Battlestar Galactica: "Kobol" [2005]

Wertung: 5 von 6 Punkten  |   Kritik von Jens Adrian  |   Hinzugefügt am 14. April 2006
Genre: Science Fiction

Originaltitel: Battlestar Galactica: "Kobol's Last Gleaming"
Laufzeit: 82 min.
Produktionsland: USA / Großbritannien
Produktionsjahr: 2005
FSK-Freigabe: ab 12 Jahren

Regie: Michael Rymer
Musik: Bear McCreary
Darsteller: Edward James Olmos, Mary McDonnell, Katee Sackhoff, Jamie Bamber, James Callis, Tricia Helfer, Grace Park, Lorena Gale, Michael Hogan, Tahmoh Penikett, Alessandro Juliani


Kurzinhalt:
Seit ein paar Monaten befindet sich der Kampfstern Galactica nun auf der Flucht vor den Zylonen – die Zahl der Überlebenden ist inzwischen auf 47.897 geschrumpft. Während für die Präsidentin Laura Roslin (Mary McDonnell) die Zeit knapp wird, breitet sich ihr Krebsgeschwür doch immer weiter aus, gibt es auch zwischen Apollo (Jamie Bamber) und Starbuck (Katee Sackhoff) Spannungen.
Wenig später entdeckt Boomer (Grace Park) bei einem Routineflug einen verlassenen Planeten, der Zeichen einer sehr alten Kultur aufweist – als Roslin beim Betrachten der Luftaufnahmen eine Vision widerfährt, ist sie der Meinung, bei dem Planeten handelt es sich um den Ursprung des menschlichen Lebens: Kobol. Mehr noch, die todkranke Präsidentin ist davon überzeugt, sie ist Teil einer uralten Prophezeiung und würde die Menschen zur Erde führen, wofür sie allerdings den von Starbuck entwendeten Zylonen-Jäger benötigt.
Als Commander Adama (Edward James Olmos) Roslins Bitte, Starbuck zurück nach Caprica zu schicken, ablehnt, bahnt sich ein Kräftemessen zwischen den beiden Anführern an, das weitreichende Folgen haben könnte – unterdessen wird ein Landungstrupp mit Vize-Präsident Baltar (Kames Callis) zusammen gestellt, der Kobol näher untersuchen soll. Gleichzeitig muss sich Helo (Tahmoh Penikett) auf Caprica entscheiden, wie er mit der entlarvten Zylonin Valerii (Grace Park) verfahren wird, die nichtsdestotrotz seine einzige Möglichkeit darzustellen scheint, von dem Planeten fliehen zu können. Aber sowohl auf ihn, als auch auf den Landungstrupp mit Dr. Baltar wartet eine verhängnisvolle Überraschung ...


Kritik:
Mit dem doch beeindruckenden Erfolg von Battlestar Galactica hatte man selbst bei den Produzenten nicht gerechnet, und sah sich nach der als Pilotfilm dienenden Mini-Serie dem Problem gegenüber, die zahlreichen Charaktere und die verschiedenen Handlungsstränge unter ein Dach zu bringen. So war ursprünglich gar nicht gedacht, die in der ersten Staffel sehr wichtig gewordene Nebenhandlung auf Caprica mit Valerii und Helo, später weiter zu führen – erst die überraschende Akzeptanz der Zuschauer ließ die Macher umentscheiden, und so wurde dieser parallel laufenden Handlungsstrang zu einem integralen Bestandteil der Serie, werden hier doch die tatsächlichen Absichten der Zylonen deutlich.
Das Staffelfinale der mit 13 Episoden überaus kurz geratenen ersten Season wartet dabei mit einigen Überraschungen mehr auf, als zunächst ersichtlich sind, und abgesehen von einem für Fans schockierenden Cliffhanger am Schluss werden die unterschiedlichen Storylines gekonnt weiter gesponnen, beziehungsweise auf ihren jeweils nächsten Höhepunkt gebracht.

