Mission: Impossible III [2006]

Wertung: 4.5 von 6 Punkten  |   Kritik von Jens Adrian  |   Hinzugefügt am 08. Mai 2006
Genre: Action / Thriller

Originaltitel: Mission: Impossible III
Laufzeit: 126 min.
Produktionsland: USA
Produktionsjahr: 2006
FSK-Freigabe: ab 12 Jahren

Regie: J.J. Abrams
Musik: Michael Giacchino
Darsteller: Tom Cruise, Ving Rhames, Michelle Monaghan, Keri Russell, Philip Seymour Hoffman, Laurence Fishburne, Billy Crudup, Simon Pegg, Jonathan Rhys Meyers, Maggie Q, Sasha Alexander, Greg Grunberg


Kurzinhalt:
Inzwischen als Ausbilder der Geheimorganisation IMF tätig, genießt Ethan Hunt (Tom Cruise) die vorzüge eines geregelten Lebens. Während seiner Verlobungsfeier mit Julia (Michelle Monaghan) erreicht ihn eine Nachricht des IMF-Einsatzleiters John Musgrave (Billy Crudup), der Hunt mitteilt, dass Lindsey Ferris (Keri Russell), der erste Protegé, den Hunt für den operativen Dienst empfahl, bei einem Einsatz gefangen genommen wurde. Ferris sollte auf Verlangen des IMF-Direktors John Brassel (Laurence Fishburne) Owen Davian (Philip Seymour Hoffman) beschatten, der seit Jahren mit Waffen und anderen gefährlichen Gütern dient.
Hunt begleitet eine Operation, um Ferris zu befreien, muss jedoch erkennen, dass Davian ihm einen Schritt voraus ist. Daraufhin plant Hunt einen geheimen Einsatz in Rom, um Davian selbst festzunehmen, eine Gelegenheit, die man sich angesichts der raren öffentlichen Auftritte des verbrecherischen Geschäftsmannes nicht entgehen lassen sollte. Zusammen mit den IMF-Agenten Luther Strickell (Ving Rhames), Declan (Jonathan Rhys Meyers) und Zhen (Maggie Q) wird die Operation durchgeführt und damit eine Lawine losgetreten, die nicht nur die Agenten in Lebensgefahr, sondern auch auch Hunts Verlobte in die Schusslinie bringt, denn der einflussreiche Davian scheint auch Quellen innerhalb der IMF zu besitzen ...


Kritik:
Die Zeiten in denen Fortsetzungen zu erfolgreichen Filmen im üblichen zwei-Jahres-Rhythmus erschienen (wie beispielsweise bei den James Bond-Filmen) sind längst vorbei; nach Tom Cruise erfolgreichem Agenten-Einstand Mission: Impossible [1996] dauerte es vier Jahre, ehe er erneut in die Rolle von Ethan Hunt schlüpfte und den Bösewichtern dieser Welt das Fürchten lehrte. Dabei war die von John Woo inszenierte Fortsetzung noch erfolgreicher als Teils eins. Nun mussten die Fans erneut sechs Jahre warten, ehe der Agent der "Impossible Mission Force" wieder in Aktion zu sehen ist, ein Zeitraum, den Cruise zweifelsohne gern verkürzt hätte. Die ersten Gerüchte, laut denen eine Fortsetzung zu Teil zwei auch mit Woo hinter der Kamera realisiert werden sollte, erwiesen sich rasch als unwahr, empfand der chinesische Regisseur die kreativ sehr einnehmende Persönlichkeit des Hauptdarstellers doch als sehr hinderlich; wie ein dritter Mission: Impossible-Film unter der Regie von Sieben [1995]-Regisseur David Fincher ausgesehen hätte, werden die Fans nie erfahren, der Regisseur stieg früh wieder aus dem Projekt aus. So auch Joe Carnahan (Narc [2002]), der nur Wochen vor ursprünglichem Drehbeginn im Sommer 2004 wegen kreativen Differenzen zurück trat. So wurde der überaus erfolgreiche Autor und Fernsehproduzent J.J. Abrams vom Studio unter Vertrag genommen, nachdem Cruise von Episoden der Abrams-Serie Alias – Die Agentin [2001-2006] (an sich eine TV-Agenten-Serie im Mission: Impossible-Stil) sehr beeindruckt war.
Abrams brachte mit Alex Kurtzman und Roberto Orci nicht nur seinen eigenen Autorenstab mit an Bord, sondern brachte zusammen mit seinen Ideen der Reihe eine Komplexität zurück, die ihr in Mission: Impossible II [2000] leider abhanden gekommen war, ohne aber Einbußen beim Actiongehalt des Agenten-Thrillers zu machen. Herausgekommen ist ein verschachtelt erzählter Thriller mit einem kaum vorstellbaren Tempo und bedeutend mehr Charakterentwicklungen, als Ethan Hunt sie in den letzten beiden Filmen zusammen erfahren hätte. Doch gibt es auch enttäuschende Aspekte an Mission: Impossible III, die aber nicht zwangsläufig bei Abrams Regie zu suchen sind.

