Zimmer umspannenden Apartment wurde in zwei Wohnungen aufgeteilt, was zur Folge hat, dass man durch die dünnen Wände im Schlafzimmer die Nachbarn hören kann. Doch vom Rest ist insbesondere Rosemary derart begeistert, dass sie die Warnungen ihres langjährigen Freundes Hutch in den Wind schlägt, der ihr erzählt, dass das Bramford einen schlechten Ruf besitzt und schlimme Dinge dort geschehen seien. Die neue Wohnung bietet viel mehr Platz, was auch deshalb von Vorteil ist, da Rosemary und Guy ein Kind bekommen wollen. Bereits kurz nach dem Einzug lernen sie die aufdringlichen Nachbarn kennen, das ältere Ehepaar Minnie und Roman Castevet. Die Spannungen in der Ehe von Guy und Rosemary nehmen auch dann nicht ab, als der erfolglose Schauspieler Guy seine erste große Rolle erhält. Nicht einmal, als Rosemary schwanger wird, ändert sich sein Verhalten. Vielmehr häufen sich seltsame Vorkommnisse und unangenehme Momente, auch mit den Nachbarn, die auf eine geradezu unheimliche Art und Weise Besitz ergreifend werden.
Es dauert eine Stunde, ehe die Erzählung an dem Punkt angekommen ist, dass Rosemary tatsächlich schwanger wird. Bis dahin erschafft Filmemacher Roman Polanski eine derart detailgetreue Atmosphäre, dass man die übergeordneten Aussagen der Geschichte beinahe aus den Augen verliert. In langen Einstellungen, die wenn überhaupt, dann nur durch wenige Schnitte unterbrochen werden, versetzt Rosemary’s Baby das Publikum an die Seite der von Mia Farrow preiswürdig und im letzten Drittel geradezu beunruhigend intensiv gespielten Hauptfigur, die sich eingangs im neuen Haus mit einer weiteren jungen Frau anfreundet, ehe sie wieder isoliert wird. Ist sie erst einmal schwanger, scheint es, dass ihr jegliche Selbstbestimmung genommen wird. Auf Anraten von Minnie und Roman erhält sie einen neuen Frauenarzt, auch wenn sie gar keinen anderen haben möchte. Sie soll Kräutertränke zu sich nehmen, zuhause bleiben und die Schmerzen, die sie monatelang plagen, aushalten, ohne dass ihr Mann oder ihr Arzt ihr zu Hilfe kommen.
So glücklich sie sein sollte, als sie erfährt, dass sie schwanger ist, es beginnt für Rosemary eine Tortur, die nach den körperlichen Leiden auch das geistige Wohl umfasst, wenn sich für sie die Anzeichen summieren, dass zuerst ihr Kind in Gefahr ist, oder gar mit ihm etwas nicht stimmt. Rosemary’s Baby beleuchtet diffuse Ängste bis hin zu einer Paranoia und dem Übernatürlichen. An Rosemaries Seite beobachtet man, wie ihr die Entscheidungsgewalt genommen wird, über sich selbst, ihren Körper und ihr ungeborenes Kind. Die Auswirkungen sind bei Rosemary buchstäblich zu sehen. Sie nimmt in der Schwangerschaft ab, wird leichenblaß und sieht derart ungesund aus, dass die wenigen vertrauten Menschen, die sie zu Gesicht bekommen, sie sofort darauf ansprechen. Nichtsdestotrotz entdeckt sie Gelüste bei sich, die sie selbst beunruhigen. Die Wandlung ist so greifbar, wie der Horror, der Rosemary widerfährt, erschreckend.
Für Autor Ira Levin ist dies eine der werkgetreusten Verfilmungen überhaupt. Davon mögen die Stimmung und die charakterliche Entwicklung der Hauptfigur profitieren, bestimmte Elemente wie die Traumsequenzen oder der sehr lange Aufbau in der ersten Hälfte erscheinen aber nicht erst aus heutiger Sicht nicht in dem Maße notwendig. Sie sind vielmehr ebenso Zeitzeugen wie die Farbgebung, die Kostüme oder Frisuren, so dass man Rosemary’s Baby durchaus ansieht, wann der Film entstand, was jedoch die Wirkung der Geschichte nicht herabsetzt. Im Gegenteil. Man muss vielmehr erstaunt feststellen, wie packend diese präsentiert und wie meisterhaft die Erzählung selbst ist, bei der sämtliche Dialoge, alle Hinweise und Andeutungen, im Verlauf noch eine Rolle spielen. Die Optik ist überragend mit einer überlegten Auswahl an Perspektiven, langen Einstellungen und einem Detailgrad der Ausstattung, der Staunen macht. Allein, wenn Guy und Rosemary zu Beginn die möblierte Wohnung besichtigen, später in eine völlig leere einziehen und im Verlauf des Films diese Wohnung neu mit Leben füllen.
