D-Tox – Im Auge der Angst [2002]

Wertung: 3 von 6 Punkten  |   Kritik von Jens Adrian  |   Hinzugefügt am 20. Februar 2005
Genre: Thriller

Originaltitel: D-Tox
Laufzeit: 93 min.
Produktionsland: USA / Deutschland
Produktionsjahr: 1999
FSK-Freigabe: ab 16 Jahren

Regie: Jim Gillespie
Musik: John Powell
Darsteller: Sylvester Stallone, Charles Dutton, Polly Walker, Kris Kristofferson, Christopher Fulford, Jeffrey Wright, Tom Berenger, Stephen Lang, Angela Alvarado, Robert Prosky, Robert Patrick, Courtney B. Vance, Sean Patrick Flanery, Dina Meyer


Kurzinhalt:
Ein Polizistenmörder treibt sein Unwesen, und das FBI ist unter der Leitung von Agent Jake Malloy (Sylvester Stallone), selbst ehemaliger Polizist, nicht in der Lage, den Täter zu fassen. Da lenkt der Killer seinen Fokus auf Malloys Kollegenkreis und tötet auch dessen Verlobte Mary (Dina Meyer). Doch angeblich unterläuft ihm dabei ein Fehler und der Täter kommt durch Malloys Waffe um.
Fortan ertrinkt er seine Trauer im Alkohol und wird von seinem Vorgesetzten Hendricks (Charles Dutton) in eine abgelegene Entzugsklinik für Polizisten gebracht. Unter der Leitung von Doc (Kris Kristofferson) sollen die Patienten ihre Traumata dort aufarbeiten.
Als wenig später der Polizist Conner (Sean Patrick Flanery) tot aufgefunden wird, vermuten Doc und die Krankenschwester Jenny (Polly Walker) Selbstmord. Doch wenig später gibt es noch eine Leiche.
Während sich draußen ein Schneesturm anbahnt, sind die übrigen Patienten in dem Sanatorium gefangen, dabei besteigt Malloy immer mehr der Verdacht, dass Marys Mörder unter ihnen ist – und den Kampf nun persönlich gegen ihn austragen möchte.


Kritik:
Sylvester Enzio Stallone gehört zu den tragischsten Akteuren Hollywoods; jahrelang als "Italian Stallion" mit Hohn bedacht, konnte er mit Rocky [1976] einen international Erfolg, sowohl in finanzieller, als auch künstlerischer Hinsicht verbuchen (dabei war er nicht nur als Hauptdarsteller tätig, sondern auch als Drehbuchautor). Dem folgten einige weniger erfolgreiche Produktionen, darunter auch zwei Fortsetzungen zum Boxerhit, ehe Stallone mit Rambo [1982] erneut für Furore sorgte, wobei viele Zuschauer den durchaus gesellschaftskritischen Unterton überhörten. Von da an lockten seine Filme immer weniger Publikum an, von den verächtlichen Kritikerstimmen ganz zu schweigen; so gingen auch gute Filme wie Lock Up - Überleben ist alles [1989] leider unter, und auch die ansich überaus amüsanten Komödienversuche wie Oscar - Vom Regen in die Traufe [1991] blieben leider ohne Erfolg. Für seine wirklich erstklassige darstellerische Leistung in Cop Land [1997] wurde er nicht einmal für einen Oscar vorgeschlagen. Noch schlimmer stand es um den in New York geborenen Darsteller im neuen Jahrtausend: weder Get Carter - Die Wahrheit tut weh [2000], noch Driven [2001] überzeugten die Zuschauer, Avenging Angelo [2002] wurde in den USA nur auf Video veröffentlicht, wohingegen Shade [2003] immerhin in wenigen Kinos zu sehen war (in Deutschland wurden beide Titel nur auf VHS/DVD veröffentlicht). Und auch wenn D-Tox den Befürchtungen eines wirklich unterdurchschnittlichen Thrillers nicht standhält, dass das Produktionsstudio den im Jahr 1999 gedrehten Film immerhin drei Jahre lang zurückhielt, spricht Bände. Stallones neuestes Project Notorious, in dem er als Regisseur und Hauptdarsteller die Polizeiverschwörung um die Ermordung des Rap-Sängers Tupac porträtieren möchte, soll sogar schon wieder gestoppt worden sein.
Verarmen wird Sylvester Stallone hingegen wohl kaum, immerhin kassierte er sowohl für D-Tox, als auch Get Carter, Avenging Angelo, Driven und den unterschätzten Daylight [1996] jeweils 20 Millionen Dollar Gage. Angesichts des wiederholt ausbleibenden Erfolgs mehr als nur unverständlich.

