C-16: Spezialeinheit FBI: "Eine Frau geht durch die Hölle" [1997]

Wertung: 4.5 von 6 Punkten  |   Kritik von Jens Adrian  |   Hinzugefügt am 28. Mai 2004
Genre: Thriller

Originaltitel: C-16: FBI
Laufzeit: 92 min.
Produktionsland: USA
Produktionsjahr: 1997
FSK-Freigabe: ab 12 Jahren

Regie: Michael M. Robin
Musik: David Bergeaud
Darsteller: Eric Roberts, D.B. Sweeney, Christine Tucci, Angie Harmon, Zach Grenier, Morris Chestnut, Michael Cavanaugh, Glenn Morshower, John Ventimiglia


Kurzinhalt:
Der etwas unkonventionelle FBI-Agent John Olansky (Eric Roberts) übernimmt eine neue Sepzialeinheit, C-16, in die er junge Agenten aufnimmt. Mit dabei sind Scott Stoddard (D.B. Sweeney), Annie Rooney (Christine Tucci), die neben ihrer Arbeit noch um das Sorgerecht für ihren Sohn kämpft, Jack DiRado (Zach Grenier) und die beiden Agenten auf Probe Amanda Reardon (Angie Harmon) und Mal Robinson (Morris Chestnut), die frisch von der Akademie kommen.
Das neue Team erwartet dabei gleich ihr erster Fall, denn der Sohn der Staatsanwältin Catherine Hampton (Lisa Eichhorn) ist entführt worden, und die angesehen Anwältin scheint dabei stärker verwickelt, als zunächst angenommen.
Zudem hat John Olansky damit zu kämpfen, seinen Freund und FBI-Kollegen Nick Tulli (John Ventimiglia), der seit zwei Jahren undercover arbeitet und den Bezug zu seinem richtigen Leben verloren zu haben scheint, vor dem Abgrund zu retten – doch der will keine Hilfe annehmen.


Kritik:
Mit nicht einmal 50 Jahren hat der am 18. April 1956 geborene Bruder von Schauspielerin Julia Roberts in weit über 100 Film- und Fernsehengagements mitgewirkt. Er war es, der die bestbezahlte Darstellerin unserer Zeit überhaupt erst auf die Schauspielerei brachte, und doch steht Eric Anthony Roberts unfreiwillig im Schatten seiner Schwester, mit der er sich etliche Jahre nicht gut verstand.
Nachdem er sowohl an der "London Academy of Dramatic Arts", als auch bei dem amerikanischen Pendant studiert hatte, machte er 1978 seinen ersten Auftritt in König der Zigeuner [1978], doch während seine Karriere richtig durchzustarten schien, verfiel er immer mehr den Drogen und dem Alkohol, was seinen eigenen Worten nach "jede Beziehung zu anderen Menschen zerstörte". Drei Jahre später, 1981, erlitt er einen schweren Autounfall und lag daraufhin einige Tage im Koma. Mit dem einhergehenden Gedächtnisverlust muss Roberts bis heute leben, doch er rappelte sich rasch auf und begann bald wieder zu arbeiten. Anschließend zog es ihn vor allem zu düsteren Bösewichtsrollen, für seine Leistung in Express in die Hölle [1985] bekam er sogar eine Oscarnominierung als bester Nebendarsteller. Doch ihm haftete auch der Ruf an, schwierig zu sein, ihn zu vermitteln wurde schwerer. Als Folge nahm er beinahe jede Rolle an, die ihm angeboten wurde, was zwar seinen finanziellen, aber nicht seinen künstlerischen Problemen half.
In den 90er Jahren wurde seine Tochter Emma geboren, woraufhin Eric Roberts mit einem strengen Plan seine Alkoholsucht in den Griff bekam. Wer sich jedoch seine Filmografie ansieht wird feststellen, dass er auch in den letzten Jahren zwar in vielen Filmen, dabei aber in sehr wenig guten mitgewirkt hat.
An seinem Talent kann es eigentlich nicht liegen, das beweist er auch in C-16 eindrucksvoll – doch teilt Julia Roberts Bruder leider das traurige Schicksal, sich seit zu langer Zeit in miserablen Rollen zu verschwenden.

