Wonka [2023]
Wertung: |
Kritik von Jens Adrian |
Hinzugefügt am 6. Dezember 2023
Genre: Komödie / Musik / FantasyOriginaltitel: Wonka
Laufzeit: 112 min.
Produktionsland: USA / Großbritannien
Produktionsjahr: 2023
FSK-Freigabe: ohne Altersbeschränkung
Regie: Paul King
Musik: Joby Talbot
Besetzung: Timothée Chalamet, Calah Lane, Keegan-Michael Key, Olivia Colman, Hugh Grant, Tom Davis, Paterson Joseph, Matt Lucas, Mathew Baynton, Rowan Atkinson, Sally Hawkins, Jim Carter, Natasha Rothwell, Rich Fulcher, Rakhee Thakrar, Kobna Holdbrook-Smith
Kurzinhalt:
Seit jeher ist es Willy Wonkas (Timothée Chalamet) Traum, ein Geschäft zu eröffnen, um seine fantastischen Schokoladenkreationen mit den Menschen zu teilen. Darum hat er sieben Jahre lang wie Welt bereist und hofft, in den vornehmen Galleries Gourmet, wo die edelsten Chocolatiers beheimatet sind, Fuß fassen zu können. Doch die drei einflussreichsten Chocolatiers, Slugworth (Paterson Joseph), Prodnose (Matt Lucas) und Ficklegruber (Mathew Baynton) kontrollieren den Markt und wollen ihre Macht nicht teilen. Also bestechen sie den Polizeichef (Keegan-Michael Key), Wonka zu vertreiben. Der wird unterdessen von Mrs. Scrubbit (Olivia Colman), die ihm ein Zimmer vermietet hat, mit einem Knebelvertrag festgesetzt. In nur einer Nacht hat sich Willy derart verschuldet, dass er in Scrubbits Waschkeller seine Schulden abarbeiten soll. Dort trifft er auch auf die junge Noodle (Calah Lane), die als Waise zu Mrs. Scrubbit kam. Mit ihrer Hilfe plant Willy, seine Schokolade weiter zu verkaufen, um seine Schulden schneller abbezahlen zu können. Doch der Polizeichef ist ihm stets dicht auf den Fersen und zu allem Überfluss hat es ein orangefarbener Mann (Hugh Grant) mit grünen Haaren auf Willys Schokolade abgesehen …
Kritik:
Die Vorgeschichte, wie Roald Dahls fiktive Romanfigur Willy Wonka zum exzentrischem Besitzer einer Schokoladenfabrik wurde, ist ziemlich genau das, was man sich unter einem filmischen Prequel eines knapp 60 Jahren Kinderbuches vorstellen würde. Als Musical erzählt, lässt Filmemacher Paul King die Farben derart explodieren, dass man glaubt, die unterschiedlichen Geschmäcker der Süßigkeiten erahnen zu können. Vor allem an ein junges Publikum gerichtet, wird Wonka den daran gerichteten Erwartungen mehr als gerecht, auch dank eines fantastischen Timothée Chalamet in der Titelrolle.
Willy Wonka träumt davon, die Menschen mit seinen fantastischen Schokoladenkreationen zu entzücken und ist fest davon überzeugt, damit über Nacht berühmt werden zu können. Seine Mutter hat in ihm die Liebe zu der Süßigkeit geweckt und bei seinen sieben Jahre dauernden Reisen um die Welt hat er seine Chocolatierskunst perfektioniert. Doch als er in den edlen Galleries Gourmet, in der die feinsten Schokoladen verkauft werden, seine Kreationen anbietet, ist er den drei etablierten Chocolatiers Slugworth, Prodnose und Ficklegruber ein Dorn im Auge. Das Schokoladenkartell kontrolliert den Markt und legt Wert darauf, dass Schokolade ein Luxusgut ist, das sich nur Reiche leisten können. Aus dem Grund engagieren sie den Polizeichef, Willy aus der Stadt zu vertreiben. Dabei hat Wonka ein ganz anderes Problem, denn er ist in die Fänge der skrupellosen Mrs. Scrubbit geraten, die ihn und weitere arme Seelen mit einem Wuchervertrag in Schulden getrieben hat. Um die Schulden abzubezahlen, müssen sie in ihrer Wäscherei schuften, selbst die minderjährige Noodle. Aber Willy ist nicht nur ein Schokoladenerfinder, sondern auch sonst einfallsreich und ein Zauberer. Um seinen Traum zu erfüllen, muss er all seine Talente einsetzen, selbst wenn ihm ein orangefarbener Mann mit grünen Haaren regelmäßig einen Strich durch die Rechnung macht.
