Dante's Peak [1997]

Wertung: 4.5 von 6 Punkten  |   Kritik von Jens Adrian  |   Hinzugefügt am 12. Februar 2006
Genre: Unterhaltung / Action / Drama

Originaltitel: Dante's Peak
Laufzeit: 104 min.
Produktionsland: USA / Großbritannien
Produktionsjahr: 1997
FSK-Freigabe: ab 12 Jahren

Regie: Roger Donaldson
Musik: John Frizzell, James Newton Howard (Thema)
Darsteller: Pierce Brosnan, Linda Hamilton, Charles Hallahan, Jamie Renée Smith, Jeremy Foley, Elizabeth Hoffman, Grant Heslov, Kirk Trutner, Arabella Field, Tzi Ma, Brian Reddy, Lee Garlington


Kurzinhalt:
Der Geologe und Vulkanologe Harry Dalton (Pierce Brosnan) leidet auch vier Jahre nach einem tragischen Zwischenfall in Kolumbien unter Gewissensbissen. Als er von seinem Vorgesetzten Paul Dreyfus (Charles Hallahan) in die malerische Kleinstadt Dante's Peak gesandt wird, um die Aktivitäten des dortigen Vulkans zu überprüfen, stößt er auf eine ebenso idyllische wie möglicherweise gefährliche Situation.
Zwar glaubt ihm die ebenso sympathische wie kompetente Bürgermeisterin Rachel Wando (Linda Hamilton), die mit ihren zwei Kindern Lauren (Jamie Renée Smith) und Graham (Jeremy Foley) in Dante's Peak lebt, dass der Berg möglicherweise vor einer Eruption stehen könnte, doch der Stadtrat fürchtet ebenso um einen Imageschaden, wie Paul. Und das, obwohl plötzlich toxisch werdende Quellen und absterbende Bäume die offensichtlichsten Anzeichen für eine Veränderung der Umwelt von Dante's Peak sind.
Als sich die Anzeichen verdichten, dass der schlafende Vulkan ausbrechen könnte, scheint es beinahe zu spät, die Kleinstadt rechtzeitig zu evakuieren. Da machen sich Rachels Kinder auf, ihre uneinsichtige Großmutter Ruth (Elizabeth Hoffman) von der drohenden Gefahr zu überzeugen – und wagen sich dabei nur noch näher an den Gipfel ...


Kritik:
Vor dem verheerenden Ausbruch, der über fünfzig Menschen das Leben kostete, ragte der Gipfel des Mount St. Helens beinahe 3000 Meter hoch in den Himmel. Nach der Eruption am 18. Mai 1980 waren es vierhundert Meter weniger; bereits zwei Monate zuvor war der nach wie vor aktive Vulkan aus seinem Schlaf erwacht und meldete sich mit einem Erdbeben der Stärke 5.1 auf der Richter-Skala zurück. Als der Hauptausbruch erfolgte, der immerhin neun Stunden andauerte, überdeckte die Pyroklastische Wolke circa 600 Quadratkilometer, Asche wurde bis zu 20 Kilometer in die Höhe geschleudert und umrundete mittels des Jetstream in zwei Wochen sogar die ganze Welt. Durch die entstehenden Schlammlawinen wurden drei Millionen Kubikmeter Material bewegt, Saint Helens selbst spie über ein Kubikkilometer Gestein und Lava aus – der neu entstandene Krater am Nordende des Berges beträgt eine Breite von über 2 Kilometern und ist 800 Meter tief. Die freigesetzte Energie des Ausbruchs betrug im Vergleich so viel wie 27.000 der Atombomben, die bei Hiroshima zum Einsatz kamen.

Es gibt kaum eine Naturkatastrophe, die die Menschen so sehr fasziniert und fesselt, wie die Gewalt eines Vulkans. Die Tatsache, dass auch seit Jahrmillionen schlafende Berge wieder erwachen können, erhöht diese Anziehungskraft, und die aus der Situation entstehende Bedrohung nur noch mehr. Dadurch, dass bei einem Ausbruch nicht nur Magma austritt, sondern auch Schlammlawinen und Ascheregen die Menschen sowie die Natur bedrohen, zeigt die Vielfalt der Konsequenzen einer solchen Eruption.
Nur ein Jahr nach dem Ausbruch von Saint Helens brachte Hollywood einen Spielfilm zum Thema ins Kino, hierzulande sowohl unter dem Titel Mount St. Helens - Der Killervulkan, als auch St. Helens - Der tödliche Berg [1981] bekannt, dessen Finale mit Archivfotos des Ausbruchs untermalt wurde. Es ist somit kein Wunder, dass sich die Traumfabrik nach wie vor mit dieser Naturgewalt beschäftigt. Im Sommer 1997 brachten zwei konkurrierende Studios zwei Filme zum Thema in die Lichtspielhäuser. Während sich Volcano [1997] mit einem fiktiven Vulkanausbruch inmitten von Los Angeles beschäftigt (sicherlich unwahrscheinlich, wenngleich durchweg unterhaltsam), verfolgt Dante's Peak ein ähnliches Szenario wie bei Mount St. Helens, lässt sich mit dem eigentlichen Ausbruch des Vulkans aber sichtlich mehr Zeit und schildert bedeutend realistischer die Anzeichen einer solchen Eruption.

