Respect [2021]

Wertung: 4.5 von 6 Punkten  |   Kritik von Jens Adrian  |   Hinzugefügt am 29. Oktober 2021
Genre: Biografie / Drama

Originaltitel: Respect
Laufzeit: 145 min.
Produktionsland: Kanada / USA
Produktionsjahr: 2021
FSK-Freigabe: ab 12 Jahren

Regie: Liesl Tommy
Musik: Kris Bowers
Besetzung: Jennifer Hudson, Forest Whitaker, Marlon Wayans, Tituss Burgess, Audra McDonald, Marc Maron, Heather Headley, Kimberly Scott, Hailey Kilgore, Saycon Sengbloh, LeRoy McClain, Albert Jones, Tate Donovan, Mary J. Blige


Kurzinhalt:

Detroit im Jahr 1952. Bereits im Alter von 10 Jahren ist die Tochter des bekannten Priesters C. L. Franklin (Forest Whitaker), Aretha (Jennifer Hudson), eine Berühmtheit in der Gemeinde ihres Vaters. Ihr Gesangstalent wird von ihm gefördert und gefordert, insbesondere, nachdem ihre Mutter (Audra McDonald) früh stirbt. Engagiert in der von Martin Luther King, Jr. angeführten Bürgerrechtsbewegung, der ein Freund ihres Vaters ist, unterzeichnet sie 1960 einen ersten Plattenvertrag, doch der Erfolg bleibt aus. Es dauert sieben weitere Jahre, ehe sie mit ihrem Mann und Manager Ted White (Marlon Wayans) einen neuen Vertrag bei Jerry Wexler (Marc Maron) unterzeichnet und zum ersten Mal die Lieder singen kann, die sie selbst bewegen. Schnell wird Aretha Franklin zu einem international gefeierten Superstar. Aber nicht nur, dass Ted in der Beziehung immer offener gewalttätig wird, mit dem Erfolg kommt ein langsamer Abstieg in eine Alkoholsucht, die nicht nur ihr berufliches Leben zu zerstören droht …


Kritik:
Filmemacherin Liesl Tommy nähert sich in der Biografie Respect dem Leben der unvergleichlichen „Queen of Soul“, Aretha Franklin. Sie tut dies hinsichtlich ihrer musikalischen Errungenschaften greifbar und auf einnehmende Weise, doch was die private Person hinter der Künstlerin anbelangt, gelingen ihr nur flüchtige Blicke auf ein bewegtes Leben. Gerade durch die tolle Musik einnehmend umgesetzt, steht im Zentrum eine Oscar-würdige Darbietung von Jennifer Hudson, bei deren Gesangseinlagen einem beinahe die Luft wegbleibt.

Arethas Geschichte beginnt in Detroit im Jahr 1952, wo sie im Alter von nur 10 Jahren bereits ein Star in der Gemeinschaft ist. Ihr Vater C. L., ein bekannter Priester, der auch in der Bürgerrechtsbewegung aktiv ist, setzt das Gesangstalent seiner Tochter sowohl im Gottesdienst als auch bei öffentlichen Auftritten und bei den wöchentlichen Versammlungen von Gästen in seinem Haus ein, vor denen Aretha singt. Ihre Mutter ist ebenfalls eine Sängerin, lebt jedoch von ihrem Vater getrennt. Als diese überraschend stirbt, bricht für Aretha eine Welt zusammen, so dass sie danach für Wochen nicht spricht. Zu sehen, wie ihr Vater sie anschließend unter Druck setzt, sie förmlich zwingt, in der Kirche zu singen, definiert C. L. wie acht Jahre später, wenn er einen Plattenvertrag für sie besiegelt, bei dem er die Konditionen bis hin zu den Liedern, die sie singen soll, aussucht, als einen besitzergreifenden Mann, der mehr um seinen, als den Ruf seiner Tochter bemüht ist. Dennoch führt ihr Weg sie immer wieder zurück in ihr Elternhaus, auch, weil dort ihre beiden Söhne leben. Respect fängt den Umstand, dass Aretha im Alter von nur 12 Jahren zum ersten Mal Mutter geworden ist, auf eine etwas verwirrende Weise ein. Zwei Jahre später gebar sie ihren zweiten Sohn.

