Das Omen [1976]
Wertung: |
Kritik von Jens Adrian |
Hinzugefügt am 13. Juni 2006
Genre: Horror / FantasyOriginaltitel: The Omen
Laufzeit: 106 min.
Produktionsland: USA
Produktionsjahr: 1976
FSK-Freigabe: ab 16 Jahren
Regie: Richard Donner
Musik: Jerry Goldsmith
Darsteller: Gregory Peck, Lee Remick, David Warner, Billie Whitelaw, Harvey Stephens, Patrick Troughton, Martin Benson, Robert Rietty, Tommy Duggan, John Stride, Anthony Nicholls, Holly Palance
Kurzinhalt:
Am 06. Juni um sechs Uhr morgens wird das Kind von Robert (Gregory Peck) und Katherine Thorn (Lee Remick) in Rom geboren – und stirbt wenig später. Während Robert am Überlegen ist, wie er die schreckliche Nachricht seiner Frau beibringen soll, unterbreitet ihm ein Priester im Krankenhaus einen Vorschlag; Robert könnte einen Jungen ohne Adoptionspapiere als sein eigenes Kind aufziehen – es wurde zur selben Zeit wie sein Kind geboren, doch verstarb die Mutter bei der Geburt.
Verzweifelt willigt Robert sein, und für seine Frau und seinen Sohn Damien (Harvey Stephens) kehrt der Alltag ein. Doch ab Damiens fünftem Geburtstag häufen sich seltsame Vorkommnisse, Unfälle und unerklärliche Ereignisse. Während der Priester Brennan (Patrick Troughton) Robert vor etwas Schrecklichem im Zusammenhang mit Damien zu warnen versucht, keimt im Journalisten Keith Jennings (David Warner) ein grauenhafter Verdacht auf.
So muss Robert die schwerste Entscheidung seines Lebens treffen, um sich und seine Frau zu beschützen – aber nicht nur das Kindermädchen Mrs. Baylock (Billie Whitelaw) stellt sich ihm in den Weg ...
Kritik:
Für den damals immerhin 46jährigen Regisseur Richard Donner bedeutete Das Omen der Durchbruch, der ihm die Türen der großen Hollywood-Studios öffnete. Es folgten später Filme wie Superman [1978] oder die Lethal Weapon-Reihe. Die Produktion des Horrorfilms, der heute meist im gleichen Atemzug wie der Klassiker Der Exorzist [1973] genannt wird, verlief allerdings alles andere als Reibungslos. Die zahlreichen Zwischenfälle und beinahe tödliche Unfälle machte sich das Studio zunutze, um den Film dementsprechend zu bewerben.
Der Erfolg ist Das Omen aber auch aus heutiger Sicht weniger der effektiven Werbekampagne zuzuschreiben, als der Tatsache, dass sowohl Regisseur Donner, als auch Autor Seltzer ein wirklich guter Horrorfilm gelang, der im Gegensatz zum Exorzisten auf Ekeleffekte verzichtet und stattdessen auf die Unsicherheit des Zuschauers setzt – denn ob es sich letztlich um Omen handelt oder, bleibt dem Publikum überlassen.
Drehbuchautor David Seltzer scheint die Thematik des Übersinnlichen indes nicht mehr loszulassen, er verfasste unter anderem die Vorlagen zu Prophezeiung [1979], Der achtzehnte Engel - Im Namen des Bösen [1998] und der ebenfalls apokalyptisch angehauchten Miniserie Revelations [2005].
Was man an seinem Skript grundsätzlich schon bewundern muss, ist die Story an sich, die die prinzipiell bekannte Thematik des Anti-Christen als Ausgangspunkt nimmt, um die Umgebung jener Figur in heutigen Verhältnissen aufzuzeigen. Wie Jesus Christus der Sohn Gottes sein soll, soll der Anti-Christ nach alten Theorien folglich der Abkömmling Satans sein; diese These wandelt Seltzer hier geschickt ab und zusammen mit seiner Auslegung der Bibeltexte bringt er seine Story in einen glaubhaften und deshalb unheimlichen Kontext.
