James BeauSeigneur: "Das Jesus-Gen (Messias-Trilogie)" [1997]
Wertung: |
Kritik von Jens Adrian |
Hinzugefügt am 19. Februar 2009
Autor: James BeauSeigneurGenre: Fantasy / Drama
Originaltitel: In His Image: Book One of The Christ Clone Trilogy
Originalsprache: Englisch
Gelesen in: Englisch
Ausgabe: Taschenbuch
Länge: 367 Seiten
Erstveröffentlichungsland: USA
Erstveröffentlichungsjahr: 1997
Erstveröffentlichung in Deutschland: 2003
ISBN-Nr. (gelesene Ausgabe): 0-9656948-5-2
Kurzinhalt:
Ende der 1970er Jahre erschwindelt sich der Journalist Decker Hawthorne einen Platz im Wissenschaftsteam seines ehemaligen Mentors, Professor Goodman, der Untersuchungen am Leichentuch von Turin vornimmt. Als er später von Goodman kontaktiert wird, wartet dieser mit einer brisanten Entdeckung auf ihn. Proben des Tuches beinhalten lebende Zellen!
Als Goodman Decker die Möglichkeiten jener resistenten Zellen offenbart und sogar die Möglichkeit anspricht, daraus einen Klon von Jesus Christus herzustellen, ahnt der ablehnende Decker nicht, dass Goodman diesen Schritt bereits vollzogen hat. Jahre später lernt Decker den jungen Christopher kennen, der aus jenen Zellen geklont wurde. Immer wieder leidet er unter Alpträumen und Visionen. Doch bis es soweit ist, dass Decker zusammen mit Christopher das Weltgeschehen über die immer mächtiger werdende UN beeinflusst, müssen beide noch viel Tragödien und Schicksalsschläge erleben.
Und auch weltweit häufen sich seltsame Vorkommnisse, die darauf hindeuten, dass dieses Zeitalter der Menschen bald zu Ende gehen wird. Ob mit Christophers Ankunft die Menschheit ihrem Untergang geweiht wurde?
Kritik:
Das Jesus-Gen ist ein gutes Beispiel dafür, weswegen es für Interessenten internationaler Unterhaltungsliteratur sehr empfehlenswert ist, die Bücher in der Originalsprache zu lesen, beziehungsweise den Wortschatz soweit zu pflegen und zu trainieren, dass man sie auch verstehen kann. Denn während der erste Band der Trilogie hierzulande ganze sechs Jahre nach der Erstveröffentlichung erschien (damals war bereits ein aktualisierter Band auf Englisch erhältlich), haben es die weiteren beiden Bücher der dreiteiligen Reihe bislang nicht zu einer Veröffentlichung geschafft. Dies mag aus finanzieller Hinsicht bei unerwartet niedrigen Verkaufszahlen durchaus Sinn machen, ist für die Leser, die wissen möchten, wie es weitergeht, aber sehr ärgerlich. Selbst die US-Auflagen sind inzwischen nur noch sehr schwer zu bekommen.
Interessant ist die zugrunde liegende Idee durchaus, aus Zellresten, die am Leichentuch von Turin gefunden werden, einen Klon von Jesus Christus zu erzeugen. Auch, dass damit das Ende der Welt, wie wir sie kennen eingeläutet wird, hat insbesondere durch die Verwebungen des Autors mit den aktuellen (und zukünftigen) politischen Geschehnissen seinen Reiz. Und doch wird In His Image, wie der Roman im Original lautet, großteils von unterkühlten Figuren bevölkert und mit einer stellenweise weltfremden Handlung versehen. Wie sich all das im Kontext mit den kommenden beiden Büchern schlägt, sei hier allerdings noch außen vor gelassen.
