Mann umständehalber abzugeben! oder: Scheiden ist süß [2002]

Wertung: 1 von 6 Punkten  |   Kritik von Jens Adrian  |   Hinzugefügt am 29. April 2006
Genre: Komödie

Originaltitel: Serving Sara
Laufzeit: 99 min.
Produktionsland: Deutschland / USA
Produktionsjahr: 2002
FSK-Freigabe: ab 12 Jahren

Regie: Reginald Hudlin
Musik: Marcus Miller
Darsteller: Matthew Perry, Elizabeth Hurley, Vincent Pastore, Bruce Campbell, Cedric the Entertainer, Amy Adams, Terry Crews, Jerry Stiller, Marshall Bell, Derek Southers


Kurzinhalt:
Joe Tyler (Matthew Perry), seines Zeichens Kurier für Vorladungen, hat eine Pechsträhne. Für seine Zustellungen benötigt er seit neuestem viel zu lange, und auch sein übriges Leben ist für die Menschen um ihn herum amüsanter, als für ihn selbst. Nachdem er für eine Übergabe wieder viel zu lange braucht, gibt ihm sein Boss Ray (Cedric the Entertainer) noch eine Chance: er soll der noch Ehefrau des Texaners Gordon Moore (Bruce Campbell), Sara (Elizabeth Hurley), die Scheidungspapiere übergeben.
Da der Auftrag jedoch sehr lukrativ ist, ist Joes "Kollege" Tony (Vincent Pastore) darum bemüht, den Job selbst an Land zu ziehen und gibt sich alle Mühe, Joe die Tour zu vermasseln. Doch als Joe Sara schließlich die Papiere übergibt, dreht Sara den Spieß um und macht Joe ein Angebot. Wenn der behauptet, Sara nicht gefunden zu haben, und dafür Gordon von Sara aus die Scheidungspapiere überreicht, bekommt Sara im folgenden Prozess die Hälfte des riesigen Vermögens – und Joe eine Million Dollar.
Joe geht auf den Handel ein und macht sich mit Sara auf den Weg nach Texas, um Gordon zu finden. Aber Tony ist ihnen dicht auf den Fersen, um Sara zu erwischen, bevor Joe Gordon erreicht.


Kritik:
Man sollte meinen, es kann nicht viel schief gehen, wenn man einen Komödienregisseur wie Reginald Hudlin (Boomerang [1992]) mit einem Sitcom-Darsteller wie Matthew Perry (Friends [1994-2004]) und Drehbuchautoren wie David Ronn und Jay Scherick zusammen bringt, wobei die beide letzteren an der erfolgreichen Serie Chaos City [1996-2002] mitschrieben und Scherick außerdem an der Comedy-Serie Caroline in the City [1995-1999] beteiligt war. Freilich sollte man nicht erwarten, dass sich das komödiantische Potential des einen mit denjenigen der anderen multipliziert, aber man sollte doch damit rechnen können, dass immerhin routinierte Unterhaltung heraus kommen würde, wenn diese Personen sich gemeinsam zu einer Filmproduktion einfinden.
Dass sich jegliches Talent allerdings in Luft auflöst, sich in gerade zu krimineller Art und Weise verflüchtigt und an dessen Stelle eine beinahe schon beleidigende Leere gekoppelt mit bösartiger versuchter Verdummung des Zuschauers tritt, darauf hätte man nun wirklich nicht tippen können.

Die meisten Fehler, das steht ohne Zweifel fest, sind dabei bereits im Drehbuch zu suchen, das zwar eine durchaus interessante Grundidee besitzt, die in ihrer Art und Weise aber nicht nur übertrieben vorgetragen ist, sondern sich ohne an die menschliche Vernunft haltend von einer obszönen Szene zur nächsten hangelt. Dabei finden sich in Mann umständehalber abzugeben! ganz neue und einfallsreiche Ideen wie Furz- und Dickenwitze, die von der gezeigten Rektalstimulanz eines Zuchtbullen noch übertroffen werden. Wer davon ausgeht, dass sich die Macher an irgendwelche Konventionen bezüglich des guten Geschmacks halten, oder die Zuschauer gar mit einer moralischen Botschaft hinter dem zynischen Gesicht Joe Tylers überraschen würden, der hat sich eindeutig den falschen Film ausgesucht. Stattdessen gibt es papierdünne Figuren zu sehen, die sich auf absehbaren Bahnen entwickeln, vor der Leinwand enthaaren lassen und dabei stets einen gezwungen witzigen Spruch herauswürgen, ohne dass dieser aber tatsächlich zur Szene passen würde.
Mord und Totschlag gehören bei einer versuchten Scheidung ebenso dazu, wie das über Bord werfen jeglichen Verantwortungsgefühls, und so soll man sich als Zuschauer wohl daran amüsieren, wenn die vermeintlich sympathische Hauptfigur drei Dutzend Koffer in einem Flughafen öffnet und deren Inhalt auf dem Boden verstreut, nur weil sie etwas zum Anziehen sucht – inwiefern einem das die Charaktere nahe bringen soll, darf offiziell hinterfragt werden. Und spätestens, wenn sich quasi aus dem Nichts, ohne Chemie oder gegenseitige Anziehung eine Liebesbeziehung zwischen den beiden Hauptfiguren entwickelt, und das einzig und allein aus dem Grund, weil es in eine solche Art Film einfach hinein gehört, sollte man als Zuschauer den Stecker ziehen und sich einer solchen Beleidigung des eigenen Denkzentrums auf fundamentalstem Niveau verweigern. Dass einige wenige Ideen und auch einige Sprüche nicht vollkommen unbrauchbar sind, ist unbestritten; doch sammeln sie sich hier auf einem Grund und Boden, der für Humor keinerlei Wachstums- oder Existenzmöglichkeiten bietet.
Es ist erschreckend und beschämend in welchem Zustand dieses Skript vom Studio überhaupt in Produktion geschickt wurde.

