Im Geheimdienst Ihrer Majestät [1969]

Wertung: 5 von 6 Punkten  |   Kritik von Jens Adrian  |   Hinzugefügt am 09. Juni 2013
Genre: Thriller / Action

Originaltitel: On Her Majesty's Secret Service
Laufzeit: 142 min.
Produktionsland: Großbritannien
Produktionsjahr: 1969
FSK-Freigabe: ab 12 Jahren

Regie: Peter R. Hunt
Musik: John Barry
Darsteller: George Lazenby, Diana Rigg, Telly Savalas, Gabriele Ferzetti, Ilse Steppat, Lois Maxwell, George Baker, Bernard Lee, Bernard Horsfall, Desmond Llewelyn, Yuri Borionko


Kurzinhalt:
Zwei Jahre lang jagt der britische Geheimagent James Bond (George Lazenby) dem Kopf des Verbrechersyndikats S.P.E.C.T.R.E., Ernst Stavro Blofeld (Telly Savalas), nun schon hinterher, ohne ihn zu fassen zu bekommen. Darum wird er von seinem Vorgesetzten M (Bernard Lee) von dem Fall abgezogen. Einzig einer überlegten Handlung von dessen Sekretärin Moneypenny (Lois Maxwell) ist es zu verdanken, dass Bond daraufhin seinen Posten nicht verliert. Dafür kreuzen sich immer wieder die Wege zwischen Bond und einer jungen Frau namens Tracy (Diana Rigg), Tochter von Draco (Gabriele Ferzetti), hinter dessen gutbürgerlicher Fassade sich ebenfalls eine bekannte Verbrechervereinigung in Europa versteckt. Bond kommt der jungen Frau näher und seine Anwesenheit scheint ihr trotz ihrer problematischen Vergangenheit gut zu tun.
So erlangt Bond über Draco Kenntnis davon, dass Blofeld durch einen Ahnenforscher seine adelige Herkunft bestätigen lassen möchte. Folglich gibt sich Bond als dieser Gelehrte aus und reist in Blofelds Festung, die auf einem Berggipfel abgeschirmt ist. Darin bereitet dieser seinen neuesten Coup vor, mit dem er erneut die Weltmächte erpressen wird ...


Kritik:
So sehr die Werbung der vorigen Bond-Filme auf ihren Hauptdarsteller Sean Connery zugeschnitten war, so wenig war dies Im Geheimdienst Ihrer Majestät. Nach fünf Filmen hatte der schottische Darsteller entschieden, dass ihm der einhergehende Rummel zu viel war und ließ sich nicht einmal mit einer Rekordgage zum Zuschlag bewegen. So mussten die Produzenten für die Verfilmung eines der wichtigsten Bücher um den britischen Geheimagenten einen neuen Hauptdarsteller finden. Das ist ihnen mit George Lazenby zwar gelungen, doch wie könnte er jemals in die Fußstapfen treten, die er eigentlich ausfüllen müsste?

In der deutschen Sprachfassung versuchte man, dies den Fans dadurch schmackhaft zu machen, dass Gert Günther Hoffmann, der Connery bereits vertont hatte, auch Lazenby die Stimme lieh. Allerdings macht das die Umstellung nur schwieriger, denn so hört sich Bond an, wie man es gewohnt ist, sieht aber einfach zu anders aus. Selbst wenn das Aussehen und Auftreten des australischen Darstellers betont an seinen Vorgänger angelehnt ist. Interessenten der aktuellen Heimkinoveröffentlichungen sollten allerdings vorgewarnt sein: Viele Stellen in Im Geheimdienst Ihrer Majestät sind mit neuen Synchronsprechern nachvertont, da die Qualität der alten Aufzeichnungen zu schlecht war, oder sie sich nicht ansprechend ins moderne 5.1-Tonformat konvertieren ließen. Außerdem war der Film bis 2006 in Deutschland nur in einer geschnittenen Fassung verfügbar. Für die fehlenden Stellen lag keine alte Sprachfassung vor. Das Resultat ist gelinde gesagt grauenvoll. Während manche Sprecher durchaus vertraut (aber anders) klingen, erscheint insbesondere der für Lazenby eingesetzte Erich Räuker, als wolle er hier einem Darsteller des horizontalen Gewerbes die Stimme leihen. Auf der veröffentlichten Blu-ray-Edition des Films mag dies zudem der Tatsache geschuldet sein, dass die Stimmen zu schnell (im PAL-Format) aufgenommen und für die Disc dann verlangsamt abgespielt wurden. Weswegen an anderen Stellen die nachsynchronisierten Dialoge zwar gut verständlich, dafür aber Hintergrundgeräusche und Musik so gut wie gar nicht zu hören sind, ist hingegen unverständlich. Mindestens eine Szene, in der sich Tracy mit ihrem Vater Draco unterhält, ist außerdem inhaltlich falsch übersetzt. Kurzum, die aktuelle Synchronfassung von Im Geheimdienst Ihrer Majestät mit alten und neuen Stimmen, die sich fürchterlich anhören, ist eine Zumutung. Interessenten sollten zur Originalen Tonspur samt Untertiteln greifen.

