Company Men [2010]
Wertung: |
Kritik von Jens Adrian |
Hinzugefügt am 18. März 2012
Genre: DramaOriginaltitel: The Company Men
Laufzeit: 104 min.
Produktionsland: Großbritannien / USA
Produktionsjahr: 2010
FSK-Freigabe: ab 12 Jahren
Regie: John Wells
Musik: Aaron Zigman
Darsteller: Ben Affleck, Rosemarie DeWitt, Tommy Lee Jones, Chris Cooper, Craig T. Nelson, Maria Bello, Kevin Costner, Dana Eskelson, Eamonn Walker, Anthony O'Leary, Suzanne Rico, Kent Shocknek
Kurzinhalt:
Von einem Moment auf den anderen ist für Bobby Walker (Ben Affleck) nichts wie es vorher war. Nach zwölf Jahren in dem Unternehmen GTX wird der Vertriebsleiter von Sally Wilcox (Maria Bello) entlassen. Der Grund seien Umstrukturierungen. Er ist nicht allein, viele Angestellte tragen ihre Habe in uniformen Kisten zum Parkplatz. Als er seiner Frau Maggie (Rosemarie DeWitt) davon erzählt, schlägt sie vor, wieder arbeiten anzufangen, doch Bobby lehnt ab. Seine Chancen, einen neuen Job zu finden, schätzt er selbst sehr gut ein und schlägt auch ein Angebot seines Schwagers Jack (Kevin Costner) aus, bei ihm als Zimmermann zu arbeiten.
Doch während Bobby erfolglos versucht, sein Leben neu zu ordnen, und ihm die Rechnungen über den Kopf wachsen, geht bei GTX der Kahlschlag weiter, um die Aktie oben zu halten. Firmengründer Salinger (Craig T. Nelson) zerwirft sich mit seinem Geschäftspartner Gene McClary (Tommy Lee Jones), der seine Verantwortung bei den Beschäftigten sieht. Und selbst wenn sich langjährige Angestellte wie Phil Woodward (Chris Cooper) in ihrer Position sicher fühlen, wie sicher ist ihre Stelle tatsächlich? Und welche Chancen hätten sie in ihrem Alter auf dem Arbeitsmarkt? ...
Kritik:
"Das Schlimmste ist – die Welt dreht sich immer noch!" In die bittere Erkenntnis des beinahe 60jährigen mischt sich neben der anfänglichen Verzweiflung über den Verlust seiner Stelle bei dem großen Unternehmen GTX, bei dem er drei Jahrzehnte gearbeitet hat, eine endgültige Ernüchterung. Auch angesichts der eigenen Bedeutungslosigkeit. In einer gelöschten Szene, die sich auf der Heimvideoveröffentlichung findet, sehen wir, wie er sich sogar bei einem Pizzaservice als Fahrer bewirbt. Er wird abgelehnt, wie sonst auch überall. Dabei ist er gar nicht die Hauptfigur in Company Men, dem ersten Kinofilm von Autor und Regisseur John Wells. Wells ist seit vielen Jahren als Produzent für Film und Fernsehen bekannt, unter anderem durch seine weitreichende Beteiligung an der Serie e.r. - Emergency Room [1994-2009]. Man gewinnt den Eindruck, dass er das Gespür für die Figuren auf die große Leinwand überträgt, denn in seinem Drama finden sich keine Heldentaten und keine weltverändernden Entdeckungen. Er schildert an einer Reihe von Personen die Auswirkungen der jüngsten Wirtschaftskrise, zeigt an Bobby Walker und seiner Familie im Detail, wie sich der Verlust des Arbeitsplatzes auf alle Familienmitglieder auswirkt und lässt doch den Blick weit genug, um auch die Firmengründer nicht zu vergessen.
Konsolidierungen innerhalb der Firma sind nichts Neues, und wie schon bei der letzten Runde fragen auch diesmal die Ehepartner Zuhause, ob die eigenen Gatten nicht betroffen sind. Kann man es ihnen verdenken? Bobby war der Meinung, dass ihm nichts geschehen könne, immerhin hatte ihm das sein Boss Gene zugesichert. Doch Gene trifft nicht die Entscheidungen, wer gefeuert wird und wer nicht. Es geht darum Kosten zu sparen und den Aktienkurs anzutreiben – die Aktionäre sehen es lieber, wenn der Kurs steigt, so sagt es sogar Firmengründer James Salinger, der sich den Aktionären verpflichtet sieht, nicht den Menschen, die er beschäftigt. Bobby hilft das nicht mehr. Er darf am Tag seiner Kündigung seine Sachen in einen Karton packen. Nach zwölf Jahren im Unternehmen stehen im Bezüge für drei Monate zu und ein Outplacement-Programm, das ihm dabei helfen soll, eine neue Stelle zu finden. Doch arbeitslose BWL-Absolventen gibt es wie Sand am Meer und auch wenn sich Bobby für hochqualifiziert hält, es gibt wohl genügend, die deutlich besser für eine Stelle geeignet sind, als er. Seine Frau Maggie beginnt gegen seinen Wunsch erneut mit Schichten im Krankenhaus und auch die beiden Kinder bekommen zu spüren, was die Arbeitslosigkeit des Vaters bedeutet. Der versucht zwar durch seinen geleasten Porsche und die Golfspiele immer noch, erfolgreich auszusehen (ob er sich damit selbst belügt, oder hofft, schneller eine neue Stelle zu finden, sei dahingestellt), doch zusammen mit den Hypotheken und den sich auftürmenden Rechnungen steht die Familie Walker bald vor der Zahlungsunfähigkeit.
