Die Simpsons – Der Film [2007]
Wertung: |
Kritik von Jens Adrian |
Hinzugefügt am 28. August 2007
Genre: Animation / KomödieOriginaltitel: The Simpsons Movie
Laufzeit: 87 min.
Produktionsland: USA
Produktionsjahr: 2007
FSK-Freigabe: ab 6 Jahren
Regie: David Silverman
Musik: Hans Zimmer
Originalstimmen: Dan Castellaneta, Julie Kavner, Nancy Cartwright, Yeardley Smith, Harry Shearer, Hank Azaria, Marcia Wallace, Tress MacNeille, Pamela Hayden, Joe Mantegna, Albert Brooks, Russi Taylor, Karl Wiedergott, Maggie Roswell, Tom Hanks
Kurzinhalt:
Was die Familie Simpson zusammenhält kann Marge (Julie Kavner) seit einiger Zeit kaum mehr sagen. Ihr selbstsüchtiger und trotteliger Ehemann Homer (Dan Castellaneta) hat es sogar geschafft, dass sich Sohn Bart (Nancy Cartwright) eher zum bibeltreuen Nachbarn Flanders (Harry Shearer) hingezogen fühlt, und auch Tochter Lisa (Yeardley Smith) scheint den Glauben an ihren Vater verloren zu haben.
Die Situation spitzt sich zu, als durch Homers Schuld der See in Springfield einen so giftigen Zustand annimmt, dass sich die amerikanische Regierung unter der Führung von Präsident Schwarzenegger (Harry Shearer) dazu genötigt sieht, Springfield vom Rest der USA abzuschirmen. Dahinter steckt der Leiter der Umweltbehörde Russ Cargill (Albert Brooks), der an Springfield ein Exempel statuieren möchte.
Während die Einwohner der Kleinstadt darauf aus sind, die Simpsons zu lynchen, bereitet das US-Militär die Vernichtung Springfields vor – und Homer ist die einzige Hoffnung ... von Maggie abgesehen.
Kritik:
An sich haben Die Simpsons bereits ihr 20jähriges Jubiläum gefeiert – und zwar dieses Jahr. Und das, obwohl die Serie erst seit 18 Jahren im Fernsehen zu sehen ist. 1987 wurden Kurzfilme mit den gelben Simpsons zum regelmäßigen Programm der The Tracey Ullman Show [1987-1990], ehe die von Matt Groening erdachten Figuren ein eigenständiges Serienformat bekamen. Kaum jemand dachte zu Beginn der "gelben Gefahr", dass sich die Simpsons so lange im TV halten würden, und doch scheint ihr Erfolg bislang ungebrochen.
Durch sehr bösartigen, mitunter auch offen feindseligen Humor erkämpften sich die Macher einen festen Platz im Wochenprogramm vieler Zuschauer und heute gibt es kaum jemanden auf der Welt, der nicht einmal irgendwo einen Moment aus Die Simpsons gesehen hat. Eine Kinoumsetzung war dabei bereits seit langem angedacht, und vor 10 Jahren bereits sicherte sich das Filmstudio 20th Century Fox die Rechte an einer gleichnamigen Internet-Adresse. Nach langen Verhandlungen begannen die Arbeiten an einem Skript im Jahre 2003. Bis es schließlich auf die Leinwand kam musste es sage und schreibe über 150 Mal umgearbeitet werden.
Herausgekommen ist eines der erfrischend ehrlichsten, bösesten und kritischsten Simpsons-Abenteuer, die die Fans je zu Gesicht bekommen haben.
Eine zurecht große Befürchtung der Fans war im Vorfeld, ob der Film (wie bei anderen TV-Adaptionen) nicht viel mehr darstellen würde, als drei oder vier hintereinander ablaufende Fernsehepisoden. Umso erfreulicher ist es, dass es den sage und schreibe 11 Autoren und vier weiteren Beratern gelungen ist, eine Geschichte zu finden, die es auch wert ist, dass die gelbe Familie sie auf der großen Leinwand erlebt.
