Be Cool - Jeder ist auf der Suche nach dem nächsten grossen Hit [2005]
Wertung: |
Kritik von Jens Adrian |
Hinzugefügt am 13. April 2005
Genre: KomödieOriginaltitel: Be Cool
Laufzeit: 118 min.
Produktionsland: USA
Produktionsjahr: 2005
FSK-Freigabe: ab 12 Jahren
Regie: F. Gary Gray
Musik: John Powell
Darsteller: John Travolta, Uma Thurman, Vince Vaughn, Cedric the Entertainer, André Benjamin, Steven Tyler, Robert Pastorelli, Christina Milian, Harvey Keitel, The Rock, Danny DeVito, James Woods
Kurzinhalt:
Wirklich Spaß gemacht hat ihm das Filmgeschäft seit einiger Zeit schon nicht mehr, aber als Chili Palmer (John Travolta), ehemaliger Kredithai aus Miami, der vor einigen Jahren unter die Filmproduzenten ging, erkennen muss, dass er sich tatsächlich zu einer Fortsetzung seines Erstlingswerks "Get Leo" hat breitschlagen lassen, zieht es ihn wieder in seinen alten Beruf zurück. Noch während ihm der Musikproduzent Tommy Athens (James Woods) von einer Filmidee um einen Musikproduzenten verwickelt in Streitigkeiten mit der Konkurrenz und der russischen Mafia erzählt, wird dieser tatsächlich von der Russenmafia getötet. Wenig später findet sich Chili wieder, wie er als angehender Musikproduzent die talentierte Linda Moon (Christina Milian) groß heraus bringen will – doch die ist noch bei Nick Carr (Harvey Keitel) und Raji (Vince Vaughn) unter Vertrag.
Nichtsdestotrotz will Chili zusammen mit Tommys Witwe Edie (Uma Thurman) ein Demoband mit Linda produzieren, da erfährt er, dass die russische Mafia von Tommy Schutzgeld erpresste und die Tommys Plattenfirma Pleite ist. Zusätzlich schuldete er auch noch dem Musikmogul Sin LaSalle (Cedric the Entertainer) eine Menge Geld, und wenig später ist auch schon der Killer Joe Loop (Robert Pastorelli) auf Chili angesetzt.
So kommt es, dass Chili auch im Musikgeschäft von seinen Talenten Gebrauch machen kann, wobei ihm Rajis Bodyguard Elliot (The Rock) ständig in den Ohren liegt und um ein Vorsprechen beim Film bittet ...
Kritik:
Das 1991 erschienene Buch Get Shorty von Erfolgsautor Elmore Leonard war in der vier Jahre später folgenden Verfilmung mit John Travolta und Danny DeVito derart erfolgreich, dass sich der Autor dazu überreden ließ, eine Fortsetzung mit Hauptfigur Chili Palmer zu schreiben. Be Cool erschien 1999 in den USA und war erneut ein großer Erfolg. Geschrieben hatte Leonard die Fortsetzung hauptsächlich aus dem Grund, weil ihm Travoltas Verkörperung von Palmer sehr gut gefallen hatte. Und doch dauerte es erneut vier Jahre, bis sich die Produktionsfirma dazu druchringen konnte, die filmische Umsetzung von Be Cool in Angriff zu nehmen. Dabei gelang den Produzenten eine wirkliche Überraschung: Neben zahlreichen Gastauftritten von Akteuren aus Schnappt Shorty [1995], die ohne Umschweife wieder in ihre bekannten Rollen schlüpfen, gibt es auch zahlreiche neue Figuren zu sehen, meist verkörpert von Größen im Show- oder Musikgeschäft. So hat nicht nur die Band Aerosmith einen Gastauftritt, sondern auch die Black Eyed Peas und viele weitere – damit versuchten die Macher wohl, über die fehlende Substanz ihres Films hinweg zu täuschen; erfolglos, wie man hinzufügen sollte.
Das größte Problem liegt dabei beim Drehbuch selbst, das ironischerweise seine Makel in einem Dialog in Worte gefasst hat; wenn sich Chili Palmer zu Beginn mit Musikproduzent Tommy Athens über seine Idee eines Filmes unterhält (und diese Idee ist letztlich Be Cool selbst), und Palmer ihm entgegnet, dass er zwar eine Ausgangslage, aber weder einen Plot, noch eine richtige Handlung habe, fasst das knapp die Problematik von Peter Steinfelds Skript zusammen.
Denn während in Schnappt Shorty Chili Palmer in eine sicht ständig entfaltende Situation geworfen wurde und versuchen musste, mit heiler Haut daraus heraus zu kommen, ist die Ausgangslage von Be Cool überaus banal und wird erst durch seine Widersacher kompliziert gemacht – damit nicht genug, lösen die aber ihre geschmiedeten Komplotte auch zu ihren Ungunsten wieder auf, so dass Palmer ansich so gut wie nichts zu tun hat. Möchte man die Story selbst zusammenfassen, genügen dafür ansich zwei Sätze, alles andere wird durch die Figuren ausgefüllt, die sich im Skript mit einer derartig langsamen Art verhalten und unterhalten, dass man bisweilen gern vorspulen würde.
