Das Vermächtnis der Tempelritter [2004]
Wertung: |
Kritik von Jens Adrian |
Hinzugefügt am 03. Februar 2005
Genre: Action / KomödieOriginaltitel: National Treasure
Laufzeit: 131 min.
Produktionsland: USA
Produktionsjahr: 2004
FSK-Freigabe: ab 12 Jahren
Regie: Jon Turteltaub
Musik: Trevor Rabin
Darsteller: Nicolas Cage, Diane Kruger, Justin Bartha, Sean Bean, Jon Voight, Harvey Keitel, Christopher Plummer, David Dayan Fisher, Stewart Finlay-McLennan, Oleg Taktarov, Stephen A. Pope
Kurzinhalt:
Seit ihm sein Großvater (Christopher Plummer) die Geschichte vom über Tausend Jahre alten Schatz der Tempelritter erzählt hat, ist Benjamin Franklin Gates (Nicolas Cage) davon fasziniert und fest entschlossen, ihn zu finden. Zusammen mit seinem Assistenten Riley (Justin Bartha) und dem Geschäftsmann Ian Howe (Sean Bean) entdeckt Ben einen weiteren Hinweis auf den Aufenthaltsort des Schatzes.
Doch dieses neue Puzzle-Stück deutet auf die amerikanische Unabhängigkeitserklärung hin, wo weitere Angaben versteckt sein sollen. Während Ian sogar bereit ist, das Dokument zu stehlen und möglicherweise zu zerstören, muss Ben es vor Ians Zugriff bewahren. Aber alle Bitten bei den amerikanischen Behörden verhallen ungehört. Selbst Abigail Chase (Diane Krüger), verantwortlich für die Ausstellungsstücke im National-Archiv – darunter auch die Unabhängigkeitserklärung – glaubt Ben und Riley nicht.
So entschließt sich Ben, die Schriftrolle persönlich zu stehlen, um sie so zu schützen. Dabei ist selbst sie nicht der letzte Hinweis auf das Versteck des sagenumwobenen Vermächtnisses der Tempelritter.
Kritik:
Wer an Abenteuerfilme denkt und in dem Genre etwas bewandert ist, dem fällt normalerweise nur ein Name ein: Indiana Jones. Seine weibliche Kopie Lara Croft konnte in keinem der beiden Tomb Raider-Abenteuer richtig überzeugen, und Genrekennern huscht beim Gedanken an die Richard Chamberlain-Inkarnation Quatermain höchstens ein verhaltenes Lächeln auf das Gesicht, in Erinnerung an trashige Stunden vor dem Fernseher. Versuche, das Genre wiederzubeleben, gab es genügend.
Und es ist irgendwie schon verwunderlich, dass es ausgerechnet Jerry Bruckheimer gelang, mit Das Vermächtnis der Tempelritter einen modernen Indiana Jones ins Kino zu bringen – zweifellos nicht auf dem Niveau des Originals, aber mit ähnlichem Unterhaltungswert, der leichtfüßigen Erzählweise und einigen guten Story-Ideen, deren Entwicklung man nicht ohne Weiteres abschätzen kann.
Bei vielen Kritikern konnte National Treasure, so der Originaltitel, keine Lorbeeren gewinnen; zu eindimensional seien die Charaktere, zu vorhersehbar die Story, die sich als amerikanisierte Variante des erfolgreichen Romans Sakrileg [2003] von Autor Dan Brown gibt. Zugegeben, auf den ersten Blick sind einige Ähnlichkeiten zu erkennen, die aber letztlich doch nur oberflächlicher Natur sind. Und auch wenn Jon Turteltaubs Film bei weitem nicht so komplex geraten ist, und das Finale etwas schwächelt, schuf er einen interessanten, überaus schnellen und witzigen Abenteuer-Film mit sehr gut gelaunten Darstellern, einer mitreißenden Geschichte und beeindruckenden Sets. Obwohl im Winter 2004 gestartet, ist Das Vermächtnis der Tempelritter ein ansich besser für den Sommer geeignetes Werk, dessen Erfolg mehr als nur berechtigt war, und das gerade angesichts Bruckheimers jüngster Produktionen King Arthur [2004] und Bad Boys II [2003] sichtlich überrascht.
