Ghostbusters: Legacy [2021]

Wertung: 4.5 von 6 Punkten  |   Kritik von Jens Adrian  |   Hinzugefügt am 25. Oktober 2021
Genre: Fantasy / Komödie

Originaltitel: Ghostbusters: Afterlife
Laufzeit: 124 min.
Produktionsland: Kanada / USA
Produktionsjahr: 2021
FSK-Freigabe: ab 12 Jahren

Regie: Jason Reitman
Musik: Rob Simonsen
Besetzung: Mckenna Grace, Finn Wolfhard, Carrie Coon, Paul Rudd, Logan Kim, Celeste O’Connor, Annie Potts, Olivia Wilde, Oliver Cooper, Bokeem Woodbine, Marlon Kazadi, Sydney Mae Diaz, Tracy Letts


Kurzinhalt:

Als die Alleinerziehende Callie (Carrie Coon) die Nachricht erhält, dass ihr kürzlich verstorbener, entfremdeter Vater ihr sein Haus in Summerville, Oklahoma, vermacht hat, fährt sie mit ihrem Teenager-Sohn Trevor (Finn Wolfhard) und der zwölfjährigen Tochter Phoebe (Mckenna Grace) dorthin, um zu Geld zu machen, was sich retten lässt, denn sie wurde gerade aus ihrer Wohnung geworfen. In dem verfallenen Haus ist jedoch nichts zu holen, doch die wissenschaftsbegeisterte Phoebe entdeckt, dass dort etwas nicht mit rechten Dingen zugeht, ebenso wie in Summerville insgesamt, wo es täglich Erdbeben gibt, ohne dass es dafür eine geologische Ursache gäbe. Während Trevor im örtlichen Diner auf Lucky (Celeste O’Connor) trifft und sich Hals über Kopf verliebt, erfährt Phoebe von ihrem neu gewonnenen Freund, der sich Podcast (Logan Kim) nennt und einen solchen zu den Themen Mystery und Verschwörungstheorien betreibt, dass sich in der nahegelegenen Mine, die seit 75 Jahren stillgelegt ist, seltsame Dinge ereignet haben und Arbeiter scharenweise in den Tod gesprungen sind. Als ihr Lehrer Mr. Grooberson (Paul Rudd) Phoebe außerdem auf einen seltsamen Apparat anspricht, den sie in dem Haus gefunden hat, verdichten sich die Hinweise, dass ihr Großvater der Geisterjäger Egon Spengler war, der sich dorthin zurückgezogen hatte, weil er fürchtete, dass das Ende der Welt in Summerville beginnen würde – und schon bald häufen sich übernatürliche Vorkommnisse vor Ort …


Kritik:
Dem Titel Ghostbusters: Legacy wird Regisseur und Ko-Autor Jason Reitman, dessen Vater Ivan Reitman die ersten beiden Ghostbusters-Filme inszenierte und bei diesem hier als Produzent fungiert, durchaus gerecht. Man hat sogar das Gefühl, als würde er nicht wollen, dass der enttäuschende zweite Teil der vier Geisterjäger in New York, oder gar Paul Feigs Ghostbusters [2016] das Vermächtnis jener seit beinahe 40 Jahren beliebten Figuren darstellt. War Feig offenbar der Auffassung, dass der Charme des originalen Ghostbusters - Die Geisterjäger [1984] nicht den Figuren zu verdanken war, sondern gewissermaßen jede bzw. jeder in solche Rollen schlüpfen könnte, geht Reitman hier einen anderen Weg. Nicht nur, dass sein Ghostbusters: Legacy eine Fortsetzung des ersten Films ist, selbst wenn man die Geschichte auch grundsätzlich verstehen kann, ohne jenen Film gesehen zu haben. Er verneigt sich auf eine bewegende Art und Weise vor allem, was den ersten Teil ausgezeichnet hat, allem voran vor den Charakteren. So schön es ist, dem beizuwohnen, es ist in gewisser Weise auch die Achillesferse des Fantasyabenteuers.

