Night Swim [2024]

Wertung: 3 von 6 Punkten  |   Kritik von Jens Adrian  |   Hinzugefügt am 5. Februar 2024
Genre: Horror / Thriller / Fantasy

Originaltitel: Night Swim
Laufzeit: 98 min.
Produktionsland: USA / Großbritannien / Australien
Produktionsjahr: 2024
FSK-Freigabe: ab 16 Jahren

Regie: Bryce McGuire
Musik: Mark Korven
Besetzung: Wyatt Russell, Kerry Condon, Amélie Hoeferle, Gavin Warren, Jodi Long, Eddie Martinez, Elijah J. Roberts, Rahnuma Panthaky, Ben Cinclair, Ellie Araiza, Nancy Lenehan


Kurzinhalt:

Nach einigen privaten Rückschlägen, die vor allem seine Gesundheit betreffen, zieht Ray Waller (Wyatt Russell) mit seiner Frau Eve (Kerry Condon) und den beiden Kindern Izzy (Amélie Hoeferle) und Elliot (Gavin Warren) in ein neues Haus, dessen offenbar seit Jahren unbenutzter, großer Swimming Pool für Rays Therapie hilfreich sein könnte. Doch schon nach kurzer Zeit machen Eve und die Kinder seltsame Beobachtungen, wenn sie im Wasser sind. Ray hingegen freut sich über eine konstante Verbesserung seines Gesundheitszustands. Als die Kinder sich von etwas im Wasser bedroht fühlen, beginnt Eve zu recherchieren. Was sie herausfindet, stellt nicht nur für ihre Familie eine große Gefahr dar – es scheint schon seit Jahrzehnten im Wasser zu lauern …


Kritik:
Basierend auf seinem eigenen Kurzfilm erzählt Filmemacher Bryce McGuire in Night Swim die Geschichte einer Familie, die in ihrem neuen Zuhause auf etwas Böses trifft, das in ihrem Swimming Pool lauert. Die Idee mag weit hergeholt klingen, doch dass darin durchaus Potential schlummert, erkennt man daran, dass manche Momente überaus gruselig gelungen sind. Das macht es umso bedauerlicher, wenn der Erzählung im letzten Drittel die Luft ausgeht.

Sie beginnt mit einem Prolog, den es für das Verständnis im Grunde gar nicht brauchen würde. Im Jahr 1992 versucht ein kleines Mädchen nachts, ein Spielzeugboot ihres kranken Bruders aus dem Pool hinter dem Haus zu bergen. Sie ahnt nicht, dass sie dorthin gelockt wurde und etwas im Wasser auf sie wartet. Dreißig Jahre später ist die Familie Waller auf der Suche nach einem neuen Zuhause. Vater Ray war ein erfolgreicher Baseballspieler, ehe eine schwere Erkrankung ihn zwang, die Karriere aufzugeben. Mutter Eve arbeitet in einer Schule und die jungen Kinder Izzy und Elliot haben bislang unter den häufigen Wohnortwechseln gelitten. Das neue Haus ist nicht nur erschwinglich, der Pool könnte für Rays Therapie sogar hilfreich sein. Doch auch die Wallers bemerken bald, dass es dort nicht mit rechten Dingen zugeht. Sowohl Eve als auch Izzy und Elliot sehen Dinge, wenn sie darin schwimmen, die sie sich nicht erklären können. Die Kinder werden sogar regelrecht angegriffen. Doch Ray macht große Fortschritte und verhält sich zunehmend seltsam, bis die Situation plötzlich aus dem Ruder läuft.

Obwohl die Geschichte von Night Swim in vielerlei Hinsicht bekannt klingt und dem üblichen Schema folgt, was man in ähnlichen Produktionen bereits gesehen hat, in denen ein Familienmitglied nach dem Einzug in eine neue Umgebung gewissermaßen vom Bösen besessen wird, gelingen die ersten beiden Drittel Regisseur McGuire ausgesprochen gut. Nicht nur, dass er Figuren präsentiert, die es nicht leicht im Leben hatten und haben, so dass man ihnen endlich Glück wünscht, die Perspektiven, die der Filmemacher findet, wenn es um die Inszenierung des Unheil bringenden Pools geht, lassen nicht nur die Größe und Tiefe des Beckens greifbar werden. Sie vermitteln auch ein Gefühl des Unbehagens, das zwar bei weitem nicht dem entspricht, was Steven Spielberg einst mit Der weiße Hai [1975] für das Meer gelang, gruselig ist es aber doch. Die Bedrohungen für die Familie Waller nehmen immer mehr zu, während Ray sichtbar mehr dem Bösen verfällt und man fragt sich lange, was es mit dem Pool auf sich hat.

