Die Tribute von Panem – The Hunger Games [2012]
Wertung: |
Kritik von Jens Adrian |
Hinzugefügt am 24. Februar 2013
Genre: Action / Unterhaltung / Science Fiction
Originaltitel: The Hunger Games
Laufzeit: 142 min.
Produktionsland: USA
Produktionsjahr: 2012
FSK-Freigabe: ab 12 Jahren
Regie: Gary Ross
Musik: James Newton Howard
Darsteller: Jennifer Lawrence, Josh Hutcherson, Amandla Stenberg, Alexander Ludwig, Willow Shields, Liam Hemsworth, Paula Malcomson, Woody Harrelson, Elizabeth Banks, Stanley Tucci, Wes Bentley, Donald Sutherland, Lenny Kravitz, Sandra Ellis Lafferty
Kurzinhalt:
Als ihre kleine Schwester Primrose (Willow Shields) für die alljährlichen Hungerspiele gezogen wird, meldet sich Katniss Everdeen (Jennifer Lawrence) freiwillig, um ihren Platz einzunehmen. Sie ist damit das weibliche Tribut von Distrikt 12, an ihrer Seite steht Peeta (Josh Hutcherson), ein Junge in ihrem Alter. Sie werden bei den alljährlichen Hungerspielen, bei denen von jedem der zwölf Distrikte zwei Tribute vertreten sein werden, gegen die übrigen und einander antreten. Ausgesetzt in einem präparierten und mit Videokameras überwachten Areal, sind sie so lange auf sich allein gestellt, bis es nur einen überlebenden gibt. Die Spiele dienen dabei zur Belustigung und Abschreckung des Volkes zugleich, das sich nach einem Beinahe-Untergang in Panem auf zwölf Distrikte und das in Übermaß lebende Kapitol verteilt.
Vorbereitet auf die Spiele werden Katniss und Peeta von Haymitch (Woody Harrelson) und Effie (Elizabeth Banks), sowie Cinna (Lenny Kravitz), zu dem Katniss am ehesten Zugang findet. Die Show kommentiert unter anderem Caesar Flickerman (Stanley Tucci), während im Hintergrund Seneca Crane (Wes Bentley) auf Geheiß von Präsident Snow (Donald Sutherland) die Fäden zieht. Nur wer sich mit den Sponsoren gut stellt, hat eine Chance zu überleben – doch je näher der Beginn der Spiele rückt, umso mehr kristallisiert sich heraus, dass Katniss mit der Aufopferung für ihre Schwester zu einer Heldin der unterdrückten Distrikte geworden ist. Dabei weiß Snow sehr wohl, dass zu viel Hoffnung bei den Arbeitern für die etablierte Oberschicht sehr gefährlich sein kann ...
Kritik:
Es ist erstaunlich, was man über Die Tribute von Panem erfährt, wenn man sich nur kurz im Internet dazu informiert. Beispielsweise, dass der Staat Panem, der in 12 Distrikte aufgeteilt ist, in Nordamerika liegt. Nachdem die Erde fast vollständig verwüstet wurde und der Meeresspiegel stark angestiegen ist, schrumpfte die bewohnbare Landmasse zusammen. Umso überraschender ist jedoch, dass solche Informationen in der Verfilmung des ersten Teils der Romanreihe The Hunger Games [2008-2010] vollkommen fehlen. Zwar wird man darauf hingewiesen, dass die Geschichte in einer post-apokalyptischen Welt spielt, doch wann genau, was alles geschehen ist, darüber schweigen sich die Macher aus. Trotz beinahe zweieinhalb Stunden Laufzeit, die zugegebenermaßen kurzweiliger sind, als man vermuten würde, hat man am Ende das Gefühl, kaum etwas über die Welt erfahren zu haben, in denen der Film spielt, oder über die Figuren, von denen keine wirklich sympathisch erscheint und die alle gleichermaßen flach bleiben.
Regisseur Gary Ross (Pleasantville - Zu schön, um wahr zu sein [1998]) zeigt Panem, als wolle er eine Dokumentation drehen: In stark verwackelten Bildern wird Armut und Elend eingefangen, ohne dass man allerdings genau weiß, wie all das zusammenhängt. Jedes Jahr werden die so genannten Hungerspiele veranstaltet, bei denen aus jedem der zwölf Distrikte je zwei Jugendliche zwischen 12 und 18 Jahren ausgelost werden, den Distrikt zu vertreten. Diese 24 kämpfen in einem vorgegebenen Areal so lange miteinander, bis nur noch einer übrig ist. Wie hoch die Chancen bei einem Kampf zwischen einer Zwölfjährigen und einem Siebzehnjährigen mit Pfeil und Bogen, Axt oder Schwert stehen, braucht man sich vermutlich kaum ausrechnen. Weshalb diese Spiele genau veranstaltet werden und weshalb es ausgerechnet Kinder sein müssen und nicht junge Erwachsene zwischen 18 und 21, das bleibt ebenfalls ein Geheimnis. Ebenso, wie die Welt insgesamt inzwischen aussieht.