Das beginnt mit einem Prolog, bei dem im ländlichen Oklahoma ein Mann zu sehen ist, der vor einem bösen Geist flieht. Er hat eine Geisterfalle bei sich, die er versteckt und um den darin gefangenen Geist auch gefangen zu halten, lässt er sogar sein Leben. Dass es sich hierbei um den aus den ersten beiden Filmen bekannten Geisterjäger Egon Spengler handeln muss, kann man erahnen, selbst wenn sein Gesicht nicht zu sehen ist. Der Darsteller und Filmschaffende Harold Ramis ist im Jahr 2014 verstorben, dieses Abenteuer mit ihm zu beginnen und im Verlauf sein Opfer zu verstehen, ist ein stilvoller Tribut, der auch angemessen umgesetzt wurde. Umso mehr, weil seine Anwesenheit im weiteren Verlauf spürbar bleibt. Denn jenes abgelegene, heruntergekommenes Haus sucht seine entfremdete Tochter Callie mit ihren Kindern Trevor und Phoebe auf, da Callie das Anwesen geerbt hat. Was sie vorfinden, lässt Callie nur noch wütender auf ihren verstorbenen Vater blicken, der scheinbar kein Interesse an ihr hatte und sich hier ins Nirgendwo zurückgezogen hat, wo er als verrückter „Dirt-Farmer“ bei den Ansässigen bekannt war.

Trevor ist ein 15 Jahre alter Teenager, der sich schnell in die junge Lucky verknallt, während seine zwölfjährige Schwester Phoebe, ohne es zu wissen, nach ihrem Großvater kommt. Sie liebt die Wissenschaft, ist wissbegierig und geschickt bei handwerklichen Dingen. So kommt sie stückweise dem Geheimnis jenes Hauses auf die Spur, weswegen in dem Ort Summerville täglich die Erde bebt, obwohl weder tektonische Platten dort verlaufen, noch Vulkane in der Nähe sind – und weshalb sie das Gefühl hat, sie ist in ihrem Zimmer nicht allein. Trevor andererseits entdeckt in der Scheune den sagenumwobenen Wagen der Geisterjäger, den ECTO-1. Bis der in Aktion zu sehen ist, die unverwechselbare Sirene zu hören, dauert es zwar sehr lange, aber gerade wer den Originalfilm für seinen Charme zu schätzen weiß, wird hier ein Lächeln ins Gesicht gezaubert bekommen.

Die Zeit bis dahin entwickelt Ghostbusters: Legacy sowohl die Kinder als auch die erwachsenen Figuren, bestehend aus Callie und dem Lehrer Gary Grooberson, gespielt von Paul Rudd, der Kinder in den Sommerferien unterrichtet und ihnen dabei nur Horrorfilme aus den 1980ern vorspielt. Die sich anbahnende Romanze zwischen den Erwachsenen ist ebenso wenig eine Überraschung, wie was in der zweiten Filmhälfte mit ihnen geschieht, wenn die Story erkennen lässt, worauf sie hinausläuft. Denn nicht nur, dass die Geschichte viele Bezüge auf den ersten Film nimmt, in gewisser Weise erzählt sie ihn über weite Strecken nach. Das ist gerade deshalb schade, weil es genügend Möglichkeiten geben würde, neue Wege zu gehen, wenn andere Figuren wie Ivo Shandor vorgestellt werden, die jedoch nirgendwo hinführen. Auch dass Gary, Phoebe und deren neu gewonnener Freund, genannt Podcast, den von Egon zu Beginn gefangenen Geist buchstäblich aus der Flasche lassen, könnte man nutzen, um in eine andere Richtung zu gehen.Aber auch hier entscheidet sich das Drehbuch nicht dafür.

