Kill the Messenger [2014]
Wertung: |
Kritik von Jens Adrian |
Hinzugefügt am 6. Juni 2016
Genre: Drama / Krimi / BiografieOriginaltitel: Kill the Messenger
Laufzeit: 112 min.
Produktionsland: USA
Produktionsjahr: 2014
FSK-Freigabe: ab 12 Jahren
Regie: Michael Cuesta
Musik: Nathan Johnson
Darsteller: Jeremy Renner, Rosemarie DeWitt, Mary Elizabeth Winstead, Barry Pepper, Tim Blake Nelson, Michael Kenneth Williams, Oliver Platt, Andy Garcia, Brett Rice, Michael Sheen, Gil Bellows, Lucas Hedges, Matt Lintz, Parker Douglas, Robert Patrick, Yul Vazquez, Paz Vega
Kurzinhalt:
Als die Freundin eines vor Gericht stehenden Drogendealers mit brisanten Informationen an den Journalisten Gary Webb (Jeremy Renner) herantritt, sieht dieser eine ganz große Story – sowohl für sich, wie auch für die kleine Zeitung, bei der er seit seinem Weggang aus Ohio arbeitet. Die Fakten klingen zu absurd, um wahr zu sein: Die CIA soll Kenntnis darüber gehabt haben, dass seit den 1980er-Jahren tonnenweise Kokain aus Südamerika in die USA gebracht und verkauft wurde. Noch während Gary recherchiert, treten zuerst Staatsanwalt Dodson (Barry Pepper) und später Repräsentanten der CIA an ihn heran, um ihn von der Story abzubringen. Mit Rückendeckung seiner Redakteurin Anna (Mary Elizabeth Winstead) gräbt Gary weiter, doch die Anfeindungen, die nicht nur seine Ehe mit Sue (Rosemarie DeWitt) belasten, nehmen weiter zu ...
Kritik:
Auch wenn sich Michael Cuestas auf Tatsachen basierendes Drama über weite Teile so gibt, Kill the Messenger ist nicht der übliche "Journalist riskiert Ruf und Familie für die große wahre Story"-Film. Die Nacherzählung des David gegen Goliath-Kampfes des Reporters Gary Webb, der für die Zeitung San Jose Mercury News recherchierte, dass im Wissen der CIA große Mengen Kokain in die USA geschleust und verkauft wurden, muss am Ende auf das verzichten, was man sich am meisten erhoffen würde.
Mitte der 1990er Jahre wird dem Journalist Gary Webb ein Protokoll in die Hände gespielt, laut dem der Drogenhändler Danilo Blandon massenweise belastendes Material gegen seine Geschäftspartner liefert. Seltsamerweise gehen die Behörden dabei nur gegen die letzten Glieder der Verteilungskette vor, Blandon wird nicht belangt. Webb deckt auf, dass um das sozialistische Regime in Nicaragua zu bekämpfen, die Contra-Rebellen große Mengen Kokain nach Nordamerika geschmuggelt haben, um ihre Ausrüstung zu finanzieren – mit Wissen der CIA.
Die Situation in Kill the Messenger klingt so absurd, dass man in der ersten Filmhälfte mehrmals ebenso verdutzt den Ausführungen der Beteiligten folgt, wie der Journalist Webb selbst. Es sind Feststellungen, die angesichts der Vervielfachung des Drogenproblems insbesondere in den Armenvierteln der US-amerikanischen Städte, viel weitreichendere Folgen haben, als man zunächst annehmen würde.
Allerdings nehmen Webbs Recherchen weniger als die Hälfte des Films ein. Was folgt ist eine Schilderung, die nicht weniger schockiert: Nachdem die erste Welle der Entrüstung über die Veröffentlichung von Webbs Artikel bei einer kleinen Zeitung abgeebbt ist, wird er von verschiedensten Seiten torpediert. Der von Jeremy Renner packend verkörperte Gary Webb muss mit ansehen, wie sein Leben in der Öffentlichkeit Stück für Stück auseinandergenommen wird. Darunter leiden seine Frau und die drei Kinder ebenso wie sein Ruf als integrer Reporter.
Doch so tragisch es ist, das mitanzusehen, in diesen Momenten besitzt Kill the Messenger merklich weniger Zugkraft als andere Dramen dieser Art. Das liegt nicht an den durchweg sehenswerten Darstellerleistungen und auch die handwerkliche Umsetzung gelingt Regisseur Michael Cuesta tadellos. Es ist vielmehr, dass man über die Person Gary Webb zu wenig erfährt um zu verstehen, was er im öffentlichen Kreuzfeuer verliert. Die Szenen mit seiner Frau Sue oder den Kindern besitzen kaum Profil, ebenso wenig die Momente, in denen er im Büro über den Bergen von Informationen grübelt, um einen Sinn darin zu erkennen. Was hat ihn angetrieben, diese Geschichte entgegen der Einschüchterungen zu veröffentlichen? Was hat seine Frau bewogen, mit ihm neu anzufangen? Der Film findet keine Antworten auf diese persönlichen Fragen. Nur ohne sie fällt es schwerer, mit Gary Webb mitzufiebern.
Tragisch daran ist, dass die meisten der auf der Heimvideoveröffentlichung als Extra enthaltenen gelöschten Szenen, genau hier angesetzt und dem Film mehr Tiefe verliehen hätten. Es ist bedauerlich, dass sich die Filmemacher dagegen entschieden haben, sie zu behalten.
Fazit:
Jeremy Renners preiswürdige Darbietung lässt einen als Zuseher für Gary Webb einstehen, selbst wenn man über ihn zu wenig erfährt. Die meisten anderen Figuren sind kaum ausgearbeitet und wäre es nicht um die berührend treffende Schlussszene und den Moment, in dem Gary bemerkt, dass er der Wahrheit so nahe gekommen ist, dass er über seine Schulter schauen muss, dann würde Kill the Messenger nicht so sehr in Erinnerung bleiben. Dass der Film auf Tatsachen basiert, macht das Drama nur umso sehenswerter und erschreckender. Nicht nur, dass der wahre Gary Webb wie im Film gezeigt, öffentlich von mehreren Seiten diskreditiert wurde, selbst beim Dreh berichteten Crewmitglieder, dass Druck auf sie ausgeübt wurde. Die englischsprachige Wikipedia-Seite des starbesetzten Films besitzt nur rudimentäre Informationen – man kann mich paranoid nennen, aber normal ist das nicht. Manche Geschichten sind eben zu wahr, um sie zu erzählen. Aber das darf ein interessiertes Publikum nicht abhalten.