Dass die Erzählung nicht ernst gemeint ist, kann man bereits an der Inhaltsbeschreibung ersehen, selbst wenn die Themen im Hintergrund es durchaus sind. Angefangen von Willys Traum, sich selbst zu verwirklichen, in der Hoffnung, dann noch einen weiteren Moment mit einem geliebten Menschen verbringen zu können, oder Noodles Suche nach ihrer Familie, war sie doch als Waise ausgesetzt worden. Hinzu kommt der Machtmissbrauch durch große Industrien und wie Armut und andere Benachteiligungen die Menschen davon abhalten, ihre Träume verfolgen zu können. Nichts hiervon ist schwermütig oder mit erhobenem Zeigefinger dargebracht, aber es sind Themen, die durchscheinen und verdeutlichen, weshalb Wonka später die Person wird, die er ist. Dass sich das junge Zielpublikum bei Wonka amüsieren kann, liegt aber nicht zuletzt daran, dass sämtliche Elemente, von der allgegenwärtigen Schokolade, der boshaften Mrs. Scrubbit und ihrem Gehilfen Bleacher, über die korrupte Polizei oder das Schokoladenkartell, das sogar Willys Ableben plant, nie bedrohlich dargebracht sind. Jeder Aspekt der Geschichte, der Figuren und Präsentation ist überspitzt zum Leben erweckt. Willys erste Schokolade lässt diejenigen, die sie essen, für eine bestimmte Zeit schweben, der Polizeichef, der sich als wahrer Schokoholic vom Kartell in Schokolade entlohnen lässt, wird von Auftritt zu Auftritt immer fülliger, und auch die ausbeuterische Mrs. Scrubbit tritt wie eine Karikatur aus längst vergangenen Kinderfilmen auf. Hinzu kommt nicht zuletzt ein Gastauftritt von Hugh Grant als Oompa-Loompa Lofty, der mit Willy noch eine Rechnung offen hat.
Vor allem aber ist es Willy Wonka selbst, der der Geschichte und Wonka eine unbändige Zuversicht verleiht. Zusammen mit den Ausgestoßenen und Vergessenen, die im Waschkeller ihre Schulden tilgen, lehnt er sich gegen das System auf, lässt sich nicht unterkriegen und muss sogar seinen Ausbruch planen, sondern verfolgt seine Ziele, selbst wenn er kurz vor Erreichen derselben sabotiert wird. Timothée Chalamet besitzt eine Leichtigkeit und ein natürliches Charisma, dass Willys positive Ausstrahlung förmlich ansteckend wirkt. Die Songs tun ihr Übriges, um die Stimmung aufzulockern, sind mit viel eingebautem Humor präsentiert, sei es, wenn die drei Schurken den Polizeichef umgarnen oder Willy eine Maschine erfindet, um die Wäscherei effizienter zu gestalten. Der Titelsong „World of your own“ ist eingängig und spiegelt die grundsätzliche Stimmung der Geschichte auch treffend wider. Inwieweit die Songs Teil der Erzählung sind, kann dabei dahinstehen und auch die Choreografie entwickelt selten die Komplexität durchgehender Musicals, wobei auffällt, dass das letzte Drittel bis auf den Schluss ohne jedweden Song auskommt.
Man kann Filmemacher Paul King sicherlich vorwerfen, dass Wonka bekannte Genreklischees wiederholt, teilweise albern ist oder dass die Story wie auch die Figuren allzu oberflächlich verbleiben bzw. gar nicht ausgearbeitet sind. Die Menschen, die Willy während seiner Zwangsarbeit trifft, sind nicht mehr als Stichwortgeber und haben kaum etwas zu tun. Doch das wäre insofern unangemessen, als dass die Erzählung alles erreicht, was sie sich anschickt zu tun: Familienfreundliche, aufrichtige Unterhaltung ohne den leisesten Hauch von Zynismus oder Weltverklärung. Das scheinen zwei Dinge, die sich kaum vermischen lassen, so wie einen Schokolade auch nicht fliegen lassen kann. Aber es ist ein Spagat, der hier ausgesprochen gut gelingt und einem Publikum, das für eben eine solche Erzählung in der richtigen Stimmung ist, durchweg ein Lächeln ins Gesicht zaubert.
Fazit:
Sieht man den singenden und die Gesetze der Physik außer Kraft hebenden Willy Wonka die Menschen um ihn herum buchstäblich verzaubern, dann erinnert Timothée Chalamet in einer seiner charmantesten Darbietungen an eine moderne Form des Kindermädchens Mary Poppins im besten Sinne. Ungeachtet manch dunklerer Aspekte, ist Paul Kings Wonka als ein vor allem an Kinder gerichtetes Musical ein warmherziges, leichtfüßiges und geradezu ansteckend positives Märchen, dessen Farben und Stimmung wie Zuckerguss am Publikum kleben bleiben. Sämtliche Aspekte sind bewusst überzeichnet, der Humor wie in Kinderfilmen von einst überzogen. Doch dank der schönen Aussagen und der einfallsreichen wie tadellos umgesetzten Inszenierung wirkt all das nie aufdringlich, sondern als würde man in eine Zeitkapsel einsteigen. Für die Jüngeren ist das ein Fest und Erwachsene können in eine Welt ohne Bitterkeit eintauchen, in der Träume nur solange welche sind, bis man sie wahr werden lässt. Das ist erfrischend wie nostalgisch zugleich, womöglich naiv, aber, sofern man Platz für eine solch unbeschwerte Art Unterhaltung für die ganze Familie lässt, insbesondere in der aktuellen Jahreszeit schön anzusehen.