Mortal Engines: Krieg der Städte [2018]
Wertung: |
Kritik von Jens Adrian |
Hinzugefügt am 4. April 2020
Genre: Action / FantasyOriginaltitel: Mortal Engines
Laufzeit: 128 min.
Produktionsland: USA / Neuseeland
Produktionsjahr: 2018
FSK-Freigabe: ab 12 Jahren
Regie: Christian Rivers
Musik: Junkie XL
Besetzung: Hera Hilmar, Robert Sheehan, Hugo Weaving, Jihae, Ronan Raftery, Leila George, Patrick Malahide, Stephen Lang, Colin Salmon, Mark Mitchinson, Regé-Jean Page
Kurzinhalt:
Mit dem 60-Minuten-Krieg hatte die damalige Zivilisation sich selbst vernichtet und die Erde verwüstet. 1000 Jahre später ziehen riesige motorisierte Städte durch das Land auf der Suche nach Ressourcen. Ihnen entgegen stehen unter anderem die Anti-Traktionisten, die ein Leben in dauerhaften Siedlungen erreichen wollen. Nachdem sich die Raubstadt London eine kleinere Stadt einverleibt hat, sieht die einzelgängerische Hester Shaw (Hera Hilmar) endlich die Möglichkeit gekommen, sich an dem in London lebenden Archäologen Valentine (Hugo Weaving) zu rächen. Doch der junge Tom Natsworthy (Robert Sheehan) stellt sich ihr in den Weg und sie beide werden von Valentine aus der Stadt geworfen. Während sie einen Weg zurück suchen, kommt Valentine seinem Plan immer näher, mit Hilfe gefundener Technologie einer längst vergessenen Zeit eine verheerende Waffe zu bauen. Dies will auch die hochrangige Kämpferin der Anti-Traktionisten, Anna Fang (Jihae), verhindern. Dafür benötigt sie Hesters Hilfe. Um sie endgültig loszuwerden, setzt Valentine auf die Hilfe des alten Cyborgs Shrike (Stephen Lang), der unaufhaltsam Zerstörung nach sich zieht …
Kritik:
Die Verfilmung des Steampunk-Jugendbuchs Mortal Engines: Krieg der Städte zieht so viel Inspiration aus anderen Filmen, dass sie sich kaum dagegen wehren kann, mit diesen verglichen zu werden. Aber nicht nur dann enttäuscht das von Peter Jackson produzierte, inhaltlich ebenso wirre wie ungelenk umgesetzte Spielfilmregiedebüt von Christian Rivers. Obwohl dieses großteils in Städten spielt, die buchstäblich ständig in Bewegung sind, ist dies nie wirklich temporeich oder spannend.
Die Geschichte spielt nach einer von Menschen gemachten Katastrophe, irgendwann jenseits des Jahres 3000. Die Zivilisation wie wir sie kennen ist zerfallen, an ihre Stelle sind räuberische Städte getreten, die auf riesigen Walzen durch die weitgehend ergrünte Landschaft poltern und sich andere Städte „einverleiben“, indem sie sie – in Ermangelung eines besseren Begriffs – auffressen. Wenn das riesige London, das hier plündernd durch Europa fährt, andere Städte entdeckt, öffnet es seine Tore und schaufelt die unterlegenen Gegner in sich hinein, um sie dann zu demontieren. Hierfür braucht es verständlicherweise eine gewisse Ingenieurskunst, selbst wenn die Menschen in der rollenden Stadt so leben und sich so kleiden, als wäre es das viktorianische England des 19. Jahrhunderts.
Die Ausgangslage von Mortal Engines klingt absurd, aber doch nicht abwegiger als manch andere Science Fiction-Story. Was die drei Autorinnen und Autoren jedoch vollkommen vermissen lassen, ist jedwedes Gefühl, diese Welt oder ihre Figuren vorzustellen. Dass sie die Verfilmung beinahe 10 Jahre vorbereitet haben (und darüber hinaus für die Der Herr der Ringe-Trilogie [2001-2003] sowie Der Hobbit [2012-2014] verantwortlich zeichnen sollen), mag man kaum glauben.
In London haben sich hier erneut Gilden herausgebildet und wer nicht einem bestimmten Stand entsprungen ist, wird es schwer haben, sich gesellschaftlich zu verbessern. Welche Gilden es gibt, was sie für Aufgaben haben, wird nie geklärt. Auch nicht, weshalb die Städte sich irgendwann überhaupt in Bewegung gesetzt haben. Oder weshalb sich London über Europa hermacht. Es geht offenbar um ein Gebiet hinter einem unüberwindbaren Schutzwall, den der Archäologe Thaddeus Valentine mit Hilfe von „Old-Tech“, Technologie längst vergangener Zeiten, bezwingen will. Aber weshalb? Was liegt dort? Und wie steht seine Tochter Katherine zu dem jungen Historiker Tom, den Valentine in den vermeintlich sicheren Tod schickt?