Zu verdanken ist das hauptsächlich dem Drehbuch von Leslie Bohem (Daylight [1996]), dem es gelingt, dem bekannten Katastrophengenre in mancherlei Hinsicht den notwendigen Respekt zu erweisen, und mit vielen Klischees dennoch zu brechen. So erweist sich die Einführung der Figuren als überraschend einfallsreich und die Charaktere bisweilen als vielschichtiger, als man zunächst erwarten würde. Dass er außerdem die Chemie zwischen den beiden Protagonisten auszubauen weiß, macht die obligatorische, aber nicht aufdringlich eingebrachte Liebesgeschichte sichtlich angenehmer.
Bohems Stärke liegt bei Dante's Peak ganz offensichtlich darin, die heimatliche Idylle der Kleinstadt einzufangen, das Kleinbürgertum aufzuzeigen und die wenigen Figuren vorzustellen, die im Verlauf der nur eineinhalb Stunden in den Mittelpunkt gestellt werden. Dass sich Bohem dabei auf viele wissenschaftliche Details stützt, auf realistische Weise den drohenden Ausbruch vorbereitet, lässt manche Fehler im Drehbuch allerdings nur noch schwerwiegender ausfallen. Ärgerlich sind dabei vor allem zwei Unterschlagungen, die zwar aus dramaturgischer Sicht durchaus sinnvoll sein mögen, dem Skript allerdings auch den ein oder anderen spannenden Moment mehr hätten bescheren können. So zeigt Bohem zwar die Auswirkungen des verheerenden Ascheregens auf Motoren und Triebwerke, erwähnt dabei aber nicht, dass die Asche einerseits immer noch extrem heiß ist, zudem so fein, dass sie beim Einatmen Klumpen in den Lungen bildet und vor allem ein derart hohes Gewicht besitzt, dass allein darunter zahlreiche Häuser in betroffenen Gebieten zerborsten sind.
Es dauert recht lange, ehe der Vulkanausbruch gezeigt wird, und zurecht störten sich manche Zuschauer daran, dass man vom klassischsten Element einer Vulkaneruption kaum etwas gezeigt bekommt: wer auf weite Lavaströme hofft, wird enttäuscht, das flüssige Gestein spielt nur eine kleine Rolle im Film, wird dann allerdings effektiv eingebracht.
Ohne Zweifel strickt Leslie Bohem sein Drehbuch nach bekannten Formeln ähnlich gelagerter Katastrophenfilme, und bis auf wenige Ausnahmen bleibt Dante's Peak auch vorhersehbar, nichtsdestoweniger wird die Bedrohung für die Figuren dadurch spürbar, da man sich für die sympathischen Charaktere interessiert und mit ihnen mitleidet. Eben dieses menschliche Element, zusammen mit den wissenschaftlichen Fakten, die zwar dramaturgisiert aber nicht grundsätzlich falsch sind, zeichnet die Vorlage aus, die zwar nicht preisverdächtig überraschend erscheint, aber genügend Potential für einen unterhaltsamen Film bietet.

