Daredevil [2003]

Wertung: 3.5 von 6 Punkten  |   Kritik von Jens Adrian  |   Hinzugefügt am 04. April 2003
Genre: Fantasy / Action

Originaltitel: Daredevil
Laufzeit: 103 min.
Produktionsland: USA
Produktionsjahr: 2003
FSK-Freigabe: ab 12 Jahren (gekürzte deutschsprachige Kinofassung) / ab 16 Jahren (US-Kinofassung)

Regie: Mark Steven Johnson
Musik: Graeme Revell
Darsteller: Ben Affleck, Jennifer Garner, Colin Farrell, Michael Clarke Duncan, Jon Favreau, Joe Pantoliano


Kurzinhalt:
Noch im Kindesalter verliert Matt Murdock (Ben Affleck) seine Mutter; sein Vater, ein heruntergekommener Boxer, erledigt Aufträge für New Yorks größten Gangsterboss. Als Matt das erfährt, erleidet er einen Unfall, der ihn blind zurücklässt. Doch bei diesem Unfall erhält er eine Gabe: Seine restlichen Sinne funktionieren mit übermenschlicher Genauigkeit und er hat zudem eine Art Radarsinn entwickelt, der ihn besser sehen lässt, als "normale" Menschen das je könnten.
Wenig später wird sein Vater ermordet; einige Jahre darauf ist Matt ein junger Mann, der als Prozessanwalt tätig ist, und in einer Anwaltskanzlei mit seinem Partner Franklin Nelson (Jon Favreau) für Recht und Ordnung kämpft.
Doch wenn schuldige Straftäter freigesprochen werden, greift Matt selbst zum Richterstab und verschafft der Gerechtigkeit bei Nacht genüge. Als "Daredevil" verkleidet hilft er den Armen und Unterdrückten.
Dabei zieht er nicht nur das Interesse von Reporter Ben Urich (Joe Pantoliano) auf sich; viele Fäden der Kriminellen laufen beim Kingpin (Michael Clarke Duncan) zusammen, der zu Matt eine besondere Verbindung hat.
Als Matt auf Elektra Natchios (Jennifer Garner) trifft, hofft er auf einen Wendepunkt seines Lebens, doch Elektras Vater Nikolaos (Erick Avari) wird von Bullseye (Colin Farrell) getötet – im Auftrag des Kingpin. Elektra vermutet allerdings, dass Daredevil hinter dem Attentat steckt und so sieht sich Matt Murdock in einem Kampf an allen Fronten.


Kritik:
Nach über 100 Jahren Film ist es kein Wunder, dass Zuschauer und Kritiker den Produzenten und Autoren vorwerfen, es gebe keine neuen Ideen. Auch wenn sich das Medium Film sicherlich noch lange nicht erschöpft hat, es ist unübersehbar, dass sich viele Ideen und Geschichten wiederholen. Wie sollte das auch ausbleiben?
Schon vor 50 Jahren griffen die Filmemacher auf der Suche nach Ideen auf ein anderes populäres Medium zurück, das sich langsam aber sicher seinen Siegeszug erarbeitet hatte: Dem Comic (oder dem damit verwandten Groschenroman, in den U.S.A. als Pulp bekannt). Zahlreichen Superhelden wurde der Sprung auf die Leinwand oder das Fernsehen gegönnt, als Realverfilmung und als Zeichentrick – doch der durchschlagende Erfolg bliebt meist aus. Daran änderten auch die zahlreichen Verfilmungen in den 1960ern und 1970ern nichts (ausgenommen Superman [1978]).
Als Tim Burton mit Batman 1989 ein riesiger Erfolg gelang (weltweites Einspielergebnis von über 400 Millionen Dollar), witterten die Studios erneut ihre Chance und schickten zahlreiche Vertreter ins Rennen, zum Beispiel Dick Tracy [1990] mit Warren Beatty, Shadow und der Fluch des Khan [1994] mit Alec Baldwin oder Das Phantom [1996] mit Billy Zane – doch erfolglos. Auch die Batman-Fortsetzungen lockten immer weniger Zuschauer in die Kinos. Erst seit Bryan Singer die X-Men [2000] ins Kino brachte und die Produzenten begriffen, dass nicht der Name allein einen Kinoerfolg garantiert, sondern die Zuschauer auch eine gute Geschichte sehen wollen, wagt sich Hollywood wieder an die Hefte und bombardiert das Publikum seitdem mit zahlreichen Verfilmungen. Mit Spider-Man [2002] gelang ein nie dagewesener Kassenerfolg (weltweit über 800 Millionen Dollar), was die Produzenten des damals bereits in Produktion befindlichen Daredevil dazu veranlasste, den Machern mehr Geld zur Verfügung zu stellen.
Der Aderlass der Comics war vollzogen und seither bemühen sich die Studios darum, das Genre ausbluten zu lassen. Ob die langerwarteten Fortsetzungen zu X-Men und Spider-Man die großmundigen Versprechungen und vor allem die Erwartungen erfüllen können, wird sich erst bei den jeweiligen Kinostarts erweisen.