Zu verdanken ist das vor allem dem intelligenten Drehbuch, das die Zuschauer glücklicherweise nicht für dumm verkauft, einige Zusammenhänge eben nicht haarklein erklärt und mit frischen Figuren aufwartet.
Die Story selbst wird zwar schnell erzählt, nimmt sich für die einzelnen Sequenzen trotzdem genügend Zeit, so auch für den wirklich gelungenen Coup, die Unabhängigkeitserklärung zu "leihen". Ist der Film bis dahin noch mehr oder weniger vorhersehbar, wandelt sich das Blatt in diesem Moment, und es folgen zahlreiche unerwartete Szenen, in denen darüber hinaus die Figuren weiter ausgebaut werden. So präsentiert sich die Beziehung zwischen Ben und Abigail erfreulich unverkrampft, und die Dialoge bewegen sich auf einem allzeit amüsanten, stets natürlichen Niveau. Die drei Hauptfiguren Ben, Abigail und Riley harmonieren nicht nur gut, sie wirken allesamt "gewöhnlich", ohne übermenschliche Kräfte, müssen Rückschläge einstecken und bekommen tatsächlich etwas zu tun. Der Sprüche klopfende Sidekick Riley trägt merklich zur Auflockerung der Atmosphäre bei und wird mit seinen zahlreichen bissigen Kommentaren sicher in Erinnerung bleiben.
Mit am überraschendsten ist allerdings die Figur von Bens Vater Patrick Gates, der erstaunlicherweise recht vielschichtig geraten ist. Von Jon Voight überaus gelungen verkörpert, schimmern sowohl die Frustration zu Beginn hindurch – als er erkennen muss, dass sein Sohn, wie er früher selbst, Jahre seines Lebens in einer hoffnungslosen Suche verschwendet –, als auch später die zunehmende Begeisterung für die Erfüllung seines Lebenstraumes.
Zu guter Letzt warten die Autoren mit einem denkwürdigen, weil intelligenten und nicht unnötig brutalen Bösewicht auf. Wenn beim Einbruch zum Beispiel offenbar wird, mit welch unterschiedlichen, nichtsdestotrotz erfolgreichen Mitteln die beiden Parteien versuchen, die Unabhängigkeitserklärung in ihren Besitz zu bringen, kommt wirklich Spannung auf. Dass die Sympathien der Zuschauer vor allem deshalb bei Ben, Abigail und Riley liegen, weil die drei stets improvisieren müssen, in Unterzahl vertreten sind, gar nicht die finanziellen Mittel ihrer Gegner haben und sich ständig zu wehren haben, stört dabei nicht, sondern ist vielmehr ein legitimes Mittel, das viele Autoren von Action-Filmen häufig vergessen.
Jim Kouf, Cormac und Marianne Wibberley lieferten ein äußerst facettenreiches Skript, das mit einer Menge guter Einfälle dient und die Geschichte stetig aber nicht zu überdimensional entfaltet. Sicher mutet das Ganze mitunter etwas patriotisch an und die Dialoge sind alles andere als Oscar-verdächtig, dabei jedoch erfreulich natürlich und pointiert.
Die Darsteller würdigen die Vorlage mit einem gelungenen Spiel, allen voran Nicolas Cage, der seit Face/Off – Im Körper des Feindes [1997] in keinem anderen Unterhaltungsfilm derart souverän wirkte. Mit einer Prise Ironie, viel Charme und gekonnter Mimik macht er eine mehr als nur überzeugende Figur und es ist eine Freude, ihm zuzusehen.
Darüber hinaus scheint er seine Kollegen entsprechend zu motivieren; sogar Diane Krüger, die in Troja [2004] alles andere als hitverdächtig war, agiert hier natürlich, sympathisch und recht talentiert. Sowohl ihre komischen Momente, als auch die ruhigen Szenen verkörpert sie angemessen und lässt keine Wünsche offen. Ihr deutscher Akzent im englischen Original ist dabei sehr subtil eingestreut und wird vom Drehbuch mit einer witzigen Bemerkung erklärt.
