Robin Hood [2010]

Wertung: 4 von 6 Punkten  |   Kritik von Jens Adrian  |   Hinzugefügt am 17. Mai 2010
Genre: Action

Originaltitel: Robin Hood
Laufzeit: 140 min.
Produktionsland: USA / Großbritannien
Produktionsjahr: 2010
FSK-Freigabe: ab 12 Jahren

Regie: Ridley Scott
Musik: Marc Streitenfeld
Darsteller: Russell Crowe, Cate Blanchett, Max von Sydow, William Hurt, Mark Strong, Oscar Isaac, Danny Huston, Eileen Atkins, Mark Addy, Matthew Macfadyen, Kevin Durand, Scott Grimes, Alan Doyle, Douglas Hodge, Léa Seydoux


Kurzinhalt:
Am Ende des 12. Jahrhunderts kehrt der Bogenschütze Robin Longstride (Russell Crowe) zusammen mit dreien seiner Kameraden, Little John (Kevin Durand), Will Scarlet (Scott Grimes) und Allan A'Dayle (Alan Doyle) vom Dritten Kreuzzug nach England zurück. Für eine sichere Passage geben sie sich als Ritter aus, die die Krone des gefallenen König Richard Löwenherz (Danny Huston) dem Thron wiederbringen. Dessen Nachfolger König John (Oscar Isaac) sieht indes die Notwendigkeit, die Staatskassen zu füllen und schickt seinen Vertrauten Godfrey (Mark Strong) los, Steuern von den Landsherren einzutreiben. Dass Godfrey insgeheim mit den Franzosen zusammenarbeitet, um eine Invasion Englands vorzubereiten, ahnt John nicht.
Robin verpflichtet sich nach seiner Rückkehr, die Identität des Mannes anzunehmen, mit dessen Namen er gefahrlos nach England übersetzen konnte. Nur so hofft der Vater des verstorbenen Loxley, Sir Walter (Max von Sydow), die Übernahme seines Guts durch Rivalen verhindern zu können. So kommt Robin auch Marion (Cate Blanchett) näher, die ihren gefallenen Ehemann nie wirklich kennen lernte. Schon bald kündigt sich jedoch die französische Invasion an und John muss seinen eigenen Leute mobilisieren, die durch die brutalen Steuereintreibungen aber gegen ihn auflehnen. Robin könnte hier die Sympathien entscheiden, verlangt jedoch auch, dass der Thronfolger eine Carta signiert, die die sklavengleiche Bindung der Menschen an ihren König aufhebt ...


Kritik:
Es scheint in Hollywood in Mode gekommen, bekannte Figuren herzunehmen, und deren Ursprünge zu erzählen. So findet man zumindest eine Ausrede, sogar erfolgreichen und bekannten Filmreihen noch neue Einträge abzuluchsen. Ridley Scott wollte sich aufmachen, die historische Figur Robin Hood, von deren Existenz er selbst überzeugt sei, nicht in dem üblichen Strumpfhosen-Look, sondern realistisch auferstehen zu lassen. Über die wahrhafte Existenz einer Person namens Robin Hood wird indes viel diskutiert, auch wenn der Charakter gemeinhin der Folklore entspringt, Balladen und andere Volkstexte als Ursprung besitzt. Gedacht war dabei, das von Autor Brian Helgeland umgeschriebene Skript unter dem Titel Nottingham zu verfilmen. Dann ergaben sich Schwierigkeiten bei der Produktion mit wechselnden Hauptrollen und großteils neu verfassten Drehbuchpassagen mit einem Titel, in den das Studio selbst wohl kein Vertrauen hatte. Zwar wissen diejenigen, die sich für Robin Hood interessieren, mit dem Namen Nottingham etwas anzufangen, doch ist weitaus mehr Zuschauern Robin Hood ein Begriff. Es hat beinahe den Anschein, als wären die letzten fünf Minuten im Film nur aus diesem Grunde so plump zusammen geschustert worden, damit die Geschichte den (neuen) Namen überhaupt verdienen würde. Denn die Neuerzählung der Robin Hood-Saga endet dort, wo die meisten anderen beginnen, worauf die Filmemacher sogar in einer Texteinblendung noch hinweisen.
Bis dahin bekommt man zu sehen, wie der talentierte Schütze Robin Longstride, sympathisch, aber wenig charismatisch gespielt von Russell Crowe, den Kreuzzug von Richard Löwenherz (Danny Huston) überlebt und sich als Ritter Loxley ausgibt, um eine schnelle Reise nach England anzutreten. Dort angekommen übergibt er die Krone des gefallenen Königs an den bisherigen Prinzen John. Während Robin die Familie des Mannes aufsucht, dessen Identität er angenommen hat, um dessen letzten Wunsch zu erfüllen, mobilisiert John mit seinem Handlanger Godfrey eine Schar Geldeintreiber, um die Staatskassen zu füllen. Dabei treibt Godfrey aber ein doppeltes Spiel mit den Franzosen und plant insgeheim eine Invasion, um John und die englische Armee zu unterwerfen. Zugegeben ist die Geschichte, die Helgeland hier schmiedet durchaus faszinierend, zumal sie tatsächliche Ereignisse wie die Magna Carta mit fiktiven wie Robin Hood kombiniert. Etwas überfrachtet wirkt sie dennoch, zumal die eigentlichen Gegner Hoods wie der Sheriff von Nottingham nur Nebenrollen einnehmen. Aus Marion ist hier eine selbstbewusste Kämpferin geworden, die von Cate Blanchett auch entsprechend verkörpert wird. Weswegen sie mit einem Trupp auf Pony reitender heimatloser Kinder am Finale teilnehmen muss, bleibt dem mitdenkenden Zuschauer aber verborgen. Der Moment wirkt ebenso unpassend wie der verkrampft erscheinende letzte Bogenschuss, mit dem der Widersacher zur Strecke gebracht wird.