Daredevil wurde von 20th Century Fox mit einem großen Werbeetat belegt und eine Fortsetzung ebenfalls schon angekurbelt, dabei hätten die Macher vielleicht zuerst mehr Zeit auf den ersten Teil verwenden sollen.

Das Drehbuch stammt von Regisseur Mark Steven Johnson, der sich bislang mit Drehbüchern zu Komödien einen Namen machte und auch das Drama Simon Birch - Der kleine Held [1998] schrieb und inszenierte. Bei einer Action-Comic-Verfilmung würde man ihn nicht vermuten; angesichts des Ergebnisses, war er auch nicht unbedingt eine gute Wahl.
Sein Skript kann zwar mit vielen interessanten Ideen aufwarten, auch innerhalb der Actionszenen, insgesamt wirkt es jedoch unausgereift und vor allem überhastet. Kernproblem ist zweifellos, dass man sich einzig und allein auf Hauptdarsteller Ben Affleck verließ und die anderen Charaktere, insbesondere seine Gegner, völlig vernachlässigte.

Dabei gilt ansich die Devise: Ein Superheld ist nur so gut wie der Bösewicht. Der Kingpin allerdings, verkörpert von Michael Clarke Duncan, hat im Film nicht nur nichts zu tun, er wirkt nicht einmal überzeugend. Außer Zigarren zu rauchen und Attentäter anzuheuern scheint er keine Beschäftigung zu haben; man erfährt als Zuschauer nicht wirklich, was er denn als Gangsterboss tatsächlich macht, beziehungsweise wie er überhaupt in diese Position kam. Trotz seines hünenhaften Auftretens ist er nicht furchteinflößend. Seine Beziehung zu Elektras Vater wird nicht deutlich, die Größe seines Imperiums und seiner Macht ebenfalls nicht – er scheint wie Daredevil anfangs ein Mythos zu sein, der gar nicht existiert. Bei dem Chef eines Verbrechersyndikats ist das kaum vorstellbar.
Ähnlich ergeht es Bullseye, der aus dem Nichts auftaucht und auch dorthin verschwindet. Über seinen Hintergrund wird nichts erklärt; bis auf ein paar winzige Sprüche und einiger Stunts ist auch Colin Farrell unterfordert.
Doch die Sparmaßnahmen gehen beim Helden selbst weiter: Bei einem Erstlingscomicfilm ist es normalerweise besonders interessant, den Helden in seiner Entstehung zu sehen. Spider-Man konnte dies sehr gut umsetzen, Batman zeigte den Helden zumindest bei seiner ersten großen Konfrontation. Doch bei Daredevil hat es den Anschein, dass er sein nächtliches Treiben schon seit Jahren ausübt; man begegnet ihm als Zuschauer zum ersten Mal mitten in seinem Leben und verlässt ihn am Schluss ebenso schnell wieder – als wäre der Film nichts weiter als eine gewöhnliche Episode einer größeren Serie. Aber, was hat ihn letzlich dazu veranlasst, sich das Kostüm anzuziehen? Hat er das direkt nach dem Tod seines Vaters getan? Woher hat er das Geld für die Ausrüstung, und wer hat sie überhaupt für ihn hergestellt? Wahrscheinlich soll man all das aus den Comics erfahren, für eine gelungene Comic-Verfilmung wären Antworten auf diese Fragen allerdings nötig, und somit werden diejenigen vor den Kopf gestoßen, die sich mit dem Daredevil-Universum nicht auskennen. Zumindest Andeutungen hätte es geben müssen.

