Lisa Frankenstein [2024]
Wertung: |
Kritik von Jens Adrian |
Hinzugefügt am 10. Februar 2024
Genre: Komödie / Horror / FantasyOriginaltitel: Lisa Frankenstein
Laufzeit: 101 min.
Produktionsland: USA
Produktionsjahr: 2024
FSK-Freigabe: ab 16 Jahren
Regie: Zelda Williams
Musik: Isabella Summers
Besetzung: Kathryn Newton, Cole Sprouse, Liza Soberano, Henry Eikenberry, Joe Chrest, Carla Gugino
Kurzinhalt:
Seit ihre Mutter ermordet wurde und Lisa (Kathryn Newton) bei ihrem Vater Dale (Joe Chrest), ihrer Stiefmutter Janet (Carla Gugino) und deren Tochter Taffy (Liza Soberano) leben muss, fühlt sich nichts in ihrem Leben mehr richtig an. Auch wenn ihr gesagt wird, sie solle sich unter Leute mischen, besucht Lisa am liebsten einen verlassenen Friedhof, in dem es sie immer wieder zum Grabstein eines vor hundert Jahren verstorbenen Junggesellen zieht. Eines Tages, nach einem seltsamen Unwetter und einem furchtbaren Abend auf einer Party, sieht sich Lisa zuhause einer Kreatur (Cole Sprouse) gegenüber, die aus dem Grab gestiegen und der Meinung ist, Lisa will mit ihr zusammensein. Dabei hat sie sich doch eigentlich in den Herzensbrecher Michael (Henry Eikenberry) an ihrer Schule verliebt. Doch die Kreatur, die nicht sprechen kann, entpuppt sich nicht nur als guter Zuhörer, sondern als Lisas Gefährte, der stets Verständnis für sie aufbringt, wenn das ihrem Umfeld nicht gelingt. So entwickelt sich eine unerwartete Beziehung, die alsbald mörderische Züge annimmt …
Kritik:
Die neonbunte Präsentation und die vielen Nostalgieverweise an die späten 1980er-Jahre täuschen ein wenig darüber hinweg, dass Zelda Williams’ Fantasy-Horror-Liebeskomödie Lisa Frankenstein inhaltlich und hinsichtlich der Skurrilität deutlich mehr mit Tim Burtons Werken gemein hat. Doch das Drehbuch von Diablo Cody kombiniert all das mit einer Geschichte um das Erwachsenwerden und die erste große Liebe, die ebenso wie der auf Slapstick und Dialogwitz setzende Humor gleichermaßen erzwungen und zusammenhanglos scheint. Nur in den besten Momenten ist das amüsant uneinheitlich.
Im Zentrum der Erzählung steht Lisa Swallows, die mitanhören musste, wie ihre Mutter von einem Axtmörder getötet wurde. Während alle anderen um sie herum, auch ihr Vater, ihr Leben schnell wieder in den Griff bekamen, tat sich Lisa deutlich schwerer. Vor allem ihre Stiefmutter hat dafür kein Verständnis und auch wenn Stiefschwester Taffy sich Mühe gibt, Lisa einzubinden, an ihrer neuen Schule hat sie bislang keinen Kontakt gefunden. Dafür aber sich unglücklich in den Herausgeber der Schülerzeitung verliebt. Ihre Freizeit verbringt Lisa auf einem abgelegenen, verlassenen Friedhof, auf dem nur Unverheiratete liegen. Ein Grab, das mit der Büste eines inzwischen namenlosen und vor 100 Jahren Verstorbenen versehen ist, hat es ihr besonders angetan. Nach einem desaströsen Abend auf einer Party, auf der ein Junge Lisa an die Wäsche will, äußert sie alleine an dem Grab den Wunsch, mit dem unbekannten Toten vereint zu sein. Kurz darauf wird sie zuhause von der wieder zum Leben erweckten Leiche heimgesucht. Die kann zwar nicht sprechen und ein paar Teile fehlen ihr, doch da kommt – nach ein paar mörderischen Begegnungen – Lisas Talent als Näherin in einer Änderungsschneiderei ins Spiel.
Das klingt, auch dank der durchaus gelungenen Maskenarbeit bei der aus welchen Gründen auch immer von den Toten auferstandenen Kreatur, nach einer interessanten, wenn auch morbiden Mischung aus Liebes- und Horrorgeschichte, die einer Anthologieserie wie Geschichten aus der Gruft [1989-1996] entsprungen sein könnte. Aber abgesehen davon, dass Lisas Hintergrund ganz zu Beginn in einem dramaturgisch wenig einfallsreichen Monolog vorgestellt wird, erfährt man eingangs kaum etwas über sie. Es wird nicht gesagt, wie es ihr auch in der Schule ergeht oder was sie sich anders wünscht. Es würde auch bereits ausreichen, dass sie auf die Welt wütend wäre für das, was sie erleben musste. Stattdessen nimmt sie die Kreatur bereitwillig auf, vertraut sich niemandem an. Nicht einmal dem Publikum. Was sie antreibt, sich auch später am gewaltsamen Tod anderer Personen zu beteiligen, die ihr nichts getan haben, wenn überhaupt, ihrer Vorstellung nur nicht entsprechen, wird nie auch nur ansatzweise herausgestellt.