Die meisten liegen vielmehr im Skript begraben, das die beiden Autoren schon von der Struktur her ganz wie eine Episode der hierzulande leider unterschätzten Thriller-Serie Alias aufbauen. So mutet es seltsam an, den Prolog des Films nicht nur mit einem Cliffhanger enden zu lassen, sondern die eigentliche Story Tage vorher anzusiedeln und den Rest des Films bis zum Finale darauf zu verwenden, wieder zu genau jenem atmosphärischen Spannungshöhepunkt zu kommen. Effektiv ist dies zweifelsohne, bleibt aber deswegen hinter den Erwartungen zurück, da die Szene beim zweiten Mal verständlicherweise abgekürzt wird und fortan auch von keiner anderen Sequenz mehr übertroffen wird.
Die Story selbst, die sich einmal mehr um einen Maulwurf innerhalb der IMF dreht, ist für Kenner des Genres schnell abzusehen und bietet insofern nur wenige Überraschungen. Aus unerfindlichen Gründen reihen die Autoren ab der Mitte des Films eine Flucht-Sequenz hinter die andere, obgleich sich Hunts Flucht vor dem Krankenhaus und sein Ausbruch aus dem IMF-Hauptquartier problemlos hätten zusammenfassen lassen. Gleichzeitig enthalten sie einem aber eine Einbruchssequenz in Schanghai komplett vor, die zwar lange vorbereitet wird und diskutiert, deren Durchführung man als Zuschauer aber nur in Ansätzen zu sehen bekommt; der Diebstahl des gewünschten Ojekts fehlt im Film zudem völlig, obgleich selbiger angeblich nur fünf Minuten gedauert haben soll. Wirklich enttäuschend ist allerdings, dass die Vorlage die zahlreichen Actionszenen nach den wirklich beeindruckenden Höhepunkt auf einer Autobahn-Brücke immer kleiner geraten lässt. Wer damit rechnet, dass das Finale an die Brücken-Sequenz an Größe und Feuergefährlichkeit noch übertreffen würde, wird enttäuscht. Vielmehr ist das Finale sehr konventionell geraten und ebenso schnell in vollem Gange, wie es auch wieder vorbei ist.
Dass abgesehen von Ethan Hunt kaum eine Figur im Film näher beleuchtet wird, ist im Grund genommen schon bedauerlich, dies aber umso mehr, da auch der charismatische Bösewicht vollkommen unterfordert bleibt und kaum zu sehen ist. Ein wenig wird immerhin noch Hunts Verlobte Julia eingebunden, auch wenn sie seltener zu sehen ist, als das IMF-Team um Hunt, der hier erfreulicherweise mehr als in den ersten beiden Filmen zusammen arbeiten muss. Am deutlichsten wird dies beim Einbruch in den Vatikan, der aber gerade auf Grund der Unbeschwertheit nicht so recht in die ansonsten sehr ernsten und bedrohlichen Actionszenen passen mag.
Die Story ist dabei nicht schlecht, sondern lediglich zu wenig innovativ und mit erstaunlich wenigen Momenten für die zahlreichen Charaktere gespickt, als man erwarten würde – sieht man einmal von denjenigen Momenten ab, in denen Ethan Hunt im Mittelpunkt steht.