Was die Darsteller angeht, haben sich die Produzenten nicht lumpen lassen, Ben Affleck kann in der Rolle überzeugen; insbesondere, wie er einen blinden Menschen im Alltag spielt, war interessant und gut dargebracht, auch wenn es keine Meiserleistung war.
Mit Jennifer Garner konnte man sich einen angesagten Jungstar angeln – ihre Serie Alias - Die Agentin [seit 2001], für die sie eine Emmy-Nominierung erhielt, gehört derzeit zu den erfolgreichsten in den USA. Schon deswegen war sie körperlich auf die Rolle vorbereitet, auch in DD (so der Promotionname des Films) muss sie springen, rennen und kämpfen. Dass ihr Lederkostüm einen größeren Ausschnitt hat, als Flugsaurier Flügelspannweiten, ist zwar für die männlichen Zuschauer ein Blickfang, für ihre Rolle aber eher zweitrangig.
Colin Farrell ist ebenfalls einer der gefragtesten jungen Darsteller Hollywoods und wird 2003 mit sechs Filmen im Kino vertreten sein. Zuletzt war er in Steven Spielbergs Minority Report [2002] auf der Leinwand zu sehen, hatte dort allerdings deutlich mehr zu tun, als in Daredevil. Wortkarg, mimisch auf dem Niveau eines Rolladens, dafür aber mit körperlichem Einsatz präsentiert er Bullseye – nur ohne jegliche charakterliche Tiefe.
Enttäuschend ist Michael Clarke Duncan, der an seine ausgezeichnete Darstellung in The Green Mile [1999] nicht anschließen kann – und das bislang, gerade was seine Rollenauswahl angeht, nicht mehr musste. Als Kingpin wirkt er zwar passend für die Rolle, aber unterfordert und zu sehr auf Grinsen und Zigarrenrauchen beschränkt, als dass er Akzente setzen könnte. Als Gegenspieler zu Ben Affleck ist er sprichwörtlich farblos.
Jon Favreau hat zwar nur eine kleine Rolle, sorgt aber für die größten Lacher und ist eindeutig einer der Sympathieträger – auch ihn hätte man mehr einbinden sollen. Ebenso ergeht es Joe Pantoliano, der als Journalist einen interessanten Charakter bietet, aber für keinerlei Überraschungen sorgen kann. Erick Avari hat zwar eine undankbare Rolle, sollte aber auch erwähnt werden.