Ob das nun der Grund ist, weswegen sich die Darsteller kollektiv in der Verweigerung ihres komödiantischen Talents vor der Kamera üben, oder ob sie in der Zusammenstellung zu mehr einfach nicht in der Lage sind, darüber darf ebenfalls gerätselt werden.
Dass Matthew Perry als Hauptdarsteller einen Film tragen kann, hat er nicht zuletzt in Fools Rush In - Herz über Kopf [1997] gezeigt, in dem er zusammen mit Salma Hayek gekonnt harmoniert und das Knistern zwischen den Figuren zum Ausdruck bringt – den Slapstick brachte er schließlich in Ein Date zu dritt [1999] und Keine halben Sachen [2000] zum Ausdruck. In Serving Sara, so der Originaltitel des Films, gelingt ihm aber keines von beidem. Als abgewrackter Bote scheint er nicht nur lustlos, sondern schlichtweg fehlbesetzt, die Wortakrobatik kommt ihm so schwer über die Lippen, dass man das Gefühl nicht los wird, er musste um jeden einzelnen Satz kämpfen und von einer Chemie zwischen ihm und Elizabeth Hurley ist nichts zu sehen. Dies mag einerseits daran liegen, dass Perry die Dreharbeiten mehrmals unterbrechen musste, um sich wegen seiner Medikamentenabhängigkeit behandeln zu lassen, es könnte aber auch daran liegen, dass Hurley hier ein Charisma versprüht, das dem eines Monolithen gleicht, nur ohne dessen Ausdruckskraft.
Als geprellte Ehefrau wirkt sie nicht nur überfordert, sondern sie agiert schlicht an der Rolle vorbei, ist immer hübsch anzusehen, aber ohne in ihre Filmfigur tatsächlich hinein zu schlüpfen. Auf Grund ihrer fehlenden Mimik scheint auch die sich entwickelnde Beziehung zu Joe gänzlich aus der Luft gegriffen. Sie in diese Rolle zu casten war womöglich der größte Fehlgriff, auch wenn Cedric the Entertainer sich alle Mühe gibt, ihr dahingehend den Rang abzulaufen. Er scheint vielmehr mit sich selbst vor der Kamera beschäftigt, sich immer auf betont "komische" Weise in Szene setzen wollend, als dass er bemerken würde, dass sein überagieren in keiner Sekunde witzig, meisten lediglich verzweifelt erscheint.
Bruce Campbell ist zugute zu halten, dass er wenig zu tun hat, aber auch er spielt entgegen jeglicher Vernunft, wobei es ihm sein Filmgehilfe Terry Crews gleich tut und allein durch den verkrampft witzigen Auftritt dafür sorgt, dass einem als Zuschauer das Schmunzeln im Halse stecken bleibt.
Die in Italien geborene Amy Adams zeigt – wenn man es so betrachtet – noch die beste Darbietung, ist aber einerseits kaum zu sehen, und andererseits chronisch unterfordert, während Vincent Pastore (unter anderem bekannt aus Die Sopranos [1999-2007]) eigentlich keine schlechte Leistung zeigt, wäre seine Figur vom Skript nicht in Grund und Boden geschrieben.

Regisseur Reginald Hudlin setzt Serving Sara zwar nicht wirklich schlecht in Szene, aber den düsteren Pfaden des schlechten Geschmacks folgend hält er dann mit der Kamera auf das Geschehen, wenn man als Zuschauer aus Angst vor bleibenden Schäden die Augen schon geschlossen hat.
Weit schwer wiegender ist allerdings, dass Hudlin keinerlei Tempo für seine Komödie findet, die sich erst träge hinzieht, und nur in denjenigen Momenten zur Ruhe kommt, die man als Zuseher von vorne herein nicht sehen wollte, und doch inhaltliche Sprünge absolviert, denen man nicht zu folgen im Stande wäre, würde man sich dafür denn noch interessieren.
Dass eine Sequenz offensichtlich gekürzt wurde, sieht man bereits daran, dass Saras ehemalige Haushältern Maria urplötzlich im Bild erscheint, ohne dass ihr Auftauchen in irgendeiner Weise erklärt würde – dies aber als Kritikpunkt anzubringen ist angesichts der übrigen Präsentation gar nicht mehr notwendig.
Kamera und Schnitt sind damit nicht wirklich schlecht, nur uninspiriert und altbacken, dabei ohne Gespür für Dramaturgie oder Spannung eingesetzt. Absehbare Perspektiven münden in vorhersehbaren Szenenwechseln, die wiederum von einem Akt zum nächsten kriechen, ohne sich für Dynamik innerhalb der Story oder pointierte Dialoge zu interessieren.

