Carry-On [2024]
Wertung: |
Kritik von Jens Adrian |
Hinzugefügt am 29. Dezember 2024
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Originaltitel: Carry-On
Laufzeit: 119 min.
Produktionsland: USA
Produktionsjahr: 2024
FSK-Freigabe: ab 12 Jahren
Regie: Jaume Collet-Serra
Musik: Lorne Balfe
Besetzung: Taron Egerton, Jason Bateman, Sofia Carson, Danielle Deadwyler, Theo Rossi, Logan Marshall-Green, Dean Norris, Sinqua Walls, Curtiss Cook, Josh Brener
Kurzinhalt:
Ethan Kopek (Taron Egerton) kontrolliert am internationalen Flughafen von Los Angeles Passagiere im Rahmen der Luftsicherheitskontrolle. Sein Traum war es an sich, Polizist zu werden, doch seit er nicht bei der Akademie aufgenommen wurde, gibt er sich hiermit zufrieden. Da seine Freundin Nora (Sofia Carson), die ebenfalls am Flughafen arbeitet, schwanger ist, will sich Ethan um eine Beförderung bemühen und wird von seinem Vorgesetzten Sarkowski (Dean Norris) an Heiligabend für die Gepäckkontrolle eingeteilt. Nachdem er auf einen herrenlosen Ohrhörer aufmerksam gemacht wird, erhält Ethan eine Nachricht, dass er ihn einsetzen soll. Am anderen Ende meldet sich ein Mann, der sich als „Reisender“ (Jason Bateman) ausgibt und Ethan mitteilt, dass in Kürze ein Fluggast einen Koffer auf das Kontrollband legen wird. Wenn Ethan den Koffer nicht freigibt oder irgendjemanden darauf aufmerksam macht, wird Nora getötet werden. Ethan glaubt zu Beginn an einen bösen Scherz, doch der Reisende zögert nicht, seine Drohung wahr zu machen und ist Ethan stets einen Schritt voraus, während dieser versucht, eine Katastrophe zu verhindern …
Kritik:
Beim Ansehen von Jaume Collet-Serras Action-Thriller Carry-On fühlt man sich in die 1990er-Jahre zurückversetzt. Zumindest dann, wenn man jene Zeit und die Art Unterhaltungsfilm miterlebt hat, die sie hervorbrachte. Nicht nur hinsichtlich der Ausgangslage der Hauptfigur, die zur rechten Zeit am falschen Ort ist, wirkt die Geschichte vom Genreklassiker Stirb langsam [1988] inspiriert. Auch das weihnachtliche Flair trägt dazu bei. Doch all dies funktioniert so gut, dass man sich merklich davon mitreißen lassen kann, selbst wenn die Geschichte oder was die Figuren darin tun mitunter keinen großen Sinn ergibt.
Im Zentrum steht der 30jährige Ethan Kopek, der als Angestellter der Transportsicherheitsbehörde TSA am internationalen Flughafen in Los Angeles in der Luftsicherheitskontrolle Personen am Metalldetektor kontrolliert. Es ist Heiligabend, was zu einem noch höheren Fluggastaufkommen führt. Gerade eben hat Ethan erfahren, dass seine Freundin Nora, die als Terminal-Managerin einer Fluglinie am Flughafen arbeitet, schwanger ist. Während sich Ethan darüber klar wird, dass er in seinem Leben noch nicht so weit ist, wie er sein wollte – seine Bewerbung für die Polizeiakademie wurde abgelehnt – tauscht er mit einem Kollegen, um sich wenigstens eine Beförderung zu verdienen. An der Gepäckkontrolle am Röntgengerät eingesetzt, findet er einen kleinen Ohrhörer und erhält eine Mitteilung, dass er ihn einsetzen soll. Ethan glaubt noch an einen Scherz, doch am anderen Ende hört er einen skrupellosen Mann, der droht, Nora umzubringen, wenn Ethan nicht einen bestimmten Koffer unbehelligt durch die Kontrolle winkt.
Was sich in dem besagten Koffer verbirgt, sei an dieser Stelle nicht verraten, selbst wenn das Drehbuch die Überraschung merklich zu früh offenbart. Bis es soweit ist, stellt Carry-On in einem kurzen Teaser zu Beginn den Bösewicht der Geschichte vor, der offenbar an Geld weniger interessiert ist, als daran, seinen Auftrag zu erledigen. Mehr Zeit verwendet der Thriller darauf, Ethan und Nora zu etablieren, die am Abend zuvor erfahren haben, dass sie Eltern werden. So gefasst Nora wirkt, so sehr gerät Ethan ins Grübeln angesichts seines Lebens insgesamt, das nicht so verlaufen ist, wie er es sich erhofft hatte. Noras Vorschlag, sich erneut bei der Polizeiakademie zu bewerben, lehnt er jedoch ab, selbst wenn er in seiner jetzigen Arbeit nicht wirklich aufgeht. Seine Idee, mit seinem Kollegen Jason zu tauschen, um seinem Vorgesetzten Sarkowski zu beweisen, dass er sich eine Beförderung verdient hat, wird für Ethan zum Verhängnis, denn so gerät er ins Fadenkreuz des sich selbst nur als „Reisenden“ beschreibenden Söldners, der dafür sorgen muss, dass ein Koffer in einem bestimmten Flugzeug landet.
