John Wick: Kapitel 3 [2019]

Wertung: 3 von 6 Punkten  |   Kritik von Jens Adrian  |   Hinzugefügt am 3. Mai 2020
Genre: Action / Thriller

Originaltitel: John Wick: Chapter 3 - Parabellum
Laufzeit: 131 min.
Produktionsland: USA
Produktionsjahr: 2019
FSK-Freigabe: ab 18 Jahren

Regie: Chad Stahelski
Musik: Tyler Bates, Joel J. Richard
Besetzung: Keanu Reeves, Halle Berry, Ian McShane, Laurence Fishburne, Mark Dacascos, Asia Kate Dillon, Lance Reddick, Tobias Segal, Anjelica Huston, Saïd Taghmaoui, Jerome Flynn, Randall Duk Kim


Kurzinhalt:

Nur eine Stunde bleibt dem ehemaligen Attentäter John Wick (Keanu Reeves), ehe die gesamte Unterwelt Jagd auf ihn machen wird. Nachdem er bewusst eine Regel der „Hohen Kammer“ gebrochen hat, ist ein Kopfgeld auf ihn ausgestellt und ihn zu unterstützen ist verboten. Mit Hilfe der Direktorin (Anjelica Huston) kann Wick dennoch fliehen und hofft, mit Sofia (Halle Berry), die ihm noch einen Gefallen schuldig ist, eine Möglichkeit zu finden, wieder in der Unterweltorganisation aufgenommen zu werden. Unterdessen entsendet die Hohe Kammer die Richterin (Asia Kate Dillon) nach New York, die sowohl Winston (Ian McShane) als auch dem Bowery King (Laurence Fishburne) die Urteile überbringt, die dafür gefällt wurden, dass sie Wick zuvor geholfen haben. Dessen Weg führt ihn wieder zurück nach New York, wo ihn bereits Zero (Mark Dacascos) zusammen mit seinen Handlangern erwartet – zusammen mit einer Armee der Hohen Kammer …


Kritik:
Der dritte Teil der Actionfilm-Reihe John Wick mit Keanu Reeves ist der längste Ableger bislang – und das ist nicht zu seinem Vorteil. Darin muss sich der Titel gebende Auftragskiller Wick erneut einer Unmenge an Gegnern stellen, die ihm nach dem Leben trachten. Filmemacher Chad Stahelski versteht es dabei durchaus, seine Figur in brenzlige Situationen zu versetzen und eingangs ist das auch oftmals packend. Aber die Momente wiederholen sich in John Wick: Kapitel 3 derart oft, dass es zunehmend langweilig wird.

Die Geschichte setzt unmittelbar am Ende des zweiten Teils an: Wick ist als Ausgestoßener auf der Flucht, nachdem er sich den Regeln der Hohen Kammer, einer allmächtigen Verbrechervereinigung, widersetzt hat. Es ist ein hohes Kopfgeld auf ihn ausgesetzt und er hat nicht viel Zeit, bis sich alle Killer in New York an seine Fersen heften werden. Das sind, wie er erkennen muss, so gut wie alle Einwohner der Stadt. Egal, wohin Wick geht, überall beobachtet ihn jemand, der nur darauf wartet, dass der zeitliche Vorsprung, der Wick eingeräumt wurde, abläuft, um die Jagd zu eröffnen. Als es schließlich soweit ist, strömen Gegner aus allen Richtungen auf ihn ein, so dass John Wick: Kapitel 3 seine hohe Altersfreigabe im Nu zurecht erhält. Dabei hat Wick durchaus einen Plan, für den er diejenige Person finden muss, die als einzige über der Kammer steht. Deren Richterin sucht indes das New York Continental auf, ein Ort, an dem kein Blut vergossen werden darf. Da dessen Leiter Winston Wick unterstützte, soll dieser „abgelöst“ werden.

So verzahnen die Macher die Story spürbar mit den vorigen Filmen und binden auch andere bekannte Figuren ein. Gleichzeitig werden zahlreiche neue vorgestellt, darunter die von Halle Berry gespielte Sofia, die Wick noch einen Gefallen schuldet. Zu behaupten, Kapitel 3 hätte tatsächlich eine tragfähige Geschichte, innerhalb derer sich Figuren entwickeln, wäre jedoch übertrieben. Sie ist lediglich ein Aufhänger dafür, die Charaktere an bestimmte Orte zu bringen, an denen sie sich erneut bekämpfen. So wundert es auch nicht, dass man am Ende von Teil drei erneut dort angekommen ist, wo die Geschichte bereits beim vorigen Film angekommen war. Beinahe, als hätte sich alles einmal im Kreis gedreht.
Dabei gleicht der Weg dorthin weniger einer Karussell- als einer Achterbahnfahrt. Sieht man, wie mühsam Wicks erster Kampf gegen einen buchstäblich übergroßen Gegner und sein zweiter gegen eine Gruppe ist, die ihn mit allerlei Messer und Stichwaffen angreift, dann stellt sich das Gefühl ein, als wäre er der Übermacht, die sich ihm in den Weg stellt, prinzipiell unterlegen. Beide Sequenzen sind mit packenden Stunts versehen und derart energiegeladen inszeniert, dass man beinahe ebenfalls ins Schwitzen kommt. Auch seine Flucht zu Pferd ist sehenswert und einfallsreich. Doch was darauf folgt, begibt sich nicht nur in bekannte Fahrwasser, sondern lässt eben diese Unterlegenheit des Anfangs vollkommen vermissen.

