Deepwater Horizon [2016]
Wertung: |
Kritik von Jens Adrian |
Hinzugefügt am 29. November 2016
Genre: Drama / Thriller / ActionOriginaltitel: Deepwater Horizon
Laufzeit: 107 min.
Produktionsland: Hongkong / USA
Produktionsjahr: 2016
FSK-Freigabe: ab 12 Jahren
Regie: Peter Berg
Musik: Steve Jablonsky
Darsteller: Mark Wahlberg, Kurt Russell, Gina Rodriguez, John Malkovich, Dylan O'Brien, Kate Hudson, Stella Allen, Douglas M. Griffin, James DuMont, Joe Chrest, Brad Leland, David Maldonado, J.D. Evermore, Ethan Suplee
Kurzinhalt:
Eigentlich ist die schwimmende Ölplattform Deepwater Horizon ein Prestigeprojekt im Golf von Mexiko. Noch nie wurde ein einer solchen Tiefe gebohrt. Doch die Betreibergesellschaft, die dort im Auftrag von BP tätig ist, liegt hinter dem Zeitplan und deutlich über dem geplanten Budget. Während Leiter der Bohrinsel Jimmy Harrell (Kurt Russell) dafür plädiert, weitere Tests durchzuführen, gestützt durch seinen Cheftechniker Mike Williams (Mark Wahlberg), drängen Vertreter von BP, darunter Donald Vidrine (John Malkovich), endlich mit der Förderung zu beginnen. Am 20. April 2010 geschieht die Katastrophe, die viele Sicherungssysteme verhindern sollten. Nach einer verheerenden Explosion kämpft die mehr als 100 Mann starke Besatzung der Plattform ums schiere Überleben ...
Kritik:
Es heißt, ein Bild sagt mehr als tausend Worte. Demnach könnte man entweder die unzähligen Zahlen zitieren, die nach dem verheerenden Unglück auf der Ölbohrinsel Deepwater Horizon am 20. April 2010 publik gemacht wurden. Von 11 Arbeitern, die dabei ums Leben kamen, über die geschätzte 800 Millionen Liter Rohöl, die den Atlantik verpestet und unzählige Tiere und Pflanzen haben verenden lassen. Oder man zeigt Bilder der Naturkatastrophe nach der Explosion auf der schwimmenden Plattform, die vollkommen mit Öl bedeckte Pelikane zeigen, die in ihren letzten Zügen liegen. Oder den riesigen Ölteppich, der sich über die Meeresflora gelegt hatte und an die Küste von Louisiana geschwemmt wurde. Interessanterweise blendet Regisseur Peter Berg in seinem Katastrophendrama Deepwater Horizon diesen Aspekt des Unglücks beinahe vollständig aus. Ein Tier, das sich auf einen nahe der Plattform wartenden Tanker verirrt, ist stellvertretend für die Umweltkatastrophe nach dem Unglück. Berg ist mehr am Spektakel interessiert, das ihm handwerklich packend gelingt und dank der starken Besetzung mitreißt, obwohl man über die Figuren wenig erfährt. Nur bleibt am Ende das Gefühl, dass hier nur die halbe Geschichte erzählt wird.
Dass Deepwater Horizon – wie zu Beginn des Films angegeben – tragischerweise auf Tatsachen basiert, dürfte allen bekannt sein, die zum Zeitpunkt des Unglücks alt genug waren, das Weltgeschehen zu verfolgen. Dass er, wie die allermeisten Filme dieser Art, das Geschehen vereinfacht darstellt, findet sich als Randnotiz im Abspann. So bestätigt er zwar persönliche Überzeugungen, dass gewissenlose Großkonzerne, in Form des von John Malkovich profitgierig gespielten BP-Vertreters, der alle Sicherheitsbedenken über Bord wirft, um endlich die weit hinter dem Zeitplan liegenden Ölbohrungen anzustoßen, alleinig für eine solche Katastrophe verantwortlich sind, aber ist die Wahrheit wirklich so einfach? Informiert man sich über die Untersuchungen, die seither stattgefunden haben, dann scheint es vielmehr so, dass viele Fehler in unterschiedlichen Bereichen und viele der verschiedenen Komponenten der Bohrung betreffend, gemacht wurden. Dass insbesondere die Schutzvorrichtung, die einen Blowout verhindern sollte, gar nicht geeignet war, lässt einen selbst als Laie nur kopfschüttelnd zurück.