Was allerdings im Rückblick auch für Fans der Serie etwas aufgesetzt erscheint, ist der gerade in der zweiten Hälfte des Finales eingebrachte Mystizismus, der zwar seit jeher ein Teil des Serienkonzepts darstellte, hier aber nicht zuletzt dank der langen Szeneneinstellungen mit den unheilschwangeren Überblendungen und den inhaltlichen Kapriolen sehr erzwungen wirkt. Dies beginnt bereits mit dem etwas plötzlichen Einbringen der Prophezeiungen und dem betonten "Wiederholen der Geschichte" der Menschheit.
Davon abgesehen werden einmal mehr einige sehr interessante Aspekte der Serie fortgeführt, deren roter Faden jedoch nach wie vor die Erlebnisse von Dr. Baltar darstellen, der ohne Zweifel die beliebteste Hassfigur von Battlestar Galactica darstellt. Seiner stetigen Verwirrung, und seinem Bemühen, die durch die Zylonin Number Six eingefädelten, haarsträubenden Situationen entgegen zu wirken, beizuwohnen ist ebenso amüsant wie er als Figur unsympathisch. Er wiegt auch die nach wie vor etwas schwächliche Figur von Starbuck ohne weiteres wieder auf.
Was Kenner der gesamten Staffel allerdings zurecht verwundern wird ist der ungewöhnlich schnell aufkeimende Konflikt zwischen Commander Adama und Präsidentin Roslin, der für beide Figuren eher untypisch erscheint, allerdings wenigstens für Spannung sorgt. So liegt die Stärke des Skripts ohne Frage beim auf mehreren Ebenen aufgebauten Finale, das mit einigen wirklichen Schockmomenten aufwarten kann, wohingegen die davor spielenden 60 Minuten zwar die Grundstory voran bringen, aber bis auf handwerklich gut umgesetzte Charaktermomente kaum Höhepunkte besitzen.
Denkt man dabei an Episoden wie "33 Minuten" oder "Die Hand Gottes", vermisst man als Zuseher vor allem die ständige Bedrohung, die in "Kobol" zu selten aufkommen will.

Die Darsteller enttäuschen dagegen nicht, auch wenn Katee Sackhoff mit ihrem unterschwelligen Grinsen nach wie vor kein Profil für ihren Charakter zu entwickeln scheint, zumindest keines, das in den ersten 13 Episoden weiter entwickelt worden wäre.
Dreh- und Angelpunkt ist nach wie vor Edward James Olmos, dem die Rolle auf den Leib geschrieben scheint, und der mit seiner ruhigen, charismatischen Präsenz eben jene Autorität vermittelt, die seiner Figur auch anhaften sollte. Er macht seine Sache sehr gut, und wird durch Mary McDonnell gekonnt unterstützt, die ebenfalls nicht enttäuscht, sondern die leichten Zweifel und die Entschlossenheit ihrer Figur zum Ausdruck bringt.
Der zu Beginn der Serie wohl unwahrscheinlichste Kandidat für eine fordernde Dauerrolle, war sicher James Callis, der als Gaius Baltar allerdings alle Hände voll zu tun hat, und dem in schauspielerischer Hinsicht ein Glanzstück gelingt, wenn er seine improvisierten Ausreden vortragen muss. Er tröstet über manche Schwachstelle hinweg und macht jede seiner Szenen sehenswert, wenngleich seine Figur auch vollkommen unsympathisch erscheint.
Anders hingegen Jamie Bamber, der zwar in vorigen Episoden stärker gefordert war, und erst im letzten Drittel des Staffelfinales in Aktion treten darf, der dann allerdings nicht enttäuscht. Auch Tricia Helfer macht ihre Sache sehr gut, obgleich sie eine der umstrittensten Figuren der Serie darstellt.
Ungewöhnlich subtil spielt Grace Park die Befürchtungen und wachsenden Unruhe ihrer Figur Boomer, in der sie aber restlos überzeugt und das trotz ihrer Mehrfachrolle auf Caprica, in der sie sich ganz anders geben muss. Auch Michael Hogan, der in vorangehenden Episoden stärker gefordert war, macht seine Sache sehr gut, ebenso wie Tahmoh Penikett.
Der Cast ist wohl überlegt zusammen gestellt und den Aufgaben ansich auch mehr als gewachsen, leider werden nicht aber alle Darsteller durch das Drehbuch im gleichen Maße gefordert.

