Batman Begins [2005]

Wertung: 5 von 6 Punkten  |   Kritik von Jens Adrian  |   Hinzugefügt am 26. Juni 2005
Genre: Action / Drama / Fantasy

Originaltitel: Batman Begins
Laufzeit: 140 min.
Produktionsland: USA
Produktionsjahr: 2005
FSK-Freigabe: ab 12 Jahren

Regie: Christopher Nolan
Musik: James Newton Howard, Hans Zimmer
Darsteller: Christian Bale, Michael Caine, Liam Neeson, Katie Holmes, Gary Oldman, Cillian Murphy, Tom Wilkinson, Rutger Hauer, Ken Watanabe, Linus Roache, Morgan Freeman


Kurzinhalt:
Im Kindesalter muss Bruce Wayne (Christian Bale), Sohn des industriellen Milliardärs Thomas Wayne (Linus Roache) mitansehen, wie seine Eltern ermordet werden. Anschließend wächst er unter der Obhut des Haushälters Alfred (Michael Caine) auf. Jahre später soll der gefasste Mörder aufgrund eines Deals mit der Staatsanwaltschaft bezüglich eines anderen Prozesses entlassen werden – als Bruce erkennt, wie weit er sich von den Idealen seines Vaters entfernt hat, flüchtet er aus seiner Heimatstadt Gotham City.
Nach einiger Zeit kommt er in Kontakt mit einem geheimen Ninja-Orden und wird von Ducard (Liam Neeson) in dessen Kampfkünsten ausgebildet.
Zurück in Gotham möchte Bruce mit seinen erlernten Fähigkeiten für Gerechtigkeit und Ordnung kämpfen und macht sich dazu mit Unterstützung von Lucius Fox (Morgan Freeman) die zahlreichen militärischen Erfindungen der von seinem Vater gegründeten Firma Wayne Enterprises zunutze, die nie in Produktion gegangen sind, wobei ihm jedoch nicht nur die Korruption in den Reihen der Gesetzeshüter im Wege ist. Mit einem Kampfanzug und einer Maske setzt er als Batman zum ersten Schlag gegen Gothams Unterwelt an und findet in dem ehrlichen Polizisten Gordon (Gary Oldman) einen Verbündeten.
Im weiteren Verlauf kommt Batman alias Bruce Wayne einer weitaus größeren Verschwörung auf die Spur, die ungeahntes Unheil über Gothams Bürger bringen soll. Darin ist auch Psychiater Dr. Jonathan Crane (Cillian Murphy) verwickelt, der schon lange Schwerverbrecher in seine Klinik aufnimmt, die Staatsanwältin Rachel Dawes (Katie Holmes) gerade vor Gericht stellt – so gerät auch Rachels Leben in Gefahr, die immerhin eine Jugendfreundin von Bruce Wayne ist ...


Kritik:
Wie der Konkurrenz-Verlag DC Comics, entstand auch die ebenso namhafte Ideenschmiede Marvel Comics in den 1930er Jahren, allerdings blieb Marvel zu Beginn der Erfolg des Mitstreiters verwehrt. Mit Superman [seit 1938], Batman [seit 1939] und The Flash [seit 1940] dominierte DC den Comic-Markt, zusammen mit den zahlreichen Spin-Offs und anderen Reihen sogar Jahrzehnte lang. Zwar konnte Marvel Human Torch [1938-1950er] und Namor the Sub-Mariner [seit 1939] als frühe Erfolge verbuchen, doch nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges in den 1950er Jahren traf die Rezession diese Industrie ohnehin – und Marvel noch ein wenig stärker. Inzwischen ist die Machtverteilung dank erfolgreichen Serien wie Fantastic Four [seit 1961], Spider-Man [seit 1962], Hulk [seit 1962], Ghost Rider [seit 1967] und nicht zu vergessen X-Men [seit 1963] und deren jeweiligen Abwandlungen, sowie Spin-Offs beinahe umgekehrt, was man an den unzähligen Comic-Verfilmungen erkennen kann, die in den letzten zehn Jahren aus dem Boden geschossen sind. Prominenteste Beispiele sind hier zweifelsfrei X-Men [2000] und Spider-Man [2002].