Ohne irgendeine Sympathiefigur vorzustellen, fällt es allerdings schwer, bei Lisa Frankenstein mitzufiebern, oder sich überhaupt für die Charaktere zu interessieren. Denn abgesehen von dem als Schattenfigurentheater präsentierten Vorspann erfährt man über die Kreatur selbst ebenfalls nichts. Erschwerend kommt hinzu, dass Vieles in der Geschichte einfach passiert, ohne dass dies einen großen Sinn ergeben müsste. Nicht nur, dass die Kreatur, die im 19. Jahrhundert verstarb, Auto fahren kann, aus bzw. von ihr fallen immer wieder Insekten herunter, selbst wenn sie seit Wochen aus der Erde auferstanden ist. Aber nur dann, wenn es der Story gelegen kommt. Weshalb sie sich immer weiter erholt, die Wangenknochen weniger stark zu sehen sind, sie mehr Farbe ins Gesicht bekommt, wird ebenfalls nicht klar. Es wäre ja eine Möglichkeit, dies damit zu begründen, dass nur Lisa ihn als schöner wahrnimmt, wenn sie Gefühle für ihn entwickelt. Doch so tiefschürfend ist das Skript leider auch nicht.
Nimmt man der Geschichte zudem das durchaus gelungen in Szene gesetzte Ambiente der 80er-Jahre, immerhin ist es für die Aussage der Geschichte nicht erforderlich, fallen auch die letzten positiven Aspekte in sich zusammen. Denn was immer Drehbuchautorin Diablo Cody mit ihren Figuren aussagen möchte, nichts hieran erscheint stimmig. Anfangs ist Lisa in sich gekehrt, aber nicht teilnahmslos, Taffy oberflächlich, aber nicht abweisend. An der Kreatur hat Lisa an sich kein Interesse, ihre Aussage am Grab ist eher der Situation geschuldet. Eine richtige Liebesbeziehung baut sie zur ihr ebenfalls nicht auf, zumal sie an seiner Herkunft kein Interesse zeigt und sich ihr konstanter Monolog dem Untoten gegenüber stets um ihre Gefühle für ihren Schwarm drehen. Liebe steht somit nicht im Zentrum der Geschichte, Selbstbestimmung ebenfalls nicht und als Lisa fürchtet, dass sie verhaftet werden könnte, entschließt sie sich, alles zu unternehmen, damit sie ihre Jungfräulichkeit verliert, denn als Jungfrau möchte sie nicht ins Gefängnis. Es ist ein Frauenbild, das den plattesten Komödien der letzten Jahrzehnte entsprungen scheint.
So trifft der Titel in gewisser Weise nicht nur auf die Kreatur zu, die Lisa immer weiter zusammenflickt. Auch die Geschichte erscheint wie aus Versatzstücken grobschlächtig zusammengenäht. Das Gesamtbild, das Lisa Frankenstein am Ende ergibt, ist dabei höchstens dann unterhaltsam, wenn man sich mit dem von wenigen Ausnahmen weit absehbaren Wortwitz zufrieden gibt, oder Slapstickeinlagen, die so einstudiert und erzwungen scheinen, dass lediglich das Lachen vom Band im Hintergrund fehlt, um es in Fernsehserien von einst zu verorten. Erfrischend oder zum Nachdenken anregend ist all das dabei leider überhaupt nicht.
Fazit:
Man muss Filmemacherin Zelda Williams, Tochter des vor inzwischen 10 Jahren verstorbenen Ausnahmedarstellers Robin Williams, bei ihrem Spielfilmregiedebüt zugutehalten, dass sie ihre Vision der Geschichte auf die Leinwand bringt, ohne dabei oder bei ihrer Darstellung der Figuren Kompromisse einzugehen. Währenddessen erzeugt sie außerdem gekonnt wie toll ausgestattet das Flair eines Jahrzehnts, das sie selbst gar nicht bewusst erlebt hat. Doch die Kompromisslosigkeit bedeutet auch, dass die Erzählung viele Punkte und Erklärungen überspringt, um Dialoge oder Momente zu präsentieren, weil sie ebenso präsentiert werden sollen. Sinn ergibt das dann nur oftmals bedauerlicherweise nicht. Weshalb die Kreatur immer „frischer“ wird und am Ende auch sprechen kann, wird nie deutlich. Gleichermaßen nicht, warum sie sich in Lisa verliebt oder was Lisa antreibt. Weshalb sie so wenig Empathie zeigt, ehe sie kurz vor Schluss aus heiterem Himmel diesbezüglich eine Eingebung zu haben scheint, ebenso wenig. Die mitunter überzogenen Darbietungen spiegeln sich nicht in der Story wider, die keine Aussage über das Erwachsenwerden wirklich treffend beschreibt. So bleibt Lisa Frankenstein stylish, ohne dass der Stil für die Geschichte wichtig wäre, skurril, ohne eine tatsächliche Bezugsperson, mit Körper- und Wortwitz, der so erzwungen wie absehbar präsentiert wird. Kurzum, es ist ein Film, bei dem nichts wirklich funktioniert und der daher nie mitreißt, selbst wenn all das kompetent und durchaus gelungen in Szene gesetzt ist. Schade.