Hellraiser – Das Tor zur Hölle [1987]
Wertung: |
Kritik von Dominik Starck |
Hinzugefügt am 08. April 2004
Genre: Horror / FantasyOriginaltitel:Hellraiser
Laufzeit: 93 min.
Produktionsland: Großbritannien
Produktionsjahr: 1987
FSK-Freigabe: nicht unter 18 Jahren
Regie:Clive Barker
Musik: Christopher Young
Darsteller: Andrew Robinson, Clare Higgins, Ashley Laurence, Sean Chapman, Oliver Smith und Doug Bradley
Kurzinhalt:
Auf einem chinesischen Antiquitätenmarkt erwirbt Frank Cotton (Sean Chapman) einen mysteriösen, magischen Würfel, der ihm völlig neue spirituelle und erotische Dimensionen offenbaren soll.
Als Frank den Würfel einsetzt, öffnet er jedoch die Pforten zu einem Ort, wie er höllischer nicht sein könnte: Sofort wird sein Körper von Ketten mit Haken in Stücke gerissen. Frank erleidet in dem von ihm beschworenen Höllenreich der grausamen Zenobiten unvorstellbare Qualen, während er in unserer Welt als verschollen gilt.
Knapp zehn Jahre später zieht sein Bruder Larry (Andrew Robinson) zusammen mit Tochter Kirsty (Ashley Laurence) und Ehefrau Julia (Clare Higgins) in Franks verlassenes und mittlerweile heruntergekommenes Haus ein.
Als er sich an der Hand verletzt, und das Blut von Larrys Hand auf den Boden tropft, unter dem die sterblichen Überreste von Frank vor sich hin vegetieren, geschieht etwas Unvorhergesehenes: Frank erwacht zu neuem Leben und kehrt aus der Höllenwelt auf die Erde zurück. Sein Körper ist allerdings nicht viel mehr als faulige Knochen, und das Einzige, was ihn wieder regenerieren könnte, ist Menschenblut – und zwar sehr viel davon.
Während Julia, mit der Frank vor langer Zeit eine Affäre hatte, ihm immer neue Opfer zuführt, bemerkt Kirsty, dass etwas Seltsames vor sich geht. Und auch die Zenobiten sind auf Franks Spur gekommen.
Kritik:
Horror-Kultautor Clive Barkers Spielfilm-Regiedebüt Hellraiser gehört – erstaunlicherweise sogar in Kritikerkreisen – zu den Klassikern des Horrorfilms und brachte es dank seines Erfolges auf bisher sechs Fortsetzungen. Hellraiser: Deader feierte im Januar 2004 Premiere und Teil acht mit dem Titel Hellraiser: Hellworld erscheint wahrscheinlich noch in diesem Jahr.
Doch man sollte sich nichts vormachen, wenn man das "Original" Hellraiser das erste Mal sieht. Denn mit den seit Mitte/Ende der 90er Jahre modernen Teenie-Slashern im Stile von Ich weiß, was Du letzten Sommer getan hast [1997] oder Düstere Legenden [1998] hat dieser Film nichts zu tun, und selbst Slasher-erprobten Horror-Fans könnte das Werk gewaltig auf den Magen schlagen.
Zurück zum Anfang: Hellraiser basiert auf dem Buch The Hellbound Heart von Clive Barker, aus dessen Feder auch die ebenfalls verfilmten Stoffe Candyman und Lord of Illusions stammen. Nachdem er in jungen Jahren bereits die beiden Kurzfilme Salome [1973] und The Forbidden [1978] geschrieben und inszeniert hatte, setzte sich Barker nach knapp zehn Jahren Regie-Pause wieder in den "Stuhl in der Mitte" und führte bei Hellraiser nach seinem selbst adaptierten Drehbuch erneut Regie.