In den verschiedenen Distrikten haben sich unterschiedliche Spezialisierungen herausgebildet. Distrikt 12 ist für den Bergbau zuständig, Distrikt 11 für Getreide. Ob die übrigen in ähnlich ärmlichen Verhältnissen leben, wird nicht gesagt, dafür jedoch der Überfluss gezeigt, in dem die Menschen im Kapitol schwelgen. Dort gibt es mehr zu essen und zu trinken, als sich irgendjemand erträumen könnte. Die Menschen tragen seltsame Kleider und Frisuren, doch welcher Beschäftigung sie nachgehen, bleibt verborgen. Von dort aus wird Panem diktatorisch geführt, wer sich widersetzt, der sieht sich bewaffneten Truppen gegenüber.
Vor diesem Hintergrund bündelt die junge Katniss Everdeen, die sich freiwillig für die Spiele meldet, um ihre Schwester vor dem Schicksal zu bewahren, die Hoffnungen all jener Menschen in den Distrikten. Sie wird wie die übrigen Spieler während der Spiele unablässig von versteckten Kameras gefilmt, das Areal selbst liegt was Naturgewalten oder Wesen darin angeht ganz in der Hand der Spielmacher.
Vielleicht fällt es deswegen so schwer, sich in die Welt von Die Tribute von Panem einzufinden. Nicht nur, dass tödliche Spiele von Jugendlichen zur Belustigung des Volkes wie eine Barbarei anmuten, deren Sinn und Zweck sich einem nicht erschließt, während Panem in manchen Bereichen rückständig anmutet, findet sich an anderen Orten hochmoderne Technik wieder. Als Buch mag das durchaus überzeugen, als Zuschauer wird man das Gefühl nicht los, viele Filme in einem zu sehen. Die Kostüme und Masken erinnern an Das fünfte Element [1997], die Fernsehshow mit der vollkommen manipulierbaren Umwelt an Die Truman Show [1999], der Zusammenprall zwischen Altertum und Moderne an Der Goldene Kompass [2007] und die charismatische Jennifer Lawrence wirkt wie eine junge Ausgabe der Pop-Ikone Lara Croft (Tomb Raider [2001]). Die Stimmung des Universums dürfte ältere Zuschauer überdies an Die dreibeinigen Herrscher [1984-1985] erinnern, wobei die Grundgeschichte frappierende Parallelen zu Menschenjagd [1982] (verfilmt als Running Man [1987]) aufweist. Das ist grundsätzlich kein Kritikpunkt, zumal sich Regisseur Ross auf seine gut ausgewählten Darsteller verlässt, doch es verdeutlicht, dass The Hunger Games viele Facetten in sich vereint und der Mix selbst nicht hilft, sich in der Geschichte zu verlieren, sondern den Zugang eher erschwert.
Vielleicht gelingt es den Machern, bei den angekündigten Fortsetzungen hier für mehr Klarheit zu sorgen, denn wenn man als Zuschauer die Regeln des Spiels nicht kennt, ist es nur halb so spannend, dabei zuzusehen.
Fazit:
Durch die verwackelten Bilder ist der Einstieg in Die Tribute von Panem holpriger, als er sein müsste. Doch hat man das Gefühl, in eine Welt geworfen zu werden, die schon lange existiert, ohne dass man genau verstehen würde, wie sie funktioniert. Die Mischung aus verschiedenen Stilrichtungen ist ungewohnt und macht es nicht einfacher, den Figuren folgen zu wollen, doch trotz der Laufzeit vergehen die beinahe zweieinhalb Stunden wie im Flug.
Dies liegt nicht zuletzt an den sehr guten Darstellern, die sich sowohl in den Haupt- wie auch Nebenrollen finden. Sie machen es leichter, mit den Charakteren mitzufiebern, selbst wenn keiner durchgehend sympathisch bleibt, oder wie im Fall der Protagonistin Katniss, stark unterkühlt. Für ein jugendliches Publikum bietet The Hunger Games hingegen Abenteuer und Unterhaltung mit einer Prise sozialkritischen Untertönen. Das ist mehr Inhalt, als viele andere Romanreihen und deren Verfilmungen vorweisen können, selbst wenn er wie hier nicht neu ist.