Schlimmer noch, viele Szenen haben ansich so gut wie keine oder gar keine Relevanz für die Story, wirken wie Lückenfüller oder sind derart lang geraten, dass die letzte Minute ansich als Outtake oder Deleted Scene auf der DVD hätte landen können. Im selben Maße werden auch die meisten Witze überstrapaziert – so ist es auf den ersten Blick noch witzig, wenn sich Elliot Wilhelm im farblich wirklich katastrophal zusammen gestellten Kostüm im Spiegel bewundert, wenn allein das aber über zwei Minuten dauert, sitzt man nur noch gelangweilt im Kinosessel. Auch eine Sequenz, in der Raji von Elliot um sein Auto gejagt wird, geht nicht nur zu lang, sondern bringt auch die Geschichte nicht im mindesten voran – statt Raji zudem wenigstens am Schluss mit einer interessanten Auflösung zu bedenken (womöglich, dass der homophobe selbst homosexuell ist), wird seine Figur zwar mit einem feuerigen Abgang bedacht, ohne aber zu erklären, was aus ihm geworden ist.
Verkrampft verkompliziert erscheint das Skript bei genauerer Betrachtung nicht einmal im Ansatz vielschichtig oder durchdacht, sondern verknüpft viele Storylines nur im Ansatz, wobei andere gänzlich fallen gelassen werden. Zu behaupten, dass man aus der Ausgangslage mehr hätte heraus holen können, wäre übertrieben, denn die Story selbst gibt schlicht nicht mehr her – aber die bisweilen wirklich witzigen Figuren in einer so platten Geschichte zu verschwenden, ist unverständlich.
Den Darstellern kann man dahingehend keinen Vorwurf machen, immerhin handelte es sich bei der Vorlage um einen erfolgreichen Leonard-Roman, und mit Regisseur F. Gary Gray war auch ein bekannter Mann hinter dem Projekt. Nicht zuletzt ist es auch John Travolta zu verdanken, dass Be Cool zumindest noch erträglich bleibt, denn er spielt mit einer Lässigkeit, dass es eine Freude ist, ihm zuzusehen. So engagiert wie im ersten Film mimt er zwar bei weitem nicht, im Vergleich zu seinen Kollegen scheint er die Situation aber zumindest erkannt zu haben.
Uma Thurman womöglich auch (sie wurde von Travolta erst für die Rolle vorgeschlagen, da er nach so langer Zeit – Pulp Fiction stammt immerhin aus dem Jahr 1994 – wieder mit ihr drehen wollte), allerdings wirkt ihr Auftritt hier nicht nur gekünstelt und kühl, sondern schlichtweg aufgesetzt; dabei erinnert ihre Haltung und ihre Mimik an Mit Schirm, Charme und Melone [1998], wäre nicht die Tanzszene mit Travolta, die zugegebenermaßen von beiden wirklich gut gespielt ist. Abgesehen davon ist sie in dem Film nicht nur austauschbar, sie wirkt völlig überflüssig.
Als Garant für Lacher gibt sich Vince Vaughn zwar sichtlich Mühe, aus der unterentwickelten Rolle kann er allerdings keine gute Darbietung entwickeln und so erscheint sein unterbelichteter Filmcharakter in den meisten Szenen mehr nervtötend als amüsant; anders hingegen bei The Rock, der seine Figur mit einem Augenzwinkern verkörpert und besonders gut mit Travolta vor der Kamera agiert. Dass man ihm eine komödiantische Rolle anvertrauen kann, hat er nun bewiesen – bleibt abzuwarten, ob er in Zukunft eine bessere Rollenauswahl beweisen wird.
Harvey Keitel war im ersten Film treffenderweise als Darsteller zu sehen und ist hier nun regulär mit von der Partie – gegen die erschreckend flachen Dialoge seiner Figur kommt er zwar nicht an, sein routiniertes Spiel entschädigt aber für manch verbale Entgleisung. Schwierig einzuschätzen ist hingegen Cedric the Entertainer, der zwar ein paar immens witzige Szenen besitzt, aber gleichzeitig die brutalsten Taten im Film vollbringt und darum einen gemischten Eindruck hinterlässt. Auch er sollte sich das nächste Mal ein besseres Skript aussuchen, denn als Komödiant hat er auch auf der Leinwand Talent. Dass André Benjamin (besser bekannt als ein Teil des Hip-Hop-Duos OutKast) ebenfalls eine solide Darstellung abliert (wenngleich in einigen Szenen etwas übertrieben) überrascht, allerdings nicht so sehr wie die Tatsache, dass er zum Soundtrack des Films nicht einmal einen Song beigesteuert hat – was sich ja wirklich angeboten hätte).