Dass es um mehr geht als um einen bloßen Akt des Terrors, ahnt man beim Zusehen bereits früh, wenn Carry-On brotkrumenartig Hinweise streut, welche Figuren alle noch eine Rolle spielen und was für ein Team der Reisende um sich geschart hat. Filmemacher Collet-Serra versieht dies mit durchaus spannend inszenierten und stellenweise amüsanten Dialogen zwischen Ethan und dem Reisenden, der ihm über einen kleinen Ohrhörer nicht nur Anweisungen gibt, sondern jeden seiner Schritte verfolgt. Dabei gibt sich Ethan durchaus Mühe, die am Flughafen anwesende Polizei auf die Situation aufmerksam zu machen, oder Nora zu warnen. Doch der Reisende ist ihm stets einen Schritt voraus und schreckt nicht davor zurück, Unbeteiligte für Ethans Ungehorsam zu bestrafen. So spitzt sich die Lage zuerst bis zur Gepäckkontrolle und später bis zum Boarding des unheilvollen Koffers immer weiter zu.
Dank einfallsreicher Perspektiven und einer gelungenen Schnittarbeit ist das sogar dann packend, wenn im Grunde nicht allzu viel geschieht, zumal Ethan zunehmend die Ideen und Möglichkeiten ausgehen, die sich anbahnende Katastrophe zu verhindern, von der er noch gar nicht weiß, wie und wo sie sich überhaupt zutragen wird. Carry-On zwingt seine grundsympathische Hauptfigur beständig dazu, zu improvisieren, nur um ein ums andere Mal zurückgeworfen zu werden. Auf der anderen Seite steht ein Bösewicht, der ebenfalls nicht alle Eventualitäten einkalkuliert hat, sich aber merklich schneller auf die neuen Gegebenheiten einzustellen vermag. Mit Jason Bateman in der Rolle des Reisenden findet der Thriller darüber hinaus eine tolle Besetzung für einen Schurken, der eine gelungene Balance zwischen glaubhafter Berechnung und erschreckender Empathielosigkeit aufweist. Dem gegenüber steht Taron Egerton in der Rolle des Helden wider Willen, der mit unmöglichen Entscheidungen konfrontiert wird und nicht aufgibt, egal, wie oft er zurückgeworfen wird.
Anstatt, wie viele Nachahmer von Stirb langsam vor 30 Jahren, den Helden mit einer Unmenge von Widersachern zu konfrontieren, konzentriert sich Carry-On auf wenige Bösewichte in dem klaustrophobischen Setting. Auch deshalb wirkt eine Nebenhandlung um Polizistin Elena Cole, die in einer merklich künstlichen Actionszene auf einem Freeway mündet, ein wenig fehl am Platz. Ob der gesamte Handlungsstrang um die Ermittlerin überhaupt notwendig ist, sei dahingestellt. Zumindest nimmt er kein Tempo aus der Erzählung, die kurzweiliger gerät, als die zwei Stunden Laufzeit vermuten lassen. Wer sich darauf einlässt, darf sich auf geradezu erfrischend altmodische Unterhaltung freuen, die zwar weder so unverwechselbare Augenblicke wie der Genreklassiker hervorbringt, der hier Pate stand, noch so große, mitreißende Actionsequenzen. Doch beides ist hier nicht als Kritikpunkt zu verstehen.
Fazit:
Sieht man Taron Egerton durch den Flughafenbereich sprinten, als wolle sich der Darsteller als Nachfolger von Tom Cruise in Mission: Impossible empfehlen, wird deutlich, wie sehr Ethan Kopek während der gesamten Laufzeit am reagieren statt am agieren ist. Wie sich dieser Tag am Flughafen entwickelt, wird vom Schurken der Geschichte vorgegeben. Es ist eine Konstellation, die für ungemein Spannung sorgt, da eben nicht jeder Plan mühelos in die Tat umgesetzt wird. Regisseur Jaume Collet-Serra erinnert so an eine Zeit, in der in Action-Thrillern nicht unbedingt das Schicksal der ganzen Welt auf dem Spiel stehen musste oder sich schier unverwundbare Helden durch Unmengen von Widersachern kämpften. Stattdessen lässt Carry-On das Publikum mit einer Hauptfigur mitfiebern, die über sich hinauswachsen und improvisieren muss. Weder was die lockeren Sprüche anbelangt, noch die schiere Größe der Action, kann das Stirb langsam oder dessen Fortsetzung das Wasser reichen. In Bezug auf die Spannung hat Wes Cravens oft übersehener Red Eye [2005] ebenfalls die Nase vorn. Doch als unterhaltsamer Action-Thriller ist Carry-On nicht nur so zugänglich und sehenswert, wie kaum ein Genrefilm seit langem, wenn die Verantwortlichen ihrer Herangehensweise denn treu bleiben, würde man sich durchaus freuen, die Figuren auf einem weiteren Abenteuer zu begleiten.