Interessant ist dabei, dass er sich trotz allem die Deutung der verschiedenen Unfälle und ihrer Ursachen offen lässt. Nie ist eine unsichtbare Hand an den Vorkommnissen beteiligt, nie sieht man tatsächlich eine überirdische Kraft eingreifen – die Auslegung der Geschehnisse bleibt dem Zuschauer und den Figuren überlassen, ob man dahinter nun einen größeren Plan vermutet, oder aber schieren Zufall, muss jeder für sich entscheiden. Der Autor nimmt sich dabei sehr viel Zeit, seine Figuren zu etablieren und vorzustellen, baut anschließend ab der Mitte des Films seine Mythologie konstant weiter aus, ehe er den Spannungsbogen in einem äußerst unbefriedigenden Finale dann allerdings verliert.
Bis dahin fesselt Seltzers Skript aber bereits durch die sich immer weiter aufbauende Atmosphäre, die beim ersten Mal Ansehen des Films durch die undurchschaubaren Ereignisse das Interesse des Publikums weckt. Hat man Das Omen aber bereits gesehen, scheint der Aufbau in der ersten Hälfte etwas zäh, zumal sich leider wenige versteckte Anspielungen und Details finden lassen, als es bei anderen Filmen dieser Art der Fall ist.
Nichtsdestotrotz ist die Vorlage sehr gut gelungen und wartet mit einer wirklich guten Story und einigen hervorragenden Einfällen auf, die das Genre prägten und bis heute noch ihre Auswirkung zeigen.
Beeindruckend ist außerdem, wie viel bekannte Namen sich bei den Darstellern wieder finden. Gregory Peck kehrte mit Das Omen nach fünf Jahren Abstinenz auf die Leinwand zurück, nachdem sowohl Charlton Heston, als auch Roy Scheider und William Holden die Rolle abgelehnt hatten. Am ehesten hätte man sich allerdings Scheider in der Rolle des Robert Thorn vorstellen können, denn auch wenn Peck schon allein durch sein Charisma überzeugt, und der Figur weit mehr Tiefe verleiht, als es anderen Akteuren gelungen wäre, er scheint für die Rolle mit seinen damals immerhin 60 Jahren und einem Altersunterschied von 20 Jahren zu seiner Kollegin Lee Remick deutlich zu alt. Dennoch leistet er wie gewohnt sehr gute Arbeit und lässt bei seiner Figur gerade im rechten Moment den Hauch von Wahnsinn durchblitzen, als er die Zusammenhänge zu durchschauen glaubt, dass man ihm als Zuschauer bei seinen weiteren Entscheidungen ebenso folgt, wie sie in Frage stellt.
Dahingegen hat Remick merklich weniger zu tun und bleibt auch als Figur bedeutend blasser als man erwarten würde.
Als Gegenpol zu Peck gibt sich David Warner merklich Mühe, und leistet in seinen Szenen durchweg sehr gute Arbeit. Zwar dauert es lange, bis seine Figur wirklich in die Geschichte eingebunden wird, aber dank seiner gelungenen Darbietung bleibt sie zumindest im Gedächtnis.
Der heimliche Star des Films ist allerdings Billie Whitelaw, die als Kindermädchen und Beschützerin Damiens einige der unheimlichsten Momente zugeschrieben bekommt. Durch ihre Gestik und Mimik besticht sie trotz ihrer wenigen Dialogzeilen und wirkt trotz ihrer an sich unscheinbaren Erscheinung Furcht einflößend und gefährlich. Ihr gelingt der diabolische Auftritt weit besser als Harvey Stephens, der hier sein Leinwanddebüt feiert, aber kaum genügend Präsenz besitzt, um wirklich überzeugen zu können. Er war seither nur wenige Male vor der Kamera zu sehen.
Die übrige Besetzung ist gut ausgewählt und leistet durchweg gute Arbeit, wobei einzig Patrick Troughton stärker gefordert ist. Erwähnenswert ist allenfalls der Auftritt von Holly Palance, Tochter des Darstellers Jack Palance, die mehr mit ihrem Abgang, denn ihrem Auftritt Kinogeschichte schrieb, aber auch sonst keine Wünsche offen lässt.
Wie für die Entstehungszeit üblich konzentriert sich die Geschichte auf wenige Figuren, die hier wie nicht anders zu erwarten von routinierten und namhaften Darstellern tadellos verkörpert werden.
