Das Ende - Assault on Precinct 13 [2005]

Wertung: 3.5 von 6 Punkten  |   Kritik von Jens Adrian  |   Hinzugefügt am 01. Mai 2006
Genre: Action / Thriller

Originaltitel: Assault on Precinct 13
Laufzeit: 104 min.
Produktionsland: USA / Frankreich
Produktionsjahr: 2005
FSK-Freigabe: ab 16 Jahren

Regie: Jean-François Richet
Musik: Graeme Revell
Darsteller: Ethan Hawke, Laurence Fishburne, Gabriel Byrne, Maria Bello, Drea de Matteo, John Leguizamo, Brian Dennehy, Ja Rule, Currie Graham, Aisha Hinds, Matt Craven, Fulvio Cecere


Kurzinhalt:
Nach einem verheerenden Einsatz lässt sich der Undercover-Polizist Roenick (Ethan Hawke) einen Schreibtischjob zuweisen und fristet seine Tage in einer abgelegenen Polizeistation – die wird zum Ende des Jahres geschlossen, und am Silvesterabend macht sich Roenick daran, den Umzug abzuschließen.
Doch dann bekommt er eine Nachricht von der Zentrale, ein Gefangenentransport mit dem frisch festgenommenen Gangsterboss Marion Bishop (Laurence Fishburne) an Bord soll wegen eines Schneesturms die Nacht über am 13. Revier, Roenicks Revier, warten. So steht Roenick zusammen mit seinem Kollegen Jasper (Brian Dennehy) und der Sekretärin Iris (Drea de Matteo) noch ein letzter Arbeitstag im alten Revier bevor. Auch die Polizeipsychologin Alex (Maria Bello), die Roenick nach seinem traumatischen Einsatz behandelt, steckt auf Grund des Wetters vorerst fest.
Doch dann greifen urplötzlich maskierte Männer das verlassene Revier an, offensichtlich mit der Absicht, Bishop auszuschalten. Drahtzieher der Operation ist der hochdekorierte Polizist Duvall (Gabriel Byrne), der seit Jahren auf Bishops Gehaltsliste steht und ebenso wie seine ganze Truppe ins Gefängnis wandert, kommt Bishop dazu, auszusagen. So beginnt eine erbarmungslose Belagerung des 13. Reviers und die einzige Möglichkeit für die wenigen Menschen darin ist eine Zusammenarbeit mit Bishop und den übrigen Sträflingen des Gefangenentransports, wenn sie die Nacht überleben wollen ...


Kritik:
In regelmäßigen Abständen schickt sich Hollywood an, bekannte Klassiker neu aufzulegen; Vorteil hierbei ist einerseits, dass man sich keine großen Gedanken um ein neues Drehbuch machen muss, und andererseits von der Bekanntheit des Titels profitieren kann, wodurch sich womöglich der ein oder andere Zuschauer zusätzlich ins Kino locken lässt.
Neu entdeckt haben die Verantwortlichen der Traumfabrik nun wohl die Werke des Filmemachers John Carpenter, der mit Halloween – Die Nacht des Grauens [1978] einen von zahlreichen Kult-Klassikern im Horror-Genre schuf. Auch The Fog – Nebel des Grauens [1980] fand jüngst seinen Weg als Neuverfilmung in die Lichtspielhäuser, und Carpenters erster großer Erfolg, Assault – Anschlag bei Nacht [1976] um die brutale Belagerung einer unterbesetzten, zum Abriss freigegebenen Polizeistation durch gesichtslose Bandenmitglieder, wurde beinahe zeitgleich mit einer erweiterten Story als Das Ende – Assault on Precinct 13 neu verfilmt. Ob der Aufwand diesbezüglich für das Studio tatsächlich lohnt, darf bezweifelt werden, immerhin spielte das Remake weltweit nur knapp seine Kosten wieder ein. Aus künstlerischer Sicht, ist eine Neuinterpretation des Themas nicht zuletzt auf Grund der 1976 sehr einfach gehaltenen Geschichte durchaus vorstellbar – durch die zwar aufgeblähtere, aber letztlich weit weniger einfallsreiche und klischeehafte Vorlage aber von Grund auf vergebens, wenn auch nicht wirklich misslungen.