Dabei gelingt es Regisseur Ridley Scott überraschenderweise einmal mehr, seinen Robin Hood trotz der Grundidee, dass Robin den Unterdrückten hilft, so zu gestalten, dass man als Zuschauer meist emotional unberührt dem Geschehen beiwohnt. Sicherlich ist die zarte Liebesbeziehung dank der Darsteller amüsant, die Besetzung entschädigt insgesamt für Vieles, nicht zuletzt dank solcher Perlen wie Mark Strong, Max von Sydow oder William Hurt, dessen Rolle völlig verschenkt wird. Aber auch Eileen Atkins, Kevin Duran und Scott Grimes bereichern die Geschichte durch ihre Präsenz. Oscar Isaac fällt als tyrannischem Prinz/König John die undankbarste Rolle zu.
Man wird allerdings das Gefühl nicht los, als habe Scott beim Dreh keinen Spaß – genau das überträgt sich auch, wenn man das Gezeigte letztlich beobachtet. Sei es die Rettung eines ganzen Dorfes vor dem sicheren Tod oder die aufwändig gestaltete Schlussschlacht: trotz einer grundsätzlich wohl ausgesuchten Optik und einer getragenen Musik überträgt sich niemals die befreiende Erlösung, die man in vorigen Verfilmungen angesichts der Figur Robin Hood empfunden hatte hier auf das Publikum. Das Schlachtengetümmel wirkt dabei auch nicht so chaotisch oder realistisch wie beispielsweise bei Der Soldat James Ryan [1998], von der erschreckenden Choreografie ganz zu schweigen. Dafür ist auch das Finale zu schnell vorbei, die Abwehr der französischen Invasoren zu reibungslos und einfach – man denke hier an die packenden Passagen in Braveheart [1995]. Auch halten sich die Verluste unter den bekannten Figuren zu stark in Grenzen. Inhaltliche Sprünge gibt es gerade in jener Sequenz leider ebenfalls, wo was bei wem geschieht scheint den Filmemacher nicht zu interessieren, wenn stattdessen die Schwerter in Zeitlupen klappern.
Für einen unterhaltsamen Abend eignet sich somit Robin Hood zwar besser wie der durchaus verwandte Königreich der Himmel [2005], schon allein auf Grund der sympathischeren Besetzung. Doch hätte man ihnen allen ein Skript gegönnt, das sowohl ihre schauspielerischen Fähigkeiten fordert, wie auch ihnen die Möglichkeit gibt, ihre Rollen zu genießen. Das ständige Pochen der heutigen Hollywood-Filmemacher, düstere, schmutzige und vermeintlich realistische Versionen von bekannten Helden neu aufzulegen, beraubt diese nicht zuletzt des Spaßfaktors, der sie langer Zeit zu einem Erfolgsgarant machte.


Fazit:
In der ursprünglichen Fassung sollte der Sheriff von Nottingham der Sympathieträger sein und Robin Hood eher der Bösewicht – kurzzeitig war sogar davon die Rede, dass Russell Crowe beide Rollen spielen sollte. Es wäre zumindest ein anderer Ansatz gewesen. Robin Hood ist mit beinahe zweieinhalb Stunden durchaus lang, wirkt aber nicht in die Länge gezogen. Dafür erscheint die Geschichte komplizierter als sie tatsächlich ist. Dem Authentizitätsanspruch, der hier erhoben wird, hält Ridley Scotts Film jedoch nicht stand. Auch bewahrt die namhafte und beneidenswerte Darstellerriege die Produktion nicht davor, dass man den Beteiligten wünschen würde, ihre Rollen würden ihrem Talent auch gerecht.
Den Namen hat der Film nur auf Grund der letzten fünf Minuten verdient und man wünscht sich durchaus im Anschluss, diejenige Fortsetzung sofort zu sehen, die einem von Regisseur und Cast bei Erfolg in Aussicht gestellt wird. Das aber nur unter der Voraussetzung, dass Robin Hoods Kampf gegen die Unterdrücker, sein Stehlen von den Reichen und das Geben den Armen, nicht nur ihm sondern auch dem Publikum Spaß macht. Denn der Spaßfaktor ist Robin Hood durch die emotional seichte Umsetzung verloren gegangen. Darüber trösten auch nicht solide getrickste Kampfsequenzen hinweg, die allesamt nichts bieten, was man nicht woanders schon ergreifender gesehen hätte.