King Kong [1976]
Wertung: |
Kritik von Jens Adrian |
Hinzugefügt am 27. November 2005
Genre: Fantasy / Horror / ActionOriginaltitel: King Kong
Laufzeit: 136 min.
Produktionsland: USA
Produktionsjahr: 1976
FSK-Freigabe: ab 12 Jahren
Regie: John Guillermin
Musik: John Barry
Darsteller: Jeff Bridges, Charles Grodin, Jessica Lange, John Randolph, Rene Auberjonois, Julius Harris, Jack O'Halloran, Dennis Fimple, Ed Lauter, Jorge Moreno
Kurzinhalt:
Die Forschungsexpedition des Ölkonzerns Petrox ist auf dem Weg zu einer sagenumwobenen Insel, als der Expeditionsleiter Fred Wilson (Charles Grodin) zuerst den Paläontologen Jack Prescott (Jeff Bridges) als blinden Passagier an Bord vorfindet, sondern wenig später auch die schiffbrüchige Dwan (Jassica Lang) in einem treibenden Rettungsboot aufliest.
Während Jack, kurzerhand zum Fotografen der Expedition ernannt, von einer Kreatur berichtet, die auf der Insel beheimatet sein soll, kann es Dwan kaum erwarten, nach der langen Reise endlich mit an Land zu kommen. Doch selbst als ein kleines Expeditionsteam an Land Zeichen einer Kultur entdeckt, die eine meterhohe Mauer errichtete, schenkt niemand Jack Glauben.
Erst, als wenig später Dwan von den Eingeborenen einem riesigen Gorilla als Opfergabe übergeben wird, erkennt Wilson das Ausmaß der Katastrophe – und das Potential. Denn mit Kong, wie der Affe von den Eingeborenen genannt wird, ließe sich in Amerika als Attraktion ein Vermögen verdienen ...
Kritik:
Als Merian C. Cooper und Ernest B. Schoedsack im Jahr 1933 ihren Fantasy-Horror-Film King Kong und die weiße Frau in die Kinos brachten, konnte kaum jemand ahnen, wie sehr jener Film ganze Generationen von Filmemachern und Zuschauern beeinflussen würde. Innerhalb des ersten Wochenendes war eine Legende geboren. Innerhalb der kommenden 20 Jahre wurde der Film mehrmals wieder in die Kinos gebracht, wobei immer mehr Szenen entfernt wurden – an ein richtiges Remake des Klassikers wagte sich jedoch noch niemand. Erst mehr als vierzig Jahre später wollte man bei Universal selbst eine sehr originalgetreue Neuumsetzung des Stoffes angehen, die den Titel The Legend of King Kong tragen sollte und ebenfalls während der 1930er spielte – als jedoch bekannt wurde, dass bei Paramount eine in der Jetztzeit angesiedelte Interpretation des Themas geplant war, ließ Universal die Pläne fallen – im Jahr 2004, so viel ist inzwischen bekannt, wurde das Projekt dann doch auf den Weg geschickt.
Unter der Federführungvon Produzent Dino De Laurentiis entstand somit bei Paramount Pictures für eine hohe Summe von geschätzten, über 20 Millionen Dollar, ein Remake des Klassikers King Kong. Ein Großteil des Budgets verschlang dabei das lebensgroße Modell des Riesenaffen, das vom italienischen Spezialeffekte-Künstler Carlo Rambaldi (E.T. - Der Außerirdische [1982]) stammte. Eben damit wurde der Film auch beworben, doch während Rambaldi immer mehr Zeit in die Produktion des Roboters steckte, entwarf Rick Baker ein Kostüm, in dem ein Schauspieler die Szenen vor der Kamera spielen konnte – von Rambaldis Gesamtwerk ist im letztlichen Film weniger als eine Minute zu sehen.
Doch genau hier liegen schon die größten Unterschiede zum nach wie vor zurecht als Kult deklarierten Original aus dem Jahr 1933. Denn während die Macher damals auf eine durchgehende Technik für die Realisierung des riesigen Gorillas zurückgriffen, und ihn mittels Stop-Motion zum Leben erweckten, wirkt der krude Mix bei King Kong nicht nur unpassend, sondern die angestrebte Verschmelzung von Miniaturaufnahmen, dem Mann im Affenkostüm und den Roboter-Elementen, misslingt derart, dass die Szenen stellenweise unfreiwillig komisch wirken und an die japanischen Trash-Filme der Godzilla-Serien erinnern.
Dass die verschiedenen Modelle/Kostüme des Affen zum unterschiedliche Farben haben, macht den misslungenen Effekt nicht wirklich besser; der Produktionswert des Films ist dabei unbestritten durchweg hoch, was den Machern insbesondere bei den realen Inselaufnahmen zugute kommt, die verschiedenen Sets an Land wirken dagegen jedoch sichtbar künstlich und zum Gesamtlook der vorangehenden Szenen unpassend ausgeleuchtet, beziehungsweise gefärbt. So schlingern die Spezialeffekte zwischen durchschnittlich und albern, wohingegen manche Einstellungen zu überzeugen vermögen und insbesondere die realen Hintergründe oder Matte-Paintings einen guten Eindruck hinterlassen. Bedenkt man allerdings, dass nur ein Jahr später Star Wars: Episode IV - Eine neue Hoffnung [1977] die Landschaft der Spezialeffekte für immer veränderte, kann man den verkorksten Szenen von De Laurentiis halb-italienischer Produktion nicht einmal mehr einen Nostalgiebonus gutschreiben.