Dass Hauptdarsteller Tom Cruise diese Aufmerksamkeit genießt, steht außer Frage, und wie der in Kürze 44 werdende Akteur in der Vergangenheit bewies, ist er schwierigen Rollen durchaus gewachsen. Kein Wunder also überzeugt er als menschlicher, privater und verletzbarer Geheimagent tadellos und verleiht gerade der Eröffnungssequenz eine emotionale Tiefe, die man in den vorangehenden Teilen nie zu sehen bekam. Cruise macht seine Sache sehr gut und geht in der Rolle wie zuvor merklich auf. Beobachtet man dabei, welche Energie er in den zahlreichen Actionszenen versprüht, die er zum größten Teil selbst meisterte, und die auch spürbar wird, wenn Cruise mit Weltrekord-Ambitionen non-stop vor der Kamera umher sprintet, muss man ihm nicht zuletzt seine Körperbeherrschung neidlos zuerkennen.
Dass er beides vor der Kamera zum Ausdruck bringen darf, sein schauspielerisches Können und seinen Körpereinsatz, ist Regisseur Abrams zu verdanken, der auch Michelle Monaghan (Kiss Kiss, Bang Bang [2005]) zu einer überzeugenden Darbietung motiviert. Zwar ist sie wie bereits erwähnt nicht so häufig zu sehen wie ihr Schauspielkollege, es gelingt ihr aber problemlos, sowohl die physisch anspruchsvollen Szenen am Schluss, als auch die mimisch fordernden Einstellungen zu meistern ohne im Schatten des Hauptdarstellers zu stehen.
Ving Rhames ist hier stärker eingebunden als noch in den Vorgängern, doch sieht man ihm merklich an, dass er zu einer größeren Rolle ohne weiteres bereit wäre. Auch seine Leistung während der vorangehenden 100 Minuten macht deutlich, weswegen die Entscheidung das Finale ohne das gesamte Team zu gestalten nicht empfehlenswert war. Zusammen mit Maggie Q und Jonathan Rhys Meyers bildet Rhames ein ebenso sympathisches wie professionelles IMF-Team, der bedauerlicherweise am Schluss übergangen wird.
Die Auftritte von Simon Pegg, Billy Crudup und Laurence Fishburne stehen trotz der soliden Leistungen eindeutig im Schatten von Philip Seymour Hoffman, der im Frühjahr diesen Jahres den Oscar für seine Verkörperung Truman Capotes verliehen bekam und gerade im Vergleich mit den ersten beiden Filmen den ohne Zweifel besten und Furcht einflößendsten Widersacher Ethan Hunts mimt. Er wirkt trotz seiner wenigen Auftritte und spärlicher Dialoge bedrohlich und bösartig, ohne dass er körperlich aktiv werden müsste – eben deshalb erscheint sein Schicksal so fehl platziert.
Der Cast ist wie zu erwarten war nicht nur mit zahlreichen bekannten Namen versehen, sondern auch talentiert ausgesucht, wobei bedeutend mehr Darsteller gefordert waren als bei den übrigen Filmen der Reihe. Schade nur, dass manche Figuren zu kurz kommen (auch von Keri Russells Auftritt ist kaum etwas zu sehen), aber vielleicht entschädigen die Macher dafür ja in einer Fortsetzung?

Einen etwas uneinheitlichen Eindruck hinterlässt die handwerkliche Umsetzung des Films, was vor allem daran liegt, dass die verschiedenen Szenen eine gänzlich andere Handschrift zu tragen scheinen.
Die verwackelte Handkamera ist man bei Kameramann Daniel Mindel (Domino [2005], Der Staatsfeind Nr. 1 [1998]) an sich gewohnt, doch wirkt dieser halb dokumentarische Stil gerade in den Gesprächen eher unpassend, zumal manche Sequenzen wie der Einbruch in den Vatikan oder auch der exzellent gefilmte Sprint durch die Gassen Schanghais vor dem Finale zwar mit langen Kamerafahrten aufwarten und gerade deswegen eine bestechende Optik vorweisen, aber ohne die bei Handkameras üblichen Zitter-BIlder auskommen. So fehlt bereits beim ersten Shootout in Berlin leider die Übersicht, von den Widersachern ist kaum etwas zu sehen, außer dass immer wieder jemand umfällt, von dem man zuvor gar nicht wusste, dass er da war. Auch der Autoverfolgungsjagd durch das nächtliche Schanghai fehlt eine richtige Choreografie, sie ist vielmehr zu Ende, bevor sie überhaupt begonnen hat.
Den Höhepunkt des Films bietet allerdings der Anschlag auf die Brücke, der auch hervorragend gefilmt ist. J.J. Abrams Cutter Maryann Brandon (Alias) und Mary Jo Markey (Alias, Lost [seit 2004]) gelingt hier auch ein richtiger Aufbau der gesamten Sequenz, die sich immer weiter steigert und wirklich mitreißend geraten ist. Eben das kann man von der Autoverfolgungsjagd aber nicht behaupten. So scheint es, als würde Mission: Impossible III mehrere Handschriften tragen, ist dabei gerade im Vergleich zu anderen Actionfilmen immer noch sehr gut , aber nicht in dem Maße komponiert, wie es John Woo vor sechs Jahren gelang.