Dieses wissen die Darsteller glücklicherweise für sich zu nutzen und überraschen mit einem erstaunlich motivierten Spiel, wobei sich gerade Pierce Brosnan und Linda Hamilton sehr gut ergänzen und auch eine natürliche Chemie zwischen einander entwickeln. Brosnan überzeugt in der weniger actionbetonten, aber dennoch sympathisch-heldenhaften Rolle ohne Schwierigkeiten, wirkt mit seiner ruhigen Persönlichkeit, als wäre ihm die Rolle auf den Leib geschrieben. Linda Hamilton hat zwar erst in der zweiten Filmhälfte mehr zu tun, überzeugt aber mit einer Natürlichkeit, die sie in den meisten ihrer Rollen beweist.
Dahingehend sind auch die Kinderdarsteller sehr gut ausgewählt, zumal sowohl Jeremy Foley, als auch besonders Jamie Renée Smith sogar äußerlich Ähnlichkeiten mit Linda Hamilton besitzen und ihre Sache durchweg gut machen.
Dass die Rolle von Charles Hallahan, dessen sympathischer Figur ein unerwartetes Schicksal zugeschrieben wird, so groß ausfällt, ist ebenfalls erfreulich, zumal der Darsteller in seinen Filmcharakter all jene Aspekte mit einfließen lässt, die man von ihm als Autoritätsperson erwarten würde. Von Elizabeth Hoffman, die erstaunlicherweise in weit weniger Produktionen vertreten ist, als man annehmen würde, bekommt man leider kaum etwas zu sehen, aber auch in den wenigen Momenten macht sie ihre Sache gut und harmoniert mit den übrigen Figuren tadellos.
Auch die übrige Besetzung wurde sorgfältig ausgewählt und überzeugt ohne Schwierigkeiten, gleichwohl sie nur wenig gefordert werden. Dass ihnen ihre Rolle merklich Spaß machten, sieht man am Team der Geologen, verkörpert von Grant Heslov, Kirk Trutner, Arabella Field und Tzi Ma, die seither meist in Nebenrollen zu sehen waren und dort wie hier einen meist übersehenen, aber unverzichtbaren Beitrag zum Film leisteten.

Es gibt Aspekte in der Optik eines Films, die erst auf einem digitalen Medium richtig zur Geltung kommen – während die Naturgewalt von Dante's Peak im Kino sicherlich einen ganz anderen und noch atemberaubenderen Eindruck machte, war auf der Kinoleinwand nicht wirklich zu erkennen, inwieweit der Regisseur die Farbwahl seines Films gestaltete. So wird die Kleinstadt zu Beginn in malerischen Pastellfarben gezeigt, die an die Farbgebung von Filmen aus den 1950er Jahren erinnern, ehe – nach Ausbruch des Vulkans – kräftigere Farben zum Einsatz kommen, die das Bild zwar düsterer, aber auch kontrastreicher erscheinen lassen. Je mehr Dante's Peak der unbescholtene, heimatliche Charme abhanden kommt, umso härter und realistischer werden die dazu gehörenden Bilder.
Verantwortlich für die Optik des Films ist dabei der in Polen geborene Andrzej Bartkowiak, der beim unterschätzten Thriller Thirteen Days [2000] zuletzt mit Regisseur Roger Donaldson arbeitete, und seither auch nur noch auf dem Regiestuhl Platz nahm, wobei seine eigenen Filme (Born 2 Die [2003], Doom [2005]) weder handwerklich, noch inhaltlich überzeugen konnten. Dass er ein ausgesprochenes Gespür für opulente und unheilschwangere Bilder besitzt, sieht man allerdings bei Dante's Peak, den er in ebenso malerische, wie Furcht einflößende Perspektiven kleidet, mit vielen Kamerafahrten versieht und dabei doch nie hektisch oder unübersichtlich wird.
Dies ist auch den verschiedenen Cuttern hoch anzurechnen, und selbstverständlich Regisseur Donaldson, der sich einmal mehr als routinierter Filmemacher erweist, und sowohl die Naturaufnahmen zu Beginn, als auch die Panik und die späteren Ausnahmezustände gekonnt in Szene setzt. Handwerklich gibt es an Dante's Peak nichts zu bemängeln, im Gegenteil, Kamera und Schnitt harmonieren gekonnt und versetzten den Zuschauer immer in den Mittelpunkt des Geschehens, ohne ihn darin allein zu lassen.

Dass die Effektkünstler von Digital Domain außerdem nicht für den Oscar nominiert wurden, ist unverständlich; das größte Kompliment, das man den verschiedenen, an den Spezialeffekten beteiligten Firmen, machen kann, ist dass die Effekte in den seltensten Fällen zu erkennen sind. Dabei musste gerade im Bezug auf die Hintergrundlandschaft mit dem schlummernden Vulkan, sehr viel getrickst werden, und auch die in sich zusammen fallende Kleinstadt, verschlägt einem als Zuschauer den Atem.
Beeindruckend sind zudem die zahlreichen Miniaturarbeiten, die allerdings den Schwachpunkt der optischen Präsentation darstellen und an einigen Stellen leicht als solche zu erkennen sind. Bricht jedoch die Pyroklastische Wolke über Dante's Peak herein, sind diese Momente ohnehin vergessen und man berauscht sich an der imposanten Gewalt jener unbändigen Naturkraft.