Beim letzten Drittel verlagert sich die Erzählung, bei der bis dahin sowohl die Kinder als auch die Erwachsenen gleichermaßen eingebunden waren, zu den Kindern, was dafür sorgt, dass auch der Humor deutlich kindlicher wird. Erst beim Finale wird das wieder ausgeglichen, aber es gibt einen Abschnitt von zehn bis fünfzehn Minuten, der was die Stimmung und den Verlauf der Geschichte anbelangt, nicht zum Rest passen mag. Dafür wartet das Finale mit einigen berührenden Entscheidungen auf. Anstatt eine Staffelübergabe zu zelebrieren, sind alle Beteiligten hier gleichberechtigt, was vielleicht die treffendste Aussage ist.
Reitman erinnert dabei nicht nur durch die zahlreiche Anleihen und Verweise, die vielen Easter Eggs und Referenzen an den originalen Ghostbusters-Film, auch die Musik lehnt sich bei der Instrumentierung und den Themen eindeutig an Teil eins an. Handwerklich ist all das toll dargebracht, mit wohl ausgesuchten Perspektiven, fantastischen Farben und einem allgemeinen Look, der unbeschreiblich viel Charme versprüht.

Zu sehen, wie Phoebe und Trevor hier die Legende der alten Geisterjäger entdecken, den Protonenbeschleuniger und die Geisterfalle, ist einfach schön – nur dauert es spürbar lange, so dass im Mittelteil hier weniger temporeiche Highlights schlummern, als ein modernes Publikum das womöglich erwarten wird. Lässt sich ein junges Publikum darauf ein, könnte ihnen das ein Tor in ein seit Jahrzehnten beliebtes Filmfranchise öffnen. Diejenigen, die mit der Materie bereits vertraut sind, finden dafür einen Abschluss, der Fans lange Zeit verwehrt wurde, nachdem ein immer wieder erhoffter dritter Film nie zustande kam. Diese beiden Welten zusammen zu bringen, gelingt Jason Reitman ausgesprochen gut. Selbst wenn sich inhaltlich viel wiederholt. Vor allem aber ist es auch dank des verbalen Humors überaus amüsant und durchweg immens unterhaltsam.
Das Publikum sollte während des Abspanns übrigens sitzen bleiben: Sowohl während, als auch nach den End Credits ist eine Szene versteckt. Beide sind wahre Perlen für diejenigen, die mit den alten Figuren vertraut sind. Und sie machen Hoffnung.


Fazit:
Nach dem Prolog, den man erst spät im Film wirklich einzuordnen vermag, entdeckt das Publikum hier die Geschichte der Geisterjäger, des charismatischen Egon Spengler und jenes Hauses mitten im Nirgendwo, aus der Perspektive der jungen Phoebe, die dank Mckenna Graces Darbietung allen anderen Beteiligten die Schau stiehlt. Ihre Begeisterung, ihre Neugier und ihr Mut sind geradezu ansteckend und dürften eine ganze Generation junger Zuschauerinnen und Zuschauer beflügeln. Egons Wesenszüge in ihr wiederzufinden, dass er beinahe so etwas wie ein spürbarer Mentor für sie ist, ist eine tolle Idee. Dass die Erwachsenen mit den Kindern irgendwann die Rollen tauschen hinsichtlich des Umstandes, wer wen beschützt, mag beabsichtigt sein, ist aber ein schwacher Abschnitt. Überhaupt dauert es zu lange, ehe sich die Story entscheidet, welche Richtung sie einschlägt und wenn sie es tut, werden Fans des ersten Films womöglich enttäuscht, weil Vieles hier bekannt vorkommt. Versetzt ist das mit vielen kleinen Highlights, wie wenn die Marshmallow-Männchen sich gegenseitig malträtieren, doch spannende Actionhöhepunkte gibt es wenige. Dafür überzeugt das Finale von Ghostbusters: Legacy mit einer wunderbaren Geste, einem Tribut an eine Figur, deren Freunde und ihr Abenteuer, das unvergessen ist. Jason Reitmans Verneigung vor dem Film-Klassiker seines Vaters bietet viel Humor, dank der Kinder und der Erwachsenen, hat Herz wie Charme und bringt neue sowie alte Fans zusammen. Da verzeiht man gern, dass mit mehr eigenen Ideen auch ein unvergleichlicheres Fantasyabenteuer möglich gewesen wäre, das mehr auf eigenen Beinen hätte stehen können.