Lightyear [2022]

Wertung: 4.5 von 6 Punkten  |   Kritik von Jens Adrian  |   Hinzugefügt am 11. September 2022
Genre: Animation / Science Fiction / Komödie

Originaltitel: Lightyear
Laufzeit: 100 min.
Produktionsland: USA
Produktionsjahr: 2022
FSK-Freigabe: ab 6 Jahren

Regie: Angus MacLane
Musik: Michael Giacchino
Stimmen: Chris Evans (Tom Wlaschiha), Keke Palmer (Giovanna Winterfeldt), Peter Sohn (Jeremias Koschorz), James Brolin (Jürgen Kluckert), Taika Waititi (Marius Clarén), Dale Soules (Katy Karrenbauer), Uzo Aduba (Annabelle Mandeng), Mary McDonald-Lewis (Janina Isabell Batoly), Isiah Whitlock Jr. (Samuel Zekarias), Efren Ramirez (Jan Makino), Bill Hader (Roman Wolko)


Kurzinhalt:

Als ein Forschungsschiff des Star Command den Kurs ändert, um auf dem Planeten T’Kani Prime nach Leben zu suchen, werden die Space Ranger Buzz Lightyear (Chris Evans / Tom Wlaschiha) und Alisha Hawthorne (Uzo Aduba / Annabelle Mandeng) aus dem Tiefschlaf geweckt. Doch der Planet entpuppt sich als lebensfeindlich und bei dem Versuch, das Forschungsschiff wieder zu starten, verursacht Buzz eine Bruchlandung, bei dem der Kristall für den Hyperantrieb zerstört wird. Auf der Suche nach neuen Kristallverbindungen, absolviert Lightyear Testflug um Testflug, wobei für ihn immer nur Minuten vergehen – auf T’Kani Prime aber Jahre. Mit Hilfe der Roboterkatze Sox (Peter Sohn / Jeremias Koschorz) gelingt ihm sogar ein erfolgreicher Flug, doch als er wieder landet, muss Buzz feststellen, dass die Forschungskolonie abgeschirmt ist, da Roboter, die von einem Raumschiff aus gesteuert werden, die Menschen angegriffen haben. Mit den eher unfreiwilligen Rekruten Izzy (Keke Palmer / Giovanna Winterfeldt) – Alishas Enkelin –, Mo (Taika Waititi / Marius Clarén) und Darby (Dale Soules / Katy Karrenbauer) versucht Buzz, dem Geheimnis der Roboter auf die Schliche zu kommen, die von Imperator Zurg (James Brolin / Jürgen Kluckert) gesteuert werden …


Kritik:
Mit Lightyear präsentieren die Animationskünstler von Pixar eine Ursprungsgeschichte der in den Toy Story-Filmen zentralen Actionfigur Buzz Lightyear. Der Film ist insoweit ein Unterhaltungsfilm innerhalb jenes filmischen Universums. Was kompliziert klingt, bietet denjenigen, die mit der Figur Lightyear vertraut sind, viele Wiedererkennungsmomente, während ein junges Publikum, das hier womöglich zum ersten Mal darauf aufmerksam wird, vor allem eines vorfinden wird: Fantastisch gemachte, tadellose Science Fiction-Unterhaltung.

Das bedeutet jedoch nicht, dass sich Fans der Toy Story-Filme nicht vermutlich eher eine Fortsetzung zu dem Ende von A Toy Story: Alles hört auf kein Kommando [2019] gewünscht hätten. Aber selbst wenn Lightyear im Jahr 2020 erst offiziell angekündigt wurde, ist der Film nicht als Sequel zu den vier Toy Story-Filmen zu verstehen. Oder als sogenanntes Prequel. Es ist vielmehr, wie eine Texttafel zu Beginn erläutert, der Film, den der Junge aus Toy Story, Andy, gesehen hat, und auf Grund dessen er die Buzz Lightyear-Actionfigur als Spielzeug haben wollte. Viele bekannte Elemente der Figur finden sich daher hier wieder und auch aus der Hintergrundgeschichte um Imperator Zurg wird dem Publikum hier einiges bekannt vorkommen. Doch nach einem Auftakt, der bereits eine Handvoll Verweise an Science Fiction-Klassiker bereithält, entwickelt sich die Geschichte im ersten Moment ganz anders, als erwartet. Sie beginnt damit, dass der furchtlose Space Ranger Buzz Lightyear, der mit seiner Mannschaft eine Gruppe Wissenschaftler in einem Raumschiff begleitet, es zu verantworten hat, dass das Raumschiff auf einem Planeten strandet. Um ihre Mission zu Ende bringen zu können, willigt er ein, Testflüge nahe Lichtgeschwindigkeit zu absolvieren, aber obwohl die nicht erfolgreich sind, vergeht auf dem Planeten während des Flugs die Zeit viel schneller, als für ihn (Zeitdilatation). So muss er mit ansehen, wie seine Kameradin und Freundin Alisha vor seinen Augen stetig älter wird. Als es ihm zusammen mit der Roboterkatze Sox endlich gelingt, Lichtgeschwindigkeit zu erreichen, muss er feststellen, dass die inzwischen errichtete Kolonie auf dem Planeten von Robotern angegriffen wird, die offenbar von Imperator Zurg gesteuert werden. Um die Mission zu beenden, muss Buzz somit zuerst diese Bedrohung ausschalten.

