Der Diamanten-Cop [1999]
Wertung: |
Kritik von Jens Adrian |
Hinzugefügt am 20. Januar 2003
Genre: KomödieOriginaltitel: Blue Streak
Laufzeit: 93 min.
Produktionsland: USA
Produktionsjahr: 1999
FSK-Freigabe: ab 12 Jahren
Regie: Les Mayfield
Musik: Ed Shearmur
Darsteller: Martin Lawrence, Luke Wilson, Peter Greene, David Chappelle, Graham Beckel, Saverio Guerra
Kurzinhalt:
Bei einem "todsicheren" Einbruch, den Miles Logan (Martin Lawrence) mit drei "Kollegen" durchziehen will, versucht sein Komplize Deacon (Peter Greene), die Mit-Einbrecher zu erschießen, und sich die Beute (einen Diamanten) allein unter den Nagel zu reißen. Doch das misslingt: Bevor Logan von der Polizei gefasst wird, versteckt er den Stein im Lüftungsschacht eines im Bau befindlichen Gebäudes.
Als er zwei Jahre später aus dem Knast entlassen wird, muss er feststellen, dass der Bau inzwischen abgeschlossen ist – und das Los Angeles Police Department ein Revier darin hat!
Mit gefälschten Papieren gibt er sich als frischversetzter Cop aus, um den Diamanten ungestört in dem Gebäude suchen zu können, doch es kommt anders, als er denkt: Er wird dem schusseligen Detective Carlson (Luke Wilson) zugeteilt, und als wäre das nicht genug, hat Deacon von Logans Entlassung gehört und macht sich auf, seinen Anteil an dem Diamanten zurückzuholen.
Wider Willen spielt Logan den Cop länger, als ihm lieb ist und dabei muss er feststellen, dass seine Erfahrungen als Einbrecher ihm sehr von Nutzen sind.
Kritik:
Dass Martin Lawrence ein wirklich witziger Darsteller sein kann, hat er in Bad Boys [1995] bewiesen und auch in Nix zu verlieren [1997] kommt sein komödiantisches Talent zum Vorschein.
Aber wenn man sich seine Biographie anschaut, wird klar, dass mit dem Mann etwas nicht stimmen kann: Geboren am 16. April 1965 in Frankfurt-am-Main wuchs der Star in Maryland auf. In der Schule war er der Klassenclown und arbeitete mit einem Lehrer sogar einen Deal aus, wenn Martin die ganze Stunde über ruhig wäre, dürfte er in den letzten 5 Minuten die Mitschüler unterhalten – ein Stand-Up-Comedian war geboren.
Er bekam sogar seine eigene TV-Serie Martin [1992-1997] und mit Bad Boys gelang ihm der Durchbruch im Kino.
Seine Ehe mit Patricia Southall dauerte nach der Hochzeit im Januar 1995 keine zwei Jahre; seine sprunghaften Launen machten seinen Freunden und Bekannten zu schaffen, auch eine private Krankenschwester schaffte keine Abhilfe. Mit den psychogenen Pharmaka, die er daraufhin schluckte, bekam er sogar Wahnvorstellungen und 1996 wurde er verhaftet, als er schreiend mit einer Waffe wahllos auf Autos zielte. Offiziell hieß es, er leide an "Erschöpfung und Dehydrierung", aber es gab auch Gerüchte, er habe unter Drogen gestanden. Wenige Monate später gab es den nächsten Skandal, als er eine nicht registrierte Waffe durch eine Flughafenkontrolle schmuggeln wollte.
Daraufhin ging er auf Drogenentzug, verließ das Krankenhaus allerdings schon zwei Tage später. Zu Hause angekommen griff er seine Frau an, da er der Meinung war, sie habe seiner Krankenschwester freigegeben, Patricia Southall erwirkte ein Unterlassungsurteil, so dass Lawrence sich weder ihr noch ihrer gemeinsamen Tochter nähern durfte – wenig später ließen sie sich scheiden.