Dabei hätte aus D-Tox ein wirklich guter Film werden können, hätten sich die Macher die Romanvorlage von Howard Swindle mit dem Titel Jitter Joint zu Herzen genommen; so geht es dort schlichtweg um einen dem Alkohol verfallenen Cop, der von seiner Frau und seinem Captain zur Teilnahme im Entzugs-Programm gezwungen wird. Von den klischeebeladenen Storyelementen wie dem Killer seiner Verlobten, der den FBI-Agenten bis in das Rehabilitationszentrum verfolgt, ist dort keine Spur zu finden, auch handelt es sich nicht um eine Einrichtung, die ausschließlich mit Polizisten bevölkert ist. Selbige sind dann auch das Grundproblem des Films, nicht nur, dass alle Figuren abgesehen von Jake Malloy ungewöhnlich blass bleiben, das muntere, reihenweise Sterben der Insassen geht derart rasch und unmotiviert voran, dass man mit den Figuren gar keine Bindung aufbauen kann. Sprünge in der Story, Erklärungen, die sich die Figuren selbst nur einreden und Logiklöcher in der Größe von Wolkenkratzern verschlimmbessern das krude zusammen gemischte Ambiente des "wer-ist-der-Killer?"-Thrillers noch.
Dabei sind die Figuren nicht nur eindimensional, sondern in gleichem Maße in ihrer Geschichte und ihrem Verhalten klischeehaft angelegt. Das einzige, was bis zum Schluss mehr oder weniger unklar bleibt ist die eigentliche Motivation des Täters, die einer näheren Betrachtung nicht Stand hält.
Wer somit angesichts der zahlreichen bekannten Namen im Cast darauf hofft, dass diese auch zum Einsatz kommen, darf sich nicht wundern, wenn die bekanntesten in eben dieser Reihenfolge auch das Zeitliche segnen. Für Drehbuchautor Ron L. Brinkerhoff war es seine bislang einzige Hollywood-Arbeit in dem Bereich, was angesichts des unausgegorenen Genremix in Verbindung mit unnötig brutalen Einstellungen und einem Fehlen an charakterlicher Tiefe nicht überrascht. Zwar besitzt die Grundstory durchaus Potential, die unsaubere Szenenaneinanderreihung, der fehlende Spannungsaufbau (da man einfach nicht weiß, wer das nächste Opfer werden wird, und wann es zu einem werden soll) und die plötzliche Offenbarung der Hauptfigur ersticken aber das ansich interessante Setting rasch wieder.
Hier hätten die Macher das Skript von Grund auf überholen lassen sollen.

Dafür konnte man wenigstens namhafte und ansich auch talentierte Darsteller verpflichten; dass Sylvester Stallone kein schlechter Mime ist, hat man sowohl in Rocky, als auch in Rambo gesehen, und auch seine jüngeren Filme wie Assassins - Die Killer [1995] oder der bereits erwähnte Cop Land sind gut gespielt. Sogar in Get Carter wirkt Stallone motiviert und kann überzeugen. Selbiges gelingt ihm in D-Tox leider nicht. Als abgesoffener Cop mit selbstmörderischen Tendenzen wirkt er ebenso fehlplatziert wie glatt poliert, daran ändert sein wortkarges Auftreten auch nicht viel. Überhaupt scheint er im Verlauf des Films wie zu passiv, als dass die Zuschauer mit ihm mitfiebern könnten.
Selbiges gilt für Charles Dutton, der immerhin einige witzige Dialoge vortragen darf, aber ebenfalls nicht ganz bei der Sache scheint. Kris Kristofferson ist ebenso unterbeschäftigt und hinterlässt in dem ebenfalls düster angelehnten Payback – Zahltag [1999] einen deutlich besseren Eindruck. So auch Robert Patrick, der in Cop Land ebenfalls nicht viel mehr zu tun hat, aber mehr in Erscheinung treten darf, als hier.
Sean Patrick Flanery und Dina Meyer im Vorspann zu erwähnen ist dahingehend schon eine Frechheit, immerhin haben beide keine drei Minuten vor der Kamera.
Von den übrigen Akteuren bleiben allenfalls Tom Berenger, Polly Walker, Robert Prosky, Jeffrey Wright und Courtney B. Vance in Erinnerung, die zwar mehr oder weniger überzeugend spielen, aber doch nicht recht bei der Sache scheinen und vor allem von der Vorlage zu nicht mehr inspiriert werden. Selbiges Schicksal erleidet Christopher Fulford, der zu Beginn viel versprechend vorgestellt wird und anschließend nichts mehr zu tun hat.
So fungiert D-Tox als ein Paradebeispiel eines Films, der einen grundweg soliden bis sehr guten Cast durch halb gare Dialoge und nicht ausgefeilte Szenen unschlüssig durch die Kulissen stapfen lässt. Aus den Akteuren hätte man sicher deutlich mehr herausholen können.