Handwerklich gibt sich der australische Regisseur Michael Rymer keine Blöße, mischt den dokumentarischen Stil nach wie vor mit einer traditionellen Kameraführung und behält dieses Stilmittel auch bei den Spezialeffekt-Einstellungen bei, die alle aus einem Guss wirken.
Durch die leichten Zooms, die Nahaufnahmen mit Handkamera bei den Figuren und den Schnittwechseln erinnert Battlestar Galactica damit nach wie vor an 24 [seit 2001], nach wie vor aber, ohne an dessen Qualität heran zu reichen. Kamera und Schnitt passen gut zusammen und werden beim eigentlichen Finale durch eine sehr gut eingesetzte, lange Zeitlupeneinstellung in Kombination mit ungewöhnlichen Kameraperspektiven und einigen symbolträchtigen Kompositionen eingesetzt – mehr kann man nicht erwarten, und es gibt dem spirituell angehauchten Inhalt auch optisch die notwendige Kohärenz, die nicht zuletzt durch die durchweg sehr guten Spezialeffekte unterstützt wird.

Hierzu trägt auch die Musik von Bear McCreary ihren Teil bei, die dank der ruhigen Themen und den rhythmischen Actioncues ein musikalisch breites Gebiet abdeckt, ohne sich ständig zu wiederholen. Dennoch werden bekannte Motive in der Serie immer wieder aufgegriffen, und nicht zuletzt dank der klassisch instrumental eingespielten Schlüsselstücke erhält der Score eine Zeitlosigkeit, die vielen anderen Serien abhanden gekommen ist.
Die einsame Frauenstimme trägt die tragischen Momente dabei so gekonnt, wie die temporeichen Trommeln die schnellen Stücke – der Soundtrack (der inzwischen auch auf CD erschienen ist) passt perfekt zu den Bildern, die zwar mitunter etwas aufgesetzt komponiert sein mögen, aber die Stimmung der Serie sehr gut zum Ausdruck bringen.

So manchen Fans wird aufgefallen sein, dass das Feuer der Viper rot, und das der Zylonen-Jäger weiß ist, wie bereits in der Originalserie, doch damit hören die Anleihen der neuen Serie an das Original bei weitem nicht auf – selbst die Story von "Kobol" stammt aus der kurzlebigen Science Fiction-Serie aus dem Jahr 1978: In der Doppelepisode "Der verlorene Planet der Götter" wurde damals die Mythologie um Kobol zum ersten Mal eingeführt.
Beim Staffelfinale von Battlestar Galactica hatte Produzent und Serienerfinder Ron D. Moore allerdings zu kämpfen, denn nachdem das ursprüngliche Erzähltempo nicht so funktionierte, wie man sich gedacht hatte, wurde der Zweiteiler umstrukturiert. Manch eine Idee musste aus Kostengründen gestrichen werden, und ein von Moore favorisiertes Finale, bei dem Dirk Benedict (Starbuck in der alten Serie) auftreten und behaupten sollte, er sei Gott, wurden von den anderen Autoren verworfen – dem musste sich Moore schließlich beugen.
Was geblieben ist, ist ein sehr guter Abschluss einer wirklich frischen und stellenweise hervorragend umgesetzten ersten Season, die hier allerdings nicht ihren Höhepunkt erreicht, wenngleich mit einem Knall endet. Übrigens, in der alten persischen Sprache steht "Kobol" für "Himmel".


Fazit:
Dank der durchweg herausragenden Spezialeffekte, der durchgängig weiter gesponnenen Storyarc und der tadellosen handwerklichen Umsetzung verzeiht man "Kobol" kleine inhaltliche Schwächen, bei denen manche Figuren gegen ihre Natur agieren. Dafür gibt es einige wirkliche Überraschungen zu sehen, die das Warten auf die zweite Staffel merklich schwerer gestalten.
Dass die Macher sich nicht scheuen, ihre Figuren plötzlich und unerwartet weiter zu entwickeln, war bislang schon bekannt, doch die Art und Weise, wie einzelne Charaktere im Finale der ersten Season verändert werden, ist doch verwunderlich. Vorgetragen wird das von durchweg sehr motivierten und auch talentierten Darstellern, die von den natürlichen, wenngleich bisweilen überaus mystisch angehauchten Dialogen profitieren. So wirkt das Erzähltempo stimmig, das Finale auf den verschiedenen Ebenen gekonnt vorbereitet und dank einer durchweg sehr guten Kombination aus Kamera und Schnitt, sowie einer stimmungsvollen Musik umso mitreißender.
Damit entpuppt sich Battlestar Galactica nach nur 13 Episoden als derzeit ausgefeilteste und vielschichtigste Science Fiction-Serie für Erwachsene, bei der man gespannt warten darf, was sich die Macher für die kommenden Episoden vorbehalten haben.