Aber das ist insofern völlig unverständlich, da Drehbuchautor James DeMonaco unter anderem an dem ähnlich gelagerten Verhandlungssache [1998] mitschrieb. Die Parallelen zu Das Ende sind unverkennbar, doch überzeugte der ungewöhnliche Geiselthriller damals auf Grund exzellenter Dialoge und einer Story, die man wirklich nicht im ersten Moment durchschauen konnte. Hier allerdings nimmt DeMonaco ein halbes Dutzend bekannter Versatzstücke des Genres, wirft sie zusammen mit einer grob an Assault angelehnten Story in den Mixer und versucht anschließend, das halbgare Gebräu dem Zuschauer zu verkaufen.
Das wirkt ebenso bruchstückhaft, wie unausgeglichen, stolpert von einem Klischee ins andere, ohne aber tatsächlich neue Impulse zu bieten. Manche Szenen und Dialoge scheinen in der Tat von bekannten Filmen direkt übernommen, weswegen sich auch die Überraschungen in Grenzen halten. Immerhin überfrachtet DeMonaco sein Skript nicht unnötig mit Actionsequenzen, sondern nimmt sich viel Zeit, den ersten Anschlag vorzubereiten. In der Zeit werden die einfach gestrickten Figuren eingeführt, die aber im Endeffekt schon deswegen nicht interessieren, weil die wenigen Entwicklungen, die sie durchmachen zu Beginn bereits absehbar sind.
Die Dialoge sind zwar gelegentlich mit einigen trockenen Sprüchen gespickt, pendeln ansonsten aber zwischen belanglos und (insbesondere bei der Rechtfertigung der Angreifer) unfreiwillig komisch. Dass sich der Autor außerdem entscheidet, das Finale außerhalb der Polizeistation anzusiedeln, ist unverständlich. Innerhalb hätte er den Spieß umdrehen können, und den Verbarrikadierten einen Heimvorteil verschaffen können; auch für die Zuschauer wäre eine solche Initiative im Stil von Kevin – Allein zu Haus [1990] durchaus interessant gewesen und hätte ein Finale auf mehreren Ebenen ermöglicht, anstatt auch hier den geradlinigen Actionkonventionen zu folgen.
Die Ausgangslage ist zwar nicht uninteressant, aber nicht DeMonacos Verdienst, die Durchführung scheint aus unzähligen anderen Filmen zusammengeklaubt, ohne aber wenigstens einige neue Einfälle zu bieten, oder die bekannten neu zu arrangieren.

