Crimson Peak [2015]
Wertung: |
Kritik von Jens Adrian |
Hinzugefügt am 20. Juni 2016
Genre: Drama / Fantasy / HorrorOriginaltitel: Crimson Peak
Laufzeit: 119 min.
Produktionsland: USA / Kanada
Produktionsjahr: 2015
FSK-Freigabe: ab 16 Jahren
Regie: Guillermo del Toro
Musik: Fernando Velázquez
Darsteller: Mia Wasikowska, Jessica Chastain, Tom Hiddleston, Charlie Hunnam, Jim Beaver, Burn Gorman, Leslie Hope, Doug Jones, Jonathan Hyde, Bruce Gray, Emily Coutts
Kurzinhalt:
Nach ihrer Hochzeit mit Thomas Sharpe (Tom Hiddleston) zieht die junge Edith Cushing (Mia Wasikowska), Tochter des Bauunternehmers Carter Cushing (Jim Beaver), im Jahr 1887 aus New York nach England auf das Familienanwesen von Thomas und seiner Schwester Lucille (Jessica Chastain), "Allerdale Hall". Das große Haus steht auf einer unterirdischen Mine, aus der seit Generationen roter Ton gefördert wird. Doch kaum ist Edith dort angekommen, wird sie von Visionen heimgesucht und ihr Gesundheitszustand verschlechtert sich zusehends. Währenddessen hat ein Freund ihrer Familie, Dr. Alan McMichael (Charlie Hunnam) in New York eine düstere Ahnung ...
Kritik:
Regisseur Guillermo del Toro verlangt von seinen Zusehern bereits in der ersten Minute einen Glaubenssprung: Geister gibt es wirklich, erzählt die Protagonistin Edith. Wer sich auf die Geschichte einlässt, die sie zu erzählen hat, wird feststellen, dass Crimson Peak von zwei Gewaltspitzen abgesehen überraschend blutleer ist. Das ist für sich genommen alles andere als ein Kritikpunkt. Doch dass sich nur selten eine vermeintlich gruselige Stimmung einstellt, stellt bei beinahe zwei Stunden Laufzeit ein bedeutend größeres Problem dar.
Angesiedelt Ende des 19. Jahrhunderts, zieht die an sich sehr ambitionierte junge Frau Edith Cushing mit ihrem frisch angetrauten Ehemann Thomas nach England auf dessen Familienanwesen. Dort wird flüssiger Ton abgebaut, der auf Grund einer seltenen geologischen Gegebenheit blutrot ist. Doch das große Haus, dessen Dach zum Teil eingestürzt ist, so dass es tagein tagaus in die Halle regnet oder schneit, bewahrt mehr Geheimnisse, als Edith es wohl vermutet hatte. Würde man nicht mehr verraten, dann könnte die Story von Crimson Peak in beinahe jede Richtung erzählt werden.
Filmemacher del Toro, der auch am Drehbuch mitschrieb, versucht allerdings wohl, sehr viel schlauer zu sein als sein Publikum – oder er hält es für entsprechend unaufmerksam. Bereits in den ersten Minuten warnt der Geist von Ediths Mutter sie vor "Crimson Peak". Kaum ein Zuschauer würde vermuten, wohin es Edith folglich verschlägt, oder?
So absehbar die Geschichte selbst auch ist (bis hin zu dem Geschwisterpaar Thomas und Lucille Sharpe), die Macher verstehen es, überwältigende Bilder zu präsentieren. Die Kostüme sind für sich genommen bereits eine Augenweide, wäre da nicht das Anwesen der Sharpes, das wie ein eigenständiger Charakter daherkommt. In eine karge Landschaft eingebettet, erstreckt sich das große Haus über mehrere Stockwerke und Flügel, wirkt stellenweise verfallen und andernorts beinahe behaglich. Harrt die Kamera auf einer Einstellung, kann man die Wände beinahe atmen hören. Die Optik von Crimson Peak ist grandios, die Sets und das Design makellos, so dass man sich gern darin verliert.
Doch tut man das, muss man leider feststellen, dass der Film nicht allzu viel mehr zu bieten hat. Insbesondere der Charakter von Edith entpuppt sich als viel zu langsam entgegen ihrem fortschrittlichen Auftreten, so dass man als Zuseher die Auflösung, was sich hinter ihrer gesundheitlichen Verschlechterung verbirgt, lange vor ihr entdeckt hat. Auch ergibt ihr Verhalten schlichtweg keinen Sinn. Wenn man ein Haus betritt, bei dem jede Faser des eigenen Körpers aufschreit und einen zwingt, sofort umzukehren und zu gehen, wieso tut man es dann nicht?
Als wäre das nicht genug, versäumt es das Skript, ein Regelwerk aufzustellen, was es mit den Geistern denn auf sich hat, was sie tun können und was nicht. Mal sind sie in der Lage, Dinge in der wirklichen Welt zu bewegen, dann wieder nicht. Mal erscheinen sie nur Edith, dann auch anderen. Wenn man wüsste, dass Geister – welche Ziele sie auch immer verfolgen – existieren und man mit ihnen sprechen könnte, würde man dann nicht versuchen, ihre Hilfe einzufordern? Crimson Peak entwickelt sich diesbezüglich mal in eine, dann wieder in die andere Richtung, je nachdem, was die Szene gerade erfordert, aber ohne dass es in sich schlüssig wirkt.
Vor allem, und das ist gerade angesichts des tollen Designs verwunderlich, sind die Geister die eigentliche Enttäuschung. Sieht man die plastischen Bauten, die schauderigen Räume und Gewänder, einen Keller, bei dem einen der von den Wänden fließende rote Ton unweigerlich an Blut erinnert, dann sind die ganz offensichtlich per Computertrick aufgepumpten Geister vollkommen fehlplatziert. Auch wenn diese eine Mischung aus praktischen und Computereffekten sind, sie passen schlicht nicht ins Bild und zerren einen unweigerlich aus der Atmosphäre. Auf Grund der langsamen Erzählung, gibt es von der ohnehin nicht viel.
Fazit:
Der gesamte Prolog in New York ist am Ende nicht wirklich notwendig, ebenso wenig wie die immens brutale Szene darin. Würde Crimson Peak straffer erzählt, so dass man Edith kennen lernt, nachdem sie in das Anwesen der Sharpes gezogen ist, würde ihre Figur auch an Tiefe gewinnen. So bleibt sie durchweg unentschlossen und blass, bis das Finale etwas anderes von ihr erwartet.
Filmemacher Guillermo del Toro erschafft eine ebenso verstörende wie betörend schöne Umgebung. Der Horror, der sich darin abspielt, geht am Ende nicht von den Geistern aus. Doch was seiner an sich vielversprechenden Vision fehlt, ist ein durchgängiges Konzept, eine Mythologie, die er hier zu entwickeln scheint, während er die Geschichte erzählt. Trotz der fantastischen Kostüme und der grandiosen Sets fehlt Crimson Peak mehr als nur eine durchgehende Spannung, es fehlt ihm eine Seele.