Seltsamerweise unverzichtbar scheinen heutzutage bei einer Comicverfilmung die Spezialeffekte; wer allerdings an Spider-Man zurückdenkt und hofft, in absehbarer Zeit kein Gummimännchen sehen zu müssen, das sich wie ein zu hoch geratenes Omelett von einer Hausseite zur anderen schwingt, sollte um Daredevil einen großen Bogen machen. Einerseits legten die Macher Wert auf Realismus und betonten immer wieder, dass Daredevil der normalste und menschlichste Superheld wäre (was im übrigen nicht stimmt, denn der normalste ist und bleibt wohl Batman – bis auf seine technischen Spielereien hat der Flattermann überhaupt keine Superkräfte), gleichzeitig erinnert sein Gehüpfe auf der Leinwand aber frappierend an Disneys Gummibärenbande [1985-1991]. Oder soll es etwa realistisch sein, dass der Hauptcharakter mit Anlauf fünf Meter in die Höhe springen, 50 Meter weit in der Luft fliegen und anschließend weitere 70 Meter in die Tiefe fallen kann, ohne dass sämtliche seiner Knochen beim Aufprall in 1000 Teile zerspringen?
Doch damit nicht genug, ist das bekannte Wire-Work, also diejenigen Szenen, bei denen die Darsteller an Drähten aufgehängt sind (die später digital entfernt werden), ebenfalls nicht überzeugend geraten. Wenn Elektra von einem Dach auf ein zwei Meter darunter liegendes springt und dabei aus dem Stand sieben Meter nach vorne mit engelsgleicher Ruhe gleitet, anschließend sanft auf dem unteren Dach landet und mit Daredevil weiterkämpft, dann muss man sich fragen, was die Macher sich dabei dachten. Ähnlich ergeht es Ben Affleck, der beim Finale von jemandem seitlich gegen eine gegenüberliegende Wand geschleudert wird (diese liegt knapp zehn Meter entfernt), aber Affleck senkrecht darauf trifft, bevor die Schwerkraft wieder zu wirken scheint. In Matrix [1999] erklärt sich das aus der Geschichte, bei Spider-Man ist das Gehangel durch Peter Parkers veränderten Knochenbau zu erklären, bei Daredevil wirkt es schlicht dilettantisch.
Gelungen sind hingegen diejenigen Szenen, in denen das Geschehen mit Matt Murdocks Radarsinn gezeigt wird. Zwar stammen die gezeigten Effekte eindeutig aus dem Computer, insgesamt ist es allerdings eine gute Idee und auch nett umgesetzt worden.

Ebenfalls überflüssig ist es, wenn bei jeder Übergangsszene, bei der die Kamera über New York fliegt, selbiges im schnellen Vorlauf geschieht. Dadurch soll wohl Geschwindigkeit erzeugt werden – abgesehen von bösen Erinnerungen an MTV-Clips weckt es allerdings nichts.
Wie bereits erwähnt, bieten einige der Actionszenen wirklich interessante Ansätze, doch inszenatorisch sind gerade diese Sequenzen ein wahres Desaster. Auch wenn es vielleicht pietätlos klingt, wollte Regisseur Mark Steven Johnson den Zuschauern wohl ebenfalls das Gefühl von Blindheit geben, sobald die Action beginnt. Nicht nur, dass diese Szenen ausschließlich in der Dunkelheit spielen, sie sind auch noch mit Strobo-Licht oder daherflatternden Wäschestücken gespickt, so dass man keinerlei Übersicht hat.
Sich um die Achse drehende Kameraschwenks und Schnittfolgen mit Techno-Beat-Geschwindigkeit machen das Ganze nicht besser. Hin und wieder kommt eine Matrix-ähnliche Kamera zum Einsatz, bei der das Geschehen langsamer gezeigt wird, während sich die Kamera um die Beteiligten dreht; hierbei haben es die Macher geschafft, die vorhandene Technik nicht nur zu kopieren, sondern abzuwandeln. So weit so gut, wäre sie vernünftig in den Actionszenen eingesetzt worden, hätte man bei den Kämpfen oder Schießereien eine deutlich bessere Übersicht gehabt, doch von dem vorhandenen Potential wurde nichts genutzt. Wenn in einem Actionfilm gerade die Action nicht überzeugen kann, da sie nicht mitzureißen vermag, ist das für gewöhnlich kein gutes Zeichen.

Nicht gerade vorteilhaft für das Chaosgeschnipsel ist auch die Musik, die in den seltensten Fällen von Graeme Revell stammt, sondern meist von Rock-Gruppen, die wohl ihren Beitrag zum Album leisten sollten und wollten (interessanterweise stand schon fest, wer auf dem Album und im Film vertreten ist, noch bevor dieser den Schneideraum verlassen hatte). Dass Revells Score insgesamt 40 Minuten gehen soll, ist kaum zu glauben. Leider gelang ihm kein einprägsames Thema, so dass seine Musik in den wenigen Szenen, in denen sie eingespielt wird, zwar passt – das Hauptthema selbst ist auch nicht schlecht, nur einfallslos – aber im Endeffekt ein unspektakulärer Score zurückbleibt.
Die gesungene Musik ist ebenfalls ganz passabel, wenn einem der Stil gefällt, nur dermaßen omnipräsent und aufdringlich, wie es sicher nicht notwendig war und vielerorts wirklich stört. Die drei Musikclips, die in jeder Episode von Baywatch - Die Rettungsschwimmer von Malibu [1989-2001] zu sehen waren, waren gegen Daredevil geradezu harmlos.