Während Marvel eine Adaption nach der anderen in die Hollywood-Maschinerie entlässt, hielt sich DCs Erfolg in jüngerer Zeit erstaunlicherweise in Grenzen. Zugegebenermaßen laufen Genre-Interpretationen wie die TV-Serie Smallville [seit 2001], die die Jugendjahre von Superman thematisiert, recht erfolgreich, und selbst die zahlreichen Zeichentrick-Inkarnationen von Batman finden ihre Fans, doch ein richtiger Hit ist eigentlich ausgeblieben, nicht zuletzt infolge finanzieller und künstlerischer Flops wie Batman & Robin [1997]. Berücksichtigt man darüber hinaus noch die jahrelange Entwicklung des angekündigten neuen Superman-Filmes, der nach beinahe zehnjähriger Vorproduktion samt mehrerer Regisseure, noch mehr Drehbüchern und buchstäblich verpulverten Hundert Millionen Dollar mit Superman Returns tatsächlich 2006 ins Kino kommen soll, ist die Krisenstimmung bei DC Comics durchaus nachvollziehbar.
So verwundert es nicht, dass sowohl der Verlag, als auch die Fans auf die Neuinterpretation eines der beliebtesten Comic-Helden überhaupt – Batman – in Batman Begins gespannt waren. Mit einem immensen Budget von 150 Millionen Dollar ist das Studio Warner Bros. ohne Zweifel ein enormes Risiko eingegangen, zumal man neben ungewöhnlichen Autoren für das Skript noch einen auf den ersten Blick für das Projekt eher unpassenden Regisseur gewählt hat. Dass Christopher Nolan seine ComicVerfilmung im Gegensatz zu Batman Forever [1995]- und Batman & Robin-Regisseur Joel Schumacher nicht in grelle Farben und Bonbon-Action kleidet, sondern stattdessen eine der düstersten und beklemmendsten Comic-Adaptionen seit X-Men serviert, überrascht deshalb kaum. Was ihm dabei künstlerisch gelang, dürfte sogar Fans des lange Zeit erfolgreichsten Comic-Films Batman [1989] überraschen – immerhin ist Batman Begins keine Fortsetzung, sondern, wie der Name schon verrät, ein Neuanfang. Und ein beeindruckender dazu.

Das Drehbuch stammt aus der Feder von David S. Goyer, der sich mit seiner Blade-Trilogie zwar nicht unbedingt als Autor empfahl, aber immerhin auch an dem beeindruckenden und verblüffenden Dark City [1998] mitarbeitete. Sein Batman Begins-Skript wurde allerdings noch von Regisseur Nolan überarbeitet, der seinerseits durch die erstklassigen und erfolgreichen Thriller Memento [2000] und Insomnia [2002] bekannt wurde.
An der Vorlage fällt auf Anhieb auf, dass sich die Autoren sehr viel Zeit für die Charakter-Entwicklung nehmen und in erster Linie die Figuren – trotz eindrucksvoller Action-Sequenzen – in den Mittelpunkt stellen. Dass die ohnehin tragische Figur des Bruce Wayne diesbezüglich geholfen hat, steht außer Frage; doch auch ihre Interpretation der Machtverhältnisse in Gotham City, der Verfall der Stadt – umso offenkundiger, wenn man in den zahlreichen Rückblicken Gothams Blütezeit zu Gesicht bekommt –, und die zahlreichen symbolhaften Erlebnisse der Figuren, die das Schicksal der Stadt selbst widerspiegeln, verdeutlichen die Detailgenauigkeit, mit der Goyer und Nolan zu Werke gingen. Dass Polizist Jim Gordon, der von seiner aus den anderen Filmen bekannten Position des Commissioners noch weit entfernt ist, recht viel Spielraum eingeräumt wird, ist ebenso lobenswert, wie die Einbeziehung der Strukturen innerhalb von Wayne Enterprises, die in Batman Begins eine nicht zu unterschätzende Rolle spielen.
Allerdings stellt sich der Zuseher unweigerlich die Frage, ob es wirklich klug von den Autoren war, Bruce Waynes Leidensweg und seine Selbstfindung in einem solchen Maße bereits im ersten Film aufzuklären – denn inwiefern gilt es nun noch, den Charakter in den fest geplanten Fortsetzungen zu erforschen? Man wird mit einer sehr vielschichtigen und sympathischen, weil passionierten Figur konfrontiert, die das Drehbuch in vielen Facetten ausarbeitet, und deren weitere Entwicklung sicher interessant verlaufen könnte, aber am Ende von Batman Begins hat man das Gefühl, bereits alles Relevante über Bruce Wayne zu wissen.