Würde man die Kompositionen zusammen fassen wollen, die einem Marcus Miller hier zumutet, käme man am ehesten auf belanglose, blueslastige Hintergrunddudelei ohne Charakter oder gar Charakteristika. Kaum zu glauben, dass einem solch einfallslose und sich ständig wiederholende Stücke von dem Mann präsentiert werden, der 1995 zum Bassisten des Jahres gewählt wurde.
Für Serving Sara greift Miller tief in die Kiste der bekannten Versatzstücke und zaubert damit einfallslose Themen aus dem Hut, die in ihrer Einfachheit beinahe so beeindrucken, wie durch ihre Häufigkeit. Dabei sucht der Musiker wohl nach einer Möglichkeit, den Figuren bestimmte Motive zu verleihen, scheitert aber nicht zuletzt daran, dass sich der Score anhört, als stamme er von einer billigen Videoproduktion. Hier gibt es weder neuartige Themen zu hören, noch einen stimmungsvollen Soundtrack – vielmehr aufdringliche, ewig trällernde Lieder, die einen als Zuschauer mit Wehmut an den Keine halben Sachen-Score von Randy Edelman zurück denken lassen.

Hätte Mann umständehalber abzugeben! nicht ohnehin bereits genügend KO-Kriterien in die Wiege gelegt bekommen, besiegelt eine der schlichtweg erbärmlichsten Komödien-Synchronisationen der letzten Jahre das Schicksal dieser Farce. Nicht nur, dass die Sprecher selbst wohl keine Lust hatten, die Wortwahl ist verkrampft komisch gewählt, die Wortwitze verfehlen ihr Ziel auf ganzer Linie und wenn immer wieder erzwungen komische Sprüche aus dem Off erklingen, wird man das Gefühl nicht los, diese wurden überhaupt erst bei der deutschen Fassung integriert und sind in der Originalspur nicht zu hören.
Die Synchronsprecher, gleichwohl nicht unbekannt, tun es den Darstellern gleich und überzeugen mehr durch ihre Anwesenheit, wie durch ihren Einsatz. Und das ist noch positiv ausgedrückt.

Was bleibt ist eine der schlichtweg peinlichsten Komödien der letzten Zeit, durch die keiner der Beteiligten neue Fans gewonnen haben dürfte. Als Liebeskomödie fehlkonzipiert wirken gerade die Slapstick-Einlagen entweder vollkommen übertrieben, oder schlichtweg fehlplatziert, wie auch die Darsteller, die sich kollektiv vor der Kamera abmühen und doch nicht überzeugen können.
Schuld hieran ist aber nicht ein einzelner Aspekt der Produktion, sondern vielmehr die Kombination aller Aspekte, die die Produktion auch als bloße Unterhaltung im Keim disqualifizieren.


Fazit:
Für all diejenigen, die Matthew Perry zehn Jahre lang in der Kult-WG der Friends begleitet haben, mit ansahen, wie er sowohl durch seine Körper-, wie auch durch seine Zungenakrobatik die Zuschauer zum Lachen brachte, ist Mann umständehalber abzugeben! oder: Scheiden ist süß eine wahrlich schmerzhafte Erfahrung – und das nicht nur aufgrund des erbarmungswürdigen deutschen Titels.
Zwischen Perry und Elizabeth Hurley existiert schlicht überhaupt keine Chemie irgendwelcher Art, die Story scheucht sie zudem von einer peinlichen Situation zur nächsten, ohne dass die Beteiligten oder die Zuschauer Spaß daran haben könnten, und als wäre all das nicht genug, nervt zudem die langatmige, unspannende Inszenierung zusammen mit der eintönigen, lullenden Musik.
Die Ausgangslage könnte man dabei zu einer Komödie durchaus ausbauen, fragt sich nur, weswegen das Studio Geld für den Film ausgab, bevor selbiges geschah – Serving Sara scheint betont und beabsichtigt unwitzig. Wie man so etwas als Komödie bewerben kann ist an sich unverständlich; andererseits gibt es davon abgesehen nur eine Kategorie, in die sich der Film einordnen lässt: "Aus tiefstem Grunde überflüssig".
Männliche Zuschauer können für Elizabeth Hurley noch einen halben Punkt hinzu rechnen.