Was bei DD jedoch bereits nach kürzester Zeit auffällt, ist die Tatsache, dass der Film für die Kinoveröffentlichung (bereits in den USA) rigoros zusammengekürzt wurde. Regisseur Johnson sprach sogar davon, dass 20 Minuten Deleted Scenes auf der DVD enthalten sein werden und es eine Version mit einer höheren Altersfreigabe geben werde. Das verwundert nicht.
Wenn der furchtlose Teufel einen Vergewaltiger auf die U-Bahn-Schienen legt und beobachtet, wie er in zwei Hälften durchtrennt wird (man sieht es im Film glücklicherweise nicht), oder er einen anderen Bösewicht aus einem Fenster wirft und dieser auf einem Auto landet, fragt man sich im ersten Moment, ob diese (inhaltliche) Gewalt sein musste (und ob das zu einem schimmernden Helden passt), und ärgert sich gleichzeitig über äußerst abrupte Schnittfolgen. Seltsamerweise scheint es, als ob die Schnitte erfolgten, nachdem der Film komplett fertiggestellt war, denn bei den geschnittenen Szenen bricht auch die Musik unwillkürlich ab. So auch, als Elektras Vater ermordet wird (die eigentliche Tötung fehlt im Film völlig, erst lebt er und im nächsten Moment ist er tot).
Zusammengestückelt wirkt auch die Hintergrundgeschichte mit dem Kingpin, die laut Johnson länger sein soll; ein Charakter, verkörpert von Rap-Sänger Coolio, soll komplett aus dem Film gestrichen worden sein und womöglich für die DVD wieder integriert werden.
Als wäre das nicht genug, hat der deutsche Filmverleih Fox den Film für die Kinoveröffentlichung erneut um eine Minute gekürzt. Aus diesem Grund sind die Originalvorführungen in englischer Sprache von der FSK ab 16 Jahren freigegeben, die deutschsprachigen Filmvorführungen allerdings ab 12. Hier zu Lande wird man im wahrsten Sinne des Wortes doppelt beschnitten.
Insofern ist die Frage berechtigt, wie der Film ansich zu bewerten ist, in ungekürzter Form könnte Daredevil bedeutend mehr Fragen beantworten und Hintergründe zu den Charakteren besitzen, als es in der vorliegenden Kinofassung der Fall ist.

Die deutsche Synchronisation soll ebenfalls erwähnt werden. Dass jemand wie Jennifer Garner, die erst seit wenigen Wochen im deutschen Fernsehen zu sehen ist, in Daredevil nicht dieselbe Synchronstimme wie in Alias hat, ist ärgerlich. Die übrige Synchronisation ist allerdings ordentlich geraten, lediglich an Nebencharakteren wie Joe Pantoliano wurde gespart.
Hier hat man im Kino in letzter Zeit deutlich Schlechteres hören müssen – Besseres gab es allerdings auch schon.