Für solche ist meist Justin Bartha zuständig, der seiner Rolle als Bens spitzzüngiger Gehilfe voll und ganz gerecht wird, und stets für die notwendige Auflockerung sorgt. Man kann nur hoffen, dass er häufiger solche Rollen angeboten bekommt.
Sean Bean zeigt hier ebenfalls mehr Einsatz, als beispielsweise in Troja, obwohl er schauspielerisch nicht so viel zu tun hat, wie zum Beispiel in Der Herr der Ringe [2001-2003]. Ihn zu beobachten, wie er hinter Bens Plan kommt, den Jungen im Museum entlarvt und ohne Neid anerkennt, dass ihn sein Widersacher an Sachverstand übertrifft, macht wirklich Spaß, was nicht unerheblich an seiner Ausdruckskraft liegt.
Überraschend stark gibt sich Jon Voight, der in die Rolle sehr gut hineinpasst und einen deutlich besseren Eindruck hinterlässt, als in Lara Croft - Tomb Raider [2001], in dem er ja den Film-Vater von Miss Croft gab (und damit sich selbst verkörperte, immerhin ist er Angelina Jolies tatsächlicher Vater). Patrick Gates' unterschwellige Begeisterung, sein verstohlener Blick auf das Dokument und das Leuchten in den Augen, wenn er die Wahrheit in Bens Worten erkennt, werden von Voight sehr überzeugend dargebracht.
Der Kurzauftritt von Harvey Keitel ist wie derjenige von Christopher Plummer durchaus gelungen und beide Mimen veredeln National Treasure merklich. Auch die übrige Besetzung, darunter Howes Schergen, lässt keine Wünsche offen und kann sich sehen lassen.
Regisseur Jon Turteltaub machte erstmals mit der Underdog-Komödie Cool Runnings – Dabei sein ist alles [1993] auf sich aufmerksam; dem folgte die Komödien-Hit Während du schliefst [1995] mit Sandra Bullock und wenig später der recht beliebte, von der Kritik allerdings eher verschmähte John Travolta-Streifen Phenomenon – Das Unmögliche wird wahr [1996]. Mit Instinkt [1999] konnte Turteltaub trotz erstklassiger Darstellerleistungen und einer bewegenden Geschichte die Zuschauer nicht ins Kino locken – seine Disney-Produktion The Kid – Image ist alles [2000] war hingegen wieder sehr erfolgreich.
Somit ist klar, dass Jon Turteltaub im Komödienfach zwar schon einige Erfahrungen sammeln konnte, ein Action-Film war jedoch noch nicht dabei. Dass er dies ebenfalls beherrscht, beweist er mit seiner besonnenen Regie bei Das Vermächtnis der Tempelritter eindrucksvoll.
Kamera und Schnitt nutzen die erstklassigen und imposanten Sets gekonnt aus, gewähren dem Zuschauer stets die notwendige Übersicht und ziehen in den richtigen Momenten das Tempo merklich an. Dass die Szenen beim Finale meist recht dunkel geraten sind, liegt am Setting, und dürfte bei der DVD-Auswertung des Films nicht mehr so finster erscheinen, wie auf der Kinoleinwand.
An den dezenten, aber zahlreichen Kamerfahrten und der ansich klassischen Umsetzung spürt man Bruckheimers Einfluss, und selbst die mit Tricks und Zooms aufgepeppte Einbruch-Vorschau stört nicht, ganz im Gegenteil. Turteltaub bleibt immer nah bei den Figuren, fängt die Mimik und Gestik der Charaktere angemessen ein, vergisst jedoch nicht, dass aufregende Action darüber hinaus weitwinklige Aufnahmen benötigt.
Der Schnitt passt gut zum Rest und auch die Optik lässt keine Wünsche offen, ebensowenig wie die gut geratenen Spezialeffekte, die den erstklassigen und lebensechten Bauten in nichts nachstehen.