Die Erklärung lässt Night Swim jedoch die Figuren nicht nach und nach entdecken, sondern präsentiert zum Beginn des letzten Akts einen Charakter, der Eve sämtliche Mythologie und Zusammenhänge auf dem Silbertablett serviert. Die ergibt zwar keinen großen Sinn, doch ist es das „Verhalten“, wenn man es denn so nennen möchte, des Bösen, bei dem sich nur mehr Fragen stellen. Sehen sich Personen in Horrorfilmen etwas gegenüber, das sie nicht verstehen, kann dieses Etwas mehrere Beweggründe für das haben, was es tut. Im Fall des besessenen Swimming Pools wird aber nie deutlich, was dieses Etwas überhaupt verfolgt, oder nach welchen Regeln. Dass diese Entität darüber hinaus Angst und Schrecken verbreitet, wo sie doch eigentlich etwas anderes will, macht ebenso wenig Sinn, wie weshalb es seine Handlungen den Protagonisten gegenüber überhaupt erklärt. Vor allem gibt sich Regisseur Bryce McGuire derart Mühe, eine Mythologie zu etablieren, dass diese sich umso angreifbarer macht, anstatt schlicht darauf zu verweisen, dass beispielsweise an dieser Stelle seit langem Menschen ertrunken sind. Nicht jeder Horror bedarf einer Erklärung.

Gleichzeitig wird mit Sohn Elliot, der seinem Vater im Baseballspiel nacheifert, ein mögliches Spannungsfeld aufgebaut, wenn Elliot seinen eigenen Erwartungen nicht gerecht wird, sein Vater aber den Sohn des Coaches zu dessen Talent gratuliert. Doch dieser Konflikt führt letztlich nirgendwo hin und weshalb Elliot überhaupt zur Videokamera greift, um das Treiben bei einer verhängnisvollen Poolparty einfangen, wird nie klar. Auch nicht was eine Verletzung bewirken soll, die sich Izzy beim Finale zuzieht. Dass Eve als Figur kaum ausgebaut ist, fällt zusätzlich auf, wobei sie wie die Kinder immerhin den richtigen Instinkt besitzt und gehen will, anstatt sich einer unnötigen Bedrohung auszusetzen. Die unterschiedlichen Inkarnationen des Bösen, das die Wallers im Wasser heimsucht, kann man sich allerdings nur notdürftig erklären. Night Swim scheint daher, als hätte Filmemacher McGuire zwar sein Kurzfilm-Konzept erweitert, aber das mehr an Komplexität der Figuren und der Mythologie ist nur notdürftig mit der eigentlichen Idee verbunden. Womöglich ist ein Kurzfilm auch schlicht der bessere Rahmen für seine Geschichte.


Fazit:
Dass Regisseur Bryce McGuire ein abgeschlossenes Ende findet, anstatt genretypisch eine mögliche Fortsetzung anzuteasern, ist ihm ebenso hoch anzurechnen, wie die handwerkliche Finesse, mit der er sein Studioregiedebüt in Szene setzt. Die Perspektiven sind gut ausgesucht, die Weite und Tiefe des Beckens ebenso plastisch veranschaulicht, wie unheimlich eingefangen. Die grundsätzlich gruselige Stimmung leidet jedoch immer dann, wenn das Böse ein Gesicht verliehen bekommt, oder wenn der Film zu weitreichenden Erklärungen ansetzt, die inhaltlich wenig stimmig erscheinen und klischeebehaftet dargebracht werden. Anstatt die Hauptfiguren und das Publikum die Mythologie stückweise aufdecken zu lassen, bleibt man bis zum Ende im Unklaren, ehe alle Erläuterungen auf einmal präsentiert werden. Das ist ebenso schade, wie die Tatsache, dass die Schreckmomente nicht nur auf Grund der immer rechtzeitig einsetzenden Musik lange absehbar sind und kaum Neues beisteuern. Trotz der guten Ansätze und der durchaus gelungenen ersten Hälfte bleibt Night Swim damit schließlich auf dem Niveau sonstigen Horrorfilme, die weder über ihr Potential hinauswachsen, noch es überhaupt vollends ausschöpfen. Es wäre durchaus da.