Das ist umso bedauerlicher, da On Her Majesty's Secret Service, so der Originaltitel, nicht nur eine sehr gute Agentengeschichte erzählt, sondern dem Hauptcharakter auch Entscheidungen zumutet, die ihn nachhaltig beeinflussen werden. Zum ersten Mal seit seiner Begegnung mit einer Vogelspinne in James Bond 007 jagt Dr. No [1962] sieht man Furcht in Bonds Augen. Einmal für sich selbst und später auch für jemand anderen. Ziehen die Schergen von Ernst Stavro Blofeld im Finale die Kreise um ihn immer enger, wächst merklich seine Verzweiflung. Es ist eine Lage, aus der er sich nur mit Hilfe einer anderen Person befreien kann.
Dreh- und Angelpunkt der Geschichte ist die Tochter des Industriellen Draco, der gleichzeitig Kopf eines Verbrechersyndikats ist. Über ihn hofft Bond, neue Hinweise zum Verbleib des S.P.E.C.T.R.E.-Anführers Blofeld zu erlangen. Die ebenso hitzköpfige wie stolze Tracy spricht Bond dabei auf eine Art an, die er bislang nicht zugelassen hat. Auch wenn M Bond weitere Nachforschungen im Fall Blofeld untersagt hat, recherchiert dieser weiter und gibt sich als Heraldiker aus, als er erfährt, dass Blofeld die Anerkennung seines Adelstitels Comte de Bleuchamp beantragt hat. Statt sich auf technische Spielereien aus dem Hause Q verlassen zu können, muss Bond so auf sich allein gestellt überzeugen und Blofeld hinhalten, um hinter dessen Plan zu kommen. Abgeschieden in einer Forschungseinrichtung auf einem Schnee bedeckten Gipfel, sinnt dieser erneut darauf, die Vereinten Nationen zu erpressen. Seine Forderungen sind dabei noch perfider und sein Druckmittel eine Bedrohung für die ganze Welt.

Mit einer Lauflänge von deutlich über zwei Stunden ist Im Geheimdienst Ihrer Majestät einer der längsten Filme der Reihe. Und auch, wenn es keinen wirklichen Leerlauf gibt, die actionreichen Höhepunkte liegen merklich auseinander. Dazwischen verbirgt sich die eigentliche Agentenarbeit mit Einbrüchen, Nachforschungen und Improvisation von Seiten des Spions. Zum ersten Mal wird gezeigt, dass 007 auch ein hervorragender Skifahrer ist und das letzte Drittel des Films, das im Grund genommen eine lange Verfolgungsjagd darstellt, zählt zu den Höhepunkten der Reihe. Ebenso wie die letzten Minuten, deren Ereignisse Bond noch viele Jahre beschäftigen werden.
Für George Lazenby war dies der einzige Film der Reihe. Ihm vorzuwerfen, er würde die Figur nicht entsprechend verkörpern, ist nicht richtig. Vielmehr wurde er angehalten, Sean Connery bestmöglich zu kopieren und so wirkt er an manchen Stellen wie ein Plagiat. Hätte man ihm wie Roger Moore vier Jahre später, gestattet, seine eigene Interpretation des Charakters James Bond zu spielen, wäre der sechste Film vermutlich einer der besten der Reihe geworden.


Fazit:
Bereits am Ende des Teasers erkennt man die offene Selbstironie, mit der George Lazenby die Figur des Geheimagenten aufzulockern versucht. Dies gelingt ihm an manchen Stellen sehr gut, an anderen weniger. Über weite Strecken scheint es, als würde man einen Film mit dem bekannten Bond-Darsteller Sean Connery sehen, nur dass dieser etwas anders aussieht. Die grausige deutsche Synchronisation macht dies inzwischen überdies schwierig. Doch trotz dieser Kritik ist Im Geheimdienst Ihrer Majestät nicht nur einer der aufwändigsten Agentenabenteuer, sondern gestaltet den sonst so unnahbaren James Bond verletzlich.
Zusammen mit Nachforschungen, die er bezüglich des Verbleibs von Ernst Stavro Blofeld anstellt, seinen Meinungsverschiedenheiten mit seinem Vorgesetzten M und einer Liebesgeschichte, die aus gutem Grund mehr Platz einnimmt, als in anderen dieser Filme, wirkt die Story etwas zu voll gepackt, was sich auch in der Länge des Thrillers widerspiegelt. Doch gerade diese ungewohnten Ansätze zusammen mit einem aufwändigen, packenden Finale machen diesen Teil zu einem der wichtigsten der Reihe. Man muss sich einzig daran gewöhnen, dass die so vertraute Figur nun ein anderes Gesicht trägt.