Das nächste Debakel kam in Form von Martin Lawrence' Kollegin am Set von Martin, Tisha Campbell; sie sagte, sie könne nicht weiter mit ihm arbeiten, da er sie ständig sexuell belästigte. Es wurde Klage gegen ihre Absicht, die Show zu verlassen, eingereicht und sie startete eine Gegenklage – am Ende musste sie bis zum Finale der fünften Staffel bleiben, Lawrence durfte während ihrer Drehzeit nicht im Studio sein, was bedeutete, dass die in der Serie verheirateten Liebenden in den letzten Episoden nicht mehr zusammen zu sehen waren.
Seither beruhigte sich das Geschehen um Lawrence, Ende August 1999 erlitt er beim Joggen einen Hitzschlag und musste ins Krankenhaus eingeliefert werden – erneut gab es Gerüchte von Drogenmissbrauch, aber es gab keine Beweise dafür.
Anhand dieses kleinen Abrisses kann man eines deutlich sehen, entweder ist Martin Lawrence gut aufgelegt und spielt seine Rollen mit Überzeugung, oder aber er ist so überdreht, dass man meinen Könnte, er wäre an einen Starkstromgenerator angeschlossen.
Und eben solche Sprünge gibt es auch im Diamanten-Cop, in denen Lawrence zwischen wirklich witzig und völlig überdreht wechselt, wobei letzteres besonders im Mittelteil vorherrscht und einem da gründlich den Spaß vermiest.
Die Story allerdings hört sich gar nicht schlecht an, ausbaubedürftig, aber immerhin ausbaufähig! Der Gangster, der als Cop verkleidet auf der richtigen Seite des Gesetzes stehen muss und dabei Erfahrungen seines "Vorlebens" miteinbringt, das ist nicht nur interessant, sondern würde auch Raum für viele Witze und Anspielungen lassen, von denen einige sogar ausgenutzt werden.
Aber anstatt wie im Drehbuch eine Handvoll kleiner Einsätze einzustreuen, bei denen Logan sein Können beweisen muss, wäre es doch besser gewesen, einen großen Fall im Hintergrund zu organisieren, so in etwa, wie es in der zweiten Hälfte des Films der Fall ist. Das einzufädeln, wäre kein Problem gewesen, hätte mehr Zusammenhalt geboten und vor allem von Anfang an gefesselt.
Man merkt dem Film deutlich an, dass mehrere Autoren ihre Finger mit im Spiel hatten, zu Beginn strotzt das Drehbuch nur vor geplanter (und daher meist nicht sehr witziger) Slap-Stick-Komik und gegen Ende summieren sich lockere Sprüche und gut inszenierte Action mit in den Cocktail. Dabei erinnern die Sprüche und Handlungen in der zweiten Hälfte zuweilen an eine harmlose Variante von Lethal Weapon - Zwei stahlharte Profis [1987], auch wenn sie bei weitem nicht in der selben Liga spielen.
Auch wenn nicht zuletzt seit Eddie Murphy Darsteller in Doppelrollen oder abwegig pseudo-witzigen Verkleidungen in Mode gekommen sind, zum Lachen sind sie meist dennoch nicht. Ein Martin Lawrence, der mit Rastalocken, einem blauen Jogging-Anzug und künstlichem Überbiss samt Riesenbrille verkleidet in ein Polizeirevier hinein marschiert und schneller redet, als ein Flugzeugpropeller in der Minute Umdrehungen hat, ist nicht zwangsläufig komisch. Es gibt sicherlich einen Markt für diese Art Humor, ich gehöre wohl offensichtlich nicht dazu, schon aus dem Grund, weil mir diese Witze so geplant und vorhersehbar erscheinen. Komik ist nicht planbar, das haben zahlreiche Rohrkrepierer in Film und Fernsehen immer wieder bewiesen.