Ein weiterer Punkt, der am Skript etwas verwundert, ist die Rolle der Bösewichte, von denen leider keiner so recht zum Zug kommt. Dabei liegt es sicherlich nicht daran, dass wenige zu sehen wären, sondern eher, dass aus den Comics bekannte Charaktere wie Carmine Falcone zu unwichtigen Nebenfiguren degradiert werden. Selbst Scarecrow kommt nicht so recht zur Geltung – eine ähnlich imposante und charismatische Figur, wie sie von Jack Nicholson vor über 15 Jahren in Batman als Joker verkörpert wurde, fehlt bei Christopher Nolans Neubeginn bedauerlicherweise, obgleich sich die Autoren das sprichwörtliche As im Ärmel beim Schluss offen halten. Dennoch wäre es zweifellos möglich gewesen, den Zuschauern einen starken und furchteinflößenden Erzbösewicht zu bieten, hätte sich das Skript einen allzu vorhersehbaren Twist und die ziemlich vertrackte Storyline mit zahlreichen Gangstern erspart, und dafür Scarecrows Identität länger geheim gehalten, und ihn selbst mehr in Erscheinung treten lassen.
So verschenkt die Vorlage unnötig Potential und gerät im Mittelteil zugegebenermaßen auch ein wenig lang, wobei ein Aspekt Bruce Waynes sowohl bei seinem Auftritt im umfunktionierten Hotelpool, als auch bei seiner Geburtstagsfeier sogar überflüssigerweise zwei Mal ausgewalzt wird. Hier hätten die Autoren straffen können und durchaus sollen, um den atmosphärisch unbestritten eindrucksvollen und mit herausragenden Dialogen versehenen Haupthandlungsfaden nicht mäandrieren zu lassen.
Was den Zuschauer trotz der Kritikpunkte, die beim Ansehen ohnehin kaum ins Gewicht fallen, im Hinblick auf das Drehbuch erwartet, ist ein durchdachter und überraschender Neubeginn der Batman-Saga mit ausgefeilten Figuren und einer erstaunlich tiefgehenden Story um Recht, Vergeltung und die Selbstfindung des Helden. Dass Rachel Dawes ein wenig kurz kommt, verzeiht man den Autoren gern – zumal sie in den kommenden Teilen anscheind nicht mehr von der Partie sein soll.

Als eingefleischte Fans in den USA zum ersten Mal die komplette Besetzungsliste des neuen Films lasen, kam gleichzeitig der Protest; immerhin werden zahlreiche Figuren des amerikanischen Comic-Helden nun von britischen Darstellern verkörpert, darunter sowohl Christian Bale, als auch Gary Oldman, Cillian Murphy und Tom Wilkinson. In der Folge ging Hauptdarsteller Bale soweit, dass er bei der Werbe-Kampagne für Batman Begins sogar mit einem amerikanischen, statt seinem heimatlichen Waliser Akzent sprach, um potentielle Zuschauer nicht abzuschrecken. Im der englischen Original-Version des Filmes äußert sich das darin, dass Bale zu den am schwersten verständlichen Darstellern gehört, wohingegen Liam Neeson, Michael Caine, und Morgan Freeman ohne Probleme verstanden werden können. Dabei sind am Cast zwei Dinge auffällig: Einerseits wurde eine derart namhafte Garde etablierter, erfahrener Darsteller zum Stelldichein gebeten, dass man die überaus talentierten jungen Akteure beinahe übersehen könnte. Gleichzeitig stehlen die älteren Semester ihren jüngeren Kollegen durchweg die Schau.
Wer im Vorfeld allerdings zweifelte, ob Christian Bale, der durch Filme wie American Psycho [2000] und zuletzt Der Maschinist [2004] – für den Bale im Rekordtempo 30 Kilo abnahm, die er anschließend für Batman Begins wieder aufbauen und antrainieren musste – auf sich aufmerksam machte, der Rolle des fliegenden Rächers gerecht werden würde, kann beruhigt aufatmen. Zwar fehlt im etwas die verschmitzte Ironie eines Michael Keaton, doch der Charakterrolle des Bruce Wayne ist er allemal gewachsen und überzeugt mit einem mimisch sehr guten, subtilen Spiel.