Wie genau man diese Information aufnehmen soll, macht Regisseurin Tommy nicht deutlich. Einerseits wachsen die Söhne nicht bei Aretha auf und C. L. scheint ihr diesen Umstand sogar vorzuhalten. Er bezieht sich immer wieder auf die „Dämonen“ in Arethas Leben, als wäre sie im Umgang eine schwierige Person, doch dass sie als Kind von einem Freund der Familie offenbar missbraucht wurde, wird außer zu Beginn nicht mehr thematisiert. Ähnlich verfährt die Biografie mit einem anderen Aspekt von Arethas Leben, denn durch ihren Vater und dessen Bekanntschaft mit Dr. Martin Luther King, Jr., begleitete sie diesen bei Kundgebungen und war selbst in der Bürgerrechtsbewegung aktiv. Hierauf verweist Respect an mehreren Stellen, ohne auch nur einen Auftritt bei einem der Märsche oder Veranstaltungen zu zeigen.
Stattdessen verwendet der Film bedeutend mehr Zeit darauf, den musikalischen Weg dieser bedeutenden Künstlerin aufzuzeigen. Wie sie jahrelang Platten unter der Aufsicht ihres Vaters aufnahm, die allesamt kein großer Erfolg waren, ehe sie gegen den Protest ihres Vaters mit Ted White zusammenkam, der die erst 18jährige Aretha heiratet und ihr Manager wird. Weshalb C. L. ihn als Umgang für seine Tochter ablehnt, wird dabei nicht klar, wohl aber, dass auch Ted ein gewalttätiger Mensch ist, der deutlich vom Talent seiner Frau profitiert.

Sieht man diese Gewalttätigkeit immer wieder durchblitzen, ehe sie ganz aus ihm herausbricht, muss man sich die Frage stellen, weswegen eine so talentierte und gefeierte Frau bei ihm bleibt? Sie war jung, viel zu jung für ihren Erfolg und die Aufmerksamkeit, aber weshalb akzeptiert sie ihn in ihrem Leben so lange? Respect schildert Aretha Franklin in manchen Momenten naiv, beinahe schüchtern und zurückhaltend, bis sie auf der Bühne steht. Mit dem Erfolg – ob es mit der Trennung von Ted zusammenfällt, sei dahingestellt – geht eine Alkoholsucht einher, die sie beinahe zerstört. Auch hier bleibt Liesl Tommy über die Ursachen ebenso vage wie darüber, was ihr hilft, diesem finsteren Ort in ihrem Leben zu entfliehen. Es sind Aspekte, die allesamt im letzten Drittel des mit zweieinhalb Stunden spürbar langen Biografiedramas untergebracht sind. Bis dahin wird der Erfolg der Künstlerin rekonstruiert, die Entstehung einige ihrer größten Songs gezeigt und es ist faszinierend zu beobachten, wie manche davon im Zusammenspiel verschiedener Künstlerinnen und Künstler entstehen.

All diese Momente sind fantastisch eingefangen, die Ausstattung von Respect ist makellos und alle Beteiligten sichtlich engagiert. Als Arethas Vater C. L., der selbst mit seinen Dämonen zu kämpfen hat, zeigt Forest Whitaker eine gewohnt starke Darbietung, auch wenn seine Figur keinen wirklichen Abschluss findet. Zentrum und Ankerpunkt zugleich ist die Verkörperung der Musiklegende durch Jennifer Hudson. Selbst wenn es der Erzählung nicht gelingt, die Beweggründe hinter ihren Entscheidungen greifbar zu machen, sind die Auswirkungen derselben an ihr zu beobachten. Es ist eine fantastische, facettenreiche und gerade in den Songpassagen ansteckende Darbietung. Sie unterstreicht damit aber auch, dass die Schwächen von Tommys Drama nicht darin liegen, dass die gewählten Darstellerinnen und Darsteller den überlebensgroßen Figuren nicht gewachsen wären. Es ist vielmehr, als wäre die Biografie mehr an der Musikerin als an der Person Aretha Franklin interessiert. Das ist wenigstens eine verpasste Chance.


Fazit:
Den Rat ihrer Mutter, dass sie keinen Mann fürchten sollte, beherzigt Aretha nicht, wenn ihr erster Mann und Manager ebenso besitzergreifend ist wie ihr Vater – und darüber hinaus gewalttätig. Filmemacherin Liesl Tommy gewährt nur einen kleinen Einblick, was Aretha Franklin als Person antreibt. Was ihre Träume und Hoffnungen sind. Und weswegen sie bei diesem Mann bleibt. Auch die Ursache für den Absturz in die Alkoholsucht wird kaum herausgearbeitet, selbst wenn dieser betroffen macht, da er ergreifend gespielt ist. Die „Dämonen“, von denen immer wieder gesprochen wird, werden so kaum greifbar. Stattdessen zeigt Respect ein starkes Künstlerinnenporträt, welches das unbeschreibliche Talent der ersten Frau, die in die Rock & Roll Hall of Fame aufgenommen wurde, einfängt. Die dokumentarischen Einblicke in ihr Leben beim Abspann zollen dieser Frau Tribut, die von Jennifer Hudson in einer überragenden Darbietung verkörpert wird. Von allen Beteiligten toll gespielt und tadellos eingefangen, weiß man am Ende zwar nicht, was für ein Mensch Aretha Franklin wirklich war, wohl aber, was für eine großartige Künstlerin die „Queen of Soul“. Als Biografie ist der Fokus auf die Karriere an Stelle der Person trotz des traumhaften Soundtracks aber auch etwas zu wenig.