Herausgekommen ist dabei ein Film, der von Beginn an fesselnd und atmosphärisch dicht erzählt ist, jedoch an einem enormen Splatter-Anteil "krankt", der es dem durchschnittlichen Zuschauer schwer machen dürfte, den Film tatsächlich zu genießen. Diese Art von Erwachsenenunterhaltung ist allerdings wohl kaum für den breiten öffentlichen Markt gedacht, und Splatter ohnehin eine ganz eigene Nische des Horrorgenres, die nicht einmal die Fans von Filmen wie Scream [1996] oder Halloween [1978] unbedingt vertragen oder mögen. So hat Hellraiser denn auch weit weniger mit der Gewalt in den genannten Filmen über verrückte Serienkiller gemeinsam, als beispielsweise mit der Splatter-Orgie in der letzten Dreiviertelstunde des modernen Vampir-Roadmovies From Dusk Till Dawn [1996] – wobei Hellraiser in manchen Momenten gar noch drastischer erscheint, und vor allem nicht auf den in From Dusk Till Dawn eingestreuten – und die ganze Brutalität abschwächenden – Humor zurückgreift.
Freilich ist ein solches Maß an Gewalt nötig, um die Geschichte von Höllenqualen und Wesen aus einer Welt des Schmerzes und der Folter zu erzählen. Dennoch kann es sich für den Zuschauer unweigerlich zur Belastung ausweiten. Die Gewalt- und Ekelszenen reihen sich zunächst recht gut in die Handlung ein, da jede davon über längere Zeit aufgebaut wird und im Anschluss zunächst eine "Verschnaufpause" folgt. Doch spätestens im Monster-haltigen Finale ist damit Schluss, zumal das skorpionartige Monster aus dem langen Gang, welches Kirsty erstmals im Krankenhaus erschien, sowie die geflügelte Kreatur am Ende arg überflüssig erscheinen, weil es keine offensichtliche Verbindung zwischen ihnen und den Zenobiten gibt.
Diese wiederum gehören allerdings genau zu den Elementen, die Hellraiser über die üblichen brutalen, aber schnell wieder verdrängten Werke voller Gore-Szenen erheben. Die Zenobiten sind wirklich gelungene Horror-Gestalten und bestätigen einmal mehr die alte Erkenntnis, dass Horrorfilme nur so gut sind, wie die Monster, die in ihnen vorkommen. Und so sehr man Freddy Krueger mit der Nightmare on Elm Street-Reihe oder Michael Myers mit den Halloween-Filmen assoziiert, so sehr prägen sich die Zenobiten beim Betrachten von Hellraiser ein.
Deren charismatischer Anführer "Pinhead" wurde zur Kultfigur und gern verwendetem Poster-Motiv. Pinhead (hier noch als "lead Cenobite" bezeichnet) ist der – nicht ganz so heimliche – Star des Films, obwohl er nur sehr wenige Minuten Screentime hat, da sich die Geschichte in erster Linie auf das Monster Frank und sein Umfeld konzentriert. Gerade durch diesen sparsamen Einsatz wird jeder Auftritt aber nur umso interessanter. Bemerkenswerterweise wird Pinhead-Darsteller Doug Bradley im ersten Film noch nicht einmal im Vorspann erwähnt, er ist aber letztlich der einzige Schauspieler, der in allen Fortsetzungen mit von der Partie ist.
Die restlichen Darstellerleistungen sind beinahe durchweg ordentlich bis gut. Besonders hervorzuheben sind Andrew Robinson, Clare Higgins und Ashley Laurence. Während Laurence und Higgins in Teil zwei Hellraiser II – Hellbound [1988] noch einmal mit von der Partie sind, hat Robinson hier seinen einzigen (besonders in der "bösen Variante" am Ende sehr einprägsamen) Einsatz innerhalb der Reihe. Später wurde er vielen Science-Fiction-Fans durch seine wiederkehrende Rolle als Cardassianer Garak in Star Trek – Deep Space Nine [1993-1999] bekannt, der dank wundervoller Darbietungen zu einem Publikumsliebling avancierte und im Laufe jener Serie immer häufiger auftauchte.