Dass er aber gerade in gemeinsamen Szenen mit Michael Caine nicht gegen den Altmeister ankommt, liegt vor allem an dessen Präsenz, die Bales' Charisma problemlos aussticht. Caine als Haushälter Alfred beizuwohnen, ist eine Freude und seine Verkörperung der Figur so vielschichtig, kraftvoll und fürsorglich zugleich, dass er einem schon nach wenigen Szenen ans Herz gewachsen ist.
Dass Caine nur eine einzige Szene mit Kollege Morgan Freeman bestreiten darf, dessen Ausstrahlung ebenfalls mitreißt, ist ein bisschen schade, zumal Lucius Fox' Auftritte zu den unterhaltsamsten und besten des Films gehören.
Gary Oldman nach langer Zeit in einer größeren Rolle zu sehen, in der er mal nicht den Bösewicht mimt, überrascht – auf höchst angenehme Weise, gerade weil er dem Polizisten Jim Gordon durch seine Darbietung viel an Charakter und Tiefe verleiht, was das Skript hauptsächlich durch die Dialoge aufbaut.
Im Vergleich kommt Rutger Hauer ein wenig zu kurz; es wird aber zweifellos interessant sein, ob die Autoren seine Rolle im zweiten Teil wieder aufgreifen, und wenn ja, in welchem Maße. Er macht seine Sache sehr gut und darf einige wirklich gelungene Momente auskosten.
Die übrige Besetzung ist dabei nicht weniger begabt: So darf Cillian Murphy (28 Tage später [2002]) Dr. Jonathan Crane mimen, und obwohl er nicht ganz so viel zu tun hat, wie sich mancher erhofft hat, spielt er mit Einsatzbereitschaft und vermag vollauf zu überzeugen. Tom Wilkinson (Der Patriot [2000], Fräulein Smillas Gespür für Schnee [1997]) ist allerdings mit der Rolle des Carmine Falcone merklich unterfordert, ebenso wie Ken Watanabe (Oscar-nominiert für Last Samurai [2003]), der nur einen sehr kurzen Auftritt zugestanden bekommt. Inzwischen auf Mentor-ähnliche Rollen festgelegt, scheint hingegen der für Schindlers Liste [1993] für den Oscar nominierte Liam Neeson (Star Wars: Episode I – Die dunkle Bedrohung [1999], Kingdom of Heaven – Königreich der Himmel [2005]), der gerade in den ersten 20 Minuten einige starke Momente besitzt und einen idealen Lehrmeister für Bruce Wayne abgibt.
Insbesondere im Angesicht dieser starken Darsteller-Riege agiert eine der jüngsten Beteiligten, Katie Holmes, unerwartet schwach. Holmes konnte mit der Serie Dawsons Creek [1998-2003] Erfolge feiern, und überzeugte zuletzt in Filmen wie Wonder Boys [2000] oder Nicht auflegen! [2002]. Als Staatsanwältin Rachel Dawes scheint sie aber nicht nur zehn Jahre zu jung, sondern mit ihrer eher einfach gehaltenen Mimik und der uninspirierten Darstellung angesichts der Bedrohung von Rachels Leben, sogar in einem gewissen Maße gelangweilt. So markiert sie leider das enttäuschende Schlusslicht eines ansich durchweg exzellenten Casts, den man sich besser zusammengestellt nicht wünschen könnte.
Für die Rolle der Rachel waren ursprünglich auch Natalie Portman (Léon – Der Profi [1994]) und Sarah Michelle Gellar (Buffy – Im Bann der Dämonen [1997-2003]) im Gespräch – und die übrigen Rollen hatten ebenfalls zahlreiche Bewerber: Batman alias Bruce Wayne sollte zeitweise von Guy Pearce (Memento), Ashton Kutcher oder John Cusack dargestellt werden. Selbst Christian Bale wusste wenige Tage vor der offiziellen Bekanntgabe nicht, ob er die Rolle denn tatsächlich bekam, und musste nochmals zum Vorsprechen kommen. In der engeren Wahl waren dabei noch Jake Gyllenhaal und Cillian Murphy, der Regisseur Nolan dermaßen beeindruckte, dass er ihn für die Rolle des Dr. Crane haben wollte, die vorübergehend übrigens Christopher Eccleston ausfüllen sollte. Michael Caine hingegen wurde die Rolle des Alfred angeboten, nachdem Anthony Hopkins bereits abgesagt hatte; und für Jim Gordon waren zunächst sowohl Kurt Russell, als auch Dennis Quaid im Gespräch, bis Chris Cooper (Oscar für Adaption [2002]) den Part übernehmen sollte – aber ablehnte.

