Kubo – Der tapfere Samurai [2016]
Wertung: |
Kritik von Jens Adrian |
Hinzugefügt am 25. Februar 2018
Genre: Animation / FantasyOriginaltitel: Kubo and the Two Strings
Laufzeit: 101 min.
Produktionsland: USA
Produktionsjahr: 2016
FSK-Freigabe: ab 6 Jahren
Regie: Travis Knight
Musik: Dario Marianelli
Stimmen: Art Parkinson (Ben Hadad), Charlize Theron (Nana Spier), Matthew McConaughey (Benjamin Völz), Ralph Fiennes (Joachim Tennstedt), Rooney Mara (Katrin Fröhlich), George Takei (Wolfgang Condrus), Brenda Vaccaro (Luise Lunow), Cary-Hiroyuki Tagawa (Stefan Bräuler), Meyrick Murphy (Chloe-Albertine Heinrich)
Kurzinhalt:
Es ist die wichtigste Regel, die seine Mutter Sariatu dem jungen Kubo (Art Parkinson / Ben Hadad) beigebracht hat: Er darf nicht nach draußen, wenn die Sonne untergegangen ist. Die Nächte verbringt er mit ihr in einer Höhle an der Küste, tagsüber verzaubert er sein Publikum im nahegelegenen Dorf mit Geschichten, die er mit durch Zauberei zum Leben erweckten Papierfiguren erzählt. Doch eines Tages ist Kubo nicht rechtzeitig vor Sonnenuntergang zurück und wie seine Mutter ihm in Geschichten erzählt hat, finden ihn seine beiden maskierten Tanten (Rooney Mara / Katrin Fröhlich) auf Geheiß seines Großvaters, dem Mondkönig (Ralph Fiennes / Joachim Tennstedt). Der ist darauf aus, Kubo sein zweites Auge zu rauben. Kubo flieht und findet sich in Gesellschaft eines Affen Monkey (Charlize Theron / Nana Spier) und eines verwunschenen Samurai in Form eines Käfers Beetle (Matthew McConaughey / Benjamin Völz). Sie wollen ihm helfen, den Mondkönig zu besiegen, der bereits Kubos Vater Hanzo getötet hat. Doch seine Tanten sind ihm dicht auf den Fersen und Kubos Reise ist lang und gefährlich …
Kritik:
Bereits die ersten Minuten von Kubo – Der tapfere Samurai verzaubern gleichermaßen durch die fantasievolle Umsetzung wie den einzigartigen Look des ungewöhnlichen Animationsfilms. So ist es umso tragischer, dass es Regisseur Travis Knight, der zuvor bereits an den sehenswerten ParaNorman [2012] und Coraline [2009] mitgearbeitet hat, nicht gelingt, eine ebenso stimmige Geschichte zu erzählen. Was er präsentiert lässt zwar erahnen, dass es hier viel mehr zu entdecken gibt, aber die vielen Lücken machen es schwer, sich darin zu verlieren.
Der titelgebende Held der Geschichte ist der 12jährige Kubo, der mit seiner kranken Mutter Sariatu in einer Höhle nahe einem Dorf versteckt lebt. Dass er eine Augenklappe trägt, ist noch das am wenigsten Sonderbare an ihm, denn Kubo besitzt wie seine Mutter Zauberkräfte. Er kann damit Papier manipulieren und erzählt mit zum Leben erweckten Papierfiguren im Dorf Geschichten von Helden und Monstern, wie seine Mutter sie ihm beigebracht hat. Hierfür spielt er eine Shamisen, ein japanisches Lauteninstrument. Doch als Kubo entgegen der Warnung seiner Mutter bei Sonnenuntergang noch nicht in der Höhle zurück ist, erscheinen ihm seine Tanten, die im Auftrag seines Großvaters, des Mondkönigs, darauf aus sind, ihm sein zweites Auge zu rauben.
Das klingt im ersten Moment nicht nach einer typischen Gutenachtgeschichte, wie man sie einem kindlichen Publikum erzählen würde. Tatsächlich ist Kubo – Der tapfere Samurai über weite Strecken überaus düster geraten, so dass sich das ungewöhnliche Märchen kaum für ein ganz junges Publikum eignet. Auf der Flucht vor seinem finsteren Großvater und seinen beiden nicht weniger Furcht einflößenden Tanten, erhält Kubo Hilfe von dem sprechenden Affen Monkey und einem mannshohen Käfer Beetle, der tatsächlich ein verwunschener, unter Amnesie leidender Samurai ist. Den Weg weist ihnen eine Origami-Figur in Form von Kubos Vater Hanzo. Ihre einzige Möglichkeit, den göttlichen Mondkönig zu besiegen ist es, das Schwert „Unzerbrechlich“ und eine zweiteilige Rüstung zu finden.