Neben den phantasievoll gestalteten Zenobiten ist das zweite gelungene Element von Hellraiser, das zu seinem Status als Kultschocker beitrug, die magische Würfelbox, über deren Geschichte zwar einiges angedeutet, aber wenig erklärt wird. Wie praktisch alles Böse, verfügt auch jene Box über eine gewisse Anziehungskraft und führt die Menschen in Versuchung. Der Verheißung von Macht und Glück verfällt schließlich immer irgendjemand. So ist Frank weder das erste, noch das letzte Opfer des Würfels, was besonders am Ende deutlich wird, in dem der geheimnisvolle Würfel wieder dort landet, wo er zu Beginn des Films bereits gewesen ist – so, als sei gar nichts geschehen, und nur darauf wartend, dass ein weiterer, nichts Böses ahnender Mensch kommt und in seinen Bann gerät.
Interessant ist auch Pinheads Anmerkung, dass die Zenobiten eine Art Forschungsreisende seien, die von den einen als Engel, von anderen als Dämonen angesehen werden und nur den Schmerz mit sich bringen. Inwieweit man sie dabei als Forscher betrachten kann und soll, bleibt dem einzelnen Zuschauer selbst überlassen. Dass man dem Wort eines solchen Höllenwesens eigentlich nicht trauen kann, stellt sich jedoch sehr schnell heraus.
Erwähnenswert sind im Zuge der zahlreichen Monster- und Gewaltszenen natürlich die Spezialeffekte in Hellraiser. Und die wissen in jeder Hinsicht zu überzeugen.
Seien es die beeindruckenden Zenobiten-Masken, das "Monster" Frank oder die Ausgeburten der Hölle – gerade in einer Zeit, in der Aliens und Monster oftmals nur noch aus der digitalen Retorte stammen und oft trotz aller Mühen der Effekt-Spezialisten sofort als "falsch" erkannt werden, können diese handwerklich hervorragenden Make-up-Effekte in jeder Hinsicht beeindrucken. Trotz des Alters des Films, der inzwischen immerhin über 15 Jahre auf dem Buckel hat, wirkt kaum ein Effekt-Shot angestaubt und Vieles ist weit beängstigender, als es ein Computer-Godzilla jemals sein könnte.
Aufgrund seiner Härte hat Hellraiser im Laufe seines Film-"Lebens" natürlich den einen oder anderen Kampf mit der FSK und der Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Schriften hinter sich, und ist hierzulande trotz Kürzungen mit der höchsten Altersfreigabe versehen. Im Fensehen gibt es ihn erst gar nicht ungeschnitten zu sehen – zu Recht, muss man sagen, denn das Gezeigte ist wahrlich nicht für jedermann geeignet.
Leider sieht es auf DVD nicht viel besser aus. Zwar gab es eine illegale ungekürzte Bootleg-Version der Firma Movie World inklusive Audio-Kommentar, die man inzwischen aber kaum noch erwerben kann. Dennoch müssen Fans der Reihe hoffentlich nicht mehr allzu lange warten, bis es den Film auch bei uns in einer vernünftigen Ausstattung und ungeschnitten auf DVD zu kaufen gibt, wie in den USA von "Anchor Bay Entertainment" als "Deluxe Collector's Edition" vorgemacht.
Fazit:
Wer selbstironischen Teenie-Slasher oder einen subtilen Horrorthriller erwartet, wird geschockt und keinesfalls begeistert sein.
Wer sich allerdings an handfestem und atmosphärisch dichtem Splatter für Erwachsene mit robusten Nerven begeistern kann, bekommt einen gut durchdachten und – dank mythologischer Elemente, guter Effekte und charismatischem Monster – interessanten Film geboten, der, hat man ihn erst einmal verdaut, neugierig auf mehr macht.