Max Brooks: "World War Z - Operation Zombie" [2006]
Wertung: |
Kritik von Jens Adrian |
Hinzugefügt am 08. September 2013
Autor: Max BrooksGenre: Fantasy / Horror / Drama
Originaltitel: World War Z: An Oral History of the Zombie War
Originalsprache: Englisch
Gelesen in: Deutsch
Ausführung: Hörbuch
Laufzeit: 14 Std. 4 Min.
Erstveröffentlichungsland: USA
Erstveröffentlichungsjahr: 2006
Erstveröffentlichungsjahr der Ausgabe: 2011
ISBN-13-Nr. der Ausgabe: 978-3-8371-2039-4
Übersetzung: Joachim Körber
Sprecher: David Nathan, Michael Pan
Kurzinhalt:
Zwölf Jahre sind vergangen, seit in den USA der Sieg verkündet wurde, weniger als ein Jahrzehnt herrscht in China Frieden. Damit kann die Menschheit auf eine ebenso lange Erholungsphase zurücksehen, wie die Kampfhandlungen davor dauerten. Der apokalyptische Krieg mit den lebenden Toten, den Zombies, hat den Großteil der Menschheit das Leben gekostet. Es war der bis dahin größte Konflikt der Menschheitsgeschichte und bedeutete beinahe ihre Ausrottung.
In Interviews erzählt der Autor nicht nur die Geschichte des Krieges vom ersten bekannten Ausbruch über die Große Panik, bis hin zur Wende der Kampfhandlungen im Zombie-Krieg nach, sondern lässt in seiner Arbeit für die Kriegsarchivierungskommission der Vereinten Nationen auch diejenigen Menschen zu Wort kommen, die überlebt haben. Sie erzählen ihre individuellen Erlebnisse des Krieges, der sie, ihr Leben und die ganze Welt so sehr verändert hat, dass man sie im Vergleich zu früher nicht mehr wiedererkennt.
Kritik:
Der Nachfolgeroman zu Max Brooks Der Zombie Survival Guide: Überleben unter Untoten [2003] erschien in Deutschland ursprünglich unter dem Titel Operation Zombie: Wer länger lebt, ist später tot, der irrigerweise nahelegt, es handle sich dabei um eine lustige Erzählung. Der Originaltitel allerdings spiegelt den Einfluss Brooks' wider, den Studs Terkels mit dem Pulitzer-Preis ausgezeichnetes Werk Der gute Krieg [1984] auf das Buch hatte. Wie Terkel schildert Brooks die Erlebnisse und den Werdegang des Krieges durch Interviews mit Überlebenden. Und was allein durch die Erwähnung von Zombies bei der von Michael Pan als Erzähler und Interviewer gelesenen Einleitung noch beinahe lustig klingt, verliert schnell seinen Humor.
Anstatt vom Horrorgenre zu sprechen, hat sich spätestens mit dem jüngsten Erfolg in Film- und Fernsehen das Zombie-Genre als eigenständiges etabliert. Interessiert man sich für World War Z, muss man die Tatsache, dass es Zombies gibt, schlicht akzeptieren und jegliche Vernunft angesichts der Absurdität eines solchen Geschöpfs über Bord werfen. Den Interviewpartnern des Erzählers kann man zugute halten, dass sie anfangs ebenso kaum fassen konnten, wessen sie sich gegenübersahen. Woher die Epidemie genau stammt, wird nicht geklärt. Der erste Patient, an den sich ein chinesischer Arzt im ersten Interview erinnern kann, ist ein Junge, den er zu behandeln versuchte. Doch für die Virusinfektion, die den Patienten zuerst tötet und ihn später reanimiert, gibt es kein Heilmittel. Auch zehn Jahre nach dem Krieg nicht, zu der Zeit, da die Interviews aufgenommen werden. Zombies sind nicht im klassischen Sinn am Leben und lassen sich auch nur töten, indem man ihr Gehirn zerstört. Selbst wenn sie so stark verletzt sind, dass sie nur noch kriechen können, sind sie gefährlich und die Ansteckungsgefahr liegt bei jeder noch so kleinen Wunde, die sie einem zufügen, bei 100 %. Sie bewegen sich langsam und sind meist an ihrem Stöhnen erkennbar, das sie von sich geben. Aber ihnen macht weder die Witterung etwas aus, noch werden sie in der Nacht langsamer. Im Winter gefrieren sie und tauen im Frühling wieder auf, weshalb auch nun noch Millionen von ihnen irgendwo verstreut sind – vom Meeresgrund ganz abgesehen, wo es noch unzählige von ihnen gibt.
