John Carter - Zwischen zwei Welten [2012]

Wertung: 3 von 6 Punkten  |   Kritik von Jens Adrian  |   Hinzugefügt am 11. August 2012
Genre: Science Fiction / Action

Originaltitel: John Carter
Laufzeit: 132 min.
Produktionsland: USA
Produktionsjahr: 2012
FSK-Freigabe: ab 12 Jahren

Regie: Andrew Stanton
Musik: Michael Giacchino
Darsteller: Taylor Kitsch, Lynn Collins, Samantha Morton, Willem Dafoe, Thomas Haden Church, Mark Strong, Ciarán Hinds, Dominic West, James Purefoy, Bryan Cranston, Polly Walker, Daryl Sabara


Kurzinhalt:
Im Jahr 1868 soll der ehemalige Captain der Konföderierten Armee, John Carter (Taylor Kitsch), von Colonel Powell (Bryan Cranston) rekrutiert werden, um im Kampf gegen die Apachen in Arizona zu helfen. Doch Carter hat genug vom Krieg gesehen und flieht. In einer Höhle überwältigt er einen seltsam gekleideten Mann und wird augenblicklich auf einen fremden Planeten transportiert. Dort entdeckt er, dass er schneller laufen und höher springen kann, als auf der Erde. Auch begegnet er riesigen, grünen Wesen mit vier Armen, deren Anführer Tars Tarkas (Willem Dafoe) ihn gefangen nimmt. Er kommt in die Obhut von Sola (Samantha Morton) und greift ein, als er zwei Fraktionen Menschen sieht, die sich in riesigen Luftschiffen bekriegen.
Carter rettet dabei Dejah Thoris (Lynn Collins), die Prinzessin der Mars-Stadt Helium. Diese befindet sich seit 1000 Jahren im Krieg mit Zodanga, deren Anführer Sab Than (Dominic West) die Ressourcen des Planeten ausbeutet. Er würde mit Heliums König Tardos Mors (Ciarán Hinds) einen Waffenstillstand vereinbaren, wenn Dejah Thoris seine Frau wird. Doch hinter alledem steckt Matai Shang (Mark Strong), ein Mitglied der im Verborgenen agierenden Thern, die das Schicksal von Planeten lenken. John Carter ist durch ihre Technologie auf den Mars gekommen und um zurückzukehren, muss er diese Technik verstehen lernen. Dejah Thoris könnte hier eine große Hilfe sein, doch sie braucht Carters Hilfe für ihr eigenes Schicksal und das ihres Volkes in Helium ...


Kritik:
Möchte man ein interessiertes Publikum mit einem kurz gefassten Satz darauf vorbereiten, was es in John Carter erwartet, fällt dies viel schwerer, als es den Anschein hat. Vielleicht trifft es die Bemerkung am besten, dass einen John Carter auf jeden Fall in Staunen versetzt. Und sei es nur, weil man sich kaum vorstellen kann, dass ein Filmstudio wie Disney für so viel Geld eine solche Geschichte auf die Leinwand bringt. An der technischen Umsetzung mangelt es der ersten Real-Regiearbeit von Andrew Stanton (WALL·E - Der letzte räumt die Erde auf [2008]) dabei nicht. Doch es hat wohl seine Gründe, weswegen die Verfilmung der Romanreihe von Edgar Rice Burroughs seit 79 Jahren in Hollywood immer wieder erfolglos versucht worden war.

Burroughs ist am meisten für seine Tarzan-Figur bekannt, dabei entstand die erste Geschichte der auch Barsoom-genannten Romanreihe sogar vorher. Stanton entführt das Publikum zu Beginn in das Jahr 1881, als der junge Edgar Rice Burroughs zur Testamentsverlesung seines Onkels John Carter gerufen wird. In seinem Nachlass findet sich ein Tagebuch, in welchem Carter ein Abenteuer beschreibt, das 13 Jahre zuvor begann. Auf der Flucht vor Apachen findet er in Arizona eine Höhle, in welcher er seinen Traum vom Gold erfüllt sieht. Doch wird er mit einem Wimpernschlag auf einen anderen Planeten gebracht – den Mars, von den dort lebenden Barsoom genannt. Dass die übrigen Planeten unseres Sonnensystems Autoren verschiedenster Jahrhunderte beschäftigt haben, steht außer Frage und ihre Werke sollten meist auch als ein Produkt ihrer Zeit gesehen werden, anstatt sie modernen wissenschaftlichen Erkenntnissen zu unterwerfen. Doch ob man heute einen Film auf dem Mars spielen lassen sollte, auf dem nicht nur eine atembare Atmosphäre herrscht, sondern auf dem Carter, der an die größere Schwerkraft der Erde gewöhnt ist, Superkräfte entwickelt und beinahe kilometerweit springen kann, sei dahingestellt. Vor allem jedoch versuchen die Filmemacher, John Carter mit technischen Ausdrücken oder Solarzellen einen zeitgemäßen Aspekt zu verleihen, der angesichts von zwei sich im Krieg befindenden menschlichen Fraktionen und den großgewachsenen Marsbewohnern, den Tharks, schlichtweg unpassend wirkt. Dass sowohl mit Schwertern, wie auch mit Plasmageschossen gekämpft wird und über allem Vertreter der Thern wachen, die mit übermächtiger Technologie getarnt die Geschicke der Welten lenken, überfrachtet die Geschichte, die sich sichtlich Mühe gibt, sowohl bei den Bewohnern der Menschenkolonie Helium, als auch bei den Tharks jeweils eine eigene Kultur vorzustellen. Das reicht von bestimmten Kleidungen über Waffen, bis hin zu Ausdrücken, Rangordnungen und Ritualen, die man sich als Zuseher selbst erschließen muss.