Auch Regisseur Christopher Nolan war gar nicht so lange an dem Projekt beteiligt, bedenkt man die gesamte Produktionsdauer des neuen Batman-Films. Einen Neubeginn basierend auf dem Comic Batman: Year One [1988] von Frank Miller (Sin City [seit 1991]) plante das Studio Warner Bros. schon seit einigen Jahren, zu Beginn noch mit Regisseur Joel Schumacher, der das Franchise mit Batman & Robin an die Wand gefahren hatte. Selbst David Fincher wurde vom Studio angesprochen, um dem Ganzen einen noch düstereren Ton zu verleihen, doch Fincher lehnte ab. Angeblich gab es sogar Bestrebungen, Clint Eastwood für den Film zu gewinnen. 2002 wollte man zunächst Batman Vs. Superman unter der Regie von Wolfgang Petersen (Das Boot [1981]) nach einem Skript von Andrew Kevin Walker (Sieben [1995]) umsetzen – bis Petersen das Projekt verschob, um Troja [2004] zu drehen. Als dann noch bekannt wurde, dass ein neuer eigenständiger Superman-Film entstehen sollte, wurde das Comic-Cross-Over ganz auf Eis gelegt und erneut eine Adaption von Batman: Year One in Angriff genommen, zeitweise unter der Führung von Andy und Larry Wachowski, die sogar eine Story entwickelten, allerdings letztendlich absagten, um stattdessen die Matrix [1999]-Fortsetzungen zu realisieren. Für sie sollte 2003 Darren Aronofsky als Regisseur einspringen, und es gab sogar ein Drehbuch, sowie fertige Storyboards – ehe das Projekt von Warner Bros. gestoppt wurde. Anschließend begann man noch einmal komplett von vorne und beauftragte David S. Goyer mit dem Drehbuch, dessen früher Entwurf im Frühjahr 2004 irrtümlicherweise sogar ins Internet geriet. Interessanterweise tauchte ein weiteres Skript im Internet unter dem Titel "Batman: The Frightening" auf, der damalige Arbeitstitel des Films. Die beiden angeblichen Autoren bestritten jedoch, es verfasst zu haben, und es dauerte nicht lange, ehe das Drehbuch als gefälscht enttarnt wurde.
Dass für diese Comic-Verfilmung ausgerechnet Christopher Nolan vom Studio als Regisseur auserkoren wurde, überrascht einerseits – und dann doch wieder nicht. Denn während die Bedenken angesichts des riesigen Budgets von 150 Millionen Dollar in den Händen eines 35-jährigen Filmemachers, der bislang erst drei – zugegebenermaßen recht erfolgreiche – moderate Produktionen fertiggestellt hatte, zweifelsohne groß waren, hat er gerade eines mit Batman-Veteran Tim Burton gemein, was auch Batman Begins auszeichnet: Ein hervorragendes Gespür für Optik. Nicht nur, dass Nolan Batman Begins als erster Regisseur eines Batman-Werkes im Breitbildformat 2.35:1 drehte, er nutzt dieses Format mit seinen malerischen, bis unheimlichen Bildern jederzeit gekonnt aus.
Gotham City dabei nur in den Rückblenden bei Tageslicht und die heruntergekommene Stadt ansonsten nur im Dämmerlicht oder bei Nacht zu zeigen, sind noch die auffälligsten kreativen Entscheidungen des Regisseurs und Autors; spätestens wenn Bruce Wayne sich im Zuge der Vorbereitungen in der zukünftigen Bat-Höhle seinen Ängsten stellt, er von allen Seiten von Fledermäusen umflattert wird, und man als Zuschauer mit einer ebenso düsteren, wie eindrucksvollen Bilder-Auswahl konfrontiert wird, bekommt man das Talent des jungen Regisseurs zu spüren, der den Kameramann seiner bisherigen beiden Hollywood-Filme, Wally Pfister, mit an Bord brachte und auch mit Schnittmeister Lee Smith (Oscar-nominiert für Master & Commander – Bis ans Ende der Welt [2003]) eine gute Wahl traf. Sie alle kleiden den Anfang einer neuen Batman-Saga in stimmungsvolle Aufnahmen, kombiniert mit klaustrophobisch-schmutzigen Einstellungen, die dem Kinobesucher Gothams wahren Kern beklemmend nahe vermitteln und in den Rückblenden ebenfalls einen auf die Figuren bezogenen Stil offenbaren. Einzig die Action-Sequenzen, darunter das Finale mit der Hochbahn, scheinen ein wenig hektisch umgesetzt und entsprechend geschnitten, wobei dies sicherlich mit der im Hinblick auf die angedeutete Gewalt relativ niedrige Altersfreigabe des Films zusammenhängt.