Ein Kernproblem des Romans mag dabei sein, dass er eine sehr große Zeitspanne umfasst. Beginnend 1978 endet der Roman im Jahr 2020 und das mit denselben Figuren. Dabei scheint sich aber insbesondere Hauptcharakter Decker Hawthorne nicht wirklich weiterzuentwickeln. In seinen Ansichten und seiner Sprache scheint gleich wie über vierzig Jahre zuvor – und das trotz Katastrophen und persönlichen Schicksalsschlägen. Sein Alter wird interessanterweise auch immer stärker vernachlässigt und in der zweiten Romanhälfte, wenn der Fokus der Erzählung auf Christopher umschwenkt, gar nicht mehr erwähnt.
Dass Nebenfiguren wie Tom Donafin nicht weiter beleuchtet werden mag daran liegen, dass sie für die kommenden Bücher von Interesse sind, doch hätte man sich gewünscht, dass den Figuren mehr tatsächliche Charaktereigenschaften zugeschrieben werden. Zu den Hobbys, dem normalen Tagesablauf der Figuren wird kaum ein Wort gesagt, man soll sich als Leser wohl selbst ein Bild machen. So sehr konzentriert auf die Szenen, die die Geschichte voran treiben, und das in dem Kontext der Story, ergibt sich der Anschein, als würden sich die Ereignisse von In His Image in nur wenigen Wochen abspielen. Und gerade angesichts der weltweiten Zerstörung durch übernatürliche Katastrophen und nukleare Kriege verlieren diese Momente an Gewicht, wenn sich wenig später das nächste Ereignis zusammenbraut.
Packend und schnell liest sich der Endzeitroman insbesondere durch die detaillierten und fundierten technischen Beschreibungen. Seien es die politischen Intrigen und Zusammenhänge innerhalb der UN, die Autor James BeauSeigneur beschreibt, oder aber manche Szenarien wie die kurz nach Start detonierten Atomraketen, die zweifelsohne zu den sprachlich treffendsten und erschütterndsten Momenten des Buches gehören.
Die Figuren sind trotz ihrer stellenweise tiefschneidenden Lebensveränderungen nur oberflächlich entwickelt und wen das politische Weltgeschehen zu wenig interessiert, als dass dieser Aspekt des Romans packt, der wird sicherlich enttäuscht sein. Doch hier liegen die Stärken des Autors, der sprachlich kurioserweise nur hin und wieder sehr hölzern wirkt, während andere Abschnitte sehr natürlich dargebracht sind. Es bleibt zu hoffen, dass die beiden kommenden Bücher mit mehr Feinschliff aufwarten. Denn die Ausgangslage ist nicht nur einfallsreich, sondern in Grundzügen und den einzelnen Zwischenstopps der Handlung ja auch genügend innovativ umgesetzt.
Fazit:
Mit In His Image versucht Autor James BeauSeigneur das Leben von Hauptfigur Decker Hawthorne im Schnelldurchlauf zu erzählen, um den Weg dafür zu ebnen, was im nächsten Roman auf die Welt noch zukommen wird. Doch ein ganzes Leben voller Freude und Trauer, Schicksalsschlägen und Entbehrungen, Erfolgen und Hoffnungen, lässt sich nicht auf so wenige Seite komprimieren. So wird man das Gefühl nicht los, als wären die Zeit an Decker spurlos vorüber gegangen, wenn er mit Christopher am Ende in den Sitzungssaal der UN stürmt. Überhaupt wird in ihrem Verhalten und Auftreten kein Altersunterschied zwischen den beiden deutlich.
Die Geschichte selbst bietet dabei durchaus Potential, zumal sie nicht nur die Prophezeiungen und Lehren einer Religion, sondern vieler Religionen unter einem Dach zu vereinen sucht. Das mag zwar religiöse Gemüter aufstacheln, eignet sich allerdings samt dem geopolitischen Hintergrund ausgezeichnet für ein Endzeitdrama. Insofern ist Das Jesus-Gen traurigerweise sehr aktuell, wenn auch stellenweise unnötig und gekünstelt metaphysisch. Und eben diese Mischung ist BeauSeigneur meiner Meinung nach nicht so gut gelungen, wie es nötig gewesen wäre, um aus dem Trilogieauftakt einen mitreißenden Thriller zu machen. Doch vielleicht kommt das noch in den kommenden beiden Büchern.