Handwerklich kann man dem britischen Regisseur John Guillermin (Der Bankraub des Jahrhunderts [1960], Flammendes Inferno [1974]) ansonsten keinen Vorwurf machen, Kamera und Schnitt beweisen gerade in den Realaufnahmen einen wirklich guten – und bei den Real-Sequenzen auf der Insel auch spannenden – Szenenaufbau, wobei die Dramaturgie, drehbuchbedingt, ein anderes Thema ist.
Dem Skript von Lorenzo Semple Jr. (Die Drei Tage des Condor [1975], Batman hält die Welt in Atem [1966]) unterlaufen dabei die meisten Fehler, die einem als Zuschauer lange vor dem ersten Auftauchen von Kong in Erinnerung bleiben – überraschend ist dabei nur, dass das Drehbuch auch einige wirklich gute Ideen beherbergt.
Es überrascht, dass Semple bei einem solchen Remake nicht dieselbe Ausgangslage wählt, sondern statt einer Filmcrew ein Forschungsschiff auf der Suche nach Öl nach Skull Island, der Heimat von Kong, sendet. Mit diesem Storyelement gelingen ihm auch einige gute Momente, die gerade Kenner des Originals überraschen. Doch während diese Momente kaum zu greifen scheinen, wird man als Zuseher mit einer Kaskade lächerlicher, stellenweise grotesker Dialoge bombardiert, die die ohnehin flachen Figuren wie Karikaturen ihrer selbst erscheinen lassen. Am schlimmsten scheint dies bei Dwan, deren Auftritt nicht nur (wie viele Szenen im Film) viel zu lang erscheint, sondern die mit ihrem naiven, lächerlichen Monolog auch den letzten Zuschauer auf die Fernbedienung schauen lässt. Wer nun aber hofft, dass der Film seine schwächsten Momente in der ersten Hälfte hat, irrt leider – je mehr King Kong auf das Finale zugeht, und dies ist immerhin mit dem Verlassen der Insel der Fall, umso schneller begibt sich das Drehbuch in einen Sturzflug, der einzig allein von der übertrieben brutalen Darstellung des Finales noch übertroffen wird. Was man jedoch hier von den Machern vorgesetzt bekommt, spottet stellenweise jeder Beschreibung und animiert öfter zum Schmunzeln oder Lachen, als manche Komödie.
Die inhaltlich hanebüchenen Szenenaneinanderreihungen, kombiniert mit großteils unterdurchschnittlichen Spezialeffekten beim Schlusskampf Kongs, werden aus heutiger Sicht allenfalls dadurch aufgehoben, dass sich die letzten 15 Minuten nicht ohne ein weinendes Auge ansehen lassen. Im Gegensatz zum Original, spielt der Schluss des 1976-Remake nicht auf dem Empire State Building (worüber die Betreiber damals nicht sehr erfreut waren), sondern auf dem World Trade Center, jenem Wahrzeichen, das seit über vier Jahren nicht mehr in der Skyline New Yorks zu sehen ist.
Auch die Akteure scheinen ihre Mühe mit dem dürftigen Skript gehabt zu haben, auch wenn sich der damals erst 27jährige Jeff Bridges merklich bemüht, seiner Figur eine durchgehende Motivation zu verpassen. Er macht seine Sache auch merklich besser, als viele der übrigen Beteiligten.
Allen voran Charles Grodin, der später mit Midnight Run - 5 Tage bis Mitternacht [1988] und Ein Hund namens Beethoven [1992] zwei seiner größten Hits hatte, ehe er sich Mitte der 1990er Jahre von der Kamera verabschiedete. Sein übertriebenes Spiel erscheint in King Kong so fehlplatziert, dass sogar der witzige Aspekt der Darbietung verloren geht, als durchtriebener Geschäftsmann überzeugt seine Figur ebenso wenig, wie als Opfer seiner eigenen Machtbesessenheit.
Für die zweifache Oscargewinnerin Jessica Lange (Kap der Angst [1991]), die ebenso wie Fay Wray des Originalfilms, als Scream-Queen bekannt wurde, war es die erste Filmarbeit – und würde ihr das Drehbuch auch Gelegenheit geben, ihr später zu Tage gefördertes Talent zu demonstrieren, hätte sie es wohl auch gemeistert. Doch so wirkt ihr Spiel viel zu leicht, zu oberflächlich; nicht zuletzt wird nie ganz klar, wann ihre Sympathien mit Kong umschlagen, wann sie seien beschützerischen Absichten erkennt, und ihn zu beschützen sucht.