Company Men ist sehr vorsichtig damit, irgendjemandem die Schuld an der Misere zu geben. Es wäre einfach, Maggies Bruder Jack, der als Handwerker sein Geld verdient, gehässige Worte in den Mund zu legen, dass es alles Bobbys eigene Schuld sei. Dass er und Maggie über ihre Verhältnisse gelebt und nie etwas beiseitegelegt haben. Dass ihr Lebensstil mit dem der normalen Bürger nichts gemein hatte. Dass sich Jack und Bobby nicht ausstehen können, ist offensichtlich und doch bietet Jack seinem Schwager eine Stelle an, als er von seiner Situation erfährt. Bei seinem aktuellen Renovierungsauftrag wird er sogar etwas Verlust machen. Seiner Aussage nach gleicht es sich am Ende alles wieder aus. Das Drehbuch deutet es nur an, spricht es aber nicht aus, dass Jack diesen Verlust eingeht, um den Männern, die für ihn arbeiten auch im harten Winter eine Stelle anbieten zu können. Weil er sich den Menschen verpflichtet fühlt, nicht dem Profit. So lernt Bobby eine andere Seite des Verantwortungsbewusstseins kennen, etwas, das im BWL-Studium nicht gelehrt wird.
Darsteller wie Ben Affleck oder Kevin Costner als normale Menschen vor der Kamera agieren zu sehen, ist überraschend und verleiht der Aussage von Company Men mehr Gewicht, als es unbekannte Gesichter hätten tun können. Dank Tommy Lee Jones, Chris Cooper und Craig T. Nelson sind auch die Nebenrollen hervorragend besetzt, obwohl die natürlichste Darbietung Rosemarie DeWitt gelingt. Sie erzeugen gemeinsam ein Bild eines Schicksals, das nicht nur in den USA viele Tausende Menschen getroffen hat. Mit seiner Aussage mag John Wells den Zuschauern Hoffnung geben wollen, und gerade die scheint bisweilen utopisch. Doch ist es wichtig zu sehen, dass auch die Prominenz in Hollywood, die in einer ganz anderen Welt zu leben scheint, sich vor den Problemen der normalen Menschen nicht verschließt.
Das alternative Ende, das ebenfalls auf der Heimvideoausgabe enthalten ist, beinhaltet neben unterschiedlichen Perspektiveneinstellungen vor allem den großen Unterschied, dass Bobbys Entscheidung hier nicht gezeigt wird. Eine Mischung aus beiden, dem tatsächlichen und dem alternativen Ende, wäre vielleicht effektiver gewesen. Weniger hoffnungsvoll, aber glaubhafter.
Fazit:
Das teure Auto und das Haus verkaufen, um bei den Eltern einzuziehen und beim Schwager als Zimmermann anzufangen? Für Bobby Walker ist es keine Rettung, sondern eine Degradierung. Wäre er früher über seinen Schatten gesprungen, hätte sein enormes Gehalt nicht in solchem Luxus verschwendet, wäre ihm und seiner Familie all das erspart geblieben. Doch Company Men geht es nicht darum, Schuld zuzuweisen. Selbst der Firmengründer, der mit einem Gewinn in dreistelliger Millionenhöhe davonkommt, wird nicht an den Pranger gestellt. Regisseur John Wells stellt stattdessen ein System vor, das früher oder später schon deshalb zum Scheitern verurteilt ist, weil es sich nicht um die Menschen kümmert, die es am Leben erhalten. Und die Personen, die bemerken, dass es ihre Arbeit gebenden Firmen nicht kümmert, wer sie sind – oder was aus ihnen werden soll.
An einer Handvoll Figuren wird gezeigt, wie sich dieser Verlust des Arbeitsplatzes auf sie und ihre Familien auswirkt. Sowohl im bestmöglichen, als auch im schlimmstmöglichen Fall. Dass manch ein schwerreicher Geschäftsmann sich als Philanthrop herausstellt, ist aber eher Wunschdenken. Durchweg hervorragend gespielt, veredelt die Besetzung nicht nur die Botschaft des Dramas, sondern bringt seine Aussage auch einem breiten Publikum nahe. Dass die Verantwortlichen der Misere sich hierbei nicht angesprochen fühlen, ist leider zu erwarten, doch den Betroffenen gibt der Film zumindest ein wenig Hoffnung.