Wie der Krieg gegen die Zombies ausgegangen ist, steht bereits nach den ersten Minuten außer Frage. Max Brooks größte Stärke liegt darin, die Situation mit einer Ernsthaftigkeit darzubringen, dass keine Zweifel aufkommen, es habe sich eben so abgespielt. Die Interviews führen den Erzähler rund um den Globus in alle Länder und schildern dabei sowohl, wie sich die Epidemie in manchen Staaten ausgebreitet hat, als auch wie es den Menschen gelang, sich zu organisieren und ihre Ausrottung zu verhindern. Das Angesicht der Welt hat sich durch den Krieg stark gewandelt. Um Flüchtlingsströme zu verhindern, haben manche Länder sogar auf den Einsatz von Atomwaffen zurückgegriffen. Und während Kuba die florierendste Wirtschaft auf dem Planeten geworden ist, sind auch 10 Jahre nach dem offiziellen Ende des Krieges Gebiete wie Island so stark verseucht, dass niemand wagt, eine Prognose abzugeben, wann sich dort wieder Menschen ansiedeln können.
Durch die verschiedenen Interviewpartner erhält Max Brooks' Roman einen sehr episodenhaften Aufbau, wobei bei jeder Erzählung von vornherein feststeht, dass die Person, die erzählt, überlebt hat. Die vielen verschiedenen Ansatzpunkte ermöglichen einen Blick auf den Zombiekrieg aus unterschiedlichen Perspektiven und vermitteln spätestens nach dem ersten Drittel des Buches einen Gesamteindruck, indem die Erzählungen der einzelnen Personen ineinander zu greifen beginnen. Aber wie packend wäre World War Z gewesen, hätte der Autor seine Geschichte am Stück erzählt? Hätte man nicht gewusst, wer es schafft und wer nicht?
Dass die einzelnen Interviews durchaus fesseln liegt nicht zuletzt an David Nathan, der unter anderem als Synchronstimme von Johnny Depp oder Christian Bale bekannt ist. Ihm gelingt es, den verschiedenen Personen durch eine leicht andere Stimmlage oder einen anderen Sprechrhythmus eine Persönlichkeit zu verleihen, die zur jeweiligen Situation passt. Selbst die Berichte, die er mit Akzent spricht klingen, als stammten sie von einem ganz anderen Sprecher. Einzig die eingebrachten Nebengeräusche beim Essen, Trinken oder Rauchen sind störend und überflüssig. Wenn es aber einen Grund gibt, mit den erzählenden Figuren mitzufiebern, dann ist das Nathan zu verdanken.
Fazit:
Erzählen die Überlebenden in den Interviews davon, wie sie eingekesselt wurden, oder wie sie sich tagelang aus einem infizierten Hochhaus abseilen mussten, wird ihre Situation durchaus spürbar. Ebenso bei denjenigen, die mit viel zu wenigen Vorräten in den hohen Norden geflohen sind, um den Zombies zu entkommen, um festzustellen, dass sie den harten Winter nicht überleben werden – und dann sogar auf Kannibalismus zurückgegriffen haben. Die gewisse Ironie in jenem Moment unterstreicht die bissige Satire, die sich in manchen Passagen des Buches versteckt. Sei es, wie verschiedene Gesellschafts- oder Religionsgruppen auf die Zombie-Epidemie reagiert haben, oder wie die USA zu Beginn noch glaubten, sie wären unbesiegbar. Selbst die Auswirkungen einer solchen Infektion in den bevölkerungsreichsten Ländern China und Indien wird berücksichtigt.
Max Brooks gelingt es durchaus, World War Z neue Aspekte des Genres abzugewinnen, auch wenn er die Gestalt des Zombies nicht neu erfindet. Für sich allein genommen sind die einzelnen Episoden spannend und dem Thema entsprechend sehr düster. Insgesamt allerdings bleibt das Gefühl, als wäre eine packendere Erzählung möglich gewesen, wäre die Geschichte nicht als Rückblick, sondern gewöhnlich geschildert worden. Der für mich größte Glaubenssprung war auch hier, Zombies überhaupt als bedrohlich und nicht als schlicht abstruse Gestalten zu akzeptieren. Lässt man sich darauf ein, bietet das Buch für Fans fraglos seinen Reiz. Dank David Nathan ist die ungekürzte Hörbuchfassung außerdem eine klare Empfehlung.