Musikalisch überrascht Trevor Rabin nach dem enttäuschenden Score zu Bad Boys II mit seinem besten Soundtrack seit The 6th Day [2000], der aber nicht an Deep Blue Sea [1999] heranreicht, und bei dem gerade das ruhige Thema stark an Armageddon – Das jüngste Gericht [1998] erinnert.
Mit den verspielten Melodien (eine scheint beinahe aus der Feder von Thomas Newman zu stammen) erzeugt er für die jeweiligen Figuren und Parteien bei der Suche nach dem Schatz sofort die entsprechende Atmosphäre, mischt versiert elektronische und klassische Elemente und untermalt sowohl die eher beschaulichen Sequenzen, als auch die Action-Passagen gekonnt. Vor allem unterstützt der Score gerade damit die leichtfüßige und spaßige Story.
Dass die Soundtrack-CD lediglich 38 Minuten Musik beinhaltet, ist mehr als nur bedauerlich; obgleich sich die Musik im Film bisweilen wiederholt, gibt es sicherlich bedeutend mehr eigenständige Themen, als man hier geliefert bekommt. Fans sollten dennoch einmal hineinhören.
Fängt nach etwas mehr als zwei Stunden der Abspann an, mit Passagen aus der Unabhängigkeitserklärung über die Leinwand zu rollen, bleibt dem Zuschauer noch der Schluss-Gag im Gedächtnis. Dabei eignet sich National Treasure ansich gar nicht schlecht für eine Fortsetzung. Interessant am Abspann ist zudem, dass im Gegensatz zu vielen aktuellen Filmen kein Song zum Film aus den Lautsprechern dudelt, sondern eine wirklich gelungene Soundtrack-Suite.
Der Jerry Bruckheimer-Produktion vorzuwerfen, sie sei inhaltlich "dumm", wie einige Zuschauer und viele Kritiker es getan haben, ist ohne Frage nicht richtig. Zwar mutet die Story bisweilen arg hanebüchen an und ist nicht völlig logisch, richtet sich aber vor allem dank der kniffligen Rätsel und der Figuren eindeutig an ein mitdenkendes Publikum.
Jon Turteltaub gelang mit seinem Film ein durchweg unterhaltsamer Abenteuer-Spaß, der dank spielfreudiger Darsteller, der intelligenten Story und vieler witziger Momente deutlich über dem Durchschnitt liegt und die beiden Tomb Raider-Filme weit hinter sich lässt. Dass man damit Indiana Jones nicht würde einholen können, war den Machern wohl bewusst, und so konnten sich die Autoren auf andere Aspekte des Skripts stützen.
Fazit:
"Wo Jerry Bruckheimer draufsteht, ist auch Action drin" – der Spruch galt in den letzten Jahren (abgesehen vom Erfolgsfilm Fluch der Karibik [2003]) leider nicht oft. Dass der Erfolgsproduzent gerade bei einer nicht so vielversprechenden Geschichte einen überaus spaßigen Film auf den Weg bringen würde, verwundert deshalb umso mehr.
Wer sich auf die sympathischen Charaktere – verkörpert von ausnahmslos gut gelaunten Darstellern –, die interessante, mitunter recht spannende, und trotzdem actionreiche Geschichte einlässt, wird nicht enttäuscht. Mit exzellent ausgestatteten Sets, einer handwerklich sauberen Umsetzung von Regisseur Jon Turteltaub und einem äußerst hohen Spaßfaktor beschert Das Vermächtnis der Tempelritter zwei sehr unterhaltsame Stunden, die nie langweilig werden, nur in der ersten Hälfte vorhersehbar sind, und geneigte Zuschauer auf ein modernes, aber dennoch klassisches Abenteuer mitnehmen.
Das Finale mag etwas schwach sein; abgesehen davon gibt es hingegen nichts zu bemängeln und angesichts der raren Konkurrenz kann man nicht nur Genre-Fans National Treasure ohne zu zögern empfehlen.