Zusammen mit Kameramann Gilbert Taylor gelingt Regisseur Richard Donner eine exzellente, wenn auch in ihrer Struktur sehr klassische und einfache Optik, die sowohl durch die Auswahl der Perspektiven besticht, als auch durch die meist von Donner selbst inszenierten Handheld-Einstellungen. Gerade in den spannenden Momenten ist es aber dem Schnitt von Cutter Stuart Baird zu verdanken, dass man als Zuschauer mit den Figuren mitfiebert und manche Unglücke mit Schrecken sich anbahnen beobachtet, wohingegen einen andere aus heiterem Himmel treffen.
Zwar sieht man Das Omen gerade durch den eingesetzten Weichzeichner die Entstehungszeit deutlich an, was die Szenenaneinanderreihung und die Schnittfolge angeht, gibt sich der Regisseur aber überraschend zeitlos. Selbst beim langen Aufbau des Films scheint keine Szene überflüssig oder unnötig in die Länge gezogen, wobei Donner überraschenderweise auch auf ausschweifend brutale Elemente verzichtet und stattdessen die Stärken der Geschichte viel mehr aus der Atmosphäre zieht.
Ein sicherlich entscheidender Faktor bei den unheimlichen Szenen, dies betont auch der Regisseur rückblickend immer wieder, ist die zurecht oscarprämierte Musik des Komponisten Jerry Goldsmith, der mit seinem rhythmischen wie abwechslungsreichen "Ave Satani" beinahe schon eine Hymne für den Anti-Christen schuf. Diese wandelt sich gerade beim Finale im Hause der Thorns auf eine höchst unerwartete Art und Weise ab, wobei durch das minimalistische Motiv noch stärker für Gänsehautstimmung gesorgt wird, als ohnehin schon.
Durch die verschiedenen Melodien, die Goldsmith für Das Omen schrieb, verleiht er den einzelnen Sequenzen eine ganz eigene Atmosphäre und etabliert damit bestimmte Themen, die beim späteren Anspielen sofort Erinnerungen beim Zuschauer hervorrufen. Auch zum Hören ohne den Film eignet sich die Musik für Fans ohne weiteres und sollte in keiner Sammlung fehlen.
Dass Donners Regiedurchbruch ein voller Erfolg war, sieht man bereits daran, dass der Film drei Fortsetzungen und inzwischen sogar ein Remake nach sich zog. Ein Remake scheint aus heutiger Sicht schon deshalb denkbar, da Das Omen weder in dem Maße zeitlos geraten ist, wie Der Exorzist, noch so beunruhigend, und auch die Charakterisierungen heute ausgefeilter geraten könnten. Andererseits gibt es an der Inszenierung von Richard Donner nichts zu bemängeln, Kamera und Schnitt sind durchweg sehr gut geraten, und die Musik trägt unheimlich viel zur Stimmung des Horrorfilms bei.
Was den Machern überraschenderweise gelungen ist, ist ein sehr unterhaltsamer Horrorfilm, der merklich unbeschwerter erscheint als viele seiner Genrekollegen. Dadurch belastet er zwar die Zuschauer weniger, hinterlässt aber auch keinen solch bleibenden Eindruck.
Fazit:
Mit der religiös angehauchten Geschichte, traf der Horrorfilm vor immerhin 30 Jahren den Nerv der Zeit, und ebnete den Weg für ganze Franchises wie beispielsweise die Final Destination-Reihe, die das Prinzip der ausgefeilten Unfälle zwar perfektionierte, es aber nicht erfand.
Letztlich rettet die wirklich sehr gute Story mit erstklassigen Einfällen den etwas lang geratenen Aufbau, der gerade beim erneuten Anschauen zu wenig Symbolik oder versteckte Anspielungen besitzt, um den Zuschauer zu fesseln. Ab der Hälfte jedoch überzeugt Richard Donner mit einem stetig steigenden Spannungsbogen, der dank einer durchweg tadellosen Inszenierung und einem hervorragenden Schnitt in den einzelnen Szenen wirklich beängstigende Momente erschafft. Die routinierten Darsteller tragen zusammen mit dem oscarprämierten Score dazu bei, dass Das Omen ohne Zweifel zu den Klassikern des Genres gehört – auch wenn es nicht im Geringsten an Der Exorzist heranreicht.