Alledem stehen Dialoge gegenüber, die im besten Fall bekannt oder seltsam klingen, meist jedoch für Verwunderung sorgen. Seien es technische Finessen, welche die Prinzessin Dejah Thoris aufgedeckt haben mag, oder klischeehafte One-Liner, den Ideen der Drehbuchautoren waren wohl keine Grenzen gesetzt. Dass John Carter gleichzeitig, wenn auch nur versteckt, Bezug nimmt auf die Ausbeutung des Planeten und die Aufgabe der Therns, das Gleichgewicht in der Natur letztendlich wiederherzustellen, fällt kaum auf. Bedauerlich ist hier, dass Stanton die anfängliche Selbstironie in der zweiten Filmhälfte aus den Augen verliert und sein Heldenepos so ernst erzählt, dass manche Kommentare und Situationen schon unfreiwillig komisch erscheinen.
Immerhin gelingt es den Filmemachern dabei dank der tadellosen Präsentation, eine überzeugende Welt auf dem Mars zu erzeugen. Das Budget von geschätzten 250 Millionen Dollar ist durchaus zu sehen, gleichwohl man sich fragen muss, ob so viel Geld nicht sinnvoller angelegt werden könnte. Sei es die grundsätzliche Umgebung auf dem Mars, die Streitkräfte der Völker von Helium oder den Feinden aus Zodanga, den Tharks und ihren Städten, oder die vielen Kostüme und Bauten – John Carter ist beeindruckend gemacht. Dass sich Regisseur Andrew Stanton in einem Actionfinale verliert, das abgesehen von der Umgebung nichts zeigt, was man nicht woanders schon gesehen hat, ist wohl ein Muss heutiger Hollywood-Produktionen.

Spätestens wenn der Abspann eingeblendet wird, und man sich vorstellt, dass die Umsetzung der Romanvorlage bislang sowohl an der Finanzierbarkeit und den technischen Möglichkeiten gescheitert ist, kommt die Frage auf, ob die Produzenten in Zukunft nicht auch abwägen sollten, ob es eine Geschichte inhaltlich wert ist, verfilmt zu werden. Die ehemalige Pulp-Reihe John Carter vom Mars findet auch heute noch ein Publikum. Aber während man selbst beim Lesen mitunter die Augenbrauen hebt oder zu Schmunzeln beginnt, ist es etwas ganz anderes, die Interpretation einer anderen Person so auf die Leinwand gebracht zu sehen. Werden einem die Situationen und Dialoge so vorgesetzt, wirken sie bisweilen schlichtweg peinlich.


Fazit:
Auch wenn man selbst bislang keines der John Carter-Bücher gelesen hat, die meisten Science-Fiction-Fans kennen irgendeine jener Pulp-Reihen. Und ja, während viele Elemente daraus bekannt sind und manche erfolgreich von anderen Autoren oder Filmemachern verfeinert wurden, die Ursprünge bieten meist ihren Reiz, und wenn es nur das so genannte "guilty pleasure" ist, also Spaß macht, obwohl man sich dafür schuldig fühlen sollte, es zu genießen. Andrew Stanton gelingt in seinem ersten Real-Spielfilm (der mindestens zur Hälfte ebenso aus computergenerierten Bildern besteht) tadellos gemachte Unterhaltung, die nie langweilig wird. Man mag nicht immer an dem interessiert sein, was gezeigt wird, obwohl zumindest die Hauptfigur etwas an Tiefe verliehen bekommt, aber die ungewohnten Bilder beeindrucken selbst dann, wenn die Geschichte nicht einmal zum Kopfschütteln ausreicht.
Technisch auf dem neuesten Stand wirft John Carter das Publikum in eine fremde Welt und fremde Kulturen, die durchdacht erscheinen, aber nie in dem Maße begeistern wie beispielsweise bei Avatar - Aufbruch nach Pandora [2009]. Für Genrefans, die eine Prise Mythologie und laute Action erwarten ist das schon ausreichend, um für kurzweilige zwei Stunden zu garantieren. Man sollte jedoch das Mitdenken tunlichst spätestens ablegen, wenn John Carter aus der Höhle auf den Mars transportiert wird. Was folgt, ist inhaltlich so abstrus und klischeehaft, dass einem das Lachen sonst mitunter schon wieder vergeht.