Selbst wenn die musikalische Untermalung mitunter zu aufdringlich klingen mag und manche Überblendungen aus heutiger Sicht nicht zeitgemäß erscheinen, Rosemary’s Baby hat in den mehr als 55 Jahren seit seiner Veröffentlichung nichts von seiner Bedeutung oder der beunruhigenden Wirkung verloren. Genrefans, die auf unterschwelligen Horror aus sind, finden hier einen zunehmend beklemmenden Klassiker, dessen Auflösung und letzte Momente immer noch beunruhigen.
Fazit:
Wenige Horrorgeschichten spielen in einer Großstadt. Die meisten bevorzugen die Einsamkeit des Ländlichen. Umso überraschender ist, wie gut es Filmemacher Roman Polanski gelingt, seine Figur inmitten eines belebten Hochhauses zu isolieren. So sehr sich Rosemary auf ein Kind und die Schwangerschaft freut, all diese Erwartungen verkehren sich ins Gegenteil, bis ihr der Verdacht kommt, dass nicht nur etwas mit der Schwangerschaft nicht stimmt, sondern ihr Kind in Gefahr schwebt. Die Geschichte jongliert wohl überlegt mit der Unsicherheit, ob die Protagonistin sich die Zusammenhänge nur einbildet, oder all dies wirklich geschieht. In einer packenden Darbietung bringt Mia Farrow dies herausragend zur Geltung. Dass sie für den Oscar nicht einmal nominiert wurde, ist völlig unverständlich. Der lange Aufbau erzeugt eine unheimliche Stimmung, während das letzte Drittel merklich an den Nerven zerrt. Fantastisch einnehmend inszeniert und atmosphärisch dicht umgesetzt, hat Rosemary’s Baby nicht nur das Genre nachhaltig geprägt, sondern nichts von seiner Wirkung verloren. Klasse!
Zum 55jährigen Jubiläum erschien 2023 bei Paramount Home Entertainment Rosemary’s Baby erstmals als 4K Ultra-HD mit Blu-ray. Ein Jahr später wird die Veröffentlichung um eine limitierte Collector’s Edition ergänzt, die die bisherigen Discs in einem hochwertigen Digipak mit zusätzlichen Beigaben präsentiert, eingebettet in einen stabilen Pappschuber. Die Discs selbst sind identisch mit dem vorigen Release, was nicht als Kritik zu verstehen ist. Ganz im Gegenteil.
Features der 4K Ultra-HD bzw. Blu-ray | ||
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4K Ultra-HD-Disc | Blu-ray-Disc | |
Tonspuren |
• Englisch Mono Dolby TrueHD • Englisch Audio Description • Deutsch Mono Dolby Digital • Französisch Mono Dolby Digital • Italienisch Mono Dolby Digital |
• Englisch 2.0 Mono Dolby TrueHD • Deutsch 2.0 Mono Dolby Digital • Französisch 2.0 Mono Dolby Digital |
Untertitel | Englisch für Hörgeschädigte, Deutsch, Französisch, Italienisch, Japanisch, Niederländisch | Englisch, Englisch für Hörgeschädigte, Deutsch, Französisch |
Extras | keine |
• „Making of“ - Featurette* (17 min.) • Mia und Roman* (23 min.) • Original Kinotrailer (3 min.) • „Redband“-Trailer zum 50. Jubiläum (1 min.) * mit deutschen Untertiteln |
Bereits 2021 erschien Rosemary’s Baby bei Paramount Home Entertainment als Neuauflage auf Blu-ray mit verbessertem Bild und Bonusmaterial. Auch wenn davon auszugehen ist, dass die der Collector’s Edition beiliegende Blu-ray-Disc dieselbe ist, kann dies nicht verifiziert werden. Der größte Unterschied zur letztjährigen 4K Ultra-HD-Veröffentlichung sind neben dem Digipack und Pappschuber die zusätzlichen Beigaben, die Fans sicher erfreuen werden und das Set merklich aufwerten. Neben einem Aufkleber und einem Filmposter gibt es auf Englisch gehaltene Production Notes, ein Wendeschild mit der Aufschrift „All of them Witches“ und sechs Artcards.