Die Atmosphäre und Spannung, die die Beteiligten hier erzeugen, ist beeindruckend und bedrückend, man kann ihnen dazu nur gratulieren.

Eine der bestfotografierten und mitreißendsten Sequenzen ist glücklicherweise der Auftritt des neuen Batmobils, das zwar optisch nicht das ansprechendste der bisherigen Film-Umsetzungen sein mag, seinem Ruf als Panzer aber durchaus gerecht wird. Die Verfolgungsjagd durch Gotham City ist eines der vielen Highlights, was wesentlich am Design des Vehikels liegt, das nicht auf einem existierenden Fahrzeug basiert, sondern von Grund auf neu entwickelt wurde.
Nicht nur daran merkt man Batman Begins sein hohes Budget an; seien es nun die zahlreichen Spielereien des Protagonisten (die allesamt auf tatsächlichen Militär-Entwicklungen basieren), oder aber das enorme Set der Bat-Höhle, die vollständig in einem der größten Hangars der Welt erbaut wurde, anstatt wie früher auf Trick-Effekte zurückzugreifen – selbst ein ganzer Häuserblock Gotham Citys wurde aufgebaut.
Der Lohn der Mühe ist unter anderem, dass man die unzähligen Spezial-Effekte außerordentlich selten als solche erkennt; Batman Begins gehört zu den bestgemachten Filmen, die aktuell zu sehen sind, und schlägt damit auch Genre-Kollegen wie Spider-Man 2 [2004]. Angefangen bei den Kostümen, über die Masken, bis hin zu den Bauten – darunter das Set des Wayne-Anwesens –, gibt es nicht eine einzige Einstellung, die enttäuschen würde. Im Gegenteil, als Zuschauer darf man sich auf ein Erlebnis sondergleichen freuen, und ein Finale, das größer und fulminanter kaum sein könnte.
Die Macher führen hier einmal mehr den schlagenden Beweis, dass exzellente Modellarbeit den digitalen Effekten qualitativ nach wie vor überlegen ist, was man gerade beim actionreichen Schluss-Showdown feststellt – wo der Effekt wohl nur geschulten Augen auffallen dürfte.
Der immense Aufwand der Produktion hat sich ohne Frage gelohnt: Ein lebendigeres und vielschichtigeres Gotham City gab es bislang nicht, von den überwältigenden Action-Sets ganz zu schweigen. Hier bemerkt man in der Tat jeden investierten Cent letztendlich auf der Leinwand.

Das Komponisten-Duo, das für die Vertonung von Batman Begins verantwortlich zeichnet, wird Soundtrack-Liebhabern gehobene Augenbrauen entlocken. Denn wer Nolans bisherigen Hauskomponisten David Julyan erwartete, oder gar auf eine Rückkehr von Kult-Komponist Danny Elfman hoffte, der Tim Burtons Batman seinen unverwechselbaren Klang verlieh, wird überrascht sein. Angeblich versuchte Christopher Nolan bereits seit einem Jahr, Hans Zimmer (Gladiator [2000]) für den Score zu gewinnen, ehe dieser schließlich zusagte, und damit Julyan ersetzte. Allerdings befand sich Zimmer in einem Konflikt: Obwohl das Batman-Thema seiner Meinung nach eine kraftvolle Würdigung verdiente, war er an einem Punkt seiner Karriere angekommen, an dem ihn eben diese orchestrale, temperamentvolle Musik persönlich nicht interessierte – da er seit über zehn Jahren jedoch davon sprach, mit seinem Kollegen James Newton Howard (Auf der Flucht [1993], Waterworld [1995]) zusammenarbeiten zu wollen, nahm Zimmer für Batman Begins die Möglichkeit wahr und setzte sich zwölf Wochen mit Howard zusammen in ein Studio, tauschte dabei die neu entstandenen Tracks mit ihm aus und so ergänzten die beiden ihre Stile.