Und im Gegensatz zu Comedy-Serien wie Friends, die vor Live-Publikum aufgenommen werden, und bei denen die Autoren am Set sind und auf das Lachen (oder das Ausbleiben desselben) des Publikums bei einem Witz reagieren können und müssen, ist das bei einer Filmkomödie nicht gegeben; dort steht, es ist witzig, also wird das so hingenommen ... daher hat den Machern schlicht niemand gesagt, dass das nicht komisch ist.
Die Darsteller können leider auch nicht vollends überzeugen, Martin Lawrence ist derart sprunghaft, dass man meinen könnte, er habe Angst, beim kleinsten Anzeichen von Stillstand zu explodieren und Luke Wilson kann zwar seine Natürlichkeit spielen lassen, kommt im Film zum einen allerdings zu kurz, zum anderen wirkt er schon wieder so dämlich und langsam, dass sein Charakter nicht viel mehr ist als eine mikroskopisch kleine Valiumtablette gegen den Aktionsvulkan Lawrence. Die anderen Darsteller sind entweder nicht lange zu sehen oder wirken wie Karrikaturen ihrer Rollen, einzig Saverio Guerra (bekannt aus der Serie Becker) kann hier ein paar Pluspunkte sammeln.
Man muss allerdings gestehen, dass dem Film die absolut erbärmliche deutsche Synchronisation nicht zugute kommt, mit fast schon pedantischer Genauigkeit wird jeder Witz schon im Ansatz zerstört, zertrampelt oder durch die lustlosen Sprecher zu Tode geredet.
Die Inszenierung von Les Mayfield ist großteils solide gelungen, insbesondere das Finale bietet einige interessante Kameraeinstellungen und Ideen, aber manche Szenen, die schon vom Aufbau her viel Potential besessen hätten, bleiben leider ungenutzt. So zum Beispiel, als Logan erkennen muss, dass er seine Beute in einem Polizeipräsidium versteckt hat – hier wird der Zuschauer mit der Tatsache schon konfrontiert, bevor man überhaupt weiß, dass Logan es gesehen hat.
Die instrumentale Musik von Ed Shearmur hat einige interessante witzige Melodien, aber leider ist sie großteils nicht zu hören, in vielen schnellen Szenen die albumsüblichen Rap- und Rocksongs vorgezogen wurden. Nicht nur auf Grund ihrer Monotonie, sondern auf Grund des aufdringlichen Einspielens gehen diese Songs fast jedem geduldigen Zuschauer früher oder später auf die Nerven, Shearmurs Musik hätte eindeutig besser gepasst.
Aus der Grundidee zum Diamanten-Cop hätte man einen guten und witzigen Film machen können, auch mit Martin Lawrence in der Hauptrolle – wenn der Regisseur ihn im Zaum hätte halten können. Michael Bay gelang es in Bad Boys sehr gut, und obwohl Lawrence Grimassen teilweise wirklich witzig sind, wirkt er hier großteils zu überdreht und zu verhastet, als hätte er sich selbst in seiner Haut nicht wohlgefühlt.
Was bleibt, ist ein mäßig unterhaltsamer Film, bei dem man sich mehrmals fragen muss, wieso diese Szene es in den finalen Schnitt geschafft hat, ein paar Verrenkungen und Zappeleien hätten ruhig auf dem Boden des Schneideraums liegen bleiben können.
So sieht man das Potential und hofft, dass im zweiten Teil (der im September 2003 in den USA anlaufen soll) mehr davon umgesetzt wird und weniger Krampfkomik zu sehen ist.
Fazit:
Mit einem weniger kaspernden Martin Lawrence und einer thrillerbetonteren Story hätte der Film wirklich gut sein können, die Anlagen waren da, aber sobald man dem Hauptdarsteller die Zügel in die Hand gibt, wird daraus ein komödiantisches Debakel, das auf Grund der Übertriebenheit nicht mehr komisch ist.