Auf diese Aspekte verweist Regisseur Peter Berg in seine den Film einrahmenden Szenen der tatsächlich stattgefundenen Anhörungen, ohne jedoch anzuklagen, oder Stellung zu beziehen. Sieht man seinen Film als das, was er sein möchte, ein in seiner Struktur geradezu altmodisches Katastrophendrama, funktioniert er ausgesprochen gut. Im Zentrum steht der Ingenieur und Familienvater Mike Williams, sympathisch gespielt von Mark Wahlberg, dessen Tochter passenderweise ein Schulprojekt über die Arbeit ihres Vaters vorstellt und anhand einer Cola-Dose ganz einfach demonstriert, was ihr Vater arbeitet, was ein Blowout ist und dass auch die von ihr skizzierten Schutzmaßnahmen versagen können.
Über keine der anderen Figuren, mit Ausnahme von Andrea Fleytas, erfährt man irgendwelche privaten Details. Wie bei Filmen dieser Art üblich, steht auch bereits die Reise der Crew, die die kommenden drei Wochen Dienst auf der Plattform verrichten soll, unter keinem guten Stern. Die Spannungen zwischen dem Verantwortlichen Jimmy Harrell, der für die Sicherheit auf der Ölbohrinsel ausgezeichnet wird, und den Auftraggebern von BP steigen, immerhin hat das Projekt deutlich mehr Zeit und damit Geld verschlungen, als ursprünglich geplant.
So werden Sicherheitsbedenken zurückgestellt, was schließlich in der verheerenden Katastrophe mündet, die die zweite Filmhälfte einnimmt. Die erschreckende Authentizität, mit der Regisseur Peter Berg die Zuschauer in Deepwater Horizon an die Seite der Figuren versetzt, besitzt dabei eine solche Wucht, dass man die Hitze im Kinosaal förmlich spüren kann. Bricht das Chaos auf der Plattform aus, die sich in wenigen Minuten in eine Falle aus Flammen und einstürzenden Bauteilen verwandelt, dann ist das nicht nur packend, sondern angesichts der menschlichen Schicksale dahinter erschütternd. Hätte man vorab mehr über die Personen erfahren, ginge ihr Überlebenskampf in dieser Hölle noch näher.
Fazit:
Waren die Bilder, die um die Welt gingen, auf eine grauenvolle Weise nicht schon eindrucksvoll genug, erzeugt der Perspektivwechsel, den Filmemacher Peter Berg hier vollzieht und sein Publikum damit unmittelbar an den Ort der Katastrophe katapultiert, ein Gefühl der Machtlosigkeit, dass es an ein Wunder grenzt, dass die meisten Personen lebend von Bord gekommen sind. Deepwater Horizon ist ebenso Mahnmal, dass trotz der unvorstellbaren Technologie, mit der an diesen Orten gearbeitet wird, die Kraft der Natur nicht zu bändigen ist, wie ein Denkmal all denjenigen, die diese Katastrophe erlebt haben. Trotz der einfachen Antworten, wenn es um Schuldzuweisungen geht, die hier mehr angedeutet, als vollzogen werden, ist das mitreißend und in der Vehemenz der zweiten Filmhälfte überwältigend, insbesondere dank der physisch sichtlich geforderten Darsteller, von denen Kurt Russell am meisten hervorsteht, gefolgt von John Malkovich. Russells Darbietung ist ebenso preiswürdig, wie die technische Umsetzung. Nur wächst die Erzählung nie in dem Maße über sich hinaus, wie es die Betroffenen bei ihrem Kampf ums Überleben getan haben.