Denn bitter ist der Tod [2002]

Wertung: 3.5 von 6 Punkten  |   Kritik von Jens Adrian  |   Hinzugefügt am 18. Februar 2003
Genre: Krimi

Originaltitel: The Inspector Lynley Mysteries: For the Sake of Elena
Laufzeit: 90 min.
Produktionsland: Großbritannien
Produktionsjahr: 2002
FSK-Freigabe: -

Regie: Richard Laxton
Musik: Robert Lockhart
Darsteller: Nathaniel Parker, Sharon Small, Selina Cadell, Cherie Lunghi, Tim Pigott-Smith, Lesley Vickerage, Sophie Ward


Kurzinhalt:
In Cambridge wird eine Studentin ermordert aufgefunden, Elena (Samantha Baker) war die taube Tochter von Professor Philip Weaver (Tim Pigott-Smith), der nach seiner Scheidung von Glyn (Selina Cadell) mit Justine (Sophie Ward) zusammenlebt, allerdings eine Affäre mit der Künstlerin Sarah Gordon (Cherie Lunghi) hatte.
Als das Ermittlerteam Lynley (Nathaniel Parker) und Havers (Sharon Small) das Leben der Schülerin aufrollen, zeigen sich zahlreiche Affären und Ausschweifungen der Jugendlichen. Neben vielen Parties und Freunden haben sich auch Lehrer für sie interessiert – unter der Oberfläche von Cambridge lodern viele Feuer, die das Duo aufdecken muss, um den Mörder zu entlarven.


Kritik:
Wer die bisherigen Abenteuer von Lynley und Havers verfolgt hat, wird sich bei Denn bitter ist der Tod drei Dinge fragen: Zum einen wird auch nach langem Überlegen nicht klar, was der deutsche Titel bedeuten soll; zweitens ist es offensichtlich, dass bei Autorin Elizabeth George das Thema Sex immer mehr in den Vordergrund gerät und als letztes fragt man sich, wieso der Schauplatz erneut eine Schule sein muss. Erst in Auf Ehre und Gewissen [2002] konnte man einen Blick hinter den scheinheiligen Vorhang eines Nobelinternats werfen; nun wird das auf Cambridge übertragen, andere Personen ähnliche Schicksale. Und erneut gilt die Devise "keine Sprechrolle ohne Bedeutung", denn jeder Charakter mit Dialog kommt irgendwann im Film noch vor. Diejenigen mit besonders wenig Dialog haben dabei sogar augenscheinlich eine größere Bedeutung.

Die Geschichte hat in der Tat Potential, den Zuschauer für einige Zeit bei Laune zu halten, die alten Mauern von Cambridge eignen sich geradezu ideal für ein solches Versteckspiel mit einem Mörder, der scheinbar wahllos junge Schülerinnen ermordet.
Doch was interessant beginnt, verliert schon bald an Elan, weil erneut nicht der Fall im Vordergrund steht, sondern die Gefühlswelten der Hauptdarsteller; und diese sind einfach nicht komplex genug, um die Zuseher zu unterhalten. Havers Nebenhandlung mit ihrer kranken Mutter wird in wenigen kurzen, dafür umso prägnanter unpassend inszenierten Szenen voran getrieben, wobei wirklich bewegende Szenen, beispielsweise diejenige, als sie ihre Mutter ins Heim begleitet, allein von der Handlung sehr viel Spielraum für eine künstlerisch anspruchsvolle Umsetzung gehabt hätten. Doch statt diese Nuancen aus der Sicht von Havers einzufangen und mit innovativen Kameraeinstellungen und Schnitten umzusetzen ist dieser Abschnitt viel zu kurz geraten und scheint für keinen der Beteiligten später Auswirkungen zu haben.
Lynley ist dahingehend bedeutend gelungener und Darsteller Nathaniel Parker versteht es auch, mit Gesten und Pausen seinem Charakter einige unterhaltsame Szenen abzuluchsen. Es wird wieder deutlich, dass er mehr detektivisches Gespür besitzt und in seiner Arbeit voll und ganz aufgeht. In dieser Hinsicht ist Sharon Small als Barbara Havers gerade in den Verhören oft zu tolpatschig; wo Samtpfoten angesagt wären, poltert sie mit Trompeten herein. Und doch haben beide ein paar nette und pointierte Dialogzeilen bekommen – verteilt auf 90 Minuten ist das aber eindeutig zu wenig.