Die Actionsequenz mit Halle Berry ist prinzipiell durchaus einfallsreich, auch weil sie zusätzlich zu normalen Waffen auf zwei Hunde als Unterstützung zurückgreift. Aber auch hier wiederholen sich dieselben Einstellungen immer und immer wieder. Mehr als 160 Personen werden in John Wick: Kapitel 3 dahingemetzelt, beinahe zwei Drittel durch den vermeintlichen Helden. Sieht man ihn zum zwanzigsten Mal, wie er seinen maskierten Gegnern (denn nichts wäre schlimmer, man könnte glauben, er würde tatsächlich menschliche Wesen umbringen) zwei bis vier Kugeln in den Kopf jagt, nur um ganz sicher zu gehen, dann ist das Publikum hier bereits längst abgestumpft.
In Videospielen jüngst erneut sehr populär geworden, ist der sogenannte „Horde-Modus“, in dem sich die Spieler Wellen von Gegnern stellen müssen, und bei dem weniger die Frage ist, ob man überlebt, sondern lediglich, wie lange. John Wick ist das filmische Äquivalent hierzu, wenn Gegnermassen über Gegnermassen, alle gleich aussehend, auf den Titel gebenden Protagonisten einströmen, nur um nach dem immer selben Muster von ihm dahingerafft zu werden.

Viel mehr gibt es im dritten Teil nicht zu entdecken. Der Hauptfigur werden bis auf eine keine neuen Facetten hinzugefügt, sondern vielmehr auf seine bestehenden verwiesen. Der Kult um die Hohe Kammer klingt dabei durchaus interessant, selbst wenn nach wie vor kein Blick auf die Hintergründe oder die Organisation an sich geworfen wird. Dies ist wohl etwas, das zukünftigen Filmen vorbehalten sein soll. Die gezeigten Gebäude, „Angestellten“ oder auch die antiquiert wirkende Technik besitzt durchaus etwas Stylisches, einen tatsächlichen Zweck, einen inhaltlichen Wert, hingegen aber nicht. So ist es durchaus passend, dass das Finale in einem gläsernen Komplex stattfindet, der immens chic aussieht, dessen Eigenheiten sich die Kämpfenden aber nicht zunutze machen. John Wick: Kapitel 3 ist eben viel Stil, aber kaum Substanz.


Fazit:
Die ersten 25 Minuten, in denen Wick reagieren muss, anstatt die Richtung vorzugeben, sind nicht nur packend umgesetzt, sie beinhalten einige der mitreißendsten und brutalsten Actionszenen der letzten Zeit. Setzt danach die eigentliche Geschichte an, tragen die bewusst stilisierten Figuren verschwurbelte Dialoge vor, die stets ein großes Mysterium um die Hohe Kammer im Hintergrund andeuten, ohne wirklich Sinn zu ergeben. In der zweiten Filmhälfte werden die Trickeffekte spürbar offensichtlicher und die dutzendweise dahingemetzelten Gegner lassen das Publikum ebenso kalt wie die ständig vor sich hinposaunende Musik, die klassische Themen mit unermüdlichen Beats untermauert. Beinahe, als wollten die Macher große Kunst imitieren, in der Hoffnung, sie könnte auf sie abfärben. Das ist inhaltlich dürftig und wiederholt sich in den einzelnen Einstellungen über weite Strecken derart oft, dass man auch angesichts des immens hohen Gewaltgrads irgendwann abstumpft. John Wick: Kapitel 3 baut die Figuren nicht aus, wohl, weil es hier nichts weiter zu entdecken gibt. Für Action-Puristen mag das unterhaltsam sein und Keanu Reeves ist die Rolle auf den Leib geschrieben. Dabei könnte er so viel mehr darstellen, als nur mit stets demselben Gesichtsausdruck durchs Bild zu humpeln. Es darf bezweifelt werden, dass die Macher ihm im fest eingeplanten vierten Teil mehr zu tun geben werden.