Christina Milian hat zwar schauspielerisch nicht viel zu tun, überzeugt aber vor allem durch ihre Gesangseinlagen und macht auch sonst eine gute, wenn auch nicht überragende Figur – ebenso Robert Pastorelli, der nicht erst durch seinen Auftritt in Der mit dem Wolf tanzt [1990] international bekannt wurde. Im Frühjahr 2004 verstarb der Darsteller im Alter von nur 49 Jahren.
Wie man sieht geizen die Macher nicht mit großen Namen, zeigen bekannte Mimen wie Danny DeVito und James Woods nur in Gastauftritten und fahren eine Reihe bekannter Gesichter auf, die offensichtlich alle ihren Spaß hatten, schade, dass sich das nicht über die Leinwand hinaus retten ließ.
Auch Regisseur F. Gary Gray, der seinen ersten Erfolg mit Verhandlungssache [1998] feierte und auch für sein Remake The Italian Job – Jagd auf Millionen [2003] international Anerkennung einheimsen konnte, sollen die Dreharbeiten überaus spaßig gewesen sein – handwerklich gibt es ansich auch nichts auszusetzen, Kamera und Schnitt agieren solide und fangen die schon erwähnte Tanzszene wirklich gekonnt ein. Was man als Zuschauer jedoch vermisst ist die mitunter des skurrilen Inhalts angepasste Optik, die Barry Sonnenfeld vier Jahre zuvor bewies. So werden diesmal zwar die Wahrzeichen von Los Angeles eingefangen und die Macher geizen nicht mit ihren Vor-Ort-Aufnahmen, Kamera und Schnitt bleiben dabei aber sehr konventionell und erzeugen auch in den Höhepunkten kaum Spannung. Gray war dabei nicht die erste Wahl der Produzenten, ursprünglich sollte Brett Ratner Regie führen, lehnte dann aber ab.
Dass dem Film die Dynamik fehlt ist zweifelsohne auf das Skript zurück zu führen, aber auch die filmische Umsetzung gibt sich nicht wirklich Mühe, diesen Umstand zu verbessern.
Musikalisch tritt John Powell kaum in Erscheinung und präsentiert nur einmal ein Thema aus Schnappt Shorty. Der Rest des Soundtracks ist ohnehin kaum vorhanden, dafür reihen sich zahlreiche gesungene Stücke aneinander, die zwar Genrefans interessieren werden, aber den meisten Zuschauern ohnehin nicht im Gedächtnis bleiben.
Sieht man beim Abspann die Darsteller nochmals vor der Kamera zappeln, scheint einem das zunächst nicht anders, als während des Films – in der Tat muten viele Comedy-Einlagen stark an, als handle es sich dabei eigentlich um Outtakes des Drehs. Anders lässt sich auch nicht erklären, weswegen so viele Szenen den Weg in den ohnehin zu langen Film gefunden haben, die die Geschichte nicht voran bringen.
Dass die niedrigere Altersfreigabe in den USA dem Film nicht gut getan hat, merkt man zum einen ander Ausdrucksweise, die nun überhaupt nicht mehr von Schimpfwörtern trieft, wie noch bei Schnappt Shorty, und auch am Grad der Gewalt, die hier auf ein comicartiges Geplänkel reduziert wird (dabei aber ansich nicht weniger ernst ist, als noch vor neun Jahren). So bleibt bei Be Cool ein gemischter Eindruck zurück, der sich aber eher ins Negative, als ins Positive entwickelt.
Aber als wäre das nicht genug, muss man bei der deutschen Synchronisation gar noch einen halben Punkt abziehen, denn selten war eine Figur derart schlecht synchronisiert wie Raji. Mag sein, dass auf Grund der Natur des Charakters nicht viel mehr möglich gewesen war, aber als Entschuldigung darf das nicht gelten. So bleibt das zweite Abenteuer mit Chili Palmer ansich nur durch den Einsatz von John Travolta und The Rock in Erinnerung, zumal letzterer sein Actionheld-Image hier so gekonnt durch den Kakao zieht, dass er vielleicht sogar Probleme haben wird, seine Fans später wieder mit eben jenem zu überzeugen.
Fazit:
Zehn Jahre mussten Fans von Schnappt Shorty auf die Fortsetzung warten – waren die Leser des zweiten Buches von Elmore Leonard schon nicht einhellig begeistert, sieht das Fazit bei der Regiearbeit von F. Gary Gray noch düsterer aus: Durch die nicht vorhandene Story, die bisweilen gequält langgezogenen Gags und die fehlende Dynamik bei den Hauptfiguren enttäuscht Be Cool auf ganzer Linie. Die Skurrilität von Schnappt Shorty wird durch oberflächlichen Klamauk ersetzt, die verschrobenen Figuren durch Abziehbilder aus einem Glamour-Magazin.
Dass die Beteiligten viel Spaß hatten, sei unbestritten, vielleicht hätte man sich vor dem Dreh aber zumindest ein Skript zulegen sollen, um die zahlenden Kinobesucher nicht im Regen stehen zu lassen. Die Akteure können zwar leidlich unterhalten, und auch die Anspielungen auf den ersten Teil sind durchaus gelungen – doch hier lohnt höchstens das Einschalten bei der Free-TV-Premiere.