Über alle Zweifel erhaben ist hingegen der Score von Abrams' Hauskomponist Michael Giacchino, der für seinen erstklassigen Soundtrack zum Animations-Hit Die Unglaublichen – The Incredibles [2004] zurecht viel Lob und auch zahlreiche Preise erhielt.
Er interpretiert das Mission: Impossible-Thema auf erfreulich klassische Art und Weise neu kleidet den Film in sehr orchestrale Themen, bei denen sich ruhige Motive mit schnellen und rhythmischen Action-Cues abwechseln, ohne sich wirklich zu wiederholen. So bietet der temporeiche Score auch beim Hören ohne die Bilder genügend Wiedererkennungsmomente und unterhält auch für sich allein genommen problemlos. Zusammen mit den Bildern verleiht gerade die Musik manchen Szenen eine ungeheure Dynamik und behält gleichzeitig durch das dezente Einbeziehen von Lalo Schifrins Kult-Melodie das zu erwartende Mission: Impossible-Flair.
Auch musikalisch hebt sich die Vatikan-Sequenz vom Rest des Films ab, verleiht Giacchino dem Abschnitt doch einen ebenso verspielten Unterton, wie man ihn von Danny Elfman beim ersten Film der Reihe gewohnt war. Sammlern und Fans sei der Score aber empfohlen, wobei Kenner der TV-Serien Alias und Lost zumindest bei einer Einstellung sofort an die Kompositionen der Serien werden denken müssen.

Wie gut sich Mission: Impossible III an den Kinokassen schlagen wird, bleibt abzuwarten. An der durchweg guten Regie und der ordentlichen Umsetzung kann es eigentlich nicht liegen, Regisseur J.J. Abrams scheint das gigantische Budget von 150 Millionen Dollar gut im Griff zu haben, auch wenn der Film zugegebenermaßen nicht so teuer aussieht. Ein Ausbleiben der Zuschauer – und dies ist derzeit noch reine Spekulation, auch wenn der Film am ersten Wochenende in den USA hinter den Erwartungen zurück blieb – wäre wenn dann schon auf die Konkurrenz in den Kinos zurück zu führen, die in den kommenden Wochen noch zunehmen wird. Außerdem erzeugte Cruise mit seinen privaten Querelen ein Gefühl der Übersättigung beim Publikum, das manche Zuschauer schlicht mit einem Filmverzicht quittieren.
Dabei ist das dritte Abenteuer des Geheimagenten Ethan Hunt an sich durchaus einen Kinobesuch wert, wenn man sich denn auf einen harten, mit interessanten Einblicken ins Privatleben des Superagenten gespickten Thriller ansehen möchte, dessen ausladende Actioneinlagen aber schon auf Grund ihrer inhaltlichen Ernsthaftigkeit nie den Spaß-Faktor von John Woos Actionballett in Mission: Impossible II erreichen. Wer dies erwartet wird auch nicht enttäuscht und bekommt einen weitaus persönlicheren Ethan Hunt zu sehen, als in den letzten beiden Filmen.


Fazit:
Dass Regisseur Abrams ein Fan des Mission: Impossible-Universums ist, sieht man bereits an seiner ähnlich gelagerten Serie Alias, der dieser Film in gewissem Sinne auch entsprungen sein könnte. Den Foltersequenzen, physisch anspruchsvollen Actionszenen und auch den ruhigen Momenten sind die Darsteller ohne weiteres gewachsen und werden von einem sehr agierenden Tom Cruise angeführt. Doch wirkt die Geschichte einerseits künstlich in die Länge gezogen und andererseits zu rasch vorbei, und auch Kamera und Schnitt scheinen nicht das meist mögliche aus den Ideen herauszuholen.
Für Mission: Impossible III bedeutet dies eine durchschnittliche Geschichte mit Actionszenarien, die nach dem Höhepunkt in der Mitte des Films immer kleiner werden und in etwa zur selben Zeit schon auflösen, wer der wirkliche Drahtzieher des Komplotts ist. So kombiniert J.J. Abrams die ersten beiden Filme, ohne aber die inhaltliche Komplexität von Brian De Palmas Thriller, oder die handwerkliche Finesse (oder den Spaß-Gehalt) von Woos Actioninferno zu erreichen. Am offensichtlichsten wird das daran, dass zum ersten Mal in der Reihe Zivilisten bei den Einsätzen verletzt werden; lässt man sich als Zuschauer auf diesen sichtlich ernsteren Ansatz ein, wird man zwei Stunden lang durch einen der temporeichsten Agententhriller der letzten Jahre unterhalten, der mit wenigen inhaltlichen und handwerklichen Änderungen noch ein Stück besser hätte sein können.