So darf man sich als Fan in den ersten Minuten entspannt zurücklehnen, wenn man dank bekannter Figuren in einem merklich größeren Setting in das bekannte Universum eingeladen wird, ehe schon wenige Momente nach den ersten Bildern eine wahres Gagfeuerwerk abgebrannt wird, das ebenso viele offensichtliche Witze bietet, wie schwarz-humorige Satiremomente gegen viele Institutionen und Alltäglichkeiten. Wie viele versteckte Andeutungen, Anleihen und im Hintergrund eingebrachte Scherze tatsächlich in Die Simpsons – Der Film untergebracht sind, wird man erst sagen können, wenn die Fans Wochen zum Studium einer jeden Einstellung hatten. Bei der Geschwindigkeit, mit der die Autoren ihre Gags vorführen muss man als Zuschauer aber zwangsläufig welche übersehen.
Interessant ist auch, wie subversiv manche Witze eingebracht werden, während manch andere Momente auch für die breite Masse offensichtlich sind.
Ein Highlight ist dabei – man glaubt es kaum – die Story selbst, die sich einer aktuellen Diskussion um den Klimaschutz annimmt, ohne aber mit dem erhobenen Zeigefinger zu ermahnen. So verpassen die Autoren dem Film allerdings eine an sich ernste Aussage, die so lustig verpackt ist, dass man sie beinahe übersehen könnte. Dass viele Zuschauer sich nicht von dem gezeigten angesprochen fühlen werden, steht außer Frage, und doch sind es genau jene Szenen, in denen die Leinwandumsetzung über ihre TV-Ursprünge hinaus wächst. Ein weiterer, wenn auch stiller Höhepunkt ist eine grundsätzlich sehr ernste Szene zwischen Marge und Homer, die auch als Bonbon für die Fans der Serie gedacht ist.
Nicht zuletzt, weil es so selten ist, dass heutzutage der Inhalt einer Komödie gelobt werden kann, ist es umso erfreulicher, dass Die Simpsons mit ihrem ersten Leinwandabenteuer die Bedenken zerstreuen können und sich auch im Breitbildformat erfolgreich etablieren.
Wichtig für eine erfolgreiche Umsetzung der TV-Reihe in den Kinosälen (wie für den Fortbestand der Serie an sich) war auch, dass die Originalstimmen einmal mehr verpflichtet werden konnten.
Die deutsche Synchronfassung ist seit jeher schon Anstoß für Kritik unter den Fans hierzulande, dabei ist es bei manchen Wortwitzen oder Gags schlicht nicht möglich, sie so ins Deutsche zu übersetzen, dass der Sinn dahinter erhalten bleibt. Nach dem Tod der Schauspielerin und Sprecherin Elisabeth Volkmann vor einem Jahr musste die prominente Stimme von Marge Simpsons im Deutschen neu besetzt werden – eine Aufgabe, die Anke Engelke erstaunlich gut bewältigt.
Gerade im Original des Simpsons-Kinofilms tragen die Stimmen der Figuren einen Großteil zum authentischen Flair des Gezeigten bei und versetzen den Zuschauer somit in Windeseile in die bekannte Atmosphäre der TV-Serie. Die Sprecher scheinen dabei alle motiviert und werden durch Gast-Stimmen wie diejenige von Albert Brooks als Russ Cargill und Tom Hanks als er selbst veredelt.
Wer der Meinung ist, dass ein Zeichentrickfilm relativ günstig zu produzieren sei, der irrt; die Zeiten, in denen Disneys Die Schöne und das Biest [1991] 25 Millionen Dollar kostete, sind längst vorbei. Der in kürze startende Ratatouille [2007] verschlang 150 Millionen – Die Simpsons – Der Film immerhin die Hälfte. Allein am ersten Wochenende hatte der Film dies allerdings wieder eingespielt.