Zur Entstehung von Daredevil gibt es verständlicherweise ebenfalls viele Anekdoten und Informationen; interessant ist sicherlich, dass Vin Diesel die Rolle des Bullseye angeboten wurde, und dass für die Hauptrolle des Daredevil Matt Damon, Edward Norton und Guy Pearce im Gespräch waren.
Cameo-Auftritte gibt es ebenfalls zuhauf, darunter auch den des Marvel-Verantwortlichen Stan Lee, der vom jungen Matt Murdock vor dem Überfahren bewahrt werden kann, und der auch im kommenden The Hulk [2003] einen Gastauftritt absolvieren wird.
Für die Rolle der Elektra (für die Jennifer Garner im übrigen grüne Kontaktlinsen tragen musste, um ihre natürlichen braunen Augen zu überdecken) war zudem Star Trek-Darstellerin Jolene Blalock im Gespräch, die als T'Pol in Enterprise [seit 2001] zu sehen ist.
Auch Michael Clarke Duncan war nicht die erste Wahl die Rolle, zumal der Kingpin in den Comics ein Weißer und kein Afro-Amerikaner ist. Erst nachdem die Produzenten einige Wrestlingstars bei Castings nicht zufriedenstellend fanden, waren sie überzeugt, dass Duncan der Rolle gewachsen wäre – wobei er knapp 20 Kilogramm zulegen musste, um die Rolle spielen zu können; und ein Leichtgewicht war er auch schon vorher nicht.
Fans werden sicherlich wissen, dass der Kingpin ansich ein Charakter aus den Spider-Man-Comics ist; doch da Spider-Man und Daredevil im selben Universum spielen, einigten sich die Macher, dass in Spider-Man weder Kingpin, noch Ben Urich, der Reporter zu sehen sein werden, obwohl sie beide Bestandteil der Mythologie sind. Diese Übereinkunft war notwendig, da Spider-Man und Daredevil von verschiedenen Studios produziert werden.
Zu guter letzt hat Colin Farrells Schwester Claudine einen Gastauftritt als diejenige Frau, die Ben Affleck zu Beginn über den Anrufbeantworter den Laufpass geben darf.

Nach 100 Minuten mit dem furchtlosen Rächer bleiben gemischte Gefühle zurück.
Der Charakter hat durchaus Potential und mit Ben Affleck in der Hauptrolle haben die Macher auch einen Darsteller gefunden, der das entsprechend verkörpern kann.
Inhaltlich und inszenatorisch wirkt der Film jedoch wie eine Rohfassung. Die Action ist nicht aufregend oder mitreißend, die Dialoge sind Großteils aus dem "universellen Drehbuch" geklaut worden, das in so vielen Produktionen zum Einsatz kommt, und es ist nicht zu übersehen, dass der Film für eine niedrigere Altersfreigabe bereits in den USA respektlos zusammengeschnitten wurde.
Umso ärgerlicher ist das, da gerade die Szenen mit Matt Murdock und Elektra sehr gut geraten sind; das kleine Kräftemessen bei ihrer ersten Begegnung ist nicht nur gut inszeniert, es macht Spaß und ist sehr einfallsreich. Als sich die beiden näherkommen und auch eine Liebesszene zusammen haben, nimmt man als Zuschauer das auch fraglos ab, sie spielen es sehr überzeugend. Leider ist Elektras Charakter bei weitem nicht ausgenutzt und wird nach einem viel zu kurzen und leidenschaftslosen Kampf einfach weggewischt.
Das Potential war da, die Darsteller auch und Geld hatte die Produktion mit 75 Millionen Dollar nun wirklich genug. Woran es gefehlt hat, war ein vernünftiges Drehbuch und Talent des Regisseurs, der für eine solche Art Film wohl einfach ungeeignet ist.


Fazit:
Der Teufel steckt im Detail; der Unterhaltungsfaktor macht die inhaltlichen Patzer und offenen Fragen, sowie inszenatorische Schlampereien nicht wieder wett. Allerdings, das darf man nicht vergessen, war Daredevil zumindest kurzweilig und ließ die restliche Welt für eineinhalb Stunden vergessen.
Hätte man dem Film die vom Studio auferlegten Kürzungen nicht so stark angesehen, und wären die interessanten Dialoge nicht derart über die gesamte Lauflänge zerstreut worden, hätte DD sicherlich eine höhere Wertung erhalten.
Vielleicht ändert sich das auch mit der Director's-Cut-DVD, die ja in absehbarer Zeit veröffentlicht werden soll.
Bis dahin kann man sich den Kinobesuch allerdings sparen, bei dem viel zu dunklen und kontrastarmen Bild kommen gerade die Nachtszenen ohnehin nicht zur Geltung.