Mit Fragen hält sich Mortal Engines: Krieg der Städte nicht auf, sondern präsentiert stattdessen eine Action-Sequenz nach der nächsten. Von einem Angriff Londons auf die rollenden Stadt Salzhaken, wonach die durch eine große Narbe im Gesicht gezeichnete Hester Shaw versucht, Valentine zu töten, ehe sie und Tom sich in der Gewalt von Menschenhändlern wiederfinden und mit Shrike der letzte Cyborg eines Bataillons von sogenannten „Stalkern“, Jagd auf Hester macht, ist an sich immer etwas geboten – nur Sinn ergibt es keinen. Filmemacher Christian Rivers präsentiert derart viele Figuren, von denen die meisten nur einen Satz zu sagen haben, oder die, im Fall des Finales, nach einem ominösen ersten Auftritt vor der Kamera sich selbst opfern, ohne dass je erklärt würde, wer sie sind, oder weshalb sie tun, was sie tun, dass es das Publikum schlicht überfordert. Die unzähligen Begriffe der unterschiedlichsten Fraktionen, der „Anti-Traktionisten“, der Southies, Scavs, Outlands und so weiter, werden verwendet, ohne irgendetwas davon zu erklären. Ganz zu schweigen von der Welt an sich, bei der nicht gesagt wird, wie sich die Gruppierungen wo verteilt niedergelassen haben.
Nimmt man die ebenso ungelenken wie teils unvorstellbar schmalzigen Dialoge hinzu, wenn Figuren ihrem Gegenüber genau ihre Motive erklären, nicht, weil die das nicht bereits wüssten, sondern damit das Publikum versteht, was vor sich geht, oder „Roboter“ ihre Gefühle entdecken, dann besitzt dies durchaus schon satirische Züge. Man muss Filmemacher Rivers allerdings zugestehen, dass Mortal Engines durchaus aufwändig produziert ist und am Ende merklich teurer aussieht, als er war. Wenn die Trickeffekte oftmals überzeugender erscheinen, solange keine realen Schauspielerinnen und Schauspieler im Bild zu sehen sind, ist das jedoch nicht ermutigend und so riesig die Städte auch sein mögen, so unübersichtlich ist es, wenn die Action Fahrt aufnimmt. Dann wird Vieles zerstört, wo sich die Figuren in dem Moment jedoch aufhalten, ist oft nicht klar.
Darum plätschert der post-apokalyptische Fantasyfilm die meiste Zeit ohne großen Antrieb vor sich hin und wenn hier (zehn-)tausende Menschen in den Ruinen den Tod finden, lässt einen das schon deshalb unberührt, weil sie nie ein Gesicht, geschweige denn einen Namen bekommen haben. Ähnlich ergeht es den Protagonistinnen und Protagonisten am Ende auch.
Fazit:
Die klischeehaften Dialoge, allen voran von Tom Natsworthy, könnte man akzeptieren, und auch dass die eigentliche Heldin der Geschichte, Hester, als Figur kaum ausgearbeitet ist, wäre zu verschmerzen, doch dass die gesamte Welt nicht einmal rudimentär beleuchtet wird, macht es beinahe unmöglich, vom Geschehen wirklich mitgerissen zu werden. In den allermeisten dystopischen Geschichten sind die Figuren auf der Suche nach etwas, sei es in Mad Max [1979] oder Waterworld [1995], oder haben ein Ziel vor Augen, das sie erreichen wollen. In Mortal Engines: Krieg der Städte haben die Schurken das Ziel, einen Wall zu überwinden – weshalb, wird nie deutlich. Noch weniger, weshalb anderen daran gelegen ist, sie aufzuhalten. Dies ist inhaltlich ein derartiger Schlamassel, dass trotz des hohen Erzähltempos, das von einer Action-Sequenz zur nächsten hetzt, ohne für ein paar Minuten eine Pause einzulegen und die Figuren zu vertiefen, nie Spannung aufkommt. Am Ende sind das die lautesten und langweiligsten zwei Filmstunden, die es auf einem durchaus sehenswerten Trickniveau seit langem zu sehen gab. Eine maßlose Enttäuschung.