Friedhof der Kuscheltiere [1989]

Wertung: 1.5 von 6 Punkten  |   Kritik von Jens Adrian  |   Hinzugefügt am 19. April 2020
Genre: Horror

Originaltitel: Pet Sematary
Laufzeit: 103 min.
Produktionsland: USA
Produktionsjahr: 1989
FSK-Freigabe: ab 16 Jahren (zuvor: keine Jugendfreigabe)

Regie: Mary Lambert
Musik: Elliot Goldenthal
Besetzung: Dale Midkiff, Denise Crosby, Fred Gwynne, Brad Greenquist, Miko Hughes, Blaze Berdahl, Susan Blommaert, Michael Lombard, Mara Clark, Kavi Raz, Mary Louise Wilson


Kurzinhalt:

Nach dem Umzug aus der Stadt in eine ländliche Gegend hofft die Familie Creed auf ein ruhigeres Leben. Vater Louis (Dale Midkiff) ist Arzt und versichert seiner jungen Tochter Ellie (Blaze Berdahl) noch, dass auch an der neuen Schule nichts Schlimmes geschehen werde. Doch schon am ersten Arbeitstag sieht sich Louis dem Schüler Victor Pascow (Brad Greenquist) gegenüber, der infolge eines Unfalls verstirbt. Noch am selben Abend erscheint Pascow Louis in einer Vision und warnt ihn vor einem Ort jenseits des nahegelegenen Tierfriedhofs. Als Ellies Katze „Church“ überfahren wird und Nachbar Jud (Fred Gwynne) sie findet, schlägt er vor, den toten Kater an einem speziellen Ort zu begraben, der hinter dem Tierfriedhof liegt. Kurz darauf ist Church wieder lebendig, wenn auch bösartiger als zuvor. Selbst wenn Louis weder Ellie, noch seiner Frau Rachel (Denise Crosby) verrät, was er getan hat, als eine Tragödie die Familie heimsucht, sieht er entgegen Pascows Warnungen eine Möglichkeit, einen schrecklichen Verlust ungeschehen machen zu können. Doch damit bringt er nur noch größeres Unheil über alle Beteiligten …


Kritik:
Die erste Leinwandadaption von Stephen Kings gleichnamigem Horror-Roman aus dem Jahr 1983, Friedhof der Kuscheltiere, ist ein trauriger kleiner Horror-Film. Traurig weniger, weil die Geschichte in ihrem Kern dramatische Entwicklungen der Figuren bereithält, sondern weil das Endergebnis nicht nur den psychologischen Aspekt vermissen lässt, der die Vorlage laut Kennern auszeichnet, sondern darüber hinaus als reiner Horror-Film eine maßlose Enttäuschung darstellt. Dass der renommierte Autor selbst die Drehbuchvorlage hierfür lieferte, macht das Ergebnis nur umso unverständlicher.

Dass sich in vielen seiner Werke seine persönlichen Ängste und Dämonen wiederfinden, ist kein Geheimnis. Dies spiegelt sich ebenso in Friedhof der Kuscheltiere wider, in dem eine Familie einen Verlust erfährt, der kaum begreiflich ist und woraufhin der Familienvater eine verhängnisvolle Entscheidung nach der anderen trifft. Es beginnt damit, dass der Arzt Louis Creed mit seiner Familie, Frau Rachel und den beiden Kindern Ellie und Gage, aus der Stadt in ein Haus im ländlichen Maine zieht. Das Grundstück liegt an einer Straße, auf der regelmäßig große Trucks in halsbrecherischem Tempo unterwegs sind. Ihr Nachbar Jud erzählt Louis früh, dass viele Haustiere den Trucks zum Opfer gefallen sind und es dauert nicht lange, ehe Ellies Katze „Church“ tot auf Juds Rasen liegt. Weil Ellies Herz derart an der Katze hängt, schlägt Jud vor, den Kater jenseits des in unmittelbarer Nähe gelegenen Tierfriedhofs zu beerdigen. So begräbt Louis Church mitten in der Nacht, als seine Familie das Wochenende bei seinen Schwiegereltern verbringt. Am nächsten Tag ist Church wieder da – aber verändert. Es ist derselbe Kater, aber er ist bösartiger und scheint eine finstere Seite zu haben.

Dieser Entwicklung zu folgen, würde nicht schwerfallen, gäbe es nicht eine andere Figur, die Louis eben davor warnt, die Erde jenseits des Tierfriedhofs zu stören. An seinem ersten Arbeitstag im neuen Ort musste er mitansehen, wie der junge Schüler Victor Pascow Opfer eines tödlichen Unfalls wurde. Nur, dass Pascow ihm seither sowohl nachts als auch tagsüber in Visionen erscheint. Victor führte Louis sogar in der Nacht nach seinem Tod zum Tierfriedhof und zeigt ihm, wo er keinesfalls hingehen sollte. Und doch, als Jud ihm kurz darauf anbietet, Church dort zu begraben, scheint dies Louis nicht merkwürdig und er hinterfragt auch nichts. Dies ist ein Punkt, der es so schwierig macht, dem Geschehen in Friedhof der Kuscheltiere zuzusehen: Vieles von dem, was geschieht, ließe sich problemlos vermeiden, würden die Charaktere miteinander sprechen. Doch statt einmal zu fragen, „wieso“, schleppt sich die Geschichte von absehbarer Wegstation zu absehbarer Wegstation.
So kommt es, wie es kommen muss und Church bleibt nicht das einzige Opfer der tonnenschweren Lastwagen. Der Verlust der Creeds muss das Schwerste sein, was einer Familie widerfährt. Dass nicht wenige daran zerbrechen, insgesamt und jedes Familienmitglied für sich, ist daher keine Überraschung. Dass Louis’ daraufhin eine katastrophale Entscheidung fällt, ist und bleibt jedoch nicht nachvollziehbar. Der Grund mag auch in der Darstellung der Figur an sich liegen.