Dabei hilft ihm zum einen die ihm von Alisha geschenkte Katze Sox – der heimliche Star des Films – aber auch die improvisierten Kadetten Mo und Darby, angeführt von Alishas Enkelin Izzy. Die Story klingt insbesondere für Science Fiction-Fans arg vertraut und wäre es nicht um die Figur Buzz Lightyear im Zentrum, würden die wenigsten hier wohl hellhörig werden. Als Genrefilm, der sich bewusst an ein junges Publikum richtet, ohne das ältere außen vor zu lassen, beweist Lightyear jedoch viel Liebe zum Detail, bei Anlehnungen an Klassiker, Anspielungen auf Elemente anderer Pixar-Filme und auch bei den Entwicklungen der Figuren hier. Denn während Buzz in den Toy Story-Filmen oftmals derjenige ist, auf dessen Kosten der Witz gemacht wird, ist sein offenes Heldentum hier nur zu Beginn die Pointe des Humors. Wenn er erkennt, dass er durch die wieder und wieder durchgeführten Testflüge um den Fehler, den er begangen hat, wiedergutzumachen, er Alishas Leben an sich vorbeiziehen sieht, definiert ihn das als Figur. Ebenso, wenn er die Möglichkeit hat, all das rückgängig zu machen, wodurch er zwar seinen Seelenfrieden finden, aber alle anderen Betroffenen um ihr Leben und ihr Glück bringen würde.

Diese Momente prägen Lightyear ebenso, wie dass der Held lernen muss, das Glück der anderen über sein eigenes zu stellen. Das klingt hochtrabender, als es hier präsentiert wird, zumal Filmemacher MacLane die Geschichte mit viel Humor erzählt. So viel, dass man beinahe übersehen könnte, wie unvorstellbar beeindruckend der Animationsfilm gemacht ist. Licht, Perspektiven, Detailgenauigkeit bei Oberflächen – viele Eindrücke sehen aus, als wären sie unmittelbar einem heutigen Science Fiction-Film entnommen. Hinzu kommt ein Design, das das vertraute Aussehen der Actionfigur in ein greifbares Universum einbettet. Handwerklich gibt es hier nichts besser zu machen, was einige erzählerische Schwächen jedoch nicht ganz aufwiegt. Sei es, dass sich die Testflüge im ersten Drittel allzu oft wiederholen, wodurch die Geschichte auf der Stelle zu treten scheint. Oder dass viele Actionmomente trotz der gelungenen Umsetzung arg schnell vonstatten gehen. Das liegt daran, dass das Aussehen der Raumschiffe und des Planeten zwar kaum besser zu machen ist, die Figuren in ihrer überzeichnet comicartigen Präsentation sich aber schneller bewegen, als es realen Darstellerinnen und Darstellern möglich wäre. Es ist eine Ausprägung des „Uncanny Valley“, der sogenannten Akzeptanzlücke künstlicher Figuren, die im Grunde des Publikum betrifft, sich hier aber dergestalt auswirkt, dass die Filmschaffenden ihre künstlichen Figuren in einer beinahe realistisch anmutenden Umgebung zum Teil Bewegungen ausführen lassen, die nicht realistisch erscheinen.

Doch schmälert das nicht den Unterhaltungswert von Lightyear, von dem ein Publikum mit einem Faible für Science Fiction sicher stärker profitieren wird. Actionreich und humorvoll präsentiert, ist das beste, tadellos und beeindruckend gemachte Unterhaltung. Mag sein, dass es an sich keine Vorgeschichte zur Buzz Lightyear-Actionfigur gebraucht hat, doch das heißt nicht, dass man hier keinen Spaß haben kann.
Ein Lob darf man dabei auch der deutschen Synchronisation aussprechen, die nicht nur rundum gelungen ist, sondern die in den besetzten Sprecherinnen und Sprechern die Diversität der Figuren auch tatsächlich widerspiegelt. Ohne Frage ist es ein Trauerspiel, dass dies nicht immer der Fall ist – aber man kann auch einfach mal froh sein, dass es den Verantwortlichen hier offenbar wichtig war und gelungen ist.


Fazit:
Eine Kernschwierigkeit von Angus MacLanes Ursprungsgeschichte von Space Ranger Buzz Lightyear wird unter anderem daran deutlich, dass der Film gleich über drei Szenen während und nach dem Abspann verfügt. Die sind zwar amüsant (und wenig überraschend), aber ein junges Publikum wird kaum solange durchhalten. Das stellt die Frage, an wen sich das Animationsabenteuer hauptsächlich richten soll. Mit den vielen Verweisen an die Toy Story-Reihe und Science Fiction-Filme im Allgemeinen wird ein älteres Publikum sicher mehr anzufangen wissen, während sowohl dieses als auch ein junges von dem Humor getragen wird. Die Story selbst ist für Erwachsene zu wenig tiefgehend, mit der Zeitdilatation aber für Kinder schlicht zu abstrakt und stellenweise merklich düster und bedrohlich. Die Verantwortlichen scheinen sich vielmehr an ältere Zuseherinnen und Zuseher zu richten, die Buzz seinerzeit mit Toy Story kennengelernt haben. Ob die eine solche Ursprungsgeschichte sehen wollen, steht aber auf einem anderen Blatt. Selbst, wenn man dies außen vor lässt, ist Lightyear ein handwerklich beeindruckend gemachtes, temporeich und humorvoll erzähltes Science Fiction-Abenteuer. In der zweiten Hälfte spürbar mehr auf Action, denn auf eine herzerwärmende Geschichte bedacht, ist dies, wenn auch weniger berührend als die Toy Story-Geschichten, nichtsdestotrotz gelungen kurzweilige, spaßige Unterhaltung.