Die Geschichte bringt außer Lehrern, die sich willig von Schülerinnen verführen lassen, und der Tatsache, dass das erste Opfer taub gewesen ist, nicht viel Neues in die bekannten Klischees mit ein. Umständlich wird zudem noch Helen Clyde in das Geschehen hineingewoben, ohne dass sie selbst für den Fall notwendig oder nützlich wäre.
Nur an der Oberfläche wird ebenso bei den anderen Charakteren gekratzt, beispielsweise die Eltern des ersten Opfers und die Stiefmutter – doch ihre Schicksale wirken zu schablonenhaft und zu "kurz geraten", als dass sie überzeugen könnten. Dafür wird hier und da noch ein Charakter eingestreut, der zwar nicht viel zu sagen hat und für den Ausgang der Geschichte völlig uninteressant ist, letztendlich aber die anderen Beteiligten nur "Screentime" kostet. Lieber hätte man hier auf ein paar Details bei den Nebenhandlungen verzichtet und dafür die anderen Storyaspekte besser herausgearbeitet.

Inhaltlich pendelt der Teil zwischen 'ganz gut' und 'naja', besonders die verwackelten Kamerafahrten zu Beginn passen nicht in das restliche Bild. Vor allem soll so in Gesprächen eine künstliche Spannung aufgebaut werden, obwohl der Zuschauer lieber ruhig informiert werden möchte. Zusätzlich wird öfters versucht, zwei Handlungsebenen gleichzeitig zu erzählen, wofür in unerkennbarem Muster Schauplätze aneinander geschnitten werden. Leider geht das auf Kosten der Dramaturgie und der Übersichtlichkeit. Die Spannung in der einen Szene wird durch ständige Zwischenschnitte mit einer anderen bisweilen völlig zerstört. Besser wäre gewesen, sich für eine Szene Zeit zu lassen, anstatt den Zuschauer nach Soap-Opera-Manier mit Szenen-Cliffhangern zum Weiterschauen zu motivieren.
Wie in fast allen vorhergegangenen Teilen sind auch in Denn bitter ist der Tod die Dialogszenen viel zu kurz geraten, gerade wenn man endlich neue Erkenntnisse erwartet, bricht das Gespräch ab und ein neuer Schauplatz folgt.

In einem Roman kann das funktionieren, da auf einer Seite viel mehr Gefühle und Gedanken dargestellt werden können, als bloße Gespräche; im Film ist das allerdings sehr störend und fällt immer wieder negativ auf.

Besonders gut gespielt ist der Fernsehfilm leider auch nicht, abgesehen von Parker und Small wirken alle anderen Darsteller blaß bis lustlos; ihre Handlungen sind zudem nicht immer nachvollziehbar, sondern erscheinen unwirklich und bisweilen unverständlich.
Beispielhaft hierfür sind sicherlich die Streitgespräche der beiden hinterbliebenen Elternteile, die angesichts ihres Verlustes nichts Besseres zu tun wissen, als sich Schuldvorwürfe über die gescheiterte Ehe zu machen.

Auch dieser Fall ist nicht sehr spannend umgesetzt, wirklich mitfiebern kann man aufgrund der "zerstückelten" Szenen ohnehin nicht; die Auflösung dagegen kommt wieder derart plötzlich und nicht nachvollziehbar, dass das völlig undurchschaubare Motiv gar nicht mehr ins Gewicht fällt.


Fazit:
Es ist traurig aber wahr, dass derzeit an filmischer Krimikost nichts Gelungeneres von der Insel exportiert wird, sehenswerter macht es das aber nicht.
Jeder Hauch von Chemie zwischen Havers und Lynley wird spätestens mit einem "Sir" aus Havers Mund zerstört, die Fälle schmecken wie aufgewärmte Fertigmenüs und auch inszenatorisch gab es schon bedeutend Besseres.
Die bisherige erste Staffel der Reihe war jedenfalls sehr durchwachsen – Denn bitter ist der Tod macht da keine Ausnahme.