Von den Nebendarstellern fällt allenfalls Rene Auberjonois auf, der aber nicht nur zu kurz kommt, sondern auch keine richtige Verabschiedung bekommt. Weder Ed Lauter, noch John Randolph (der ebenfalls letzter Jahr verstarb), vermögen einen dauerhaften Eindruck zu hinterlassen, beide machen ihre Sache jedoch so weit gut.
Es sind zwar keine großen Namen, die sich vor der Kamera einfinden, zumindest waren es die meisten zu jener Zeit nicht, dass sie jedoch bedeutend mehr leisten können, bewiesen sie entweder zuvor, oder aber in späteren Produktionen. Dass sie hier aber nicht gefordert sind, scheint ihre größte Hürde zu sein.
Seit Ende der 1950er zeichnet John Barry bereits für die Musik bei Film- und Fernsehproduktionen verantwortlich, wurde aber durch seine Anstellung als "Komponist im Geheimdienst Ihrer Majestät" weltbekannt – seine Themen zur James Bond 007-Reihe sind nicht nur oft kopiert, sondern auch nach über 30 Jahren zeitlos und mitreißend.
Es verwundert daher nicht, dass sich auch die Begleitmusik von King Kong stark an Barrys übrige Werke anlehnt. Die Vertonung ist dabei aber weder so einprägsam ausgefallen, wie bei Das Schwarze Loch [1979], noch so getragen wie beim späteren Western-Klassiker Der mit dem Wolf tanzt [1990]. Stattdessen erkennt man durchweg Barrys Handschrift, ohne aber mit den verspielten Themen, oder den einprägsamen Melodien verwöhnt zu werden. Sein Score zu King Kong ist wirklich nicht schlecht geraten, verliert aber im Vergleich mit seinen übrigen Werken durch mangelnde Individualität und das fehlende Dschungel-Gefühl, das sich musikalisch auch auf der Insel nicht so recht einzustellen vermag.
Es ist womöglich leichter, zu beschreiben, was an King Kong fehlt, als festzuhalten, was den Film tatsächlich auszeichnet. So ist man gerade als Kenner des Originals auf der Suche nach neuen, frischen Ideen, die zwar vereinzelt zu finden sind, aber in der gesamten Story viel zu selten auftauchen und die bisweilen abstrusen Storywendungen nicht aufwiegen. Wer auf einen lebensechten Kong hofft, wird ebenfalls enttäuscht sein, da dem "Mann im Affenkostüm" nicht nur das nötige, affenartige Gehabe fehlt, sondern die Spezialeffekte nur in wenigen Szenen überzeugen, meistens aber so offensichtlich sind, dass man selbst unter Berücksichtigung des Alters des Films selten wohlwollend über die Mängel hinweg sehen kann.
Wer abgesehen davon einen packenden Abenteuerfilm erwartet, sollte ebenfalls lieber zum Original greifen – abgesehen von einem viel zu langsamen Aufbau kommt nur selten das Gefühl eines richtigen Abenteuerfilms auf. Was man der Produktion aber zugute halten kann, ist ein ansich recht hoher Produktionswert, ein paar gut gelaunte Darsteller und die Tatsache, dass er ansich gut gefilmt ist – die routinierte aber überraschungsfreie Musik von John Barry trägt sicher ebenfalls ihren Teil zur Atmosphäre des Films bei. Wer dies jedoch nicht "strafmindernd" in Betracht zieht, wird mit King Kong wenig Freude haben.
Fazit:
Produzent Dino De Laurentiis wollte mit King Kong einen der größten Abenteuerfilme seiner Zeit machen – umso unverhoffter kam der Fall, denn auch wenn die Produktion den Einnahmen nach kein Flop gewesen sein mag, künstlerisch fuhren die Beteiligten viel Kritik ein. Sieht man sich den Film genauer an, kann man auch verstehen, warum, denn statt wie das 43 Jahre ältere Original mit neuen Ideen aufzuwarten, greift das Drehbuch auf viele bekannte Versatzstücke zurück und lässt dabei nichtsdestotrotz die Figuren im Regen stehen.
Regisseur John Guillermin gibt sich zwar merklich Mühe, das Geschehen handwerklich sauber umzusetzen, was ihm auch gelingt, doch bis auf Jeff Bridges vermag keiner der Hauptakteure zu überzeugen, und spätestens wenn der "Mann im Kostüm" durch billige Kulissen stapft, hat auch der letzte Zuschauer den Bezug zur Geschichte verloren. Die animatronischen Effekte und auch die Blue-Screen-Aufnahmen sind durchweg gut gelungen, und rechtfertigen auch den Oscar, den der Film erhielt, aber alle Technik ist ohne Inhalt kein Argument, den Film zu sehen.
Wer mit King Kong nicht ohnehin nostalgische Gefühle verbindet, und sich mit glasigen Augen an diese Interpretation des Themas erinnert, darf von der Wertung ohne weiteres noch einen Punkt abziehen.