Die Mythologie, die Regisseur Knight hier entwirft, lässt erahnen, dass abseits von Kubos Geschichte so viel mehr in diesem fernen Land existiert. Wir sehen Ruinen, halb begrabene Statuen längst vergangener Zivilisationen und Anzeichen von Schlachten, deren Ausgang unausgesprochen bleibt. Nur beginnen hier bereits die ersten Probleme, denn statt zu erklären, wo „dieses ferne Land“ überhaupt ist, hüllt sich Kubo – Der tapfere Samurai über viele Dinge schlicht in Schweigen. Die Bewohner des Dorfes scheinen Kubos Zauberfähigkeiten ohne mit der Wimper zu zucken zu akzeptieren, so wie er gleichermaßen an Flüche, Götter und Monster glaubt. Es ist ein Mix, der nicht notwendigerweise nicht zusammenpasst, aber über dessen Zusammenhänge so wenig verraten wird, dass auch die Auflösung keinen großen Sinn ergibt.
Von den Klippen, an denen Kubo mit seiner Mutter strandet und sie ihre Höhle finden, über schneebedeckte Berge, wo Kubo mit Monkey einen toten Walkadaver entdeckt, bis hin zu weiten Feldern, Hanzos Tempel und dem Dorf nahe der Klippen, deckt die Reise des Helden eine fantastisch zum Leben erweckte Landschaft ab. Allerdings gelingt es den Machern nicht, ein Verständnis für die Größe dieser Welt zu erzeugen. Man hat das Gefühl, als hätten sich die Drehbuchautoren zusammengesetzt und viele tolle Ideen zusammengetragen, sich aber nicht die Mühe gemacht, sie zu ordnen oder aufeinander abzustimmen.
Das heißt nicht, dass Kubo – Der tapfere Samurai nicht funktioniert. Allein der Look des Films entschädigt für viel und auch die düstere Mythologie gefällt. Dagegen erscheint der Humor an manchen Stellen beinahe bewusst kindlich gehalten, als wolle man die Geschichte einem jüngeren Publikum zugänglich machen, während die eigentliche Botschaft am Ende sich doch eher an ältere Zuschauer richtet.
Es ist bedauerlich, dass den Machern der Einstand in dieses Universum nicht besser gelingt, denn ein weiteres Abenteuer von Kubo scheint am Ende alles andere als ausgeschlossen. Wer sich auf dieses hier einlässt, wird letztlich vielleicht etwas enttäuscht sein, weniger auf Grund dessen, was gezeigt, als angesichts dessen, was nicht vorgestellt wird. Im Abspann außerdem Einblicke in die Entstehung des Films einzubinden, wirkt gleichermaßen fehlplatziert wie unpassend. So beeindruckend und aufwändig der Film auch gemacht ist.
Fazit:
So gelungen sich sowohl die Filmmusik von Komponist Dario Marianelli als auch der fantastische und stimmungs-fantasievolle Look in die Ausgangslage des allein schon aus künstlerischer Sicht überaus sehenswerten Stop-Motion-Samuraifilms einfügen, sie trösten nur zum Teil darüber hinweg, dass Kubo – Der tapfere Samurai eingangs so viel mehr andeutet, als Filmemacher Travis Knight tatsächlich vorstellt. Die Welt von Kubo, die Magie, die sie zu durchdringen scheint und das Vermächtnis, das sich in der Landschaft und den Gebäuden widerspiegelt, werden nicht ausgekundschaftet und was schwerer wiegt, der Filmemacher beschreibt die Mythologie so wenig, dass es bei dem zu sehr auf Action ausgelegten Finale den Anschein hat, er würde sich die Grundregeln seines Universums überlegen, während er die Geschichte erzählt. So hinterlässt trotz der schönen und mitunter berührenden Momente die Auflösung einen etwas faden Beigeschmack und ergibt keinen rechten Sinn. Das ist schon deshalb schade, weil es den Zugang zu dieser Welt unnötig holprig gestaltet. Für ein junges Publikum wird sie ohnehin zu düster sein, während Erwachsene die Geschichte als länger empfinden werden, als sie sein müsste. So ambitioniert sie auch ist.