Dass der Kinofilm nicht nur mehr Zeit in Anspruch nahm, sondern auch technisch mehr zu bieten hat, als eine Folge der Serie, bekommen die Zuschauer einerseits an häufigeren und besseren 3D-Animationen wie dem sich bewegenden Mob zu sehen, andererseits an unterschiedlicheren Perspektiven und deutlich detaillierten Hintergründen.
Handwerklich bleibt der Film damit der TV-Serie treu, erweitert aber die visuellen Reize so gekonnt wie unauffällig und erweist sich einer Leinwand-Adaption würdig. Mit aktuellen 3D-Computer-Animationsfilmen wie dem erwähnten Ratatouille kann Die Simpsons zwar nicht mithalten, doch dies war auch in keinster Weise Absicht der Macher. Digital ist der Kinofilm trotz der augenscheinlich handgearbeiteten Animationen dennoch. Die Serie selbst seit vier Jahren übrigens auch.
Ein wenig bedauerlich ist, dass für die musikalische Untermalung nicht derjenige Komponist gewonnen werden konnte, der für das Kult gewordene Thema der Serie sogar einen Emmy bekam – Danny Elfman. Stattdessen vertont Hans Zimmer das Abenteuer und gibt sich hier sogar alle Mühe, einerseits das Flair der Serie mit einfließen zu lassen, andererseits dem Film eine eigene Handschrift zu verleihen.
Dabei gelingt es ihm glücklicherweise, die Kompositionen im Hintergrund zu halten und den Film nicht unter ihnen zu erdrücken; sein "Spider-Pig"-Song wird sicher noch lange in den Köpfen der Zuschauer umhergeistern. Von den übrigen Stücken bleibt allerdings keines haften.
Es ist verwunderlich, dass Die Simpsons – Der Film gerade in den USA ein so großer Erfolg war und sich auch in der Hauptsaison der Sommerfilme so stark behaupten konnte. Immerhin ist es gerade die selbstsüchtige Lebensweise mancher Amerikaner, die hier parodiert wird – ebenso wie Fernsehsender Fox und die derzeitige Regierung. Für diese Unverfrorenheit sind die Simpsons zwar schon seit Jahren bekannt, dass sich aber auch ein Publikum im Kino dafür findet, ist erstaunlich.
Dieses sollte zudem nicht nur während des gesamten Films aufmerksam bleiben, sondern auch beim Abspann in den Sesseln verweilen. Einerseits bekommt man dann eine Version des "Spider-Pig"-Songs zu hören, der es in Großbritannien sogar in die Top 20 schaffte, andererseits gibt es auch das erste Wort von Simpson-Baby Maggie zu hören, das auch die anderen Familienmitglieder mitbekommen.
In der Tat, man kann nur hoffen, dass sie Recht behält.
Fazit:
Kaum eine Komödie kann von sich behaupten, durchweg hervorragende Gag-Momente zu bieten, und auch bei den Simpsons gibt es einige Scherze, die nicht in dem Maße zünden wollen, wie andere es tun. Ein weiteres Problem ist sicherlich auch, dass vieles bereits in der Berichterstattung über den Film, den Making-ofs und Trailern zu sehen war. Nichtsdestotrotz bietet Die Simpsons – Der Film genügend neue Momente und Situationskomik, die zu überzeugen vermag.
Dank der guten Stimmleistungen, der passenden und auch dem Anlass angemessenen Story und dem merklich größeren Aufwand, der hinter der Produktion steckt, vermag das erste Leinwandabenteuer der gelben Familie zu überzeugen und spricht dabei all jene Aspekte an, die die Serie auch bei Fans der ersten Stunde so beliebt gemacht hat. Die ernsteren Momente sind es allerdings, durch die sich der Kinofilm von seinen Ursprüngen im TV merklich abhebt – man kann nur hoffen, dass die Macher dies bei eventuellen Fortsetzungen berücksichtigen. Und gegen solche gibt es angesichts der erstklassigen Humoreinlagen und der gesamten Präsentation nichts einzuwenden.