Was im Ergebnis herausgekommen ist, hört sich stark nach Hans Zimmer und wenig nach James Newton Howard an. Auffällig ist vor allem, dass es kein kraftvolles, eingängiges Thema gibt, wie bei Elfmans Score, sondern schwere, düstere und basslastige Stücke, die im Film zweifellos gut passen, für sich allein genommen aber wenig Abwechslung bieten, und vor allem ein involvierendes, rhythmisches Element vermissen lassen. Das macht den Score in Bezug auf den Film sicher nicht schlecht, wenngleich in gewissem Maße enttäuschend, denn anstatt eines minimalistischen Soundtracks mit zurückhaltenden, kraftvoll-dumpfen, und zugleich wenig mitreißenden Kompositionen hätte man sich als Fan ein aufwändiges Orchester, in diesem Falle sogar passend mit einem großen Score gewünscht.
Fans, die sich das Album ansehen, werden außerdem feststellen, dass die Track-Titel nicht nach Szenen im Film benannt sind; sie tragen vielmehr die Namen zahlreicher Fledermaus-Arten – immerhin hier ein ungewöhnlicher Einfall.

Dass Batman der insgesamt wohl interessanteste Superheld ist, erkennt man an Batman Begins einmal mehr, und das nicht nur, weil der Charakter psychologisch komplex geraten ist, sondern weil er ansich keine Superkräfte besitzt. Die Überlegenheit beruht einzig und allein auf Intelligenz, Training, Disziplin und seinen zum Einsatz kommenden technischen Gimmicks – die Vorbereitung, wie aus Bruce Wayne letztlich Batman wird, fängt Christopher Nolans Film gekonnt ein, erweitert das bekannte Universum um zahlreiche Apekte und etabliert viele Figuren, die in den fest eingeplanten Sequels hoffentlich weiter ausgearbeitet werden.
Es ist unbestritten, dass es die handwerkliche Umsetzung ist, die den Film auszeichnet, und die bisweilen schlichtweg atemberaubend geraten ist. Sie fängt die ohnehin sehr gute Drehbuch-Vorlage, sowie die exzellenten Darsteller stimmig ein. Fans des Flattermanns dürfen sich bei dieser Neuinterpretation auf einige Überraschungen gefasst machen, während Neulinge mit Batman Begins ein realistischerer und tiefergehender Ansatz an das vor 15 Jahren bereits herausragend auf die Leinwand gebrachte Thema erwartet. Dass die Verantwortlichen trotz der Ernsthaftigkeit in der Handlung den Humor noch durchblitzen lassen, ist ihnen hoch anzurechnen.


Fazit:
Wie hinreichend bekannt ist, geht es in Comic-Verfilmungen neben der Unterhaltung häufig auch um das Aufzeigen ihres inneren Konflikts, zugegebenermaßen bei manchen mehr, als bei anderen. Batman stellt in diesem Sinne mit dem in der Kindheit zugefügten Trauma eine gebrochene und außerordentlich tragische Figur dar, die in Batman Begins von Christian Bale nicht nur glaubhaft verkörpert, sondern dank des wirklich gelungenen Skripts ansprechend zum Leben erweckt wird.
Der Ansatz ist dabei weit weniger comicartig, als bei Tim Burtons Inkarnation des Mythos, aber trotzdem düster und bedrückend. Regisseur Christopher Nolan kleidet seinen Film zu Beginn in malerische, später in furchteinflößende Bilder, die eine beklemmende Atmosphäre aufbauen, ohne auf die genreüblichen Farbfilter zurückgreifen zu müssen.
Die Story ist zwar packend, und Bruce Waynes Schicksal fesselnd, allerdings dauert das Ganze im Mittelteil knapp 20 Minuten zu lang, ohne dem Zuseher gleichzeitig einen entsprechend charismatischen Bösewicht zu bieten, wie es die handwerklich erstklassige Umsetzung eigentlich verdient hätte. Das macht den Film unter dem Schnitt nicht schlecht, verschenkt aber Potential. Kenner werden sich zudem an dem eintönigen und minimalistischen Soundtrack stören, der leider nichts von der Vitalität oder der Imposanz von Danny Elfmans Kompositionen für Batman und Batmans Rückkehr [1992] beinhaltet.
Ohne diese kleinen Mängel wäre Batman Begins der beste Film des Dunklen Ritters, als Neuanfang ist er dennoch äußerst beeindruckend – und derart innovativ, vielschichtig, einfallsreich und unterhaltsam, dass man eine Fortsetzung kaum erwarten kann.