Mit acht Filmprojekten (darunter Die Hochzeit meines besten Freundes [1997] und Postman [1997]) war Komponist James Newton Howard in jenem Jahr mehr als nur ausgelastet – um seine Talente dennoch nutzen zu können, engagierten ihn die Universal Studios, immerhin die Themen für zwei vielversprechende Filme – nämlich Dante's Peak und Der Dummschwätzer [1997] – zu schreiben, wobei die Scores von anderen Komponisten auf den Vorlagen Howards ausgearbeitet wurden. Für seinen Soundtrack zu Die Hochzeit meines besten Freundes wurde er gar für den Oscar nominiert.
In gewissen Belangen hört man bei Dante's Peak allerdings heraus, dass der Score selbst nicht aus der Feder des mehrfach oscarnominierten Künstlers stammt, sondern von einem anderen Musiker verfasst wurde. Dabei gibt sich John Frizzell, der im selben Jahr mit Alien - Die Wiedergeburt [1997] seinen bislang größten Score beisteuerte, merklich Mühe, dem erstklassigen, getragenen und doch harmonisch-idyllischen Thema von James Newton Howard Rechnung zu tragen, lässt das Motiv auch in vielen Situationen wieder mit einfließen und wandelt es entsprechend ab. Aber wenn ohnehin spannende Momente zusätzlich mit einer recht lauten Musik untermalt werden, merkt man dem Soundtrack an, dass der Künstler in manchen Szenen nicht die Dynamik erkannte, die man hätte erkennen können.
Zudem wirkt die Musik, so passend sie in den Szenen eingebracht ist, weit weniger filigran, weniger differenziert in der Wahl der Instrumente, als es bei anderen Musikern vermutlich gewesen wäre. So erfüllt der Score seinen Zweck, wartet mit einem hervorragenden Grundthema auf, das auch ansprechend abgewandelt wird, setzt aber abgesehen davon keine neuen Akzente.

Dass Roger Donaldsons Film international ein größerer Erfolg vergönnt war, als in den USA, ist erstaunlich, jedoch nicht weniger überraschend, als dass man auch international knapp über die Produktionskosten samt Werbeaufwand kam; aus unerfindlichen Gründen genießt Dante's Peak vielerorts auch keinen guten Ruf, und das, obgleich nicht nur einige gut gelaunte Darsteller mit an Bord sind, sondern die nicht abwegig klingende Geschichte in schicke Bilder und spannende Szenen gekleidet ist.
Heute mag sich die Wahrnehmung des Films zwar geändert haben, an den Qualitäten des soliden Katastrophenfilms ändert das allerdings nichts. Hinter Pierce Brosnans Vulkan-Exkursion verbirgt sich ein sehr gut gemachter, gut gespielter und routiniert geschriebenes Katastrophendrama, das zwar nicht ohne die üblichen Klischees auskommt, viele von ihnen aber glücklicherweise nicht auswalzt und deswegen trotz der vorhersehbaren Handlung nie langweilig wird. Im Vergleich zum inhaltlich schwächeren, aber ebenso unterhaltsamen Volcano, gewinnt Dante's Peak vor allem durch den emotionalen Aspekt, der in Bohems Skript weit weniger aufdringlich eingebracht ist, als in anderen Produktionen.


Fazit:
Durch die ruhigere Erzählweise und die beinahe schon klassisch aufgebauten Elemente des Katastrophenfilmgenres, richtet sich Dante's Peak an eine andere Zuschauergruppe, als beispielsweise Volcano, bietet gleichzeitig sowohl mehr Hintergrund, als auch charakterliche Finesse, steht jedoch was das Erzähltempo angeht hinter seinem Konkurrenten zurück.
Durch ein routiniertes und an manchen Stellen überaus einfallsreich geratenes Skript und die soliden Darsteller, die merklich Gefallen an ihren Rollen finden, gelingt es Regisseur Roger Donaldson, seinen Film schon thematisch in andere Regionen zu hieven, als es den meisten TV-Produktionen vergönnt ist. Es ist aber der merklich höhere Aufwand und die tadellose handwerkliche Umsetzung, die Dante's Peak auszeichnen und die etwas mehr als eineinhalb Stunden wie im Flug vergehen lassen.
Dass das Geschehen dennoch aus dramaturgischen Gründen um Realitätsnähe beschnitten wurde, ist verständlich, schmälert aber weder den Unterhaltungswert, noch die Effektivität der optisch imposanten Umsetzung eines nichtsdestotrotz realistischen Vulkanausbruchs und dessen verheerender Folgen.