Das größte Highlight des Sets ist jedoch die bereits seit dem vorigen Jahr bekannte Restaurierung von Rosemary’s Baby in 4K Ultra-HD. In warmen Technicolorfarben erstrahlt das Bild im ursprünglichen Verhältnis von 1.85:1 Letterbox, im Gegensatz zur Blu-ray, die weiterhin in 1.78:1 gehalten ist. Neben dem HDR-Format Dolby Vision wird hier sogar HDR10+ geboten, so dass das neu in 4K erstellte Bildmaster besonders zur Geltung kommt. Die Farben sind der damaligen Zeit angemessen, der Kontrast durchweg gelungen, so dass selbst dunkle Momente, wie wenn Rosemary in den unbeleuchteten Wandschrank hineintritt, plastisch greifbar bleiben. Details bei Textilien, Haaren oder der Gesichtsfarbe sind überwiegend tadellos, doch schwankt die Bildqualität merklich. Bestechen manche Aufnahmen mit einer tollen Klarheit und Schärfe sowie minimalem Rauschen, erscheinen andere Einstellungen, insbesondere in Innenräumen, wenn die Figuren aus einiger Entfernung zu sehen sind, nicht nur weichgezeichnet, sondern geradezu unscharf. Diese Unterschiede sind jedoch aller Wahrscheinlichkeit nach dem Quellmaterial geschuldet und fallen nicht negativ ins Gewicht.
Während die englische Tonspur in Dolby TrueHD 2.0 Mono enthalten ist, liegt die deutsche Sprachfassung in Dolby Digital 2.0 Mono vor. Ob eine zusätzliche Restaurierung vorgenommen wurde, kann nicht beurteilt werden, die deutsche Sprachspur selbst überzeugt jedoch mit einer geradezu einnehmenden Geräuschkulisse, die Rosemary’s Baby selbst auszeichnet. Obwohl die Musik überwiegend zurückhaltend eingespielt wird, sind im Apartment der Woodhouses ständig Straßengeräusche zu hören, ein tropfender Wasserhahn, das Ticken einer Uhr oder Geräusche der Nachbarn. Es ist eine Akustik, die einerseits realistisch klingt, gleichzeitig aber auch zunehmend für ein beunruhigendes Gefühl sorgt, wenn das Publikum wie Rosemary nie zur Ruhe kommt.
Das Bonusmaterial ist lediglich auf der Blu-ray enthalten und umfasst, wie zuletzt, zwei Featurettes („Making-of: Eine Retrospektive“, „Mia und Roman“), den Original Kinotrailer sowie ein „Redband“-Trailer für ein erwachsenes Publikum, der zum 50jährigen Jubiläum erstellt wurde. Dies ist gegenüber den letzten Veröffentlichungen zumindest kein Rückschritt, doch wären aktuelle Interviews oder gar ein neu aufgenommener Audiokommentar, beispielsweise mit Hauptdarstellerin Mia Farrow, durchaus wünschenswert gewesen. Die Präsentation der Collector’s Edition entschädigt hierfür zumindest teilweise, so dass Fans ein umfassendes Set erhalten, das kaum Wünsche offen lässt.
Vor allem ist dies eine passende Gelegenheit, den einflussreichen Genreklassiker neu oder zum ersten Mal zu entdecken. Obwohl die Bildqualität nicht ganz anderen Restaurierungen der jüngsten Vergangenheit das Wasser reichen kann, ist sie eine sichtbare Verbesserung gegenüber bisherigen Veröffentlichungen. Die Extras decken ab, was die letzten Releases bereithielten und als Film selbst hat Rosemary’s Baby nichts von seiner Wirkung verloren. Schon deshalb sind die 4K Ultra-HD-Veröffentlichung und die Collector’s Edition eine eindeutige Empfehlung.
Wertung der 4K Ultra-HD-Disc:
Rosemary’s Baby ist seit 10. Oktober 2024 erstmals in einer limitierten Collector’s Edition in 4K Ultra-HD von Paramount Home Entertainment erhältlich! |
Urheberrecht des Bildes liegt bei Paramount Pictures Corporation / William Castle Enterprises, Inc.. Verwendet mit freundlicher Genehmigung. |