An der Inszenierung von Jim Gillespie gibt es indes kaum etwas auszusetzen, auch wenn von der wirklich unheimlichen Umsetzung seines vorigen Films Ich weiß, was Du letzten Sommer getan hast [1997] nicht viel übrig geblieben ist. Doch dank interessanter Kameraeinstellungen und einer bis auf das Finale nicht verwackelten Optik, ist D-Tox zumindest in dieser Hinsicht gelungen. Was jedoch überflüssig erscheint sind die zahlreichen Rückblenden, die allesamt nicht notwendig sind und den Zuschauer unnötig aus dem Geschehen reißen, anstatt ihn in die Figuren zu versetzen.
Was etwas verwundert sind die häufigen Überblendungen bei den Schnitten, zumal hier Szenen oft zu früh abgebrochen werden und man als Zuseher das Gefühl nicht los wird, als wäre der Film mehrmals neu geschnitten worden. Trotz allem fängt Gillespie das Ambiente des verlassenen Gebäudes im Winter recht gut ein, wechselt aber ungünstig zwischen den verschiedenen Erzählebenen bei Jake Malloy und seinem Kollegen Hendricks hin und her, wodurch erneut Spannung verloren geht.
Dass diese auch beim Finale ausbleibt liegt vor allem daran, dass die Story wenig Überraschungen zu bieten hat, und man deshalb von vorne herein weiß, wer überlebt, und wer als nächstes der Schnitzeljagd zum Opfer fällt.

Bekannt wurde Komponist John Powell vor allem mit seinem Score zum Actionthriller Im Körper des Feindes [1997] und seine Zusammenarbeit mit Komponist Harry Gregson-Williams bei Antz [1999], Chicken Run - Hennen rennen [2000] und Shrek - Der tollkühne Held [2001]; für D-Tox erschuf der Musiker zwar eine interessante Melodie, die er auch treffend mit einem rhythmischen Thema während der gesamten 90 Minuten untermalt, doch dabei vernachlässigt er leider, dass nicht alle Szenen im Film Spannung erzeugen sollen. So wird man als Zuschauer musikalisch ständig auf einen nächsten Höhepunkt vorbereitet, der aber erst fünf Minuten vor Schluss kommt, wodurch die Musik schnell an Dynamik verliert, ist die zweite Leiche im Sanatorium erst einmal gefunden.
Bedenkt man zudem Powells jüngst Arbeit Die Bourne Verschwörung [2004], kann man nicht umhin, bei D-Tox ein Mangel an Kreativität festzustellen, denn auch wenn der Score zu den besten Aspekten des Films zählt, überaus abwechslungsreich ist er leider nicht geraten.

Es ist grundsätzlich einfacher, einen fertigen Film einzuschätzen, als anhand des Skripts zu entscheiden, wie das Ganze auf der Leinwand wirken wird. Es mag sein, dass im Falle von D-Tox die Vorlage viel versprechender ausgesehen haben mag, als das Endprodukt, dabei war sie ebenso klischeebeladen und zäh, wie das Endprodukt. Während die Romanvorlage, von der allerdings nicht viel übrig geblieben ist, mit einem gebrochenen und dadurch interessanten Hauptcharakter aufwarten kann, scheint Sylvester Stallones Filmfigur einem 08/15-Skript entsprungen zu sein. Seine Handlungen ergeben dabei ebenso wenig einen Sinn, wie der Killer selbst.
Wäre das ganze nicht zumindest handwerklich sauber verpackt, wären auch keine so hohe Punktewertung dabei herausgesprungen. Denn auch wenn die Darsteller nur leidlich interessiert sind, die Spannung nie so recht aufkommen mag, Kamera und Schnitt fangen die Atmosphäre ganz gut ein, und es gab auch in den letzten Jahren schlechtere Filme, die sofort einen Kinostart spendiert bekamen.


Fazit:
Bedenkt man, dass weniger als eine Stunde vor Schluss die erste Leiche im Rehabilitationszentrum aufgefunden wird, und es immerhin über ein Dutzend Opfer gibt, erkennt man schnell, dass die Charaktere nicht viel mehr zu tun haben, als durch den Komplex zu irren, und von einer Leiche über die andere zu stolpern. Damit soll man als Zuschauer wohl darüber hinweg getäuscht werden, dass die Story selbst keinen großen Sinn ergibt und die Figuren (ob nun lebend oder tot) auch nicht wirklich interessieren.
Für seine immens hohe Gage hätte sich Sylvester Stallone deutlich mehr engagieren können und zumindest seine Ko-Darsteller motivieren versuchen, diese wirken allesamt etwas geistesabwesend und nicht sonderlich am Geschehen interessiert. Selbiges ist es auch, was den Zuschauer im Verlauf von D-Tox überkommt, denn auch wenn Regisseur Jim Gillespie zumindest handwerklich eine Routinearbeit abliefert, die klischeehaften Figuren und die wirre Story verhindern, dass einen der rapide Zuwachs an Leichensäcken im Kühlhaus sonderlich mitnimmt.
Sicherlich nicht so schlecht wie sein Ruf, aber im Endeffekt verschwendetes Potential, das an einem zu unterdurchschnittlichen Drehbuch krankt.