Die Besetzung eines Films für ihre Darbietung zu kritisieren ist nie leicht und trifft schon deshalb oftmals die falschen Adressaten, weil die Beteiligten schlussendlich die Weisungen der Regisseurin bzw. des Regisseurs ausführen. Filmemacherin Mary Lambert ist in der Unterhaltungsbranche keine Unbekannte und unter anderem für zahlreiche Musikvideos verantwortlich. Bei Friedhof der Kuscheltiere scheint ihr Schauspielführung indes nicht wirklich wichtig. In der Rolle von Louis Creed spielt Dale Midkiff derart emotionslos, als wäre er ein Roboter ohne Batterien, die junge Blaze Berdahl verliert zumindest in der deutschen Synchronisation jegliche Natürlichkeit und vom damals erst zweijährigen (!) Miko Hughes werden Szenen vor der Kamera verlangt, die dieser schlicht nicht darstellen kann. Dass er deshalb oftmals losgelöst von den übrigen Beteiligten gezeigt wird, weil seine Aufnahmen wohl abseits der eigentlichen Dreharbeiten entstanden, macht das Gezeigte ebenso wenig überzeugend wie wenn offensichtlich eine Puppe an seiner Stelle zu sehen ist. Selbst Denise Crosby, deren Filmfigur an sich eine überaus tragische Vergangenheit besitzt, die in diesem Kontext jedoch weder einen wirklichen Sinn ergibt, noch notwendig ist, kann sich lediglich damit rühmen, dass sie nicht allzu sehr gefordert wird. Von allen Beteiligten kann einzig Fred Gwynne als Nachbar Jud überzeugen, dessen Figur jedoch die absurdesten Entscheidungen von allen fällt: Immerhin ist ihm aus zweierlei Erfahrungen die Wirkung der Begräbnisstätte und welche Schrecken sie über die Menschen bringt, bekannt – und doch lässt er die Familie Creed buchstäblich ins offene Messer laufen.

Vielleicht soll dies eine der Kernaussagen der Geschichte sein, denn immerhin ergeht es Louis am Ende überaus ähnlich: Dass Menschen in Anbetracht eines unvorstellbaren Verlustes sich oftmals für einen nicht enden wollenden Schrecken entscheiden, denn allein die Hoffnung, sie könnten das Verlorene zurückgewinnen ist größer, als den Verlust zu akzeptieren. Solch feine Strukturen mag die Vorlage durchaus beinhalten. Die Leinwandadaption übergießt dies in der zweiten Filmhälfte mit einem teils splattrigen, teils unfreiwillig amüsanten Horror, so dass vom psychologischen Schrecken des familiären Verlustes nichts mehr übrig bleibt. Die ungelenke Inszenierung ist hier nur ein Kritikpunkt von vielen. Bedenkt man, wie viele Perlen das Genre auch in der zweiten Hälfte der 1980er-Jahre hervorgebracht hat, Die Fliege [1986], Kill, Daddy, Kill [1987], Chucky – Die Mörderpuppe [1988] oder Hellraiser – Das Tor zur Hölle [1987], dann ist Friedhof der Kuscheltiere mehr als nur enttäuschend.


Fazit:
Sind es in der ersten Filmhälfte Louis’ Visionen des tödlich verletzten Pascow, die für blutige Momente sorgen, mischen sich im späteren Verlauf weitere, brutale und ebenso splattrige Gewaltausbrüche hinzu. An welches Horror-Publikum sich Regisseurin Mary Lambert damit richtet, wird so zwar offensichtlich, aber sie begräbt damit den psychologischen Horror, den die Familie, allen voran Louis selbst, durchlebt. Dieser Aspekt geht bei der Leinwandadaption vollständig verloren. Die Trickeffekte sind zwar durch Glibber und Blut eklig, die Schockmomente entstehen dabei aber meist durch laute Geräusche und sind allesamt nach demselben Muster aufgebaut. Dass die Geschichte keinen großen Sinn ergibt, die Figuren Entscheidungen treffen, die nie klar werden, oder die Charaktere mit platten Szenen vorgestellt werden, die ihre Hintergrundinformationen kompakt präsentieren, anstatt sie zu entwickeln – man denke an Rachels Erzählung ihrer eigenen Vergangenheit, die wohl mehr an das Publikum als ihren Mann gerichtet ist – sind alles Kritikpunkte an einer Drehbuchvorlage, die einfach nicht sehr gut ist. Ob die Besetzung deshalb am Thema vorbei spielt, entweder vollkommen überzogen oder absolut emotionslos auch im Umgang miteinander, oder die Darbietung die Defizite nur noch verdeutlicht, sei dahingestellt. Alles in allem ist Friedhof der Kuscheltiere ein stellenweise unfreiwillig komischer, nie spannender kleiner Horrorfilm, der jegliches Fingerspitzengefühl für die Figuren oder die jeweiligen Momente vermissen lässt. Dass die Geschichte Potential besitzt, ist unbestritten. Daraus wissen die Beteiligten hier nur nichts zu machen.