Wer dabei hoffte (und das waren einige), dass Roberts mit C-16 endlich der Sprung ins dauerhafte Charakterfach gelingen würde, der muss leider enttäuscht werden, denn auch wenn die Serie überwiegend gute Kritiken bekam und bei denen, die sie gesehen haben auch beliebt ist, der Sender ABC warf sie nach nur sieben Episoden wieder aus dem Programm, weil die Quoten nicht den Erwartungen entsprachen. Die Fans sandten daraufhin Briefe und Telegramme ans Studio, so dass sechs Monate später wenigstens die verbliebenen bereits gedrehten sechs Episoden (insgesamt also 13) ausgestrahlt wurden.
Potential hatte die Thriller-Serie durchaus, und legt auch mit einem gelungen Pilotfilm einen soliden Einstand vor. Dabei besonders interessant am Drehbuch von Serienerfinder Michael Duggan ist, dass es schon in dem 90-minütigen Pilotfilm den Grundstein für viele Charakterentwicklungen und Storylines legt, die im Lauf der ersten 13 Folgen ausgelotet werden.
So bekommen auch die Figuren schon recht früh einen vielschichtigen und interessanten Hintergrund vermittelt, der ebenso eine Rolle spielt wie die Fälle, die das Team bearbeitet. Olansky hat beispielsweise mit seinem Kollegen Tulli zu kämpfen, der ihn einmal aus einer ähnlichen Situation befreit hat, Mal Robinson wird am Ende des Pilotfilms mit seinem drogenabhängigen Bruder konfrontiert und Annie Rooney hat mit dem Streit um das Sorgerecht ihres Sohnes zu tun. Dass auch Menschen in einem höher gestellten Arbeitsumfeld wie dem FBI mit ganz normalen Problemen zu kämpfen haben, verleiht den Personen eine angenehm realistische Nuance und macht ihre Verhaltensweisen auch verständlich.
Dass dies für eine Cop-Serie eher ungewöhnlich ist, sieht man an den unzähligen anderen Vertretern des Genres. Auf was die Drehbücher in den ersten Folgen auch zugeschnitten sind (und was gerade im Kino heute sehr selten geworden ist), ist das Teamwork. Jeder aus der C-16-Truppe hat bei der Lösung eines Falls etwas beizutragen, eine One-Man-Show sucht man hier vergebens.
Wenn man sich die bisweilen natürlichen und gerade deshalb außergewöhnlichen Figuren ansieht, fallen die ersten Fälle eher etwas konservativ aus der Rolle. Hier hätte man vielleicht etwas mehr erwartet, und doch wirken die Fälle in sich schlüssig und bei weitem nicht so gehetzt, wie man es von anderen Serien her kennt.
Das Skript wartet mit guten Dialogen, einigen sehr guten Szenen und einer soliden Story auf, die den Grundstein für ein sympathisches, homogenes Team legt, in dem jeder etwas zu tun bekommt und die Figuren durch ihre Natürlichkeit überzeugen.