Am meisten haben unter der schwachen Vorlage die Darsteller zu leiden, denn auch wenn nur namhafte Akteure verpflichtet wurden, hält sich ihre Motivation merklich in Grenzen. Zu sehen ist das unter anderem bei Ethan Hawke, der als gebrochener Polizist noch eine bessere Figur macht, als später im Gewand des unfreiwilligen Actionhelden. Weswegen er gerade hier ein gut verstecktes, aber doch sichtbares Dauergrinsen aufsetzt, wird sein Geheimnis bleiben. Er zeigt offensichtlich nicht mehr als das Notwendigste, um seine Szenen zu absolvieren.
Von der größeren Erfahrung im Actiongenre profitiert Laurence Fishburne ganz offensichtlich, doch scheint er sowohl unterfordert, als auch gelangweilt durch die Studiolandschaft zu stapfen. Sein mangelndes Engagement mag auch an seinen Dialogzeilen liegen, die ihm merklich schwerer über die Lippen kommen, als seine charismatische, ruhige Präsenz zu Beginn.
Die bereits erwähnte Rechtfertigung der angreifenden Polizeitruppe wird insbesondere von Gabriel Byrne enttäuschend vorgetragen, wobei er als Charakter ebenso wenig eingebunden wird, wie irgendjemand seiner verbrecherischen Kollegen. Auch Brian Dennehy vermag im letzten Drittel des Films nicht mehr wirklich zu überzeugen, mimt aber zu Beginn immerhin solide, wenn auch ohne Anstrengungen.
Maria Bello und Drea de Matteo verkörpern zwei vollkommen unterschiedliche Figuren im Film, leisten aber beide nur die notwendigste mimische Akrobatik, um ihre Szenen über die Bühne zu bringen. Dass beide mehr können, haben sie erstaunlicherweise in TV-Serien bewiesen, hier werden sie aber weder gefordert, noch scheinen sie sich in den Rollen wirklich wohl zu fühlen.
In dem Sinne am gelungensten ist noch die Darbietung von John Leguizamo, der als Junkie im Dauerrausch dem Zuschauer wie seinen Mitstreitern zwar auf die Nerven geht, aber wenigstens im Gedächtnis bleibt. Die Auftritte von Ja Rule und Aisha Hinds sind hingegen kaum der Rede wert.
Die Besetzung, so bekannt sie für Genrefans zweifelsohne ist, hat leider nicht allzu viel, womit sie spielen könnte, und so hält sich die Begeisterung der Beteiligten merklich in Grenzen.

Auf die Schauspielführung scheint sich der französische Regisseur Jean-François Richet dabei ohnehin weniger zu konzentrieren, wie auf die Optik des Films. Für Kameramann Robert Gantz ist Das Ende dabei einer der ersten großen Filme, auch wenn der Cinematograph ab 2005 bei C.S.I. - Tatort Las Vegas [seit 2000] beteiligt ist.
Kamera und Schnitt beweisen dabei durchaus Einfallsreichtum, die langen Kamerafahrten und ungewöhnlichen Perspektiven passend sehr gut zur Stimmung des Films, und einige Perspektivenwechsel sind so subtil wie innovativ. Mehr kann man eigentlich nicht erwarten, zumal auch die Actionszenen – das etwas langatmige Finale einmal ausgenommen – gut in Szene gesetzt wurden. Dabei gelingt es Richet überraschenderweise, Assault on Precinct 13 zwar ohne Zweifel für ein erwachsenes Publikum zuzuschneiden, und dabei die Gewalt nicht zu verstecken (wenn auch etwas zu stilisieren), ohne sich aber daran zu ergötzen. So wartet der Film nicht nur mit einem hohen Bodycount, sondern auch mit sehr grafischen Kopfschüssen auf, die aber entgegen der von Michael Bay (Bad Boys II [2003]) exerzierten, geschmacklosen Brutalitätsorgie im MTV-Stil nie voyeuristisch ausgenutzt scheinen.
Die Aussage, dass Spezialeffekte angesichts des moderaten Budgets von 30 Millionen Dollar großen Produktionen nicht das Wasser reichen könnten, straft Das Ende insofern lügen, als dass die meisten der digitalen Effekte wirklich gut geraten sind. Zwar erkennen erfahrene Zuschauer sowohl den digitalen Schnee, als auch das computergenerierte Feuer, doch gerade bei letzterem muss man mitunter zweimal hinsehen, wohingegen die Pixel-Schneeflocken schon leichter zu sehen sind.
An der handwerklichen Umsetzung gibt es indes kaum etwas zu bemängeln, Kamera und Schnitt warten mit guten Ideen und einer interessanten Choreografie auf, ohne die im Mittelpunkt stehende Gewalt zu verherrlichen.