Die Darsteller tragen dem Rechnung, allen voran Eric Roberts, der hier so überzeugend und engagiert wie schon lange nicht mehr spielt. Die Rolle steht ihm wirklich gut und sein Charisma hilft zweifelsohne, seine Entscheidungen als Anführer der Truppe (der sich an die Kollegen ja ebenso wie anders herum gewöhnen muss) verständlich zu machen.
Neben ihm fallen vor allem Zach Grenier und Christine Tucci auf, die beide zwar völlig unterschiedliche, aber nicht weniger interessante Rollen zu erfüllen haben. Während Tucci der Balanceakt zwischen tougher Agentin und Mutter gut gelingt, darf sich Grenier als griesgrämiger Ausbilder sowohl an machohaften Sprüchen, wie an sehr überzeugend verkörperter Missgunst der ganzen Situation über versuchen. Wenn ihn die junge Agentin Angie Harmon auf die Palme bringt, kann man sich als Zuschauer köstlich amüsieren.
Sie hat zwar eine eher undankbare Rolle, scheint daran aber auch genügend Spaß gefunden zu haben. Ebenso wie Morris Chestnut, der hier eine recht vielschichtige Rolle verkörpern darf und dem das auch problemlos gelingt. Leider hat er seither auch kein wirklich glückliches Händchen bei der Rollenauswahl mehr bewiesen.
D.B. Sweeney, der in den ersten Episoden eher zurückhaltend erscheint, ist ganz sicher ein großer und grundsympathischer Pluspunkt der Serie, schade nur, dass er den wenigsten Hintergrund zugeschrieben bekommt.
Glenn Morshower, der hier nur eine große Nebenrolle spielt, wirkt bei seinen Auftritten ebenso überzeugend wie Michael Cavanaugh, der die C-16-Einheit als Vorgesetzter immer wieder in Schutz nimmt.
Eine kleine aber umso einprägsamere Rolle darf hier John Ventimiglia spielen, der seitdem auch bei Die Sopranos [1999-2007] zu sehen war, und der hier sichtlich mehr Einsatz zeigen darf.
Der Cast wirkt stimmig zusammengestellt und harmoniert auch gut, nicht zuletzt, da alle Figuren grundweg sympathisch erscheinen und man ohne weiteres mit ihnen mitfiebern kann.

Inszenatorisch bewegt sich C-16 auf einem angenehm altmodischen und doch sehr hohen Niveau. Handkameras werden spärlich eingesetzt und wenn, dann doch übersichtlich und nicht zu verwackelt. Kameramätzchen sucht man glücklicherweise vergebens, dafür warten die Macher mit einer soliden, temporeichen Inszenierung auf, die an manchen Stellen (schon dank dem Einsatz dezenter Farb-Filter) auf Kinoniveau erscheint.
Zeitlupen gibt es selten, dafür immer wieder sehr gut eingefangene Kameraperspektiven, die durch den guten Schnitt auch zur Geltung kommen.
Zu der gelungenen Umsetzung trägt auch die temporeiche, elektronische und sehr passende Musik von David Bergeaud bei, der auch bei der Science-Fiction-Serie Earth 2 [1994-1995] komponierte. Bereits das Thema zum Vorspann ist sehr eingängig und wirkt auch gut mit dem Konzept der Serie zusammen. Es ist schade, dass er seither hauptsächlich in TV-Filmen und Serien zum Einsatz kam, für einen Kinofilm könnte man sich seinen Score auch sehr gut vorstellen.

Viele denken bei Eric Roberts zwangsläufig an drittklassige Videoproduktionen und Trash-Filme im Spätabendprogramm – und man kann es ihnen nicht verdenken, auch wenn der Darsteller eigentlich in einer anderen Liga spielen sollte. Bei C-16 zeigt er gut, dass er es auch in einer Serie könnte – dank der überzeugenden, intelligenten Drehbücher, flott erzählten Thriller-Episoden und einem wirklich guten Team, teilt C-16 leider das Schicksal von anderen guten Serien, die nie eine wirkliche Chance bekamen und zu früh eingestellt wurden.
Nur gut, dass die Autoren die Storylines, die mit dem Pilotfilm in Gang gebracht wurden, auch in den 13 Episoden zum Abschluss bringen – so kann man sich die wirklich gute FBI-Serie anschauen, ohne enttäuscht zu werden.


Fazit:
Auch wenn der Pilotfilm gut ist, die darauffolgenden 11 Episoden legen an Qualität glücklicherweise deutlich zu. Den Machern gelang mit C-16 eine sehenswerte FBI-Thriller-Serie, die vielleicht ein paar Jahre zu früh im Fernsehen lief, und deshalb keinen Erfolg hatte. Interessenten sollten sich die 13 Folgen aber nicht entgehen lassen, denn hinter der kryptischen Abkürzung versteckt sich sehr gute Unterhaltung mit einer routinierten Inszenierung, soliden Skripts und einem gut aufgelegten Cast, der immer etwas zu tun bekommt.
Das überraschende Highlight dabei ist ganz offensichtlich Eric Roberts, der hier so gut spielt wie schon lange nicht mehr.