Die größte Enttäuschung des Films ist ohne Zweifel und gleichermaßen überraschend die musikalische Untermalung durch Graeme Revell. Lieferte der Neuseeländer nicht zuletzt bei Riddick - Chroniken eines Kriegers [2004] einen überzeugenden Soundtrack ab, und fand für Verhandlungssache einen exzellenten Mix aus atmosphärischem wie temporeichem Synthesizer, tragen seine Kompositionen hier zwar in der ersten Hälfte des Films immerhin noch zur Atmosphäre bei, lassen aber jegliches Gespür für Tempo vermissen, wenn die Action denn einmal loslegt.
Das wird gerade dann offensichtlich, wenn der Film eine Szene aus dem Bruce Willis-Action-Klassiker Stirb langsam 2 – Die Harder [1990] quasi 1:1 kopiert. Verlieh Michael Kamen vor über 15 Jahren jenem Zweikampf allein durch die Musik eine Dynamik, die einen als Zuschauer mitriss, tröpfelt hier eine unterschwellige, völlig kraftlose Melodie vor sich hin. Eben das ist symptomatisch für die zweite Filmhälfte, der der Score jegliche Spannung und Tempo entzieht. Würde hier die Musik nicht so schwer enttäuschen, wäre ein bedeutend unterhaltsamerer Film möglich geworden. Dass dies möglich ist, bewies unter anderem John Carpenter mit dem Score zu seinem Original Assault, der nicht nur atmosphärisch stimmig erscheint, sondern auch bei den Shootouts passt.

An das immerhin 30 Jahre alte Original Assault – Anschlag bei Nacht kommt die Neuverfilmung trotz, oder gerade auf Grund der weiter ausgearbeiteten Story nicht heran; konzentrierte sich John Carpenter seinerzeit auf den klaustrophobischen Aspekt der Story, setzt Drehbuchautor James DeMonaco an diese Stelle nach langem Aufbau ein Actionszenario, dem man als Zuschauer die Bedrohlichkeit aber nicht ganz abnimmt. Erst im letzten Drittel, wenn das Skript sämtliche Konventionen über die vermeintlich Überlebenden über Bord wirft, wird man als Zuseher wirklich mitgenommen.
Doch gerade hier enttäuscht dann eine vollkommen unpassende Musik, die den an sich sehr gut umgesetzten Actionszenen entgegen arbeitet und eher langweilt, als die Story mit harten Klängen voran zu treiben. Das Finale hätte man sich außerdem innerhalb der Polizeistation gewünscht, zumal sich hier – in Kevin - Allein zu Haus-Manier – die Inneneinrichtung gegen die Angreifer hätte einsetzen lassen. Unterhaltsam ist Das Ende dennoch, auch wenn der Film leider hinter seinen Möglichkeiten zurückbleibt.


Fazit:
Ein klassisches Remake ist Das Ende – Assault on Precinct 13 im Grunde genommen nicht, abgesehen von der Ausgangslage, ist von John Carpenters-Kult-Film nicht viel übrig geblieben, doch dagegen ist ja prinzipiell nichts einzuwenden, im Gegenteil. Dass die Story basierend auf dem Skript von James DeMonaco aber von einem Klischee zum nächsten springt und doch keine wirklich vielschichtigere Geschichte erzählt, schon eher.
Die Charakterzeichnungen fallen dabei ebenso flach aus, wie der Score gerade in der zweiten Hälfte das Tempo aus der Erzählung zieht. Da helfen routinierte Darstellerleistungen und eine wirklich einfallsreiche und gelungene Optik wenig, wenn zwei Aspekte der Produktion sich alle Mühe geben, die Arbeit der übrigen wieder wett zu machen. Dank der soliden Action mit einigen guten Ideen bietet Jean-François Richets Hollywood-Einstand immerhin kurzweilige Unterhaltung, die mit einigen wenigen Änderungen (und die nicht einmal seinerseits) aber bedeutend besser hätte sein können. Für diejenigen, die sich nach unkomplizierter, schnörkelloser Action sehnen, ist Das Ende aber einen Blick wert.